Am 01.03.2024 beschied das Landgericht Hildesheim (Az. 18 Ns 25 Js 6596/22) einen Freispruch für die ehemalige Soldatin Sabrina Bu. (siehe hier). Der zuvor Angeklagten war eine angebliche Gehorsamsverweigerung gegen die am 24.11.2021 eingeführte Duldungspflicht des militärischen Personals gegen eine Injektion mit SARS-COV‑2 vorgeworfen worden. Die schriftliche Urteilsbegründung steht bis heute aus.
Keine öffentliche Verkündung des Freispruchs durch das Gericht
Bis zum heutigen Tage fehlt es auf der Website des Landgerichts Hildesheim an einer offiziellen Presseerklärung zum Verfahren. Hierzu wurde Herr Jörg Heinemann als zuständiger Pressesprecher angefragt, ob es eine solche geben würde. Hierzu hieß es dann (alle Fehler gemäß Originalzitaten):
„Ein offizielles Pressestatement des Landgerichts zu diesem Verfahren nicht gibt es nicht.“
Nachgefragt wurde weiter, ob ein entsprechendes Statement noch erfolgen werde:
„Ich beabsichtige von meiner Seite aus, kein offizielles Statement zu diesem Verfahren abzugeben!“
Dem Autor dieser Zeilen wurde folgende Stellungnahme abgegeben:
„Zudem kann ich Ihnen an dieser Stelle mitteilen, dass das Landgericht Hildesheim in dieser Angelegenheit zuständigkeitshalber eine Berufung der Angeklagten gegen das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Holzminden zu verhandeln hatte. Die hiesige Berufungshauptverhandlung beim Landgericht hat letztendlich nach einer intensiven Beweisaufnahme zu einer Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils sowie zu einem Freispruch der Angeklagten geführt.“
Dem Gericht seien nur zwei Presseartikel zu dem Verfahren bekannt geworden, welche von der Hildesheimer Allgemeine hinter einer Bezahlschranke aufgerufen werden könnten. Inwiefern Heinemann die ausführliche Berichterstattung auf Critical-News bekannt geworden ist, ist nicht bekannt.
Anfangsverdacht begründet Ermittlungen
Während der Hauptverhandlung unter dem vorsitzenden Richter Dr. Julian Lange kam es zu mutmaßlich uneidlichen Falschaussagen der Zeugen Hauptfeldwebel Thorsten Br. und Oberstabsfeldwebel Mike He. Hierzu schrieb Critical News sowohl die Pressestelle des Landgerichts Hildesheim als auch die Staatsanwaltschaft Hildesheim an, inwiefern im Nachgang zum Verfahren strafrechtliche Ermittlungen u. a. gegen die hier benannten Zeugen eingeleitet worden seien. Das Gericht verweist an diese Stelle auf die Pressestelle des Landgerichts. Von dort antwortete Frau Christina Wotschke als zuständige Presssprecherin wie folgt (Klarnamen aus der Antwort an dieser Stelle anonymisiert):
„Ich kann Ihnen lediglich mitteilen, dass wegen des Anfangsverdachts der uneidlichen Falschaussage Verfahren gegen die Zeugen He. und Br. eingeleitet wurden.“
Gegenüber der Hildesheimer Allgemeinen habe sich der Pressesprecher des Landgerichts wie folgt geäußert:
„Die Aussagen des Vorgesetzten der Soldatin seien somit nicht als „belastbar“ einzustufen, erklärt Gerichtssprecher Jörg Heinemann.“[1]
Vom Verhalten der Staatsanwältin
Ebenfalls auffällig war das Verhalten der Staatsanwältin Kira-Franziska Rupprecht. Während großen Teilen der Hauptverhandlung war diese sehr passiv gewesen. Anzeichen für ein Bemühen um eine aktive Entlastung der Angeklagten nach § 160 StPO waren nicht erkennbar. Eine Zusammenfassung ihrer Aktivitäten an den Verhandlungstagen 05.01.2024, 15.01.2024, 30.01.2024 sowie 09.02.2024 findet sich bei Critical News (siehe hier). Erst in den Verhandlungstagen danach zeigte Rupprecht Anzeichen von Aktivität, jedoch weiterhin nicht zum Vorteil der Angeklagten. Noch in ihrem Schlussplädoyer vom 01.03.2024, in dem sie den Freispruch der Angeklagten forderte, war deutlich der Widerwille erkennbar, der sie mit dieser Forderung verband. So äußerte sie sich denn auch nicht, dass die Unschuld der Angeklagten durch die vorgetragenen Beweise erwiesen sei, sondern dass ja kein Befehl nachgewiesen werden konnte.
Unerfüllte Erwartungen
Gegenüber der zuständigen Staatsanwaltschaft wurden auch hierzu Fragen gestellt (Namen an dieser Stelle entgegen dem ursprünglichen Schriftwechsel teilweise anonymisiert):
„Zu den Aufgaben der Staatsanwaltschaft gehört nach § 160 StPO u. a. die aktive Entlastung eines Angeklagten. In diesem Fall konnte von Seiten Frau Rupprechts keine solche Initiative erkannt werden. Dies möchte ich an einigen Fakten festmachen. Die Vernehmungsakte der Frau Blanca Bl. enthielt keine Tatsachenfeststellungen aus erster Hand. Vielmehr wurden Aussagen von Herrn Major Gr. dem sog. „Tenor“ zugrunde gelegt. Es wurden jedoch von Seiten Bl.s keine offenbar eigenen Anstrengungen unternommen, beteiligte Zeugen wie Herrn He. zu befragen. Frau Rupprecht hätte also feststellen müssen, dass die Inhalte der Vernehmungsakte nur Behauptungen vom Hörensagen enthielten. Es wäre ferner zu erwarten gewesen, dass alle mutmaßlichen Zeugen zur vorgeworfenen Tat vor Anklageerhebung polizeilich vernommen würden. Dies ist offenkundig nicht geschehen. Als Folge kam es nicht nur zu einem kostspieligen Verfahren für den deutschen Staat, sondern auch für die Angeklagte. Womit begründet die zuständige Staatsanwaltschaft, dass eine Anklage auf Basis einer Vernehmungsakte, die nur auf Hörensagen beruht, überhaupt ein Strafermittlungsverfahren zur Folge haben durfte?“
Verweise auf den Kreisverkehr
Zu diesen Fragen verwies die Pressestelle der Staatsanwaltschaft auf die zuständige Pressestelle des Landgerichts:
„Ihre Fragen kann ich nur anteilig beantworten, da sich die Akten noch immer bei Gericht befinden. Zudem beziehen sich die Fragen teilweise auf die Hauptverhandlung, zu der lediglich der Pressesprecher des Landgerichts Auskunft erteilen kann.“
Weitere Fragen an die Staatsanwaltschaft blieben bislang ebenso unbeantwortet (auch hier teilweise Anonymisierung von Namen):
„3. Womit begründet die aktenführende Staatsanwaltschaft (falls Frau Rupprecht hier nur als Terminvertretung tätig war), dass sich Richter Dr. Julian Lange in diesem Verfahren über das Beweiserhebungsverbot nach § 32 WDO hinwegsetzen durfte?
4. Gibt es Beispiele aus anderen Verfahren am Landgericht Hildesheim, wo die Staatsanwaltschaft gemäß § 160 StPO erkennbare Anstrengungen zur Entlastung des jeweils Angeklagten unternommen hat oder ist es beim LG Hildesheim Standard, dass dies nicht passiert? Damit ist ausdrücklich NICHT gemeint, dass allein die Einstellung einer Anklage angeregt wird, sondern dass aktiv Beweismittel zur Entlastung beigebracht wurden.
5. In diesem Verfahren spielte eine Kommunikation von Bundeswehrangehörigen (u.a. Thomas Mu.) per WhatsApp eine entscheidende Rolle. Hier dürfte unzweifelhaft ein Datenschutzverstoß bei Nutzung für dienstliche Zwecke vorliegen, was als nebenstrafrechtliche Norm im Strafrecht beurteilt werden dürfte. Von Seiten der Verteidigung wurde hierzu am 27.02.2023 auch ein Beweisantrag gestellt, der nach meiner Kenntnis nicht weiterverfolgt wurde. Wurde von Seiten der Staatsanwaltschaft weiterverfolgt, ob eine Selbstanzeige der betreffenden Soldaten nach § 32 DSGVO unternommen? Falls ja: welche Folgen hatte diese?“
Die an die Staatsanwaltschaft gerichteten Fragen wurden parallel auch dem Landgericht gestellt, welche hierzu jedoch keine Stellungnahme angeben wollte:
„Zur Ermittlungstätigkeit bzw. der Arbeitsweise der Staatsanwaltschaft Hildesheim in diesem Verfahren oder im Allgemeinen kann und werde ich von Seiten des Landgerichts keine Stellungnahme abgeben.“
Bundeswehr ohne Interesse an Transparenz?
Auch der als zuständig benannten Pressestelle beim Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst (BAMAD) wurden per Mail an bamadpressestelle@bundeswehr.org verschiedene Fragen gestellt (erstmals am 12.03.2024 und als Erinnerung erneut am 14.03.2024). Bis Redaktionsschluss blieben diese unbeantwortet (Namen abweichend zum ursprünglichen Schriftverkehr anonymisiert):
„1. In diesem Verfahren spielte eine Kommunikation von Bundeswehrangehörigen (u.a. Thomas Mu.) per WhatsApp eine entscheidende Rolle. Hier dürfte unzweifelhaft ein Datenschutzverstoß bei Nutzung für dienstliche Zwecke vorliegen. Inwiefern ist hierzu eine Selbstanzeige der betreffenden Soldaten nach § 32 DSGVO unternommen worden? Falls ja: welche Folgen hatte diese?
2. Eine Kommunikation von Bundeswehrangehörigen zu dienstlichen Zwecken per WhatsApp scheint nicht auf den Standort Hildesheim-Holzminden begrenzt zu sein. So heißt es etwa in dem von Russland abgehörten Gespräch von Militärangehörigen unter anderem wie folgt:
„Gräfe: Okay, aber du hast nicht gesehen, was …
Ja, du weißt aber nicht, was er reingeschrieben hat?
Florstedt: Mmh, kann ich dir besorgen und dir whatsappen.
Gräfe: Ja, das wär‘ super.“
Quelle: https://free21.org/das-taurus-gespraech-hoher-deutscher-militaers/“
[1] Fuhrhop, Jan „Berufungsverfahren. Impfung verweigert und angeklagt – doch jetzt gibt’s in Hildesheim einen Freispruch für eine Ex-Soldatin“ auf „hildesheimer-allgemeine.de“ vom 04.03.2024 um 17:30 Uhr, aktualisiert am 05.03.2024 um 09:39 Uhr. Aufzurufen unter https://www.hildesheimer-allgemeine.de/meldung/impfung-verweigert-und-angeklagt-doch-jetzt-gibts-in-hildesheim-einen-freispruch-fuer-eine-ex-soldatin.html, zuletzt aufgerufen am 12.03.2024.