Erstmalig erschienen am 03.07.2015 in „Risiko & Vorsorge“ 03.2015, S. 9 – 10
Schon seit längerem befindet sich Deutschland in einer Niedrigzinsphase. Eine in vielen Punkten ähnliche Situation hat in Japan in der Vergangenheit zu erheblichen Marktverwerfungen geführt. Nicht absehbar ist, wie lange sich die Zinsen auf diesem niedrigen Niveau weiterbewegen werden.
Konkrete Auswirkungen haben niedrige Zinsen unter anderem auf alle Versicherungsprodukte, die eine garantierte Mindestverzinsung sowie eine garantierte Mindestablaufleistung (z.B. klassische Renten- und Lebensversicherungen) erbringen müssen, nicht jedoch auf rein fondsgebundene Produkte ohne produktseitige Garantien.
Per 22.04.2015 erzielten etwa 10jährige Bundesanleihen eine Verzinsung von nur 0,1620%, womit die garantierte Rendite deutlich unter dem Inflationsniveau liegt. Ob die Zinsen weiter sinken werden, ist unklar, werde allerdings von einer überwiegenden Mehrheit der Deutschen so eingeschätzt (siehe http://www.wiwo.de/finanzen/geldanlage/umfrage-deutsche-rechnen-mit-weiter-fallenden-zinsen/11592612.html).
Nimmt man abweichend an, dass das gegenwärtige Zinsniveau bald die „Talsohle“ erreicht haben dürfte und zumindest langfristig eher mit steigenden Zinsen zu rechnen wäre, würden die Kurse von vorhandenen festverzinslichen Wertpapieren mit einem höheren Zinssatz fallen (Zinswippe).
Sinken die Zinsen hingegen tatsächlich wie die Mehrzahl der Deutschen glaubt, so würden Anleihen im Bestand im Kurswert steigen, was zu einem Kursgewinn führen würde.
Am 05.04.2015 berichtete „Die Welt“ (siehe http://www.welt.de/wirtschaft/article139136546/Deutsches-Kapital-koennte-Oesterreich-bald-verlassen.html) von möglichen Problemen für österreichische Anleihen, weshalb etwa die Talanx derzeit bei Neuanleihen in diesem Land eher zurückhaltend sei. Hintergrund war der geplante Schuldenschnitt für Gläubiger der Kärntener Bad Bank Heta. Auch wird im Artikel die Ratingagentur Moody’s zitiert, die eine Bereitschaft zur staatlichen Unterstützung für Banken mit Steuergeldern in ganz Europa für immer unwahrscheinlicher halte.
Die Seite deutsche-wirtschafts-nachrichten.de unter www.mandare.li/fileadmin/eigene_dateien/Presse/2015 – 03-29_OEsterreich_garantiert_die_Sparguthaben_nicht_mehr.pdf berichtete am 30.03.2015, dass man in Österreich eine weitreichende Reform der Einlagensicherung plane, wonach für Sicherung von Spareinlagen keine staatliche Garantie mehr ausgesprochen werden solle. Auf das Vertrauen der Sparer haben solche Ankündigungen naturgemäß einen großen Effekt.
Vor diesem Hintergrund erwägen viele Sparer vorhandene Versicherungen zu kündigen und lieber Bargeld zu horten. Die Nachteile, die damit verbunden sind, können vielfältig sein (z.B. Verlust alter Steuerprivilegien, Verlust einer Absicherung bei Tod, Neuverträge nur nach Unisex statt nach Bisex etc.). Sieht man von diesen konkreten Nachteilen einmal ab, so ist zu beachten, dass nach einem Bericht von deutsche-wirtschaft-nachrichten.de vom 01.04.2015 die Baader-Bank davon ausgehe, dass eine Abschaffung des Bargeldes in Europa anstehen würde (siehe http://www.mandare.li/fileadmin/eigene_dateien/Presse/2015 – 03-31_Baader-Bank_erwartet_Abschaffung_des_Bargeldes_in_Europa.pdf). Sollte dieses Szenario Realität werden, würde einer weiteren Absenkung des Zinsniveaus nichts mehr entgegenstehen und tatsächlich auch für Privatanleger auf breiter Front eine negative Verzinsung vorstellbar werden. Bisher war in Deutschland die Skatbank die erste Bank, der im November 2014 Tagesgeld- und Giokontokunden mit einem Guthaben ab 500.000 Euro mit einem Negativzins von 0,25% bestrafte. Auch Wettbewerber sind bereits erste Schritte in diese Richtung gegangen. Siehe dazu http://boerse.ard.de/anlagestrategie/geldanlage/die-heimliche-enteignung-der-sparer100.html#xtor=RSS‑1
Dass eine Abschaffung von Bargeld nicht mehr utopisch sein muss, zeigen Berichte der deutsche-wirtschafts-nachrichten vom 24.03.2015 unter www.mandare.li/fileadmin/eigene_dateien/Presse/2015 – 03-24_Frankreich_schraenkt_Verwendung_von_Bargeld_drastisch_ein.pdf sowie der ARD vom 21.05.2015 unter Siehe dazu http://boerse.ard.de/anlagestrategie/geldanlage/die-heimliche-enteignung-der-sparer100.html#xtor=RSS‑1, wonach Frankreich die Verwendung von Bargeld bereits drastisch einschränken wird. Bereits ab September 2015 sollen Barauszahlungen über 1.000 Euro nicht mehr möglich sein. Auch der Kauf von Fremdwährungen oder die Vorschriften zur Überprüfung einer möglichen Geldwäsche sollen deutlich eingeschränkt werden. Auch das Handelsblatt berichtete am 12.05.2015 unter http://www.handelsblatt.com/finanzen/maerkte/devisen-rohstoffe/geldschein-verbot-wo-der-krieg-gegen-das-bargeld-tobt/11760996.html von Erwägungen des dänischen Staates, „für kleine Geschäfte, Tankstellen und Restaurants den bisherigen gesetzlichen Annahmezwang für Bargeld aufzuheben.“ Auch über geplante und bereits reale Einschränkungen des Bargeldgebrauchs in Griechenland sowie im US-amerikanischen Bundesstaat Louisiana wurde berichtet.
Ein anderer Artikel vom 30.03.2015 berichtet, dass Australien als erstes Land eine Zwangsabgabe auf Sparguthaben eingeführt hat. Siehe www.mandare.li/fileadmin/eigene_dateien/Presse/2015 – 03-30_Australien_fuehrt_als_erstes_Land_Zwangsabgabe_auf_Sparguthaben_ein.pdf. Unter anderem heißt es hier: „Der IWF und alle anderen globalen Finanzinstitutionen fordern eine solche Zwangsabgabe bereits seit einigen Jahren, weil sie darin die einzige Möglichkeit zur Lösung der Schuldenkrise sehen. Im Zuge der G20-Beratungen werden solche Maßnahmen in der Regel vorbereitet und koordiniert. Die Öffentlichkeit erfährt davon in der Regel erst, wenn es kaum noch Möglichkeiten gibt, die Maßnahmen zu verhindern.“
Fazit: große Umwälzungen in der Zukunft sind auch für Deutschland durchaus vorstellbar, wenngleich Details noch unklar sind. Wer aber glaubt, die aufgezeigten Probleme damit zu umgehen, indem er sein Geld als Bargeld hortet, wird möglicherweise alles andere als glücklich werden