Zur Feier des 1. Mais wurde auf Gut Schierke am Brocken im Harz die Walpurgis begangen. Der Festplatz war in diesem Jahr einmal wieder als Mittelaltermarkt gestaltet, darunter zahlreiche Handwerksstände, das Federgeisttheater mit dem Drachen Fangdorn sowie Musiker. Die Veranstalter bewarben das diesjährige Programm unter anderem wie folgt:
„Die Walpurgis in Schierke am Brocken ist das traditionelle Fest der Hexen und Teufel, um die Nacht vom 30. April zum 1. Mai und somit den Austrieb des Winters zu feiern. Den alten Überlieferungen zufolge versammelten sich zahlreiche Hexen auf dem Blocksberg, um gemeinsam in den Frühling zu tanzen.“[1]
Prätorius, bekannt nicht nur als Sammler von Sagen über Rübezahl
Der Brocken im Harz wird schon lange mit Hexen in Verbindung gebracht. Die Autoren Bruno Gloger und Walter Zöllner äußerten sich hierzu:
„In den Harzsagen nimmt der Brocken naturgemäß einen Ehrenplatz ein. Neben der geographischen Situation waren es gelehrte Autoren wie Johann Prätorius (gest. 1680) und Samuel Pomarius (1614 bis 1683), die mit ihren Büchern dafür sorgten, dass die höchste Erhebung des Harzes die übrigen deutschen Hexentummelplätze ausstach.“[2]
Die Autoren zitieren aus Sagen, die sich rund um den Hexensabbat auf dem Brocken und der herausragenden Rolle des Satans in diesem Kontext rankten. Für Außenstehende, die an solchen Sabbaten teilnahmen, habe dies in den Sagen meist schlecht geendet, vor allem, wenn sie Dritten von ihren Erlebnissen Kenntnis brachten[3]. Auf dem Weg zum Brocken sei der Teufel den Menschen mitunter als „Katzenschar“ erschienen[4].
Unzucht mit bösen Geistern
In seinem Buch über den „Hexenwahn“ zitiert Hans-Jürgen Wolf ein Gedicht, das eine Beschreibung des Blocksbergs und des dortigen Treibens während der Walpurgisnacht gibt. Darin heißt es unter anderem:
„Welche all die Teufel dahin führt /
In geschwinder Eil / wie jetzt berührt /
Auff welchem sie mit tantzen / springen /
Mit Sauffen auch die Zeit zubringen /
Mit bösen Geistern Unzucht treiben /
Wie solches oft Gelehrte schreiben /
Wenn aber kommt der Hanen Geschrey /
So fahren wie wieder heim ohne Scheu /“[5]
Hexenverfolgung im nahen Werningerode
Nahe dem Brocken liegt die Stadt Werningerode, die auf den Resten der alten Stadtmauer der Menschen gedenkt, die dort in den Jahren zwischen 1521 und 1708 aufgrund „des Vorwurfs der Hexerei, Zauberei und „Teufelsbuhlschaft““ angeklagt wurden. Von diesen seien insgesamt 15 Männer und Frauen nach dem damals geltenden Recht für schuldig befunden und auf dem Galgenberg hingerichtet worden. Letztmalig ein Todesurteil gegen eine vermeintliche Hexe sei 1609 gefällt worden.
Heutzutage haben Hexen weitgehend ihren Schrecken verloren. Sie begegnen gerade Kindern noch in Märchen wie dem von „Hänsel und Gretel“, den Hörspielen rund um „Bibi Blocksberg“ oder „Bibi und Tina“ oder rund um die Maifeierlichkeiten auf dem Brocken in Gestalt der „Hexe Chibraxa“. Während das Motiv des Kannibalismus der Grimmschen Hexe noch heute eine bedeutende Rolle im zeitgenössischen Satanismus spielt und zahlreichen Quellen zufolge auch heute noch real praktiziert werde[6], ist die Verbindung von „Hexe“ und „Satan“ für Kinder heute kaum noch bekannt.
Besucher aus Europa und Asien
Die meisten Besucher der diesjährigen Walpurgis dürften sich eher wenig Gedanken über historische Ereignisse und Sagen gemacht haben. So gab es neben Besuchern etwa aus den niedersächsischen Städten Bad Nenndorf und Braunschweig sogar einen Gast aus dem Norden von Japan. Diese konnte gleich zahlreichen Künstlern bei ihrer Kleinkunst und Musik Beachtung schenken.
Am ersten Mai war Critical News vor Ort und führte ein Interview mit dem Musikerduo „Mumpitz“. Dieses besteht aus „Richard, Graf von Falkenstedt und Meranien“ (Rick Krüger) und „Tiburón, der Troubadour“ (Rodrigo Mansilla). Die Gruppe habe 2016 angefangen, obwohl sich die beiden Künstler schon deutlich länger gekannt hätten.
Selbst komponierte Stücke
Vorgetragen auf dem Brocken wurden verschiedene Lieder auf Gitarrenlaute und Kazoo, so etwa „So ein Holzbein“ über Piraten als vermeintliche Randgruppe des Mittelalters oder ein anderes Stück über Wikinger. Andere Stücke der Band werden mit Percussion, Bouzouki, Schäferpfeife, Marktsack, Flöten, Nasenflöte oder Kastagnetten vorgetragen[7].
Das Repertoire der Band umfasst neben traditionellen Stücken diverse Eigenkompositionen, die sich teilweise an bekannten Volksliedern orientieren, teilweise an andere Bands erinnern. So weckt das Lied „Ein Mumpitz kommt selten allein“ deutliche Assoziationen an Stücke des Albums „Das Lose Album“ von „Das Niveau“, in einem anderen Stück, das am 01.05.2024 vor Ort vorgetragen wurde, verweist das Duo selbst auf die Mittelalterband „Die Streuner“.
Im Interview benennt die Band „Das Niveau“, „Pampatutti“ sowie „Pill & Pankratz“ als große Comedy-Duos, an denen sich beide gerne orientieren würden.
Jeweils weitere Projekte
Der am 08.08.[8] 1990 geborene Mansilla ist neben seinen Auftritten für Mumpitz auch in der Mittelalterband Mythemia dabei am Wirken.
Krüger, der seit 2009 in Stuttgart wohnt, ist neben seinem Wirken als Teil des Comedy-Musik-Duos seit 2019 auch in der Deutschrockband Fior aktiv. Seine Website gibt an, dass Krüger 2012 den „Nachwuchswettbewerb des Inselkeltischen Folksfestivals“ gewonnen habe. Daneben benennt der Webauftritt sein früheres Mitwirkungen in den Bands „Ex Animo“ (bis 2009), „Folk Abroad“ (bis 2012), „Unschuldig“ (2011 bis 2013), „Spielleut Fortunatus“ (2013 bis 2014) sowie „Gauklerpack“ (2014 bis 2016)[9].
Neben Liedern bietet das Duo auch Stand-Up-Comedy und eine Unterweisung in historischen Tänzen[10]. Über sich selbst berichten die Sänger, dass sie früher Studenten gewesen seien, weshalb auch Studentenlieder zu ihrem Repertoire gehören würden.
Erfolgsprognose für 2020 durch Lockdown beendet
Die Corona-Jahre und die damit verbundenen Lockdowns seien für das Duo schwierig gewesen. Hierzu äußerte sich Mansilla:
„Ende 2019 hatten wir noch eine Prognose für eine sehr erfolgreiche Saison. Zum Anfang des Jahres bin ich noch nach Südamerika zur Familie geflogen und hab dann einen Anruf gekriegt von einem Bekannten: fällt aus. Was fällt denn aus? Ja, alles.“
Besonders schwierig sei es gewesen, da man als Duo medial noch nicht so präsent gewesen sei, vor allem, da man überwiegend Familienmärkte und keine Festivals bediene. Vorteilhaft sei gewesen, dass beide nicht nur von der Tätigkeit für Mumpitz lebten, sondern auch nach anderen Tätigkeiten nachgehen würden. So sei Krüger auch als Softwareentwickler tätig, während Mansilla die Zeit für eine Ausbildung genutzt habe. Letzterer habe lange allein von der Tätigkeit als Künstler gelebt, aber sicher sei ein solches Einkommen nie zu hundert Prozent wie man ja etwa am Beispiel der Lockdowns habe sehen können. Mansilla zufolge seien beide froh, dass man durch solche Unwägbarkeiten des Lebens nicht in existentielle Nöte komme.
Das Interview sowie einen Ausschnitt aus dem Liveprogramm des Comedy-Musik-Duos finden Sie auf Telegram unter https://t.me/critical_news_de/7035.
Mumpitz auf Reisen
Der nächste Auftritt finde auf dem Mittelalterlich Phantasie Spectaculum in Bückeburg statt, das in diesem Jahr für den 27.07.2024 und 28.07.2024 angekündigt wurde. Auf der Website der Künstler wird darüber hinaus weitere Auftritte unter anderem in Immenstaad am Bodensee (20.05. bis 21.05.) sowie in Gütersloh (08.06. bis 11.06.)
[1] „Die Walpurgis in Schierke 2024 – Tagesticket Mi. 01.05.2024“ auf „twotickets.de“. Aufzurufen unter https://www.twotickets.de/event/2843049?entry=true, zuletzt aufgerufen am 01.05.2024.
[2] Gloger, Bruno und Zöllner, Walter „Teufelsglaube und Hexenwahn“ München, 1993, S. 189
[3] Gloger, Bruno und Zöllner, Walter „Teufelsglaube und Hexenwahn“ München, 1993, S. 190
[4] Gloger, Bruno und Zöllner, Walter „Teufelsglaube und Hexenwahn“ München, 1993, S. 191
[5] Wolf, Hand-Jürgen „Hexenwahn. Hexen in Geschichte und Gegenwart“ Herrsching (Manfred Pawlak Verlagsgesellschaft), 1990, S. 477.
[6] Siehe z. B. Chantal Frei „Ich rede! Mein Leben und Ausstieg aus satanisch ritueller Gewalt:“ Greven (Kindle Direct Publishing), 2021, S. 39
[7] „Was für ein Mumpitz!“ auf „duo-mumpitz.de“. Aufzurufen unter https://www.duo-mumpitz.de/, zuletzt aufgerufen am 01.05.2024.
[8] „Mythemia“ vom 08.08.2023. auf „facebook.com“. Aufzurufen unter https://www.facebook.com/story.php/?story_fbid=825544119032772&id=100047315755863&paipv=0&eav=AfYEBOG0tib_GHU0_evxoyHMlghD9zULq2MRjvRjyEt0wTNWXCXe1M2jrvNoW_nQ_04&_rdr, zuletzt aufgerufen am 01.05.2024.
[9] „Über mich“ auf „rickk.de“. Aufzurufen unter https://www.rickk.de/bio/, zuletzt aufgerufen am 01.05.2024.
[10] „Was für ein Mumpitz!“ auf „duo-mumpitz.de“. Aufzurufen unter https://www.duo-mumpitz.de/, zuletzt aufgerufen am 01.05.2024.