„Sprich Du doch einfach mal mit ihr,“ mit diesem Satz wird in vielen Familien der Anfang zum Thema Pflege im Alter gemacht. Oder auch verdrängt. Denn wenn „Du“ sich nicht traut, dann kann es wieder Monate dauern, bis ein neuer Anlauf gemacht wird. Wer hört es schon gerne, dass er als langsamer als früher, als vergesslich oder gar tüdelig wahrgenommen wird? Es geht nicht immer ohne die „beleidigte Leberwurst“ oder Lautstärke über die Bühne – das erste Familiengespräch in Sachen Pflege.
Der richtige Zeitpunkt
Und wann ist der richtige Zeitpunkt dafür gekommen? Wenn Opa mit dem Wagen kaum noch aus der Garage kommt und regelmäßig an den Bordstein schrammt?
Wenn Mutter mehrfach beim Bügeln das heiße Eisen liegen lässt oder sich selbst aus der Wohnung ausschließt?
Nicht zu vergessen: Wer das Gespräch in Gang setzt, muss es irgendwann auch zu Ende führen. Und damit übernimmt man Verantwortung und Arbeit. Ja, und jetzt, fragen dann so manche Eltern?
Hast Du Dich gekümmert, warum hören wir nichts vom Heim, Du hast den Antrag bestimmt falsch ausgefüllt, wolltest Du nicht die Treppenstufen kleiner machen? Du hast das Heim empfohlen und nun darf mich wegen Corona niemand besuchen.
Kurzum: Vorsorge macht Arbeit. Gar keine Vorsorge sorgt für menschliche und finanzielle Probleme sowie für ein schlechtes Gewissen den Eltern gegenüber.
Also sollte man sich an ein bis zwei Wochenenden treffen und das ganze Thema in allen Punkten besprechen. Nichts erzwingen, sondern Stück für Stück die Punkte abarbeiten.
In Gelddingen offen reden
Alles sollte finanziell geordnet sein, wenn Schlaganfall, Unfall, Herzinfarkt oder Demenz tatsächlich eintreten. Unabhängig davon muss das Wohnen im Alter einfach abgeklärt werden. Die Wartezeiten für gute Altenwohnheime sind sehr lang. Auch wollen nicht alle Senioren ihren vertrauten Lebensraum gegen ein weitgehend fremdbestimmtes Wohnen tauschen.
Wer seinen Eltern beim altersgerechten Ausbau von Wohnung oder Haus zur Hand gehen will, kann das ebenfalls nicht an einem Sonntag erledigen. Auch wenn kein Elternteil jemals zum Pflegefall im Rahmen eines gesetzlichen Pflegegrades wird, es gibt genug Einschränkungen im Alter, für die man vorsorgen kann.
Mut gehört auch dazu, über Betreuungsverfügungen, Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen zu sprechen. Nicht zu vergessen das Thema Testament.
Da kommt schon Vieles zusammen.
Einschließlich Streitgespräche über sensible Themen, die man Jahrzehnte in die Ecke gekehrt hat. Die jüngere Familie hat zudem einen mehr oder weniger konkreten eigenen Lebensentwurf. Die eventuelle Pflege der Eltern steht hierzu regelmäßig durchaus in Konkurrenz. Man darf nicht vergessen:
Jedes Ehepaar bringt zwei Elternteile mit. Allein vor diesem Hintergrund ist ein gut überlegtes, frühzeitig angesprochenes und wirtschaftlich abgesichertes „Eltern-Management“ für alle Beteiligten von großem Nutzen!
Weil Pflegefälle in jedem (!) Alter auftreten können, macht die Diskussion über den Fall der Fälle bereits in jungen Jahren Sinn. Familien mit mehr als einem Pflegefall sind keine Einzelerscheinung! Die Ursachen für einen Pflegefall sind dabei vielfältig und reichen von Unfällen, über Impfschäden oder auch zeckenbedingte Invalidität durch FSME oder Borreliose.
Wem vertraue ich mich an?
Kinderlose Paare und Singles haben selten jemanden, dem sie sich im Alter anvertrauen können. Und die Hoffnung auf den Partner, der einen einmal pflegen könnte, ist naiv. Dafür sind die Scheidungsraten und die Wahrscheinlichkeit, dass beide Partner im Alter an Gebrechen leiden könnten, einfach zu hoch. Der Personalmangel in der professionellen Pflege, nicht umsonst gibt es den Begriff vom Pflege-Notstand, macht zudem heute und vor allem zukünftig eine qualitativ hochwertige Pflege für alle generell unmöglich. Es kann daher nicht nur heißen: „Sprich Du mit ihr“. Aktuell häufen sich die Berichte von Senioren, die unter dem gegenwärtigen Corona-Régime leiden müssen und denen jeglicher Besuch von Freunden oder Familienangehörigen versagt wird. Andere können nur eine Stunde pro Tag eine einzelne Person sehen. Das ist sowohl für Familien als auch Senioren belastend. Mit Lebensqualität hat dies nichts zu tun. Was 2020 Realität ist, kann sic aber zukünftig wieder normalisieren.
Jeder, der seine zwanzig bis dreißig Jahre im Ruhestand mit Lebensqualität füllen will, muss auch mit sich selbst einmal „ein ernstes Gespräch führen“.
Wie können Familien vorsorgen?
Da sowohl die gesetzliche als auch die private Pflegepflichtversicherung lediglich eine Grundabsicherung bieten, ist eine ergänzende private Absicherung für grundsätzlich für jeden sinnvoll und angeraten.
Zur Auswahl stehen Pflegetagegeld‑, Pflegerenten‑, Pflegekosten- sowie Pflegegeldtarife. Letztere sind auch unter dem Namen „Pflegebahr“ bekannt. Pflegekostentarife übernehmen nur nachgewiesene Kosten, Pflegegeldtarife profitieren hingegen von einer staatlichen Förderung. Eine individuellere Vertragsgestaltung bieten insbesondere Pflegetagegeldtarife.
Alle Tarifangebote leiden unter der aktuellen Niedrigzinspolitik, deren Ende wegen der EU-weiten Neuverschuldung nicht absehbar ist.
Waren viele Pflegetagegeld- und Pflegekostentarife in der Vergangenheit eher beitragsstabil, hat sich der Trend in den letzten Jahren bei diversen Anbietern gedreht.
Der Text basiert auf einer früheren Veröffentlichung von Klaus Barde