Im Rahmen der Tarifanalyse zur Multi-Rente aus dem Hause Janitos (siehe hier) wurde auf ein aktuelles Urteil des (Az. 9 C 3/21) verwiesen, das am 12.10.2022 verkündet wurde und mittlerweile rechtskräftig ist. Es ging um einen Verstoß gegen das Symmetriegebot zu Lasten des Versicherungsnehmers. Am Ende dieses Beitrages können Sie die vollständige Urteilsbegründung nachlesen.
Im Juni 2009 wurde vom späteren Kläger eine Funktionsinvaliditätsversicherung nach dem Tarif Multi-Rente der Janitos geschlossen. Erstmals mit Schreiben vom 13.04.2017 wurde vom Versicherer eine Beitragsanpassung um 29,95 % unter Verweis auf Punkt 7 der dem Vertrag zugrunde liegenden Bedingungen angekündigt:
Anpassung
Hiergegen wurde zunächst ohne anwaltliche Hilfe mit Schreiben ein umfangreicher Widerspruch eingelegt. Janitos seinerseits lehnte den Widerspruch ab. Den Ausführungen des Unternehmens zufolge sei die Anpassung rechtmäßig gewesen.
Außergerichtliche Einigung nicht möglich
Aufgrund der Reaktion der Janitos war die Einschaltung eines Rechtsanwaltes geboten, der zunächst einmal eine Deckungsanfrage beim Rechtsschutzversicherer des Versicherungsnehmers einholen musste. Diese wurde positiv beschieden. Offenbar sah man auch auf Seiten des Rechtsschutzversicherers die notwendigen Erfolgsaussichten für eine zunächst außergerichtliche Streitbeilegung:
Mit Schreiben vom 08.07.2020 wurde schließlich auch die Kostenübernahme einer Klage in erster Instanz zugestimmt.
Versicherer möchte sich vergleichen
Die verschiedenen Schriftsätze, die zum Eingangs benannten Urteil führten, sollen an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden. Erwähnenswert ist jedoch ein Angebot auf Vergleich von Seiten der beklagten Versicherung vom 15.09.2022.
Neben einer einmaligen Zahlung von 800 Euro wollte die Janitos einen Teil der Kosten von Rechtsstreit und Vergleich übernehmen:
„Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs trägt die Beklagte zu 60 % und der Kläger zu 40 %. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.“[1]
Um eine Klage gegen zukünftige Beitragsanpassungen unter Verweis auf Punkt 7 zu unterbinden, sollte folgender Passus Teil des Vergleiches werden:
„Künftige Beitragsanpassungen bleiben hiervon sowie von dem Vergleich insgesamt unberührt und stehen der Beklagten unter den gesetzlichen und vertraglichen Voraussetzungen weiterhin zu. Insoweit verpflichtet sich der Kläger jedoch, die in diesem Verfahren aus Sicht der Beklagten zu Unrecht beanstandete Beitragsanpassung auch bei künftigen Beitragsanpassungen nicht mehr zu rügen oder in Frage zu stellen.“ [2]
Darüber hinaus sollte über die Inhalte des Vergleiches Stillschweigen bewahrt werden.
Dieser Vergleich wurde von der Klägerseite abgelehnt, so dass es schließlich nach einer kurzen öffentlichen Sitzung vom 21.09.2022 am AG Lehrte zur Bestimmung eines Termins für die Entscheidung kam.
Das AG Lehrte folgt dem Vortrag der Klägerseite
An dieser Stelle folgt nun abschließend der Wortlaut des gegen die Janitos Versicherung AG ergangenen Urteils.
„Mit Schreiben vom 13. April 2017 nahm die Beklagte gegenüber dem Kläger eine Prämienerhöhung von bisher 796,81 € auf 1035,22 € vor. Eine Kündigung des Vertrages erklärte der Kläger nicht.“
„Der Versicherer, hier die Beklagte, hat bei seinen Versicherungsbedingungen das Symmetriegebot für Preis und Leistung zu beachten. Deshalb sind Prämienanpassungen unwirksam, wenn sie den Versicherer nicht nur zu Prämienerhöhungen berechtigen, sondern ihn umgekehrt, bei entsprechenden Veränderungen der externen Kosten, nicht zu einer Prämienherabsetzung verpflichten. Ohne eine mit dem Erhöhungsrecht korrespondierende Absenkungspflicht ist die Klausel einseitig und damit unwirksam, weil sie den Versicherungsnehmer unangemessen benachteiligt […]“
„Die in Rede stehende Klausel verstößt aus Sicht des Gerichts gegen das Symmetriegebot.“
„Als Folge dessen ist festzustellen, dass die Erhöhung der Prämien für die Jahre 2017, und daran anknüpfend für die Jahre 2018, 2019, 2020 unwirksam ist und die Beklagte verpflichtet ist, die auf der Erhöhung beruhenden Prämienanteile für die vorbezeichneten Zeiträume zu erstatten.“
Bei einem Streitwert von insgesamt 2.000 Euro entstanden Anwaltskosten in Höhe von 609,88 Euro sowie Gerichtskosten in Höhe von 490,88 Euro, Gesamtkosten also von 1.100,76 Euro. Da es nicht immer bei einer Entscheidung in erster Instanz oder auch bei nur so geringen Streitwerten bleibt, kann es im Sinne der Waffengleichheit sinnvoll sein, über eine möglichst leistungsstarke Rechtsschutzversicherung zu verfügen. Beachten Sie, dass es eine Reihe von Rechtsschutztarifen gibt, die unter anderem keine Kosten für eine außergerichtliche Interessenvertretung vorsehen.
[1] Vergleichsangebot des für die Janitos tätigen Anwaltes an den Anwalt der Klägerseite vom 15.09.2022, Seite 2
[2] Vergleichsangebot des für die Janitos tätigen Anwaltes an den Anwalt der Klägerseite vom 15.09.2022, Seite 2