Anste­hen­de Pfle­ge­be­dürf­tig­keit: Das Familiengespräch

„Sprich Du doch ein­fach mal mit ihr,“ mit die­sem Satz wird in vie­len Fami­li­en der Anfang zum The­ma Pfle­ge im Alter gemacht. Oder auch ver­drängt. Denn wenn „Du“ sich nicht traut, dann kann es wie­der Mona­te dau­ern, bis ein neu­er Anlauf gemacht wird. Wer hört es schon ger­ne, dass er als lang­sa­mer als frü­her, als ver­gess­lich oder gar tüdelig wahr­ge­nom­men wird? Es geht nicht immer ohne die „belei­dig­te Leber­wurst“ oder Laut­stär­ke über die Büh­ne – das ers­te Fami­li­en­ge­spräch in Sachen Pflege.

© 2020 Cri­ti­cal News – Im Seniorenheim

Der rich­ti­ge Zeitpunkt

Und wann ist der rich­ti­ge Zeit­punkt dafür gekom­men? Wenn Opa mit dem Wagen kaum noch aus der Gara­ge kommt und regel­mä­ßig an den Bord­stein schrammt?

Wenn Mut­ter mehr­fach beim Bügeln das hei­ße Eisen lie­gen lässt oder sich selbst aus der Woh­nung ausschließt?

Nicht zu ver­ges­sen: Wer das Gespräch in Gang setzt, muss es irgend­wann auch zu Ende füh­ren. Und damit über­nimmt man Ver­ant­wor­tung und Arbeit. Ja, und jetzt, fra­gen dann so man­che Eltern?

Hast Du Dich geküm­mert, war­um hören wir nichts vom Heim, Du hast den Antrag bestimmt falsch aus­ge­füllt, woll­test Du nicht die Trep­pen­stu­fen klei­ner machen? Du hast das Heim emp­foh­len und nun darf mich wegen Coro­na nie­mand besuchen.

Kurz­um: Vor­sor­ge macht Arbeit. Gar kei­ne Vor­sor­ge sorgt für mensch­li­che und finan­zi­el­le Pro­ble­me sowie für ein schlech­tes Gewis­sen den Eltern gegenüber.

Also soll­te man sich an ein bis zwei Wochen­en­den tref­fen und das gan­ze The­ma in allen Punk­ten bespre­chen. Nichts erzwin­gen, son­dern Stück für Stück die Punk­te abarbeiten.

In Geld­din­gen offen reden

Alles soll­te finan­zi­ell geord­net sein, wenn Schlag­an­fall, Unfall, Herz­in­farkt oder Demenz tat­säch­lich ein­tre­ten. Unab­hän­gig davon muss das Woh­nen im Alter ein­fach abge­klärt wer­den. Die War­te­zei­ten für gute Alten­wohn­hei­me sind sehr lang. Auch wol­len nicht alle Senio­ren ihren ver­trau­ten Lebens­raum gegen ein weit­ge­hend fremd­be­stimm­tes Woh­nen tauschen.

Wer sei­nen Eltern beim alters­ge­rech­ten Aus­bau von Woh­nung oder Haus zur Hand gehen will, kann das eben­falls nicht an einem Sonn­tag erle­di­gen. Auch wenn kein Eltern­teil jemals zum Pfle­ge­fall im Rah­men eines gesetz­li­chen Pfle­ge­gra­des wird, es gibt genug Ein­schrän­kun­gen im Alter, für die man vor­sor­gen kann.

Mut gehört auch dazu, über Betreu­ungs­ver­fü­gun­gen, Vor­sor­ge­voll­mach­ten und Pati­en­ten­ver­fü­gun­gen zu spre­chen. Nicht zu ver­ges­sen das The­ma Testament.

Da kommt schon Vie­les zusammen.

Ein­schließ­lich Streit­ge­sprä­che über sen­si­ble The­men, die man Jahr­zehn­te in die Ecke gekehrt hat. Die jün­ge­re Fami­lie hat zudem einen mehr oder weni­ger kon­kre­ten eige­nen Lebens­ent­wurf. Die even­tu­el­le Pfle­ge der Eltern steht hier­zu regel­mä­ßig durch­aus in Kon­kur­renz. Man darf nicht vergessen:

Jedes Ehe­paar bringt zwei Eltern­tei­le mit. Allein vor die­sem Hin­ter­grund ist ein gut über­leg­tes, früh­zei­tig ange­spro­che­nes und wirt­schaft­lich abge­si­cher­tes „Eltern-Manage­ment“ für alle Betei­lig­ten von gro­ßem Nutzen!

Weil Pfle­ge­fäl­le in jedem (!) Alter auf­tre­ten kön­nen, macht die Dis­kus­si­on über den Fall der Fäl­le bereits in jun­gen Jah­ren Sinn. Fami­li­en mit mehr als einem Pfle­ge­fall sind kei­ne Ein­zel­er­schei­nung! Die Ursa­chen für einen Pfle­ge­fall sind dabei viel­fäl­tig und rei­chen von Unfäl­len, über Impf­schä­den oder auch zecken­be­ding­te Inva­li­di­tät durch FSME oder Borreliose.

Wem ver­traue ich mich an?

Kin­der­lo­se Paa­re und Sin­gles haben sel­ten jeman­den, dem sie sich im Alter anver­trau­en kön­nen. Und die Hoff­nung auf den Part­ner, der einen ein­mal pfle­gen könn­te, ist naiv. Dafür sind die Schei­dungs­ra­ten und die Wahr­schein­lich­keit, dass bei­de Part­ner im Alter an Gebre­chen lei­den könn­ten, ein­fach zu hoch. Der Per­so­nal­man­gel in der pro­fes­sio­nel­len Pfle­ge, nicht umsonst gibt es den Begriff vom Pfle­ge-Not­stand, macht zudem heu­te und vor allem zukünf­tig eine qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ge Pfle­ge für alle gene­rell unmög­lich. Es kann daher nicht nur hei­ßen: „Sprich Du mit ihr“. Aktu­ell häu­fen sich die Berich­te von Senio­ren, die unter dem gegen­wär­ti­gen Coro­na-Régime lei­den müs­sen und denen jeg­li­cher Besuch von Freun­den oder Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen ver­sagt wird. Ande­re kön­nen nur eine Stun­de pro Tag eine ein­zel­ne Per­son sehen. Das ist sowohl für Fami­li­en als auch Senio­ren belas­tend. Mit Lebens­qua­li­tät hat dies nichts zu tun. Was 2020 Rea­li­tät ist, kann sic aber zukünf­tig wie­der normalisieren.

Jeder, der sei­ne zwan­zig bis drei­ßig Jah­re im Ruhe­stand mit Lebens­qua­li­tät fül­len will, muss auch mit sich selbst ein­mal „ein erns­tes Gespräch führen“.

Wie kön­nen Fami­li­en vorsorgen?

Da sowohl die gesetz­li­che als auch die pri­va­te Pfle­ge­pflicht­ver­si­che­rung ledig­lich eine Grund­ab­si­che­rung bie­ten, ist eine ergän­zen­de pri­va­te Absi­che­rung für grund­sätz­lich für jeden sinn­voll und angeraten.

Zur Aus­wahl ste­hen Pflegetagegeld‑, Pflegerenten‑, Pfle­ge­kos­ten- sowie Pfle­ge­geld­ta­ri­fe. Letz­te­re sind auch unter dem Namen „Pfle­ge­bahr“ bekannt. Pfle­ge­kos­ten­ta­ri­fe über­neh­men nur nach­ge­wie­se­ne Kos­ten, Pfle­ge­geld­ta­ri­fe pro­fi­tie­ren hin­ge­gen von einer staat­li­chen För­de­rung. Eine indi­vi­du­el­le­re Ver­trags­ge­stal­tung bie­ten ins­be­son­de­re Pflegetagegeldtarife.

Alle Tarif­an­ge­bo­te lei­den unter der aktu­el­len Nied­rig­zins­po­li­tik, deren Ende wegen der EU-wei­ten Neu­ver­schul­dung nicht abseh­bar ist.

Waren vie­le Pfle­ge­ta­ge­geld- und Pfle­ge­kos­ten­ta­ri­fe in der Ver­gan­gen­heit eher bei­trags­sta­bil, hat sich der Trend in den letz­ten Jah­ren bei diver­sen Anbie­tern gedreht.

Der Text basiert auf einer frü­he­ren Ver­öf­fent­li­chung von Klaus Barde

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