Rezen­si­on: 3. Auf­la­ge der Ein­füh­rung in die Wohn­ge­bäu­de­ver­si­che­rung von Lem­berg und Luksch

Lem­berg, Jörg und Luksch, Andre­as: „Wohn­ge­bäu­de­ver­si­che­rung. Eine Erläu­te­rung
anhand prak­ti­scher Fäl­le“. Karls­ru­he (Ver­lag Ver­si­che­rungs­wirt­schaft), 3. Auf­la­ge, 2024, 222 Sei­ten, 34,80 Euro, Softcover

Gegen­über der zwei­ten Auf­la­ge aus dem Jah­re 2020 wur­de die Neu­auf­la­ge voll­stän­dig über­ar­bei­tet. Grund­la­ge sind die für die Aus­bil­dung von Ver­si­che­rungs­kauf­leu­ten aktu­el­len Pro­xi­mus-5-Bedin­gun­gen zur Wohn­ge­bäu­de­ver­si­che­rung. Dort, wo sich die Pro­xi­mus-Bedin­gun­gen von den unver­bind­li­chen Mus­ter­be­din­gun­gen des Gesamt­ver­ban­des der Deut­schen Ver­si­che­rungs­wirt­schaft (GDV) unter­schei­den, wird jeweils spe­zi­ell dar­auf hin­ge­wie­sen (sie­he z. B. S. 19).

Mus­ter­be­din­gun­gen als Ausbildungsstandard

Ins­ge­samt folgt das Buch in sei­ner Struk­tur jener des eben­falls 2024 erschie­ne­nen Grund­la­gen­wer­kes „Haus­rat­ver­si­che­rung. Eine Erläu­te­rung anhand prak­ti­scher Fäl­le“. Natür­lich ohne die haus­rat­spe­zi­fi­schen The­men,  wie etwa die Bestim­mun­gen zur Außenversicherung.

Bereits in der Ein­lei­tung (S. 1) wird erläu­tert, wes­halb das Grund­la­gen­buch nicht auf den real­exis­tie­ren­den Bedin­gun­gen eines ein­zel­nen Ver­si­che­rers, son­dern auf denen der fik­ti­ven Pro­xi­mus AG beruht. Wie bei der ver­gleich­ba­ren Ein­füh­rung der Autoren in die Haus­rat­ver­si­che­rung beschreibt die Ein­lei­tung auch hier das Pro­dukt „Wohn­ge­bäu­de­ver­si­che­rung“ erst ein­mal in sei­nen gro­ben Lini­en. Dabei wird ins­be­son­de­re sehr anschau­lich auf die Unter­schie­de zwi­schen leich­ter und gro­ber Fahr­läs­sig­keit bzw. (beding­tem) Vor­satz eingegangen.

Ver­si­cher­te Gefah­ren grund­le­gend beschrieben

Die eigent­li­che Lek­tü­re beginnt ab Sei­te 9 mit den ver­si­cher­ten Gefah­ren. Die­se wer­den in ihrem Umfang anhand zahl­rei­cher Bei­spie­le erläu­tert, wobei immer wie­der berück­sich­tigt wird, ob ein kon­kre­ter Scha­den eine ver­si­cher­te Sache geschä­digt hat, ob eine ver­si­cher­te Gefahr ein­ge­tre­ten ist und auch ob etwa­ige Oblie­gen­heits­ver­let­zun­gen oder Aus­schlüs­se den Ver­si­che­rungs­schutz versagen.

So wird etwa bei einem exem­pla­ri­schen Brand­scha­den, ver­ur­sacht durch einen eifer­süch­ti­gen Ex-Freund, hin­ter­fragt, ob hier der Aus­schluss für eine vor­sätz­li­che Her­bei­füh­rung des Ver­si­che­rungs­fal­les ein­schlä­gig sein könn­te. Hier­bei stel­len die Autoren aller­dings klar, dass es nicht auf den Wil­len des Brand­stif­ters, son­dern auf den der Ver­si­che­rungs­neh­me­rin ankom­me. Da die­se den Scha­den nicht woll­te, grei­fe auch nicht der Aus­schluss für Vor­satz­ta­ten (sie­he S. 10 – 12):

„Frag­lich ist aber, ob der Ver­si­che­rer nach § 81 Abs. 1 VVG auf­grund der vor­sätz­li­chen Hand­lung des Has­so von der Leis­tungs­pflicht frei sein könn­te. Dafür müss­te Has­so aller­dings Ver­si­che­rungs­neh­mer gewe­sen sein. Dies ist nicht der Fall, denn Wieb­ke ist Ver­si­che­rungs­neh­me­rin und sie selbst hat den Scha­den nicht ver­ur­sacht.“[1]

Für die Ver­triebs­pra­xis wich­tig ist auch der Hin­weis zum The­ma Explo­si­ons­schä­den. Hier kom­me es nicht dar­auf an, ob sich das Ereig­nis auf dem Ver­si­che­rungs­grund­stück ereig­net habe oder viel­mehr im Nach­bar­haus (S. 16). Obwohl vie­le Wohn­ge­bäu­de­ta­ri­fe mitt­ler­wei­le Explo­si­ons­schä­den durch Blind­gän­ger aus­drück­lich als mit­ver­si­chert benen­nen, ist der Hin­weis von Lem­berg und Luksch auf eine gene­rel­le Mit­ver­si­che­rung in sol­chen Fäl­len (sie­he S. 16) hilfreich.

Undich­te Sili­kon­fu­gen wer­den thematisiert

Im Zusam­men­hang mit der Dar­stel­lung der Gefahr „Lei­tungs­was­ser“ erläu­tern die Autoren unter ande­rem, was unter einem Reprä­sen­tan­ten des Ver­si­che­rungs­neh­mers zu ver­ste­hen ist und wel­che Vor­aus­set­zun­gen für eine Ver­si­che­rungs­leis­tung der Kos­ten­po­si­ti­on „Was­ser­ver­lust“ vor­lie­gen müs­sen (S. 29 – 30). Dar­über hin­aus wird auch auf das Fugen­ur­teil des Bun­des­ge­richts­ho­fes (BGH) vom 20.10.2021 (Az. ZR 236 / 20) ein­ge­gan­gen. (S. 30 – 31) Es wird auch erläu­tert, dass mitt­ler­wei­le ver­schie­de­ne Wohn­ge­bäu­de­ver­si­che­rer im Unter­schied zu den unver­bind­li­chen Mus­ter­be­din­gun­gen von Pro­xi­mus sowie GDV hier einen Ver­si­che­rungs­schutz auch für sol­che Fäl­le anbie­ten. Die Aus­sa­ge „gegen Mehr­bei­trag“ (S. 30) muss man aller­dings  etwas rela­ti­vie­ren. In der Regel wird die­se Leis­tung tarif­ab­hän­gig gene­rell und ohne Mehr­prä­mie gewährt.

Sehr zu begrü­ßen ist es, dass die Autoren in einer ihrer Fuß­no­ten (sie­he z. B. S. 31 Fn. 50) auch ande­re Rechts­an­sich­ten als ihre eige­nen zur Aus­le­gung eines The­mas benennen.

Päd­ago­gi­scher Auf­bau der Ein­füh­run­gen in die Sachversicherung

Wenig ver­wun­der­lich fällt bei der Dar­stel­lung der ver­si­cher­ten Gefah­ren auf, dass mit­un­ter nahe­zu wort­glei­che Scha­den­bei­spie­le wie im Werk zur Haus­rat­ver­si­che­rung gewählt wur­den (sie­he z. B. Scha­den­bei­spiel 7 zum The­ma Lei­tungs­was­ser in der Wohn­ge­bäu­de­ver­si­che­rung (S. 34)  ent­spricht Bei­spiel 5 (S. 44) in der Haus­rat­ver­si­che­rung). Da es sich um zwei Sach­ver­si­che­rungs­pro­duk­te han­delt, die in Tei­len eng mit­ein­an­der ver­zahn­te Risi­ken dar­stel­len, ist es aus päd­ago­gi­scher Sicht gewiss sinn­voll die­se Gemein­sam­kei­ten durch gleich­lau­ten­de Fall­bei­spie­le zu verdeutlichen.

Zu Recht wei­sen die Autoren auf S. 38 auf das Urteil des BGH vom 12.07.2017 (Az. IV ZR 151 / 15) bei unkla­rer Zustän­dig­keit des Ver­si­che­rers bei Ein­tritt eines sich erst nach gerau­mer Zeit sicht­ba­ren Scha­dens ein (S. 38 – 39). Hier­zu sei noch erwähnt, dass infol­ge die­ses Urteils mitt­ler­wei­le sehr vie­le Ver­si­che­rungs­ta­ri­fe aus­drück­lich eine unkla­re Zustän­dig­keit bei Ver­si­cher­er­wech­sel bedin­gungs­sei­tig gere­gelt haben. Ein ent­spre­chen­der Hin­weis wäre schön gewesen.

Gering­fü­gi­ge Abwei­chun­gen sind hinzunehmen

In der Pra­xis gibt es immer wie­der Pro­ble­me, wenn bei der Behe­bung von Schä­den leich­te opti­sche Beein­träch­ti­gun­gen zurück­blei­ben. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn zur Behe­bung eines Lei­tungs­was­ser­scha­dens ein­zel­ne Flie­sen eines Bade­zim­mers zer­stört und dann durch neue ersetzt wer­den müs­sen. Wer nun von sei­ner Ver­si­che­rung erwar­tet, dass zur Ver­mei­dung selbst gering­fü­gi­ger Abwei­chun­gen des bis­he­ri­gen Flie­sen­spie­gels das gan­ze Bad auf Kos­ten des Ver­si­che­rers neu gefliest wür­de, soll­te sich mit der Recht­spre­chung ver­traut machen:

„Eine ver­blei­ben­de gering­fü­gi­ge Abwei­chung zu den rest­li­chen im Bad ver­blie­be­nen Flie­sen ist nach Ansicht des Land­ge­richts Düs­sel­dorf dem Ver­si­che­rungs­neh­mer durch­aus zumut­bar. Ent­schei­dend ist, was ein nicht ver­si­cher­ter Gebäu­de­ei­gen­tü­mer inves­tiert hät­te. Eine opti­sche Beein­träch­ti­gung könn­te auch durch einen Wert­min­de­rungs­aus­gleich kom­pen­siert wer­den.“[2]

Moder­ne Bedin­gun­gen nicht immer vorteilhaft

Kun­den mit einem älte­ren Bedin­gungs­werk wer­den gege­be­nen­falls von einem Hin­weis auf S. 42 pro­fi­tie­ren, der auf das Urteil des BGH vom 25.03.1998 (Az. IV ZR 137 / 97) ver­weist. Damals sei klar­ge­stellt wor­den, dass auch Roh­re unter­halb der Boden­plat­te als „inner­halb des Gebäu­des“ anzu­se­hen sei­en. Neue­re Bedin­gungs­wer­ke stel­len daher nach­tei­lig für die Ver­si­cher­ten klar, dass „Roh­re und Instal­la­tio­nen unter­halb der Boden­plat­te nicht ver­si­chert“ sei­en. Um sol­che Roh­re zu ver­si­chern, müss­ten also auch ent­spre­chen­de Roh­re außer­halb von Gebäu­den in den Ver­si­che­rungs­ver­trag auf­ge­nom­men wer­den (S. 42 – 43).

Mehr­wer­te aktu­el­ler GDV-Musterbedingungen

Bei der Dar­stel­lung der erwei­ter­ten Natur­ge­fah­ren (Ele­men­tar­ge­fah­ren) wird kurz (S. 61) auf eine wei­ter­ge­hen­de Ver­si­che­rung auch unbe­nann­ter Gefah­ren ein­ge­gan­gen, aller­dings ohne kon­kret auf die Sei­ten 202 bis 203 zu die­sem The­ma zu ver­wei­sen. Lei­der fehlt an die­ser Stel­le ein kon­kre­tes Bei­spiel spe­zi­ell für die oft strit­ti­gen Schä­den durch Teil­über­schwem­mung wie sie nach den aktu­el­len Mus­ter­be­din­gun­gen des GDV mit Stand 11.2023 zumin­dest ein­ge­schränkt als mit­ver­si­chert gel­ten. Ver­mut­lich einem Ver­se­hen geschul­det ist, dass sich der Ein­trag zu den unbe­nann­ten Gefah­ren zwar aus dem Stich­wort­ver­zeich­nis am Ende des Buches, nicht jedoch aus dem Inhalts­ver­zeich­nis an des­sen Anfang erschließt.

Wie bereits in der ers­ten und zwei­ten Auf­la­ge – und anders als im Rah­men der Rezen­si­on zur zwei­ten Auf­la­ge ange­kün­digt – sind mög­li­che Abgren­zungs­pro­ble­me der gegen Zuschlag ver­si­cher­ba­ren Natur­ge­fah­ren wei­ter­hin unbe­rück­sich­tigt geblie­ben. Zum bes­se­ren Ver­ständ­nis hier­zu ein Bei­spiel aus der Schadenpraxis:

Bei einem Kun­den hat Stark­re­gen dazu geführt, dass sich Regen­was­ser im Ein­gangs­be­reich einer Hin­ter­tür gesam­melt hat. Durch den Anstieg des Was­sers drang die­ses unter der Tür in das Gebäu­de ein. Da Tei­le des Grund­stücks abschüs­sig waren, lag hier kei­ne ver­si­cher­te „Über­flu­tung des Grund und Bodens, auf dem das Gebäu­de steht, in dem sich die ver­si­cher­ten Sachen befin­den, mit erheb­li­chen Men­gen von Ober­flä­chen­was­ser [….] durch Wit­te­rungs­nie­der­schlä­ge“ vor. Damit wur­de die im kon­kre­ten Fall vor­lie­gen­de Über­schwem­mungs­de­fi­ni­ti­on nicht erfüllt. Hät­te der Kun­de an die­ser Stel­le unbe­nann­te Gefah­ren mit­ver­si­chert, läge zwar kei­ne ver­si­cher­te Über­schwem­mung vor, hin­ge­gen hät­te sich eine unbe­nann­te Gefahr als Scha­den­fall verwirklicht.

Insel­an­la­gen als Sonderfall

Die Sei­te 65 the­ma­ti­siert neben ande­ren ver­si­cher­ten Sachen auch Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen. Hier wäre ein Exkurs wich­tig, der erläu­tert, wel­chen Mehr­wert eine sepa­ra­te Pho­to­vol­ta­ik­ver­si­che­rung gegen­über einem laut Pro­xi­mus-Bedin­gun­gen nur optio­na­len Mit­ver­si­che­rung im Rah­men einer Wohn­ge­bäu­de­ver­si­che­rung hat. Sie­he z. B. https://​cri​ti​cal​-news​.de/​t​a​r​i​f​a​n​a​l​y​s​e​-​p​h​o​t​o​v​o​l​t​a​i​k​v​e​r​s​i​c​h​e​r​u​n​g​-​i​n​t​e​r​_​2​0​1​8​-​02/.  An die­ser Stel­le wäre auch ein Hin­weis dar­auf ange­bracht, dass vie­le Ver­si­che­rer Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen pau­schal in den Ver­si­che­rungs­schutz ein­schlie­ßen, zum Teil sogar einen Zuschlag dafür neh­men, dass eine Mit­ver­si­che­rung aktiv aus­ge­schlos­sen wird.

Auf Sei­te 66 wird ein Unter­schied zwi­schen Solar- und Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen argumentiert:

„Im Gegen­satz zu Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen wan­deln Solar­ther­mie­an­la­gen Son­nen­licht in Wär­me um, die aus­schließ­lich für das ver­si­cher­te Gebäu­de genutzt wird und damit allein des­sen wirt­schaft­li­chen Zweck dient. Daher ist die Solar­an­la­ge als Gebäu­de­be­stand­teil versichert.“

Nach die­ser Argu­men­ta­ti­on müss­ten dann auch Pho­to­vol­ta­ik-Insel­an­la­gen, die nur der Ver­sor­gung des eige­nen Wohn­ge­bäu­des und damit allein eige­nen wirt­schaft­li­chen Zwe­cken die­nen, als Gebäu­de­be­stand­teil mit­ver­si­chert sein.

Bäu­me und Pflan­zen sind auch Grundstücksbestandteile

Sehr über­sicht­lich und hilf­reich ist hin­ge­gen die Dar­stel­lung der Unter­schie­de zwi­schen Ein­bau- und Anbau­kü­chen (S. 67). Bei der Defi­ni­ti­on der ver­si­cher­ten „Grund­stücks­be­stand­tei­le“ hät­te wie schon zur Vor­auf­la­ge ange­merkt der Ver­weis auf die abwei­chen­de Defi­ni­ti­on der §§ 94 bis 96 BGB ergänzt wer­den kön­nen. Es wird aller­dings betont, dass Bäu­me kei­ne ver­si­cher­ten Sachen sei­en und nur die abschlie­ßend auf­ge­zähl­ten Grund­stücks­be­stand­tei­le unter den Ver­si­che­rungs­schutz fal­len (S. 71).

Ab Sei­te 75 wid­men sich die Autoren dem The­ma „Bedarfs­er­mitt­lung und Prä­mie“. Bespro­chen wer­den hier unter ande­rem die Grund­la­gen für die glei­ten­de Neu­wert­ver­si­che­rung (S. 75 – 78) oder wann der gemei­ne Wert maß­geb­lich ist (S. 84 – 85).

Neu­bau mit grö­ße­rer Wohn­flä­che kann pro­ble­ma­tisch sein

Schön ist der Hin­weis auf den (in den meis­ten Tari­fen) grund­sätz­lich vor­ge­schrie­be­nen Wie­der­auf­bau eines Wohn­ge­bäu­des am glei­chen Ort. Benannt wer­den aber auch Aus­nah­men (sie­he S. 80). Sehr aus­führ­lich wird der Son­der­fall behan­delt, wo ein Ver­si­che­rungs­neh­mer nach einem Total­scha­den die Wohn­flä­che um sat­te 37 % erhöht (S. 80 – 82):

„Jür­gen und Lilia­ne haben kei­nen Anspruch auf Neu­wert­ent­schä­di­gung nach Ziff. 18.6 VGB, da das neu zu errich­ten­de Wohn­haus über eine wesent­lich grö­ße­re Wohn­flä­che ver­fü­gen wird. Dies stellt eine von der Neu­wert­ver­si­che­rung nicht erfass­te Ver­bes­se­rung dar.“[3]

Tari­fie­rung nicht zwin­gend auf Basis Wert 1914

Ganz offen­sicht­lich ist es den Pro­xi­mus‑Bedingungen geschul­det, dass die Autoren  aus­schließ­lich und aus­führ­lich nur auf Wohn­ge­bäu­de­ta­ri­fe mit Berech­nung der Ver­si­che­rungs­sum­me Wert 1914 ein­ge­hen.   Es sei jedoch erwähnt, dass mitt­ler­wei­le – gera­de am Mak­ler­markt –  die Mehr­zahl der Tari­fe für Ein- und Zwei­fa­mi­li­en­häu­ser auf eine fes­te Ver­si­che­rungs­sum­me ver­zich­ten und viel­mehr die Wohn­flä­che zur maß­geb­li­chen Kal­ku­la­ti­ons­grund­la­ge machen. Posi­tiv ist in jedem Fall, dass klar­ge­stellt wird, dass der Wert 1914 kei­ne abso­lu­te Ent­schä­di­gungs­gren­ze dar­stellt (S. 89). Auch posi­tiv ist der Hin­weis, wonach eine nur gering­fü­gi­ge Unter­ver­si­che­rung den Ver­si­che­rer nicht zur Kür­zung der Leis­tung berech­tigt (S. 90).

Erhöh­te Erstat­tung ver­si­cher­ter Kos­ten anzuraten

Kapi­tel 4 ab Sei­te 93 behan­delt das The­ma „Ver­si­cher­te Kos­ten und ver­si­cher­ter Miet­aus­fall“. Hier bie­ten die Autoren einen wich­ti­gen Hin­weis zu der im Ein­zel­fall sehr nied­ri­gen Kos­ten­po­si­tio­nen im Rah­men der Musterbedingungen:

„Vie­le Ver­si­che­rer bie­ten daher die Mög­lich­keit, über die Wahl von sog. „Top-“ bzw. „Pre­mi­um-Deckun­gen“ die Ent­schä­di­gungs­gren­ze für sol­che Kos­ten deut­lich zu erhö­hen. Der­ar­ti­ge Deckungs­er­wei­te­run­gen sind wärms­tens zu emp­feh­len.“[4]

Die Autoren gehen fer­ner auf das Zusam­men­spiel der Kos­ten­po­si­ti­on „Miet­wer­ter­satz“ (Wohn­ge­bäu­de­ver­si­che­rung) bzw. „Hotel­kos­ten“ (Haus­rat­ver­si­che­rung) ein. Dabei wird auch auf am Markt ver­füg­ba­re Tari­fe mit sogar unbe­grenz­ten Zeit­räu­men für die Erstat­tung von Hotel­kos­ten ver­wie­sen (S. 96 – 97).

Mel­dung auch nicht ver­si­cher­ter Vorschäden

Ab Sei­te 99 füh­ren Lem­berg und Luksch in ihrem fünf­ten Kapi­tel die Oblie­gen­hei­ten des Ver­si­che­rungs­neh­mers aus. Hier wer­den u. a. die gesetz­li­che Scha­den­min­de­rungs­pflicht, die vor­ver­trag­li­che Anzei­ge­pflicht oder auch die Heiz­ob­lie­gen­heit aus­ge­führt. Eine in der Pra­xis oft auf­tre­ten­de Pro­ble­ma­tik stel­len Vor­schä­den dar, die zwar beim Vor­ver­si­che­rer nicht gemel­det (und daher auch nicht regu­liert wur­den). Wenn im Rah­men eines Ver­si­cher­er­wech­sels jedoch nach Vor­schä­den gefragt wird, gilt, dass auch nicht gemel­de­te Schä­den zu mel­den sind (S. 108). Wer hier dar­auf ver­zich­tet, nach­zu­fra­gen, ob auch nicht gemel­de­te Schä­den anzu­zei­gen sei­en, mache sich den Autoren zufol­ge im Sin­ne von  § 276 Abs. 2 BGB einer grob fahr­läs­si­gen Oblie­gen­heits­ver­let­zung schul­dig (S. 109).

Intrans­pa­ren­te Klau­sel anzusprechen

Im Zusam­men­hang mit der Ver­pflich­tung zur Ein­hal­tung gesetz­li­cher und behörd­li­cher Oblie­gen­hei­ten sei noch auf das Urteil des OLG Schles­wig vom 18.05.2017 (Az. 16 U 14/17) hin­ge­wie­sen. Im kon­kre­ten Fall hat­te der beklag­te Ver­si­che­rer nach einem Lei­tungs­was­ser­scha­den ein­ge­wandt, dass der Ver­si­che­rungs­neh­mer angeb­lich gegen die DIN-Norm EN 806 – 5 ver­sto­ßen habe, so dass er mit die­ser Begrün­dung sei­ne Leis­tung um 30 Pro­zent gekürzt hat­te. Laut OLG sei die benann­te Klau­sel intrans­pa­rent und daher unwirk­sam[5]. Es wäre schön, in der nächs­ten Auf­la­ge auf die­ses Urteil hinzuweisen.

Posi­tiv ist, dass die Autoren im Rah­men ihrer Aus­füh­run­gen auch das Erfül­len ver­trag­li­cher Oblie­gen­hei­ten auf Basis einer Smart-Home-Ein­rich­tung beach­ten (S. 111).

Ver­trags­über­gang auch bei Gebäudetausch

Kapi­tel 6 ab Sei­te 113 behan­delt den „Abschluss und Beginn eines Wohn­ge­bäu­de­ver­si­che­rungs­ver­tra­ges“. Hier erwar­ten den infor­mier­ten Leser kei­ne beson­de­ren Über­ra­schun­gen. Inter­es­san­ter ist hier Kapi­tel 7 ab Sei­te 117 zum The­ma „Ver­trags­be­en­di­gung“, wo unter ande­rem das bereits aus dem Grund­la­gen­werk zur Haus­rat­ver­si­che­rung bekann­te Pro­blem mit dem Post­streik bespro­chen wird (S. 117 – 119). Spe­zi­ell bezo­gen auf die Wohn­ge­bäu­de­ver­si­che­rung wird dane­ben der Über­gang des Ver­si­che­rungs­schut­zes vom bis­he­ri­gen Ver­si­che­rungs­neh­mer auf den Käu­fer (auch durch eine Auk­ti­on), Tau­scher oder Beschenk­ten als neu­en Immo­bi­li­en­be­sit­zer bespro­chen (S. 121 – 137). Hier wird ein wich­ti­ger Rat an den Käu­fer einer Immo­bi­lie gegeben:

„Dem Käu­fer kann man […] nicht raten, dem Kauf­preis zu zah­len, bevor der nicht auch den Ver­si­che­rungs­schein über die bestehen­de Gebäu­de­ver­si­che­rung des Ver­käu­fers in den Hän­den hält.“[6]

Dar­über hin­aus raten die Autoren bes­ser bereits mit Kauf­preis­zah­lung (außer bei Erwerb einer Woh­nung in einem Mehr­fa­mi­li­en­haus) einen eige­nen Ver­si­che­rungs­ver­trag nach eige­nen Wün­schen zu gestal­ten, um im Scha­dens­fall sicher eine Leis­tung ver­lan­gen zu können:

„Eine Mehr­fach­ver­si­che­rung i. S. d. § 78 VVG liegt nicht vor, da jeder Ver­trag von einem ande­ren Ver­si­che­rungs­neh­mer abge­schlos­sen wur­de.“[7]

Nach­weis bestehen­der Vor­ver­si­che­rung anzuraten

Ergän­zend hät­te man noch auf den Fall ein­ge­hen kön­nen, bei dem der bis­he­ri­ge Immo­bi­li­en­ei­gen­tü­mer zwar einen Ver­si­che­rungs­schein vor­le­gen kann, jedoch arg­lis­tig dar­über hin­weg­täuscht, dass der Ver­trag bereits gekün­digt oder wegen Nicht­zah­lung nicht leis­tungs­pflich­tig wäre. Wei­ter wäre es ange­zeigt gewe­sen, dar­auf hin­zu­wei­sen, dass eine Wohn­ge­bäu­de­ver­si­che­rung nur mit Zustim­mung des Real­rechts­gläu­bi­gers gekün­digt wer­den kann, sofern die­ser sei­ne Hypo­thek bei dem Ver­si­che­rer ange­mel­det hat (§§ 143 I, 144 VVG). Eine ent­spre­chen­de (vor­läu­fi­ge) Kün­di­gungs­zu­rück­wei­sung kann etwa wie folgt aussehen:

„ger­ne wür­den wir die Auf­he­bung zum Ablauf bestä­ti­gen, aber im Fal­le einer Kün­di­gung durch die Kun­den, muss die finan­zie­ren­de Bank dem zustim­men.“[8]

Posi­tiv ist, dass die Autoren – wie auch in ihrem Buch zur Haus­rat­ver­si­che­rung (sie­he dort S. 146) – das The­ma „Spon­tan­of­fen­ba­rungs­frist“ anrei­ßen (S. 140).

Einen Son­der­fall stel­len Erben dar, die ein Gebäu­de infol­ge des Todes des bis­he­ri­gen Ver­si­che­rungs­neh­mers erwer­ben. Hier kön­ne die bestehen­de Ver­si­che­rung ordent­lich frü­hes­tens „zum Ende der Ver­trags­lauf­zeit gekün­digt wer­den.“ (S. 123)

Zahl­rei­che Anhänge

An die vor­her­ge­hen­den Kapi­tel anschlie­ßend fin­den sich ein Lite­ra­tur­ver­zeich­nis (S. 143 – 144), ein Abbil­dungs­ver­zeich­nis (S. 145 – 146), ein Anhang mit „All­ge­mei­ne Wohn­ge­bäu­de Ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen“ des GDV (S. 147 – 173), ein Anhang 2 mit zusätz­li­chen mög­li­chen Ver­ein­ba­run­gen (S. 175 – 181), als Anhang 3 ein „Gemein­sa­mer All­ge­mei­ner Teil“ zu den Mus­ter­be­din­gun­gen (S. 183 – 200), „Abwei­chun­gen und Ergän­zun­gen“ (S. 201 – 209), eine Syn­op­se der Pro­xi­mus 5 VGB 2021 zu den GDV VGB 2022 (S. 211 – 215) sowie ein Stich­wort­ver­zeich­nis (S. 217 – 219).

Fazit: Das Werk zur Wohn­ge­bäu­de­ver­si­che­rung rich­tet sich ganz klar an die Ler­nen­den in Aus- und Wei­ter­bil­dungs­maß­nah­men sowie an deren Dozen­ten, so dass das Pro­xi­mus-Bedin­gungs­werk im Fokus aller Betrach­tun­gen steht. Dadurch blei­ben dann aber lei­der span­nen­de The­men wie z. B. die Dar­stel­lung der unbe­nann­ten Gefah­ren, eine ver­tie­fen­de Dar­stel­lung von Rauch- und Ruß­schä­den oder die Abgren­zung von Seng- zu Schmor­schä­den, aber auch die Berück­sich­ti­gung von Tari­fen auf Basis der Wohn­flä­che anstel­le des Wer­tes 1914 unvoll­stän­dig bzw. uner­wähnt. Die Autoren hat­ten nach der zwei­ten Auf­la­ge eigent­lich in Erwä­gung gezo­gen, sol­che The­men auch mit auf­zu­neh­men, haben es am Ende aber dann doch nicht umgesetzt.

Dem erfah­ren Prak­ti­ker kann es aber zumin­dest inso­weit einen Nut­zen stif­ten, als man durch die mit auf­ge­führ­ten Bedin­gun­gen des GDV gleich­zei­tig auch den GDV-Stan­dard auf­fri­schen kann. Dort, wo die GDV-Bedin­gun­gen von den Pro­xi­mus-Bedin­gun­gen abwei­chen, gibt es jeweils einen spe­zi­el­len Hin­weis mit Erläu­te­run­gen. Zudem hilft die Pro­xi­mus-GDV-Syn­op­se im Anhang, um leich­ter zu erken­nen, wo bei­de Bedin­gungs­wer­ke bereits im Auf­bau von­ein­an­der abwei­chen. Wei­ter­hin weist das Stich­wort­ver­zeich­nis Ein­trä­ge sowohl für „Luft­fahr­zeug“ als auch für „Luft­fahr­zeu­ge“ auf.

Die nahe­zu dop­pel­te Sei­ten­zahl gegen­über der zwei­ten Auf­la­ge ist teil­wei­se dem Umstand geschul­det, dass die­se im Unter­schied zur jet­zi­gen 3. Auf­la­ge kei­ne Mus­ter­be­din­gun­gen abge­druckt hat­te. Trotz der  noch wei­ter­hin offe­nen The­men und gewis­ser Kri­tik­punk­te han­delt es sich um eine her­vor­ra­gen­de Ein­füh­rung in die Mate­rie,  deren Lek­tü­re jedem Ver­si­che­rungs­ver­mitt­ler drin­gend ans Herz gelegt wird. Auch für „alte Hasen“ bie­tet die Lek­tü­re sicher man­cher­lei Neu­es, zumin­dest jedoch eine grund­le­gen­de Auf­fri­schung grund­le­gen­der Basics zum Thema.


[1] Lem­berg, Jörg E. und Luksch, Andre­as „Wohn­ge­bäu­de­ver­si­che­rung. Eine Ein­füh­rung anhand prak­ti­scher Fäl­le.“ Karls­ru­he (Ver­lag Ver­si­che­rungs­wirt­schaft) 3. Auf­la­ge, 2024, S. 12.

[2] Lem­berg, Jörg E. und Luksch, Andre­as „Wohn­ge­bäu­de­ver­si­che­rung. Eine Ein­füh­rung anhand prak­ti­scher Fäl­le.“ Karls­ru­he (Ver­lag Ver­si­che­rungs­wirt­schaft) 3. Auf­la­ge, 2024, S. 40.

[3] Lem­berg, Jörg E. und Luksch, Andre­as „Wohn­ge­bäu­de­ver­si­che­rung. Eine Ein­füh­rung anhand prak­ti­scher Fäl­le.“ Karls­ru­he (Ver­lag Ver­si­che­rungs­wirt­schaft) 3. Auf­la­ge, 2024, S. 82.

[4] Lem­berg, Jörg E. und Luksch, Andre­as „Wohn­ge­bäu­de­ver­si­che­rung. Eine Ein­füh­rung anhand prak­ti­scher Fäl­le.“ Karls­ru­he (Ver­lag Ver­si­che­rungs­wirt­schaft) 3. Auf­la­ge, 2024, S. 94.

[5] Sie­he z. B. Hans Stra­ßer „Sicher­heits­klau­sel unwirk­sam“ auf „hans​-stras​ser​.de“ vom 28.12.2021. Auf­zu­ru­fen unter https://​hans​-stras​ser​.de/​s​i​c​h​e​r​h​e​i​t​s​k​l​a​u​s​e​l​-​u​n​w​i​r​k​s​am/, zuletzt auf­ge­ru­fen am 12.01.2022.

[6] Lem­berg, Jörg E. und Luksch, Andre­as „Wohn­ge­bäu­de­ver­si­che­rung. Eine Ein­füh­rung anhand prak­ti­scher Fäl­le.“ Karls­ru­he (Ver­lag Ver­si­che­rungs­wirt­schaft) 3. Auf­la­ge, 2024, S. 136.

Lem­berg, Jörg E. und Luksch, Andre­as „Wohn­ge­bäu­de­ver­si­che­rung. Eine Ein­füh­rung anhand prak­ti­scher Fäl­le.“ Karls­ru­he (Ver­lag Ver­si­che­rungs­wirt­schaft) 3. Auf­la­ge, 2024, S. 137.

[8] Kun­den­an­schrei­ben aus dem Hau­se der Bayerischen.

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