Wer als Kunde Versicherungsschutz für seinen Hausrat erlangen möchte, greift vielfach auf Vergleichsanbieter wie Check24 oder Mr-Money oder die Bewertungen des Magazins „Finanztest“ zurück. Makler hingegen nutzen ergänzend oft die Vergleichssoftware von Unternehmen wie Franke & Bornberg, Morgen & Morgen oder softfair. Dies hat zur Folge, dass Leistungen (z. B. versicherte Gefahren, Kostenpositionen oder Garantien) die zwar vom Markt angeboten werden, vom Vergleicher aber nicht im Vergleich ausgewiesen werden, im Zweifel nicht zur Kenntnis genommen werden.
Auch für die Versicherer und Assekuradeure bedeutet der Vergleichermarkt eine nicht zu unterschätzende Herausforderung. So verhindern solche unvollständigen Vergleiche mitunter das Bestreben Produktinnovationen zu lancieren, da die meisten Unternehmen vor allem darauf achten, was öffentlichkeitswirksam für den Vertrieb geeignet ist. Immerhin bedeutet das flächendeckende Marketing für eigene Alleinstellungsmerkmale deutlich mehr Aufwand als eine Optimierung eigener Produkte für den Vergleichermarkt.
Im Folgenden soll es nur um die bei den verschiedenen Marktteilnehmern ausgewiesenen Kostenpositionen in der Hausratversicherung gehen, nicht jedoch um sonstige Leistungspunkte, die in unterschiedlichem Umfang ebenfalls ausgewiesen werden und verständlicherweise bei der Wahl des passenden Produktes ebenso eine wichtige Rolle spielen können.
Zehn Kostenarten bei ConceptIF
Beispielhaft wies der Angebotsvergleichsrechner des Assekuradeurs ConceptIF, der auf den Rechenkern von Mr-Money alias Dirk Natschke zurückgreift, am 19.07.2024 auf die Mitversicherung sowie den Umfang folgender Kostenpositionen im Rahmen der angebotenen Hausratversicherungen hin:
- Aufräumungs‑, Bewegungs- und Schutzkosten
- Bewachungskosten
- Sachverständigenkosten
- Transport- und Lagerkosten
- Umzugskosten nach einem Schadenfall
- Hotelkosten im Schadenfall
- Rückreisekosten aus dem Urlaub
- Datenrettungskosten
- Reparaturkosten für provisorische Maßnahmen
- Mehrkosten aufgrund Technologiefortschritt
Mr-Money zufolge hat ConceptIF „nicht die Original Leistungsdarstellung, sondern ein eigenes Ranking hinterlegt.“
Dirk Natschke schreibt auf seiner Website, dass er sich als unabhängiger Versicherungsmakler seit 1997 von einem Einmannunternehmen zu einem mittelständischen Unternehmen entwickelt habe. Nachdem zunächst nur ein Kfz-Vergleichsrechner implementiert worden war, kamen seit 2001 immer mehr weitere Vergleichsrechner hinzu. 2003 erfolgte dann eine Spezialisierung unter anderem auf die Hausratsparte. Seit 2006 habe „Mr-Money“ dann damit begonnen, ihre „Software an Vergleichsportale, Makler und Vertriebe zu vermieten“. Durch die Gründung der Mr-Money Makler-Bund GmbH wurden ab 2007 auch Makler in die Lage versetzt, über die Vergleichsrechner von Mr-Money Geschäft zu poolen[1].
Verivox mit gleichem Rechenkern?
Die identischen Kostenpositionen wie der Vergleichsrechner von ConceptIF weist auch das Vergleichsportal von Verivox aus. Hierzu äußert sich Natschke wie folgt:
„Verivox nutzt seit Jahren für viele Sparten des Privaten Sachgeschäfts die Mr-Money API. Dadurch konnten sie eigene Benutzeroberflächen gestaltet.“
Ebenso würden Natschke zufolge weitere große Endkundenportale oder APP-Lösungen auf die Mr-Money-API (Programmierschnittstelle) setzen, die jedem Markteilnehmer offenstehe.
Marktanteil und Strategie von Mr-Money
Dirk Natschke schätzt, dass die Hälfte der 30 größten Maklerpools auf Mr-Money setzen. Die Aruna nutze z.B. die Vergleichsrechner über das Mr-Money Angebotscenter. Darin enthalten seien eine komfortable Kündigungshilfe, eine smarte Angebotserstellung für mobile Endgeräte sowie eine AGB-Suche für bestimmte Versicherungsleistungen.
„Mr-Money richtet sich an alle Marktteilnehmer, die verkaufsorientiert beraten wollen. Die Vergleichsrechner sind einfach zu bedienen und schnell im Ergebnis. Durch verständliche Bewertungen und einfache Sortiermöglichkeiten findet man schnell einen passenden Tarif. Dabei verzichtet Mr-Money absichtlich auf riesige Leistungsvergleiche, sondern beschränkt sich auf die wichtigsten und verständlichsten Versicherungsleistungen.“
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die hier beispielhaft benannte Aruna neben dem Vergleichsrechner von Natschke seinen Vertriebspartnern unter anderem auch jenen von softfair anbietet.
Im Jahre 2022 wurde Verivox wiedergegeben, wonach sich das Unternehmen „als die seriösere Alternative“ zu Check24 präsentieren wolle[2]. Daniel Puschmann als Sprecher der Geschäftsführung wurde von der Süddeutschen wie folgt zitiert:
„Wir sind kein Bauchladen und machen deshalb zum Beispiel keinen Vergleich von Schönheitschirurgen“[3]
Die WirtschaftsWoche gibt Aufschluss über die Besitzverhältnisse von Verivox:
„Das Unternehmen beschäftigt mehr als 500 Mitarbeiter, gehört zu 70 Prozent ProSiebenSat.1 Media und zu 30 Prozent General Atlantic. Nach Check24 ist Verivox die Nummer zwei der Vergleichsportale.“[4]
Marktführer mit nur sechs Kostenpositionen
Wer seine Tarifauswahl über den omnipräsenten Tarifrechner von Check24 trifft, erhielt am 19.07.2024 folgende Kostenpositionen zur Hausratversicherung ausgewiesen:
- Gebäudereparaturkosten nach Einbruchdiebstahl
- Schlossaustausch nach Einbruch
- Transport- und Einlagerungskosten
- Aufräumungs- und Schutzkosten
- Hotelkosten
- Datenrettungskosten
Über die Gründungsgeschichte schrieb das Deutsche Patent- und Markenamt im Juni 2024 wie folgt:
„Die Check 24 Vergleichsportal GmbH ging aus dem 1999 von Henrich Blase und Eckhard Juls gegründeten Internetunternehmen Einsurance Agency AG hervor. Das Internetunternehmen mit Sitz in München entstand im Oktober 2008 aus dem Zusammenschluss des Versicherungsvergleichsportals einsurance.de, des Finanz- und Kreditvergleichsportals moneyworld.de sowie des Strom- und Gasvergleichsportals taifvergleich.de. Die noch heute aktuelle Wort-Bildmarke Check24 (Registernummer: 302008060193) wurde beim DPMA bereits am 17. September 2008 angemeldet.“[5]
Seit seiner Gründung ist das Unternehmen weiterhin inhabergeführt[6]. In seiner Rolle als Vergleichsportal für Versicherungsprodukte agiert die CHECK24 Versicherungsservice GmbH als Makler[7].
16 Kostenpositionen sowie weitere Kosten
Das Vergleicher- und Ratinghaus Morgen & Morgen listete in seinem Modul „Eigentum, Recht & Unfall“ in M&M Office Ende Juli 2024 folgende Kostenpositionen auf:
- Aufräumungskosten
- Bewachungskosten
- Bewegungs- und Schutzkosten
- Datenrettungskosten
- Hotelkosten bei Unbewohnbarkeit
- Kosten für provisorische Reparaturmaßnahmen
- Reparaturkosten für Gebäudebeschädigungen
- Reparaturkosten an gemieteten Wohnungen durch Leitungswasserschäden
- Rückreisekosten bei Urlaubsabbruch
- Sachverständigenkosten
- Schadenabwendungs– / Schadenminderungskosten
- Schlossänderungskosten
- Telefonmissbrauch nach Einbruch
- Transport- und Lagerkosten
- Umzugskosten nach Schadenfall
- Mehrverbrauch Wasser nach Schadenfall
Darüber benennt das Unternehmen auch tarifabhängig eine unterschiedlich große Zahl sonstiger Kostenpositionen. Bezogen auf den Tarif allsafe home von Konzept & Marketing fehlt es allerdings an einer Darstellung auch unbenannter Kosten als separater Kostenposition. Dafür werden unter dem Punkt „Weitere Kosten“ immerhin 14 sonstige Kostenpositionen zu diesem Tarif ausgeführt.
2021 wurde berichtet, dass das Unternehmen Morgen & Morgen an den Maklerpool Jung, DMS & Cie. verkauft worden sei. Gleichwohl behalte es seine eigenständige Geschäftsführung[8].
softfair als Benchmark für dargestellte Kostenpositionen?
Deutlich mehr Kostenpositionen als die vorbenannten Vergleicher bietet die softfair GmbH:
- Gasverlust nach Rohrbruch
- Wasserverlust nach Rohrbruch
- Bewachungskosten
- Datenrettungskosten
- Erstattung persönlicher Auslagen
- Haustierbetreuung
- Hotelkosten bei Unbewohnbarkeit (Tagessatz)
- Kredit- und Scheckkartenmissbrauch
- Mehrkosten durch Preissteigerung
- Mehrkosten durch Technologiefortschritt
- Provisorische Maßnahmen
- Reparaturkosten an gemieteten [sic!] Wohnraum
- Rückreisekosten
- Sachverständigenkosten
- Schlossänderungskosten
- Telefonkosten nach Einbruch
- Transport- und Lagerkosten
- Umzugskosten bei Unbewohnbarkeit
Ungewohnt ist die Darstellung von „Handelswaren und Musterkollektionen“, „Inventar in gewerblich genutzten Räumen“, Vom Mieter eingefügte Gegenstände“ sowie „Phishing, Farming, Skimming“ als versicherten Kostenpositionen von softfair.
Softfair äußert sich auf Nachfrage von „Risiko & Vorsorge“ zur Gestaltung Ihres Vergleichsrechners wie folgt:
„Als Anbieter eines Vergleichs- und Analysetools stehen wir stets im Spannungsfeld zwischen der Bedienbarkeit und Verständlichkeit für Vermittler und Verbraucher sowie den Marktinnovationen der Versicherer. Dies gilt insbesondere auch für unsere Mitbewerber, vor allem im B2C-Kontext.
Unser Ziel bei Softfair ist es, immer ein ausgewogenes Verhältnis zu erreichen. Dabei folgen wir der Prämisse: „Trägt diese Marktinnovation zum Fortschritt und besseren Versicherungsschutz des Kunden bei oder handelt es sich um ein reines Marketinggimmick des Versicherers?“
In diesem Zusammenhang erweitern wir jährlich, in der Regel zu August/September, unseren Kriterienkatalog. Ab Mitte August werden wir daher folgende neue Merkmale aufnehmen:
• Diebstahl von E‑Ladestationen (Wallbox)
• Diebstahl von Balkonkraftwerken
• Diebstahl aus Campingfahrzeugen und Wohnmobilen (keine Dauercamper)
• Vandalismus an E‑Ladestationen (Wallbox)
• Vandalismus an Balkonkraftwerken
Darüber hinaus weisen wir Tarifbesonderheiten in unseren Vergleichen immer explizit aus, sodass Nutzer unseres Vergleichstools ein vollständiges Bild der jeweiligen Tarife erhalten.“
2019 war über den Verkauf des Softwareunternehmens verhandelt worden[9]. Im Februar 2020 hieß es dann in der Presse, dass das Unternehmen weiterhin im Besitz der damaligen Finanzsoft GmbH bleiben werde[10]. Bei dieser handelt es sich um einen Produzenten von Beratungssoftware und Vergleichsrechner für Versicherungen, deren Gesellschafter Norbert Porazik und Markus Kiener geschäftsführende Gesellschafter des Maklerpools Fonds Finanz waren. Beide hatten im Mai 2019 angekündigt, das IT-Haus an Versicherer und andere Marktteilnehmer abgeben zu wollen.
2022 wurde dann berichtet, dass softfair sowie die Fonds Finanz der INFITECH Gruppe angehören würden, deren Gesellschafter Norbert Porazik, Markus Kiener, Fabian Fritz, Karsten Allesch und Hg sind. Zwischenzeitlich, im Jahre 2024, sind nunmehr Norbert Porazik und Christine Schönteich Geschäftsführer der Fonds Finanz.
Hannover listet acht Punkte
Relevant für die Produktentwicklung von Versicherern und Assekuradeuren sind auch die von Ratern erfassten Kriterien. Beispielhaft erfasst das Analyse- und Ratinghaus Franke & Bornberg aus Hannover neben dem Punkt „versicherte Kosten“ mit Stand 05.2024 für sein Rating zur Hausratversicherung konkret folgende Kostenpositionen:
- Reparaturkosten für Gebäudebeschädigung
- Sachverständigenkosten
- Hotelkosten
- Transport- und Lagerkosten
- Bewachungskosten
Datenrettung - Umzugskosten
- Medienverlust
- Rückreisekosten aus dem Urlaub
Neben den öffentlich einsehbaren Ratingkriterien weist das Unternehmen Kostenpositionen zur Hausratversicherung auch im Rahmen seines Produktvergleiches aus. Hierzu liegen dem Autor jedoch keine aktuellen Informationen vor, um diese an dieser Stelle näher darzustellen.
Die Firma Franke & Bornberg Research wurde im Jahre 2022 an die Swiss Life Deutschland verkauft. Daneben existiert jedoch weiterhin die Rating GmbH, die weiterhin von ihrem Gründer, Michael Franke, verantwortet wird und nicht vom Verkauf betroffen wurde[11].
Maklergenossenschaft benennt nur drei Kostenpositionen
Neben den verschiedenen Vergleichsportalen und Ratingunternehmen bietet auch die VEMA Versicherungsmakler Genossenschaft eG den dort angebundenen Vermittlern Vergleiche zwischen verschiedenen Versicherern und Assekuradeuren an. Eine solche Gegenüberstellung von fünf exemplarischen verschiedenen Unternehmen liegt auch Risiko & Vorsorge vor. Darin werden die nachfolgend benannten Kostenpositionen ausgewiesen:
- Rückreise– /Reiseabbruchkosten
- Unterbringungskosten im versicherten Schadensfall
- Schlossänderungskosten bei einfachem Diebstahl von Schlüsseln
Darüber hinaus werden angebundene Makler darüber informiert, inwiefern eine „Zusätzliche Entschädigung für versicherte Kosten bei Schäden über die Versicherungssumme hinaus“ eingeschlossen ist.
Die VEMA weist darauf hin, dass in ihrem „aktuellen Leistungsvergleich Hausrat / Glas 50 Punkte gegenübergestellt“ würden.
„Die von Ihnen genannten drei Punkte sind damit nur ein sehr kleiner Teil des Gesamtvergleichs. Er beinhaltet 116 Tarife von 37 Versicherern.“
Weiter führt das Unternehmen aus:
„Zudem ist der Vergleich auch eher für den Kunden gedacht, als für den Makler, bei dem wir voraussetzen, dass er die Tarife kennt, die er anbietet.“
Die VEMA wurde im Jahre „1997 von ca. 100 Mitgliedern des ehem. Versicherungs-Makler-Verbandes VMV eV. gegründet“[12]. Nach eigenen Angaben sei sie heute „größter genossenschaftlich organisierter Verbund von Versicherungsmaklern in Deutschland“[13].
Finanztest nur mit Hotel- und Lagerkosten
Eine große Bedeutung für die Versicherungswirtschaft haben die Produktbewertungen von Finanztest. Im jüngsten Vergleich aus der Ausgabe vom Juni 2024 werden nur zwei Kostenpositionen für die Hausratversicherung ausgewiesen:
- Übernahme von Hotelkosten
- Übernahme von Lagerkosten (Tage)
Gegründet wurde die Zeitschrift bereits im Jahre 1964 durch die Bundesrepublik Deutschland[14]. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz äußerte sich zur Finanzierung der Zeitschrift wie folgt:
„Die Stiftung Warentest finanziert sich zu fast 90 Prozent aus dem Verkauf ihrer Publikationen und Online-Angeboten. Daneben erhält sie eine jährliche Förderung aus dem Bundeshaushalt. Man kann diese Zuwendungen auch als Ausgleich dafür verstehen, dass sie auf Anzeigen- und Werbe-Einnahmen verzichtet – und sich so ihre Unabhängigkeit bewahrt.“[15]
Weitergehendende Auskünfte bietet der Merkur. So habe die Zeitschrift im Juli 2024 eine Auflage von „rund 211.000 Heften“ gehabt. Weiter schreibt der Merkur:
„Darüber hinaus verkauft die Stiftung Bücher, Sonderpublikationen, Werbelizenzen für die Nutzung der Testergebnisse sowie die Online-Testergebnisse. Im Jahr 2022 beliefen sich diese Umsätze auf etwa 49 Millionen Euro.
Hinzu kamen fast eine Million Euro aus staatlichen Zuwendungen. Diese Summe zahlte die Bundesregierung als Ausgleich dafür, dass die Stiftung keine Werbeanzeigen in ihren Publikationen druckt. Somit ist ein Teil der Stiftung durch Steuermittel finanziert.“[16]
Über die aktuellen Kosten für ein Testsiegel von „Finanztest“ findet man im Internet keine Informationen. In einem älteren Beitrag verweis die Frankfurter Allgemeine auf die seit dem 01.07.2013 erhobenen Kosten für die Nutzung von Testsiegeln der Stiftung Warentest – wozu auch „Finanztest“ gehört:
„Künftig kostet die Lizenz 7.000 Euro, wenn das Logo ein Jahr lang auf Verpackungen, in Printkampagnen oder im Internet erscheinen soll. Für zwei Jahre sind 10.000 Euro fällig, für Kino- und Fernsehwerbung sogar 15.000 bis 25.000 Euro.“ [17]
2017 berichtete der „Versicherungsbote“ über deutlich gestiegenen Lizenzeinnahmen der Stiftung Warentest:
„2017 wurden 698 Lizenzverträge abgeschlossen, die einen Erlös von rund 4,7 Millionen Euro brachten. Im Jahr zuvor waren es noch 631 Lizenzverträge mit Erlösen von 4,2 Millionen Euro, was ein Einnahmen-Plus von knapp 12 Prozent bedeutet.“ [18]
In seinem Beitrag äußerte der Autor, Mirko Wenig, massive Kritik am Beispiel eines Tests zur Berufsunfähigkeitsversicherung:
„So erhielt zum Beispiel bei einem Test von Berufsunfähigkeitsversicherungen im Magazin „Finanztest 02/2017“ fast jeder zweite Tarif die Note „sehr gut“.“[19]
Vergleicht man diese Kritik mit dem für diesen Text maßgeblichen Test zur Hausratversicherung, so fehlt es hier an einer konkreten Bewertung. Vielmehr werden „die fünf günstigsten Tarife für unsere Modellorte“[20] farbig hervorgehoben. Zudem werden die ausgewählten Leistungsinhalte jeweils mit ein bis fünf Punkten ausgewiesen[21].
Individuelle Bedarfsermittlung erforderlich
Für Kunden bedeutet eine Tarifauswahl allein über einen Vergleichsrechner oder anhand eines Testergebnisses eines Ratings und ohne persönliche Beratung durch einen Vermittler unter Umständen problematische Versicherungslücken. Beispielsweise dürfte der Bedarf für Hotelkosten nach einem Brandschaden für eine in München lebende Familie höher sein als der Bedarf für eine gleich große Familie in Hannover oder Leipzig.
Beispiel:
Legt man zugrunde, dass üblicherweise jedes Kind in Deutschland ein eigenes Zimmer hat, so bedeutet ein Zimmer für die Eltern und je ein Zimmer für ein sieben- bzw. 14-jähriges Kind in München schnell Kosten in Höhe von 200 bis über 300 Euro je Nacht, in Hannover hingegen eher 150 Euro bis 200 Euro.
Unverbindliche Marktstandards
Praktisch alle deutschen Versicherer orientieren sich bei der Gestaltung ihrer Bedingungswerke an den unverbindlichen Musterbedingungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Die aktuellen Musterbedingungen, die VHB 2022, tragen den Stand November 2023 und umfassen folgende Kostenpositionen:
- Aufräumungskosten
- Bewegungs- und Schutzkosten
- Hotelkosten
- Transport- und Lagerkosten
- Schlossänderungskosten
- Bewachungskosten
- Reparaturkosten für Gebäudeschäden
- Reparaturkosten für Leitungswasserschäden in Wohnungen
- Kosten für provisorische Maßnahmen
- Kosten für Wasser‑, Gas- und Heizölverlust sowie Stromverlust aus Strom-speichern
- Rückreisekosten aus dem Urlaub
- Schäden am Tiefkühlgut wegen öffentlichen Stromausfalls
- Kosten für Telefonmissbrauch nach einem Einbruch
- Schadenabwendungskosten
- Schadenminderungskosten
- Schadenermittlungskosten
Zahlreiche Unternehmen gewähren ihren Kunden eine bedingungsseitige Garantie, nicht zu deren Nachteil von den unverbindlichen Musterbedingungen abzuweichen (GDV-Garantie). Wer also bei dem gewählten Vergleicher unter anderem eine GDV-Garantie vorgibt, darf bereits alle dort benannten Kostenpositionen als gesetzt ansehen.
Der Arbeitskreis Beratungsprozesse empfiehlt seinen Nutzern unverbindliche Mindeststandards für die vom GDV gesetzten Kostenpositionen. Wird beim Vergleicher also zusätzlich eine Arbeitskreis-Garantie vereinbart, so gelten zumindest die dort benannten Standards als zusätzlich gesetzt an.
Marktweit über 50 Kostenpositionen
Makler, die sich einen Überblick über die am Markt verfügbaren Kostenpositionen machen, stellen sehr schnell fest, dass es über die von Vergleichern, Ratern und dem GDV benannten Positionen noch zahlreiche weitere gibt. Risiko & Vorsorge veröffentlicht auf Critical-News regelmäßig Tarifanalysen, die auf am Markt verfügbare Kostenpositionen hinweist. Hierzu einige nicht abschließende Beispiele:
- Mehrkosten für den schadenbedingten Neuerwerb benannter, energiesparender Haushaltsgeräte
- Kosten zur Beseitigung von Schäden an der versicherten Wohnung infolge des gewaltsamen Zutritts von Rettungskräften (z. B. Polizei oder Feuerwehr), die infolge der Fehlfunktion eines Rauch- bzw. Gaswarnmelders ausgelöst wurden und folglich keinen Versicherungsfall bedeuten
- Kosten für die Beseitigung der Verstopfung von Ableitungsrohren
- Kosten für einen Schlüsseldienst bei abgebrochenen oder abhanden gekommenen Schlüsseln für die Wohnungseingangstür
- Kosten für die Entfernung von Wespen‑, Hornissen‑, Hummel- und Bienennestern
- Betreuungskosten für infolge eines Versicherungsfalles notwendige Kinderbetreuung
- Instandsetzungskosten bei Beschädigungen von behindertengerechten Einbauten in gemieteten, in Sondereigentum befindlichen Wohnungen sowie in Einfamilienhäusern
- Kosten für die Neuprogrammierung von Transpondern und Codekarten nach einem Versicherungsfall
- Leckortungskosten (Leckageortungskosten) ohne Vorliegen eines Versicherungsfalles
- Verkehrssicherungskosten bzw. Kosten für das Absperren von Straßen, Wegen oder Grundstücken
- Dekontaminationskosten
- Kosten für die vorübergehende Anmietung von Haushaltsgeräten (z. B. Waschmaschine, Wäschetrockner, Kühlschrank, Gefrierschrank oder ‑truhe, Herd / Ofen, Geschirrspülmaschine), sofern diese durch einen Versicherungsfall beschädigt, zerstört oder abhandengekommen sind und eine umgehende Reparatur oder Ersatzbeschaffung nicht möglich sein sollte
- Betreuungskosten für infolge eines Versicherungsfalles pflegebedürftige Personen
- Kosten für die Übernahme eines Mobilfunkvertrages nach einem versicherten Schaden am Mobilfunkgerätes bzw. die Weiterzahlung von TV-Abonnements nach Ausfall oder Verlust des TV-Geräte
- Kosten für die Wiederherstellung und / oder Wiederbepflanzung gärtnerischer Anlagen am Versicherungsort
- Kosten für die Reinigung sowie Desinfektion der versicherten Wohnung nach einem Versicherungsfall durch eine spezialisierte Reinigungsfirma
- Kosten für die Organisation eines Dolmetschers, die Bereitstellung eines telefonischen Dolmetscherservices bei Auslandsreisen oder die Kosten für einen entsprechenden Dolmetscher.
- Übernahme von Mietfortzahlungskosten, wenn und solange trotz Unbewohnbarkeit der Wohnung Mietkosten weiterbezahlt werden müssen
- Fremdkosten (Regiekosten) für die Koordination der Wiederherstellung versicherter Sachen.
- Kosten für die Wiederherstellung bzw. Wiederbeschaffung von nicht elektronisch gespeicherten Dokumenten (z. B. apostillierten Dokumenten, Cedulas, Führerscheinen, Heiratsurkunden, Scheidungsurkunden, Zeugnissen).
- Übernahme der Kosten für einen Erholungsurlaub nach Großschäden.
- Mehrkosten für Eil‑, Express- und Luftfracht
Was ist mit unbenannten Kosten?
Bei den meisten Versicherern besteht Versicherungsschutz für eine abschließende Zahl von Kostenpositionen. Eine Besonderheit bietet der Tarif allsafe home 2.0 von Konzept & Marketing, Über diesen sind auch unbenannte Kosten (z. B. Kosten für die Wiederbeschaffung von Konzerttickets nach einem Versicherungsfall, erhöhte Kosten für die Müllabfuhr) bis in Höhe von 10.000 Euro mitversichert, allerdings weist keines der benannten Vergleichsportale eine separaten Punkt für die Kostenposition „unbenannte Kosten“ auf.
Eine Möglichkeit zur Erweiterung eines bestehenden Versicherungsschutzes bieten diverse Versicherer im Rahmen der so genannten „Best-Leistungs-Garantie“, auch als „Marktgarantie“ oder „erweiterte Vorsorge“ bekannt.
Zukunftsaussichten für neuen Vergleicher
Fonds professionell online zitierte in einem Beitrag vom 15.05.2024 Matthias Brauch, den
„ehemaligen Chef des Vergleichsrechneranbieters Softfair. Sein Ziel ist es, einen unabhängigen Vergleichsrechner am Markt zu etablieren. Die bekannten Anbieter sind fast alle in den Händen von Pools und Vertrieben.“
Dieses Ziel wolle Brauch durch den neuen Vergleichsrechner Comparit erreichen, der sich mit 51 % mehrheitlich in den Händen des Firmengründers Brauch sowie Mitarbeitern von Comparit befinde. Die Comparit GmbH ist seit 2024 auch Eigentümer der Rechte des Vergleichers Levelnine[22]. Über den Verkauf berichtete das Unternehmen am 17.08.2023 im Rahmen einer Presseerklärung[23].Nach vorliegenden Informationen plane Levelnine bis Ende 2024 die Implementierung einer neu entwickelten Vergleichssoftware auch für Sach- und Haftpflichtprodukte.
Hinweis: Eine Reihe der im Text benannten und vom Autor angeschriebenen Unternehmen haben bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme abgegeben. Dies betrifft folgende Marktteilnehmer: Check24, ConceptIF, Franke % Bornberg, Levelnine sowie Verivox.
[1] Natschke, Dirk „Über Mr-Money“ auf „mr-money.de“. Aufzurufen unter https://www.mr-money.de/ueber-mr-money, zuletzt aufgerufen am 30.07.2024.
[2] Busse, Caspar Busse und Jalsovec, Andreas „Vergleichsportale. Das Geschäft mit dem Wechselwillen“ auf „sueddeutsche.de“ vom 01.02.2022 um 14:14 Uhr. Aufzurufen unter https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/vergleichsportale-verivox-check24‑1.5519420, zuletzt aufgerufen am 30.07.2024.
[3] Busse, Caspar Busse und Jalsovec, Andreas „Vergleichsportale. Das Geschäft mit dem Wechselwillen“ auf „sueddeutsche.de“ vom 01.02.2022 um 14:14 Uhr. Aufzurufen unter https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/vergleichsportale-verivox-check24‑1.5519420, zuletzt aufgerufen am 30.07.2024.
[4] Bernau, Varinia „„Ich kenne Menschen, die lieber zwei Tage kein warmes Wasser haben als kein Internet““ auf „wiwo.de“ vom 22.03.2024. Aufzurufen unter https://www.wiwo.de/podcast/chefgespraech/podcast-chefgespraech-ich-kenne-menschen-die-lieber-zwei-tage-kein-warmes-wasser-haben-als-kein-internet/29719454.html, zuletzt aufgerufen am 30.07.2024.
[5] „(K)ein Vergleich: Bunte und Check 24. BUNTE – wo das erste aktuelle Farbfoto in einer Zeitschrift erschien“ auf „dpma.de“ vom 18.06.2024. Aufzurufen unter https://www.dpma.de/dpma/wir_ueber_uns/geschichte/70jahrepatentamtinmuenchen/teil3/bunteundcheck24/index.html, zuletzt aufgerufen am 30.07.2024.
[6] „Über CHECK24“ auf „check24.de“. Aufzurufen unter https://www.check24.de/unternehmen/, zuletzt aufgerufen am 30.07.2024.
[7] „Information gemäß § 15 Versicherungsvermittlungsverordnung (VersVermV) – Erstinformation“ auf „check24.de“, Stand 03.2022. Aufzurufen unter https://www.check24.de/gewerbeversicherungen/files/Erstinformation_CHECK24-Versicherungsservice-GmbH.pdf, zuletzt aufgerufen am 30.07.2024.
[8] „Analysehaus Morgen & Morgen verkauft“ auf „versicherungsprofi.online“ vom 23.06.2021. Aufzurufen unter https://versicherungsprofi.online/branche/unternehmen/analysehaus-morgen-morgen-verkauft_01245/, zuletzt aufgerufen am 30.07.2024.
[9] Siehe z. B. „Fonds-Finanz-Chefs bieten Softfair zum Kauf an“ auf „fondsprofessionell.de“ vom 20.05.2019. Aufzurufen unter https://www.fondsprofessionell.de/news/unternehmen/headline/fonds-finanz-chefs-bieten-softfair-zum-kauf-an-153274/, zuletzt aufgerufen am 05.08.2024.
[10] Vgl. „Fonds-Finanz-Eigentümer blasen Softfair-Verkauf ab“ auf „fondsprofessionell.de“ vom 17.02.2020. Aufzurufen unter https://www.fondsprofessionell.de/versicherungen/news/headline/fonds-finanz-eigentuemer-blasen-softfair-verkauf-ab-195370/, zuletzt aufgerufen am 30.07.2024.
[11] Schnell, Christian Franke & Bornberg „Swiss Life kauft Analysehaus für Finanzprodukte“ auf „handelsblatt.com“ vom 15.12.2022 um 14:00 Uhr. Aufzurufen unter https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/versicherer/franke-und-bornberg-swiss-life-kauft-analysehaus-fuer-finanzprodukte/28867414.html, zuletzt aufgerufen am 30.07.2024.
[12] „VEMA Versicherungs-Makler-Genossenschaft eG“ auf „deutsche-versicherungsboerse.de“. Aufzurufen unter https://www.deutsche-versicherungsboerse.de/verswiki/index_dvb.php?title=VEMA_Versicherungs-Makler-Genossenschaft_eG, zuletzt aufgerufen am 04.08.2024.
[13] „Über VEMA“ auf „vema-eg.de“. Aufzurufen unter https://www.vema-eg.de/taetigkeit, zuletzt aufgerufen am 04.08.2024.
[14] „Stiftung Warentest“ auf „bmuv.de“. Aufzurufen unter https://www.bmuv.de/themen/verbraucherschutz/ratgeberstellen-und-institutionen/stiftung-warentest, zuletzt aufgerufen am 12.08.2024.
[15] „Stiftung Warentest“ auf „bmuv.de“. Aufzurufen unter https://www.bmuv.de/themen/verbraucherschutz/ratgeberstellen-und-institutionen/stiftung-warentest, zuletzt aufgerufen am 12.08.2024.
[16] „Produkttests, Gütesiegel und Lizensierung: So arbeitet die Verbraucher-Organisation Stiftung Warentest“ auf „merkur.de“ vom 25.07.2024 um 08:25 Uhr. Aufzurufen unter https://www.merkur.de/themenseitendokumente/organisationen/stiftung-warentest-gemeinnuetzige-organisation-finanzierung-produkte-benotung-90058184.html, zuletzt aufgerufen am 12.08.2024.
[17] „Stiftung Warentest. Gebühren für Siegel-Nutzung“ auf „faz.net“ vom 23.04.2013 um 13:46 Uhr. Aufzurufen unter https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/stiftung-warentest-gebuehren-fuer-siegel-nutzung-12159860.html, zuletzt aufgerufen am 12.08.2024.
[18] Wenig, Mirko „Stiftung Warentest nimmt mehr Geld mit Testsiegel-Lizenzen ein“ auf „versicherungsbote.de“ vom 28.05.2018. Aufzurufen unter https://www.versicherungsbote.de/id/4867338/Stiftung-Warentest-mehr-Geld-mit-Testsiegeln/, zuletzt aufgerufen am 12.08.2024.
[19] Wenig, Mirko „Stiftung Warentest nimmt mehr Geld mit Testsiegel-Lizenzen ein“ auf „versicherungsbote.de“ vom 28.05.2018. Aufzurufen unter https://www.versicherungsbote.de/id/4867338/Stiftung-Warentest-mehr-Geld-mit-Testsiegeln/, zuletzt aufgerufen am 12.08.2024.
[20] Stiftung Warentest. „Finanztest“ Berlin, Ausgabe Juni 2024, S. 62.
[21] Stiftung Warentest. „Finanztest“ Berlin, Ausgabe Juni 2024, S. 61 – 65.
[22] Jb „Neuer Vergleichsrechner für Versicherungen legt los“ auf „fondsprofessionell.de“ vom 15.05.2024. Aufzurufen unter https://www.fondsprofessionell.de/index.php?id=8&tx_fizend_pi1[news][id]=232776, zuletzt aufgerufen am 30.07.2024.
[23] Presseerklärung „Erwerb der ObjectiveIT durch die comparit GmbH“, Hamburg, 17.08.2023.