Sie­ben­ta­ge-Inzi­denz und Schnell­tests: Zum Ein­fluss der Feh­ler­quo­te der Coro­na-Tests auf den Inzidenzwert

Gast­au­tor: Andy Pop­pen­berg
Erst­ver­öf­fent­li­chung: 12.04.2021 auf You­Tube

Dan­ke für die freund­li­che Erlaub­nis von Andy Pop­pen­berg, die­sen Bei­trag auch bei uns ver­öf­fent­li­chen zu dür­fen, mit dem wir unse­ren Lesern einen alter­na­ti­ven Blick auf ein The­ma ermög­li­chen wol­len. Auf Grund­la­ge die­ses Arti­kels ent­stand auch sein Video, auf­zu­fin­den unter https://​www​.you​tube​.com/​w​a​t​c​h​?​v​=​6​a​L​q​v​A​S​s​D7M.


Vie­le glau­ben, die Sie­ben­ta­ge-Inzi­denz wür­de einen rela­ti­ven Wert dar­stel­len, die Anzahl der Neu­in­fek­tio­nen in Bezug auf eine Refe­renz­grö­ße set­zen und damit ver­gleich­ba­re Wer­te und ein rea­lis­ti­sches Bild des Infek­ti­ons­ge­sche­hens bie­ten. Das wäre auch so, wür­de sie das Ver­hält­nis der Neu­in­fek­tio­nen zur Gesamt­zahl der durch­ge­führ­ten Tests ange­ben, denn dann wür­den sich die durch die Ver­meh­rung der Gesamt­tests gestei­ger­ten falsch-posi­ti­ven Ergeb­nis­se zum Teil wie­der rela­ti­vie­ren. Die Inzi­denz stellt aber den Bezug der posi­ti­ven Test­ergeb­nis­se zur Ein­woh­ner­zahl eines Land­krei­ses her, die sich im Gegen­satz zur Anzahl der wöchent­lich durch­ge­führ­ten Tests im Wesent­li­chen nicht ändert, son­dern kon­stant bleibt. Das Ver­hält­nis eines Zäh­lers zu einer Kon­stan­ten als Nen­ner ist aber das­sel­be wie eine abso­lu­te Zahl, denn über die Grö­ße der Inzi­denz ent­schei­det allein der Zäh­ler, der nur von den posi­ti­ven Test­ergeb­nis­sen anhängt. Erhöht er sich, steigt sie, wird er klei­ner, fällt sie.

Mit der Aus­wei­tung der Tests kann die­ser Wert aber nur stei­gen, weil jeder Test eine Feh­ler­quo­te hat, die beim PCR-Test bei ca. 1 % liegt. Je grö­ßer die Gesamt­zahl der Tests ist, des­to mehr ist 1 % davon. 1 % von sie­ben Mil­lio­nen ergibt eine grö­ße­re Zahl als 1 % von einer Mil­li­on. Weil aber nur die abso­lu­ten Zah­len der posi­ti­ven Ergeb­nis­se ohne Rela­ti­on zur Gesamt­zahl der durch­ge­führ­ten Tests gezählt wer­den, wird die Inzi­denz durch die Ver­meh­rung der Tests extrem nach oben getrieben.

Am Rechen­bei­spiel des RKI zu Schnell­tests wird das deut­lich. Neh­men wir eine Ort­schaft mit 8.000 Ein­woh­nern. Was bedeu­tet eine Inzi­denz von 50 oder 100 hier genau? Die­se zwei- und drei­stel­li­gen Zah­len sug­ge­rie­ren ein gro­ßes Infek­ti­ons­ge­sche­hen, als hät­ten sich in der letz­ten Woche 100 oder gar mehr Men­schen neu infi­ziert. Das Ver­hält­nis von 50 zu 100.000 ist aber das­sel­be wie 0,05 zu 100 oder 0,05 %, 100 zu 100.000 das­sel­be wie 0,1 % von den jewei­li­gen Ein­woh­nern. Bei einer Inzi­denz von 50 sind von den 8.000 Ein­woh­nern also vier und bei einer Inzi­denz von 100 acht Men­schen posi­tiv getes­tet. In die­sem Ort gibt es eine Schu­le, die von 700 Schü­lern besucht wird. Die Zah­len des RKI mit einer Vor­test­wahr­schein­lich­keit von 0,22 % auf die Schu­le über­tra­gen ergibt, dass 1,6 Schü­ler „infi­ziert“ sind, von denen der Test 1 fest­stel­len kann. Die Feh­ler­quo­te von 1 % ergibt aber zudem 7 falsch-posi­ti­ve Ergeb­nis­se von Schü­lern, die real nicht infi­ziert sind, aber posi­tiv ange­zeigt wer­den. Das Gesamt­ergeb­nis liegt damit bei 8 posi­ti­ven Tests, was für die Ort­schaft mit 8.000 Ein­woh­nern eine Inzi­denz von 100 allein aus einem von zwei wöchent­li­chen Tests in der ört­li­chen Schu­le ergibt. Das­sel­be gilt für den PCR-Test, denn des­sen Spe­zi­fi­tät und damit Rate der falsch-posi­ti­ven Ergeb­nis­se ist dieselbe.

Doch selbst wenn es gar kei­ne Infi­zier­ten mehr gibt, erhält man allein durch die Feh­ler­quo­te an der Schu­le 7 falsch-posi­ti­ve Ergeb­nis­se und damit eine Inzi­denz von 87,5 für den gan­zen Ort. Wenn außer­dem noch im ört­li­chen Senio­ren­heim und sämt­li­chen Betrie­ben, Fir­men, Arbeits- und Ver­kaufs­stät­ten getes­tet wird, ist es allein durch die Feh­ler­quo­te des Tests unmög­lich, auf eine Inzi­denz von unter 100 zu kom­men. Bei einer Feh­ler­quo­te von 1 % müs­sen nur 10 % der Ein­woh­ner getes­tet wer­den, um die Inzi­denz von 100 her­zu­stel­len. Das kann jeder mit dem inter­ak­ti­ven Rech­ner des RKI[1] sel­ber nach­voll­zie­hen. Bei 10.000 Tests und null Infi­zier­ten gibt es 100 falsch-posi­ti­ve Ergeb­nis­se. Wer­den die­se 10.000 Tests in einem Ort mit 100.000 Ein­woh­nern wöchent­lich durch­ge­führt, sind die Inzi­denz von 100 und damit Dau­er­lock­down, Not­brem­se und die Ein­schrän­kung der Grund­rech­te für immer garantiert.


Gast­bei­trä­ge geben immer die Mei­nung des Autors wider, und ermög­li­chen unse­ren Lesern unter­schied­li­che Blick­win­kel, um sich eine Mei­nung bil­den bzw. Wis­sen erlan­gen zu können.


Quel­len:

[1] https://​rki​-wiko​.shi​n​yapps​.io/​t​e​s​t​_​q​u​al/

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