Die folgende Pressemitteilung erfolgte durch das Deutsche Tierschutzbüro e.V. am 27.05.2021. In dieser werden schwere Vorwürfe wegen Tierquälerei gegen den stellvertretenden Bürgermeister von Merzen, Georg Weglage, erhoben. Hierzu wurden von Critical News sowohl der Bürgermeister von Merzen, Herr Georg Schröder, als auch der stellvertretende Bürgermeister, Herr Georg Weglage, jeweils um eine Stellungnahme angeschrieben. Eine solche ist innerhalb der gesetzten Frist nicht erfolgt.
Im „Bersenbrücker Kreisblatt“ vom 01.06.2021 wird Weglage wiedergegeben, wonach er beklage, dass man sich kaum gegen die erhobenen Vorwürfe wehren könne und keine Chance bekommen, sich zu äußern. Hier stellt sich die berechtigte Frage, wieso er denn die Chance nicht genutzt hat, um auf die schriftliche Anfrage von Critical News zu reagieren.
Hier zur Pressemitteilung im Originalwortlaut:
P R E S S E M I T T E I L U N G
Deutsches Tierschutzbüro e.V.Stellvertretender Bürgermeister von Merzen und CDU-Mitglied in Schweinemast-Skandal involviert – Staatsanwaltschaft ermittelt – Bildmaterial belegt Tierquälerei
Berlin/Merzen (Samtgemeinde Neuenkirchen, Landkreis Osnabrück), 27.05.2021. Dem Deutschen Tierschutzbüro ist Bildmaterial aus einer der größten Schweinemastanlagen Niedersachsens zugespielt worden. Der Betrieb liegt in Merzen, Samtgemeinde Neuenkirchen, Landkreis Osnabrück, es werden dort ca. 5.000−10.000 Schweine gemästet.
Die Videoaufnahmen aus den Masthallen sind nur schwer zu ertragen. Einige der Tiere weisen zum Teil blutige Verletzungen an den Beinen auf, so dass sich die Tiere nur unter Schmerzen fortbewegen können. Bei anderen Tieren haben sich bereits handballgroße Abszesse gebildet, die ganz offensichtlich nicht behandelt wurden. „Mindestens 33 der dokumentierten Schweine haben blutig gebissene Schwänze. Offensichtlich kümmert sich der Betreiber nicht ordnungsgemäß um seine Tiere und lässt sie nicht tierärztlich behandeln“ kritisiert Jan Peifer, Vorstandsvorsitzender vom Deutschen Tierschutzbüro.
Dabei wurden noch nicht einmal alle Hallen der Stallung abgefilmt. Das Schwanzbeißen hängt sicherlich auch mit der katastrophalen Haltung in den zum Teil veraltetet wirkenden Stallungen zusammen. Zudem müssen die Tiere auf Spaltenböden sehr dicht gedrängt stehen. Ein Teil der Schweine sieht offenbar noch nicht einmal Tageslicht. Auf den Aufnahmen sind auch einige Tiere zu sehen, die apathisch wirken oder augenscheinlich am Sterben sind. „Ein totes Schwein wurde vorgefunden, das bereits blau aufgedunsen war. Vermutlich lag es schon mehrere Tage tot im Stall“ so Peifer, der darauf hinweist, dass dies gesetzeswidrig ist. Ein anderes totes Schwein wurde von den anderen Schweinen bereits angefressen. „Der Betreiber kommt seiner Fürsorgepflicht hier überhaupt nicht nach. Das wird auch dadurch deutlich, dass viele der verletzten Tiere nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Krankenbucht vorgefunden wurden“ moniert Peifer. Dabei hat der Betreiber selbst Überwachungskameras installiert. Diese sollen aber vermutlich eher Tierrechtler*innen fernhalten als zur Tierwohlüberwachung der Schweine dienen. Zudem trägt der Betrieb das QS Prüfzeichen, doch die Kontrollen haben hier offenbar versagt.
Die Videobilder sind Teil einer Recherche aus verschiedenen Masthallen, für die der stellvertretende Bürgermeister von Merzen bzw. seine Familie verantwortlich ist. Darauf deutet jedenfalls ein in einer Masthalle vorgefundenes Dokument hin. Dort ist der stellvertretende Bürgermeister als stellvertretender Betriebsleiter genannt. Zudem äußert er sich gegenüber der Presse und gibt sich als Eigentümer der Mastanlagen aus. Über die Jahre hat er sich zudem ein undurchsichtiges Firmengeflecht mit diversen Unternehmungen (Betrieben) aufgebaut, an dem primär Familienmitglieder beteiligt sind. Alleine durch EU-Gelder erhielt das Familien-Firmengeflecht deutlich mehr als 100.000 Euro Förderung pro Jahr. „Die aus Steuern finanzierte Förderung kommt bei den Schweinen allerdings nicht an“ so Peifer. Jetzt sollen die Mastanlagen auch noch erweitert werden, ein entsprechender Bauantrag wurde gestellt. „Aus Sicht der Tiere wäre dies eine Katastrophe“ so Peifer.
Immer wieder stehen Politiker*innen, die selbst Mastanalgen betreiben, wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetzt in der Kritik. Meist sind es Mitglieder der CDU, wie auch in diesem Fall, die ihre politische Macht nutzen, um daraus Vorteile zu ziehen. Eine gewisse Nähe zwischen dem Amt des stellvertretenden Bürgermeisters und dem Veterinäramt, welches für die Kontrolle und Überwachung von Tierhaltungsbetrieben verantwortlich ist, kann sicherlich nicht abgestritten werden.
Das Deutsche Tierschutzbüro sieht sich in Anbetracht solcher Verstrickungen einmal mehr darin bestätigt, den Verbraucher*innen zu empfehlen, keine tierischen Produkte mehr zu konsumieren und sich rein pflanzlich zu ernähren. „Nur mit einer veganen Lebensweise kann den Tieren wirklich und nachhaltig geholfen werden, denn kein Tier will sterben und geht freiwillig in einen Schlachthof“ so Peifer.
Die Videoaufnahmen wurden Anfang Dezember 2020 erstellt. Unmittelbar danach wurde das zuständige Veterinäramt in Osnabrück informiert. Das Amt hat diverse Missstände vorgefunden. Zudem wurde eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft in Oldenburg gestellt, welche die Ermittlungen inzwischen aufgenommen hat (AZ 1102 Js 18935/21 ).
Dies ist bereits der sechste Fall von massiver Tierquälerei aus niedersächsischen Schweinemastbetrieben innerhalb den letzten Monate, die das Deutsche Tierschutzbüro aufgedeckt und zur Anzeige gebracht hat. „Immer wieder zeigt sich das zuständige Landwirtschaftsministerium erschüttert über die schlimmen Bilder. Immer wieder wird lückenlose Aufklärung und hartes Durchgreifen gefordert, doch am Ende passiert einfach nichts“ so Peifer und ergänzt „Wer den Schweinen helfen will, der soll aufhören sie zu essen, denn der Standard ist Tierquälerei“.
Weitere Informationen finden Sie hier: https://www.tierschutzbuero.de/der-standard-ist-tierquaelerei/
Pressekontakt:
Jan Peifer, Vorstandsvorsitzender Deutsches Tierschutzbüro e.V., Tel.: 0171 – 4841004 (presse@tierschutzbuero.de).
Das Deutsche Tierschutzbüro e. V. ist ein eingetragener Verein, der sich für mehr Rechte von Tieren einsetzt. Die bundesweit tätige Organisation ist als besonders förderungswürdig anerkannt und gemeinnützig. Weitere Informationen unter http://www.tierschutzbuero.de
Im „Bersebrücker Kreisblatt“ bezog Wegelage zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen unter anderem wie folgt Stellung:
„Ich bin mir keiner Schuld bewusst. Wenn wir Fehler gemacht haben, werden wir die betrieblich ausbügeln, so gut es geht. Und wir sind für jeden Tipp dankbar, den die Veterinärbehörde, QS-Prüfer oder wer auch immer uns mit auf den Weg geben, denn das sind die Kontrollbehörden.“[1]
Weglage zufolge stamme nur ein Teil der Aufnahmen aus seinem Stall.
Der Ausgabe des Bersenbrücker Kreisblattes vom 02.06.2021 nach hätte die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen den Rücktritt Weglages gefordert. Weglage, der sowohl im Gemeinderat von Merzen als auch im Rat der Samtgemeinde Neuenkirch sitz, schließe einen solchen Rücktritt für sich aus[2].
Critical News liegt eine Mail der zuständigen Amtstierärztin vom 26.04.2021 vor. Hiernach habe es nach der Anzeige noch am gleichen Tage „eine unangemeldete amtstierärztliche Kontrolle der Schweinehaltung, der in der Anzeige benannten Betriebseinheiten, erfolgt […]. Zwei Tage später erfolgte eine (ebenfalls unangekündigte) Kontrolle der bis dahin noch nicht kontrollierten weiteren Betriebe des Tierhalters. […] Aufgrund der festgestellten Verstöße wurden bzw. werden Ordnungswidrigkeiten- bzw. Strafverfahren eingeleitet.“
Immerhin sei ein Großteil der im Dezember 2020 festgestellten Missstände abgestellt worden.
[1] Nina Strakeljahn „Wie entstanden die Filmaufnahmen? Vorwurf der Tierquälerei: Merzener Grüne fordern Rücktritt“ auf noz.de vom 20.06.2021 um 14:16 Uhr. Aufzurufen unter https://www.noz.de/lokales/samtgemeinde-neuenkirchen/artikel/2326926/vorwurf-der-tierquaelerei-merzener-gruene-fordern-ruecktritt, zuletzt aufgerufen am 04.06.2021
[2] Nina Strakeljahn „Tierquälerei in Merzen? Staatsanwaltschaft ermittelt / Das sagt der Landwirt zu den Vorwürfen“ in „Bersenbrücker Kreisblatt“ vom 01.06.2021, Seite 13 bzw. auf noz.de vom 31.05.2021 um 16:37 Uhr. Aufzurufen unter https://www.noz.de/lokales/samtgemeinde-neuenkirchen/artikel/2324933/tierquaelerei-in-merzen-das-sagt-der-landwirt-zu-den-vorwuerfen, online zuletzt aufgerufen am 04.06.2021