Zu den typischen Ausschlüssen im Rahmen der Wohngebäudeversicherung gehört nach Ziffer A 8.5.3 der unverbindlichen Musterbedingungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV, Stand 11.2023) der Ausschluss für Schäden durch Grundwasser:
„Nicht versichert sind ohne Berücksichtigung mitwirkender Ursachen – es sei denn, im Folgenden sind solche genannt – Schäden durch
[…]
A 4.5.3 Grundwasser, stehendes oder fließendes Gewässer, Überschwemmung oder Witterungsniederschläge oder einen durch diese Ursachen hervorgerufenen Rückstau;“
Auch Schichtenwasser zählt als Grundwasser
Zur Auslegung von Grundwasser äußerte sich das OLG Hamm mit Urteil vom 09.10.2019 (Az. 20 U 18 / 18), wonach dieses auch so genanntes „Schichtenwasser“ einschließe:
„26 Wenn es sich nicht um Grundwasser im engeren Sinne gehandelt habe, müsse sogenanntes Schichtenwasser eingedrungen sein. Dabei handele es sich um durch eine wasserstauende Schicht am Versickern gehindertes, vom Hauptgrundwasser unabhängiges Wasser.
[…]
31 Auch unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe und der gebotenen engen Auslegung wird ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer den Ausschluss für mitwirkendes „Grundwasser“ dahingehend verstehen, dass davon auch sogenanntes „Schichtenwasser“ umfasst ist.
32 Dem Sachverständigen zufolge ist die Unterscheidung zwischen „Grundwasser“ und „Schichtenwasser“ zwar in bestimmten Fachkreisen von Bedeutung.
33 Darauf kommt es aber hier nicht an.
34 Denn Versicherungsbedingungen sind aus sich heraus zu interpretieren. Bei der Auslegung wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer zunächst vom Wortlaut der Bedingung ausgehen, wobei für sie der Sprachgebrauch des täglichen Lebens und nicht etwa eine Terminologie, wie sie in bestimmten Fachkreisen üblich ist, maßgebend ist (BGH, Urteil vom 29.03.2017 – IV ZR 533/15, r+s 2017, 252, Rn. 13 m.w.N.).“
Dringt Grundwasser in ein Gebäude ein, so kann dieses erhebliche Schäden verursachen. Dabei macht es einen Unterschied, ob das Erdreich rund um das Gebäude lehmig und eisenhaltig ist und damit eine eisenhaltige braune Brühe eindringen lässt oder ob ausschlemmende Sedimente klares Grundwasser zur Folge haben.
Mitversicherung erweiterter Elementargefahren angeraten
Abweichend zu dem oben benannten Ausschluss mitversichert sind nach den unverbindlichen Musterbedingungen des GDV gewisse Schäden durch Grundwasser im Rahmen der optional versicherbaren weiteren Naturgefahren (Elementargefahren):
„A 5.4 Weitere Naturgefahren (Elementargefahren)
A 5.4.1 Überschwemmung
Überschwemmung ist die Überflutung von Grund und Boden des Versicherungsgrundstücks oder von unmittelbar angrenzenden Grund- und Bodenflächen, Straßen, Geh- und Radwegen mit erheblichen Mengen von Oberflächenwasser. Dies gilt nur, wenn
A 5.4.1.1 eine Ausuferung von oberirdischen (stehenden oder fließenden) Gewässern,
A 5.4.1.2 Witterungsniederschläge
oder
A 5.4.1.3 ein Austritt von Grundwasser an die Erdoberfläche als Folge von A 5.4.1.1 oder A 5.4.1.2
die Überflutung verursacht haben.“
Dabei gilt:
„A 5.5 Nicht versicherte Schäden
Nicht versichert sind ohne Berücksichtigung mitwirkender Ursachen – es sei denn, im Folgenden sind solche genannt – Schäden durch
[…]
A 5.5.3 Grundwasser, soweit nicht infolge von Witterungsniederschlägen oder Ausuferung von oberirdischen Gewässern an die Erdoberfläche gedrungen;“
Enge Auslegung von Ausschlüssen
Christian Gierschek schreibt hierzu in dem von Horst Dietz begründeten Wohngebäudekommentar in seiner 3. Auflage wie folgt:
„Ist dies jedoch der Fall, so greift die Ausschlussklausel auch dann nicht mehr ein, wenn das Wasser später wieder versickert und erst in der Folge Schäden an versicherten Sachen verursacht. Vielmehr wird das Wasser ab dem Zeitpunkt des Austritts an die Erdoberfläche wie Oberflächenwasser im Sinne von § 4 Nr. 3 a) VGB 2010 (A) behandelt.“[1]
Mitursächlichkeit zu beachten
In den oben dargestellten Musterbedingungen und der überwiegenden Zahl der am Markt befindlichen Bedingungswerken findet sich die o. g. Formulierung, wonach der Ausschluss für Schäden durch Grundwasser „ohne Berücksichtigung mitwirkender Ursachen“ gilt. Hierzu äußerte sich Thomas Behrens in seinem sehr lesenswerten Kommentar zur Elementarschadenversicherung unter anderem wie folgt:
„Schwierigkeiten bereitet der Schadenfall, bei dem eine versicherte Ursache (z. B. Überschwemmung) und eine nicht versicherte Ursache (z. B. Grundwasser) zusammenwirken. In einem Rechtsstreit vor dem LG Bautzen beruhte der Schaden auf „zweierlei Ursachen“, den Regenfällen und de Eindringen von Grundwasser zwischen Estrich und Bodenplatte. Nach Ansicht des LG Bautzen liegt ein Fall der Gesamtkausalität vor, bei der es genügt, dass der Schaden auch auf der versicherten Ursachen beruht. Der Schaden war zu teilen, in dem Umfang, der auf dem versicherten Ereignis und dem nicht versicherten Ereignis beruhte. Der Veröffentlichung der Entscheidung ist allerdings nicht der Wortlaut der AVB Elementar zu entnehmen, welche Grundlage für diese Entscheidung ist. Nicht ausgeschlossen werden kann, dass mit Grundwasser ein Ausschlusstatbestand maßgeblich war, so dass bei Zusammenwirken beider Ursachen ein versicherter Schaden in seiner Gesamtheit nicht vorgelegen haben könnte.“[2]
Versicherer aus Oberursel mit Alleinstellungsmerkmal?
Vergleichbare Ausschlüsse sehen fast alle Wohngebäudeversicherungstarife am Markt vor. Eine positive Ausnahme machen hier die aktuellen Tarife der Alte Leipziger (Stand 04.2024), sofern der Versicherungsnehmer dort die optionale Elementarschadendeckung einschließt:
„Kostenübernahme für Trocknung
1. Abweichend von A 5−5.3 AL-VGB entschädigt der Versicherer bei Schäden durch Grundwasser, soweit infolge von Witterungsniederschlägen oder Ausuferung von oberirdischen Gewässern nicht an die Erdoberfläche gedrungen, die tatsächlich angefallenen und nachgewiesenen Trocknungskosten.
2. Die Entschädigung ist je Versicherungsfall auf 2.000 EUR begrenzt.“
Darüber hinaus besteht auch bei der Alte Leipziger kein Versicherungsschutz für Schäden an versicherten Sachen unmittelbar durch Grundwasser bzw. durch Grundwasser, das nicht an die Erdoberfläche getreten ist. Dringt beispielsweise Wasser nach einem Starkregen durch eine Hauswand im Keller, dürfte auch hier regelmäßig ein Ausschluss für Schäden durch Grundwasser eingewandt werden.
Beweislast beim Versicherer
In seinem Kommentar schrieb Behrens:
„Der VN muss beweisen, dass der Schaden an den Kellerwänden dem Kausalablauf Überschwemmung zuzurechnen ist – und nicht etwa durch aufsteigendes Grundwasser, falsche Isolierung oder Risse in der Außenwand des Gebäudes oder durch ein falsches Heizungs- oder Lüftungsverhalten des VN verursacht worden ist“[3].
Der Autor stellte klar:
„Tritt Grundwasser als Quelle an die Oberfläche, so wird es zum oberirdischen Gewässer.“[4]
Auslegung des LG Aachen nicht einschlägig
Die Rechtsanwaltskanzlei Kotz GbR verweist auf ihrer Homepage auf ein Urteil des Landgerichts Aachen vom 24.10.2012 (Az. 9 O 1/12 – Rn. 24, „juris“), wonach
„das Wohngebäude gemäß § 94 BGB Bestandteil des Grundstücks sei, weshalb eine Überflutung des gesamten Kellers auch eine Überflutung des Grundstückes darstelle. Die Entscheidung des Landgerichts Aachen ist im zweiten Rechtszug durch Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 09. April 2013 (9 U 198/12 – Rn. 11) im Sinne der hier vertretenen Auffassung abgeändert worden.“[5]
Strenge Anforderungen für Wirksamkeit von Ausschlüssen
Für die Anwendbarkeit des Ausschlusses für Schäden durch Grundwasser liegt die Beweislast zunächst beim jeweiligen Versicherer:
„Die Beweislast trägt der Versicherer. Beruft er sich auf einen Ausschluss, so hat er zu beweisen, dass der Ausschlusstatbestand vorliegt. Dabei werden im Allgemeinen von der Rechtsprechung strenge Beweisanforderungen gestellt.“[6]
Kann der Versicherer also keinen entsprechenden Nachweis erbringen, so liegt lediglich die Vermutung einer möglichen Schadenursache vor.
Ist es dem Versicherer nicht möglich, einen Ausschluss aufgrund zeitlich verzögerter Schadenbearbeitung oder eines nicht von ihm entsprechend zur Schadenermittlung beauftragten Sachverständigen nachzuweisen, so kommt es primär darauf an, ob der vom Versicherungsnehmer behauptete Schadeneintritt möglich sein kann. Wird etwa ein Überschwemmungsschaden behauptet, ohne dass schlüssig Oberflächenwasser in den Keller eingedrungen sein kann, so dürfte zumindest die Gefahr „Überschwemmung“ nicht realisiert sein.
Anders sieht es aus, wenn der konkrete Vertrag auch eine Mitversicherung von Schäden durch unbenannte Gefahren einschließt. Grundsätzlich sind hier alle Schäden mitversichert, die nicht ausdrücklich ausgeschlossen sind.
Wie die Mitversicherung von Grundwasserschäden geprüft werden kann
Entsprechend ergibt sich bei Schadenfällen vereinfacht folgendes Prüfschema:
- Handelt es sich bei der von einem Schaden betroffenen Sache um einen versicherten Grundstücksbestandteil, ein versichertes Gebäudezubehör oder einen versicherten Grundstücksbestandteil?
- Wurde der Schaden durch eine versicherte benannte Gefahr verursacht?
- Falls b) verneint wurde: sind auch unbenannte Gefahren mitversichert?
- Falls b) oder c) bejaht wurden: liegt für den konkreten Fall ein Ausschluss vor?
Kein lückenloser Schutz durch Allgefahrendeckung
Typische Ausschlüsse für Schäden durch unbenannte Gefahren betreffen etwa Schäden durch Alterung oder Verschleiß. Diese Schadenursachen versichert aktuell – soweit bekannt – nur die Allianz mit ihrem Tarif Wohngebäudeversicherung Premium (Stand 10.2019, letztes Update 2023). Auch hier liegt die Beweislast für die Wirksamkeit des Ausschlusses beim Versicherer.
Dringen große Mengen Wassers in einen Keller oder andere Teile der Wohnung ein, ohne dass ein Austritt von Grundwasser bewiesen werden kann und wird zudem nicht die bedingungsseitige Definition eines Überschwemmungsschadens erfüllt, so liegt sicher eine „unbenannte Gefahr“ vor. Eine Überschwemmung kann schließlich nur solche Überflutungsschäden betreffen, die die im jeweiligen Tarif benannte Definition erfüllt. Werden etwa Teilüberflutungen nicht ausdrücklich von der Überschwemmungsdefinition umfasst, so handelt es sich bei verständiger Auslegung der Bedingungen um die Verwirklichung einer unbenannten Gefahr.
Diese Auslegung bestätigt etwa die Domcura auf ihrer Website:
„Bieten Sie Ihren Kunden die Elementarabsicherung gemeinsam mit dem Baustein „Unbenannte Gefahren“ an. Mit dieser Kombination sind Ihre Kunden auch dann abgesichert, wenn kein bedingungsgemäß versichertes Elementarereignis vorliegt.
Schaden-Beispiel: Die „Unbenannte Gefahren“-Deckung greift u. a. auch bei Schäden durch Starkregen, ohne dass eine Überschwemmung des Grund und Bodens vorliegt.“[7]
Auslegung unbenannter Gefahren unterschiedlich
Hier reguliert beispielsweise die InterRisk sehr restriktiv. In einem bekannten Schadenfall wurde die Schadenregulierung dort sogar im Rahmen der unbenannten Gefahren verweigert, wo ein vorgelegtes Sachverständigengutachten zu dem Schluss kam, dass sich weder eine bedingungsgemäße „Überschwemmung“ verwirklicht habe, noch der Nachweis für das Vorliegen eines Grundwasserschadens erbracht werden konnte. Unter anderem heißt es hier in der Schadenablehnung wie folgt:
„Der Nachweis für ein nicht versichertes Ereignis wurde mit dem Gutachten des Sachverständigen erbracht. Dieser konnte die Schäden auf nicht versicherte Ereignisse (Eindringen von Feuchtigkeit durch die Gebäudesubstanz innerhalb des Erdreiches) eingrenzen, weshalb es keinen weiteren Nachweis durch uns bedarf.“
Tatsächlich äußerte sich der Sachverständige in seinem Gutachten unter anderem wie folgt:
„Denkbar und nicht ausgeschlossen wäre auch ein Grundwassereintritt über die Bodenplatte im Bereich des Bodenabflusses, aufgrund der Leitungsdurchführung durch die Bodenplatte. Für einen zweifelsfreien Nachweis wären aber weitere Maßnahme erforderlich.
Die Schadenursache bzw. die Wassereintrittsstelle ist unserem Erachten nach nicht zweifelsfrei nachgewiesen. Aufgrund der bekannten anhaltenden Starkniederschlägen von Ende Dezember 2023 und der Tatsache, dass der VN zu diesem Zeitpunkt den Nässeschaden bemerkte und kein Wasser über vorhandene Gebäudeöffnungen anscheinend eingetreten ist, ist ein Zusammenhang mit hochdrückendem erdgebundenem Wasser nicht auszuschließen und für uns derzeit auch sehr wahrscheinlich. Die Wasseransammlung in Richtung Bodenabfluss ist plausibel, weil das Gefälle entsprechend zu diesem ausgelegt ist.“
Der Sachverständige gab also unumwunden zu, dass die Schadenursache unklar sei. Auch als der Versicherer diesen erneut um eine entsprechende Klarstellung der Ursache bat, konnte er keinen weiteren Auskünfte vortragen.
Teilweise Mitversicherung für Ferienhäuser
Der Tarif Mundial für Ferienimmobilien im In- und Ausland aus dem Hause Hiscox (Stand 01.2019) bietet als Klauselregelung teilweisen Versicherungsschutz auch für Schäden durch Grundwasser für anderweitig versicherte Wohngebäude:
„Gebäudebestandteile für die Sie die Gefahr tragen
In Ergänzung zu 5. Leistungsobergrenzen, Ziffer 5.5. Entschädigungsgrenzen ist zusätzlich folgende Entschädigungsgrenze versichert: Für Gebäudebestandteile und ‑zubehör sofern Sie für diese die Gefahr tragen und eine Gebäudeversicherung besteht, die insoweit jedoch keine Deckung für diese Gebäudebestandteile gewährt – 5.000 €“
Steigendes Potential für Schäden durch Grundwasser
Immer wieder kommt es zu Überflutungen stillgelegter Bergwerke und Tagebauflächen. Dies wiederum führt im Zweifel auch zu einer Erhöhung des Grundwasserspiegels und damit zu einer Gefahrerhöhung für Wohngebäude in den entsprechenden Regionen. Neben Schäden unmittelbar durch Grundwasser sind auch weitere Schäden für Gebäude und ihre Bewohner denkbar:
„Nach den Studien der RAG ist keine Gefährdung der Saar durch die geplanten Grundwasserhebungen gegeben. Im Hochwasserfall werden jedoch weitere Maßnahmen empfohlen. Kürzlich berichteten die Medien, dass die RAG vom Umweltministerium aufgefordert wurde, ein Konzept zur Reinigung von PCB-haltigem Grubenwasser vorzulegen. Zudem kann es vermehrt zu Methangasaustritten kommen. Damit verbunden tritt auch radioaktives Radon aus.“[8]
Auch die sächsische Halde Sommergrund birgt Gefahren für das Grundwasser:
„Die Halde Schüsselgrund beinhaltet 4,4 Mio. m³ kontaminiertes Material. Die Abdeckung speichert einen großen Teil des Regenwassers. Es wird durch Verdunstung wieder in die Atmosphäre abgegeben. Überschüssiges Oberflächenwasser wird abgeleitet. Ein geringer Anteil dringt in den Haldenkörper ein. Ein großer Anteil des Sickerwassers der Halde wird auf den Bermen gefasst und der AAF zugeführt.
Ein Teil gelangt in das Grundwasser und ist im Bereich des ersten und zweiten Grundwasserleiters nachweisbar.“[9]
Die Flutung von Bergwerksschächten sowie unterirdischen Kammern und Schächten kann neben einer Erhöhung des Grundwasserspiegels und der Vermischung verschiedener Gewässerarten unter anderem dazu führen, dass mit Radon kontaminiertes, also leicht radioaktives Wasser, in das Grundwasser gelangt und damit auch die Bewohner der davon betroffenen Wohngebäude schädigt:
„Radon kommt fast flächendeckend in Deutschland vor. Ist ein Mensch dem Edelgas dauerhaft ausgesetzt, kann das zu irreparablen gesundheitlichen Schäden und sogar zum Tod führen. […] Wird ein Gebäude mit einem gemauerten Keller an einem Ort mit hoher Radon-Konzentration gebaut, ist es ratsam, die Versorgungsleitungen durch die Bodenplatte in das Hausinnere zu führen oder oberhalb der Geländeoberkante. Ergänzend zur dichten Gebäudehülle kann auch eine Radondrainage verbaut werden. Diese arbeitet wie eine Drainage für Wasser: Sie nimmt das Gas auf und führt es ab. […] Bei bestehenden Gebäuden wird der Schutz vor Radon komplizierter als im Neubau. […] Um die Bodenplatte vor dem Eindringen von Radon abzusichern, gibt es mehrere Möglichkeiten. […]. Ist eine Abdichtung keine Alternative, bleibt nur noch eine Variante: Den betroffenen Raum, der für das Eindringen des Radons verantwortlich ist, vom Rest des Gebäudes luftdicht abzukoppeln und entsprechend der Nutzung anzupassen.
Es sollte sich nie nur auf eine dichte Gebäudehülle verlassen werden. Ein mindestens gleich großer Faktor ist der Luftaustausch. Auch ein festgelegtes Lüftungsregime kann die Radon-Konzentration in der Raumluft signifikant reduzieren. Das kann eine natürliche Lüftung über die Fenster sein, oder durch eine installierte Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Hierbei ist besonders wichtig, dass nicht einfach nur Raumluft durch Lüfter abgesaugt, sondern auch Frischluft zugeführt wird. Ist das nicht gegeben, entsteht ein noch höherer Unterdruck in dem Gebäude, der dafür sorgt, dass noch mehr Radongas in das Gebäude gelangt.“[10]
Versicherungsnehmer, die die berechtigte Vermutung haben, dass Radon durch das Grundwasser in den Keller eingedrungen sein könnte, haben die Möglichkeit, spezielle Radonmessgeräte zur Überprüfung einzusetzen[11]. Im Freistaat Sachsen werden darüber hinaus „im Rahmen verschiedener Messprogramme kostenfreie Radonmessungen in Gebäuden“ angeboten[12]. Radonberatungen werden unter anderem von der Sächsischen Energieagentur GmbH (SAENA) angeboten[13]. Sie bietet Beratung und Informationen zu erneuerbaren Energien (z. B. Windkraft[14]), Energieeffizienz[15] und so genanntem „Klimaschutz“ [16] an. Finanziert wird die SAENA u. a. von ihren Gesellschaftern, dem Freistaat Sachsen[17], [18] und der Sächsischen Aufbaubank[19].
LobbyFacts führt die SAENA als Lobbyorganisation auf. Sie habe Lobbying-Kosten, die für die Jahre 2016 bis Dezember 2020 jeweils in Höhe von 9.999 Euro ausgewiesen werden, sowie Lobbyisten, die in verschiedenen Bereichen tätig seien Für die Geschäftsjahre 2021 bis 2024 wird jeweils ein Lobbyist mit einer ¼‑Stelle benannt. Angaben zu den Lobbying-Kosten finden sich nicht mehr[20].
Nina Katzemich von LobbyyFacts schreibt dazu:
„es ist wichtig zu wissen, dass das keine Äußerung von uns ist: Lobbyfacts ist unser Datenportal, mit dem wir die Einträge von Lobbyakteuren ins EU-Transparenzregister nutzerfreundlich bereitstellen (z.B. kann man auch ansehen, was die Akteure in den vergangenen Jahren angegeben haben, oder genauere Suchen vornehmen.)
Was Sie dort also sehen, sind die Angaben der Akteure selbst im Lobbyregister. […]
Seit einiger Zeit müssen nicht-kommerzielle Akteure nicht mehr ihr Lobbybudget, sondern ihr Gesamtbudget angeben, daher finden Sie dort jetzt kein Lobbybudget mehr.“
Mit E‑Mail vom 20.06.2024 positionierte sich die SAENA wie folgt:
„Danke für den Hinweis auf LobbyFacts.eu. Hier muss ein Fehleintrag vorliegen. Die SAENA ist keine Lobbyorganisation.“
Die AGORA Energiewende und die SAENA
In jedem Fall scheint die SAENA u. a. eine gewisse Nähe zur umstrittenen Agora Energiewende zu haben, auch wenn konkrete Rückfragen hierzu nicht beantwortet wurden. So wurde unter anderem am 18.05.2021 ein Vortrag von Janek Steitz von der Agora Energiewende zum Thema „Klimaneutralität 2050: Was die Industrie jetzt von der Politik braucht“ und „Klimaneutrales Deutschland“ gehalten. Moderiert wurde die Veranstaltung von der SAENA[21]. Bereits 2019 fand die Agora Energiewende wiederholte Erwähnung auf der Website der SAENA[22]. Auch die Heinrich Böll Stiftung, die parteinahe Stiftung der Partei „Bündnis 90 / Die Grünen“, benennt sowohl die SAENA als auch die Agora Energiewende als „Hilfreiche Tools für die kommunale Umsetzung“ im Rahmen der „Reihe Green Cities 2035. Klimaschutz mit neuen Allianzen“[23].
Kein Versicherungsschutz für Radon-Isotope
Einige Versicherer erbringen im Rahmen ihrer Wohngebäudetarife Versicherungsschutz für Schäden an versicherten Sachen durch radioaktive Isotope. Allerdings setzt dies den Eintritt eines Versicherungsfalles voraus, was bei Schäden durch Grundwasser regelmäßig nicht der Fall sein dürfte. Beispielhaft hierzu der Bedingungstext des Wohnflächentarifs der VHV nach dem Tarif Klassik-Garant (Stand 07.2022):
„K 39 Radioaktive Isotope
Versichert sind Schäden an versicherten Sachen (A 6 VGB 2021), die als Folge eines Versicherungsfalls durch auf dem Versicherungsgrundstück (A 8 VGB 2021) betriebsbedingt vorhandene oder verwendete radioaktive Isotope entstehen, insbesondere Schäden durch Verseuchung.
Dies gilt nicht für radioaktive Isotope von Kernreaktoren sowie für Schäden im Zusammenhang mit dem Betrieb von Kern- oder Wiederaufbereitungsanlagen bzw. der End- oder Zwischenlagerung von Kernbrennstoffen.“
Vergleichbare Regelungen finden sich u. a. auch bei den entsprechenden Wohngebäudetarifen der InterRisk sowie von Konzept & Marketing. Da austretende Radongase keinen Substanzschaden an versicherten Sachen verursachen, sondern „lediglich“ einen Personenschaden bzw. eine Unbewohnbarkeit von Gebäuden zur Folge haben dürften, ist hier kein Versicherungsschutz zu erwarten.
Nachbemerkung: Verschiedene Versuche, eine Klarstellung durch die Domcura zu erreichen, u. a. inwiefern das Unternehmen eine Beweislastumkehr zu Gunsten des Versicherungsnehmers zur Anwendung bringt, blieben bis zum Redaktionsschluss ergebnislos.
[1] Gierschek, Christian „§ 4 A Naturgefahren“, S. 97.-128 in „Wohngebäudeversicherung. Kommentar“ Karlsruhe (Verlag Versicherungswirtschaft), 3. Auflage, 2015, S. 126 Rn. 118.
[2] Behrens, Thomas „Elementarschadenversicherung. Kommentar“, Karlsruhe (Verlag Versicherungswirtschaft), 2014, S.15 – 16, Rn. 36.
[3] Behrens, Thomas „Elementarschadenversicherung. Kommentar“, Karlsruhe (Verlag Versicherungswirtschaft), 2014, S. 6 Rn. 14.
[4] Behrens, Thomas „Elementarschadenversicherung. Kommentar“, Karlsruhe (Verlag Versicherungswirtschaft), 2014, S. 59 Rn. 125.
[5] Rechtsanwalt und Fachanwalt Versicherungsrecht Siegen „Wohngebäudeversicherung – Überflutung eines Kellers mit eindringendem Grundwasser“ auf „versicherungsrechtsiegen.de“ vom 15.06.2021. Aufzurufen unter https://www.versicherungsrechtsiegen.de/wohngebaeudeversicherung-ueberflutung-eines-kellers-mit-eindringendem-grundwasser/, zuletzt aufgerufen am 05.06.2024.
[6] Gierschek, Christian „§ 3 A Leitungswasser“, S. 55 – 96 in „Wohngebäudeversicherung. Kommentar“ Karlsruhe (Verlag Versicherungswirtschaft), 3. Auflage, 2015, S. 88 Rn. 134.
[7] „Elementarschutz schnell und einfach einschließen. Ganz ohne Formalismus per E‑Mail – so sichern Sie Ihre Kunden ab“ auf „domcura.de“. Aufzurufen unter https://vertrieb.domcura.de/vertriebspartner/vertriebsunterstuetzung/unternehmenskampagnen/elementar/, zuletzt aufgerufen am 05.06.2024.
[8] Wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag „Sachstand. Grubenwasserflutung im saarländischen Bergbau. Einzelfragen zur möglichen Belastung mit Radon“ auf „bundestag.de“ von 2018, S. 6. Druckstück WD 8 – 3000 – 021/18. Aufzurufen unter https://www.bundestag.de/resource/blob/549160/37fb96b6374391c03c40e9dee1fe187e/WD‑8 – 021-18-pdf.pdf, zuletzt aufgerufen am 05.06.2024.
[9] Wismut GmbH Chemnitz „Umweltbericht 2021“ auf „wismut.de“ vom 29.04.2022, S. 25. Aufzurufen unter https://www.google.de/url?sa=t&source=web&rct=j&opi=89978449&url=https://www.wismut.de/de/download.php%3Fdownload%3DUWB2021-Buch_web.pdf&ved=2ahUKEwjwwKW_wsSGAxW77QIHHT8EBL8QFnoECDcQAQ&usg=AOvVaw2LDYGLGBv0dCjKZFTQzSML, zuletzt aufgerufen am 05.06.2024.
[10] Strohte, Matthias „So werden Alt- und Neubauten gegen radioaktives Radon abgedichtet“ auf „bauhandwerk.de“. Aufzurufen unter https://www.bauhandwerk.de/artikel/bhw_So_werden_Alt-_und_Neubauten_gegen_radioaktives_Radon_abgedichtet-3582680.html, zuletzt aufgerufen am 05.06.2024.
[11] Siehe beispielhaft „Damit Sie und Ihre Familie auch in Zukunft gesund leben und arbeiten können!“ auf „radonshop.com“. Aufzurufen unter https://www.radonshop.com/, zuletzt aufgerufen am 07.06.2024.
[12] „Radon in Sachsen“ auf „strahlenschutz.sachsen.de“. Aufzurufen unter https://www.strahlenschutz.sachsen.de/radon-in-sachsen-31159.html, zuletzt aufgerufen am 07.06.2024.
[13] „Radonberatung“ auf „saena.de“. Aufzurufen unter https://www.saena.de/radonberatung-9831.html, zuletzt aufgerufen am 07.06.2024.
[14] „Macht es Sinn die Windenergie weiter auszubauen, wenn es kaum Speichermöglichkeiten gibt?“ auf „saena.de“ vom 18.01.2022. Aufzurufen unter https://www.saena.de/macht-es-sinn-die-windenergie-weiter-auszubauen-wenn-es-kaum-speichermoeglichkeiten-gibt-10138.html, zuletzt aufgerufen am 07.06.2024.
[15] Siehe z. B. „Energieeffizienz- und Klimaschutz-Netzwerke Sachsen“ auf „saena.de“. Aufzurufen unter https://www.saena.de/energieeffizienznetzwerke-sachsen.html, zuletzt aufgerufen am 07.06.2024.
[16] Siehe z. B. „Energieeffizienz- und Klimaschutz-Netzwerke Sachsen“ auf „saena.de“. Aufzurufen unter https://www.saena.de/energieeffizienznetzwerke-sachsen.html, zuletzt aufgerufen am 07.06.2024.
[17] „Fördern und Fordern – Energieeffizientes Unternehmen. Online-Veranstaltung. Donnerstag, 02. Dezember 2021“ auf „saena.de“, S. 4. Aufzurufen unter https://crm.saena.de/sites/default/files/civicrm/persist/contribute/files/20211202_SAENA_Ziele_weitere%20Forderung.pdf, zuletzt aufgerufen am 07.06.2024.
[18] „Betätigung des Freistaates Sachsen bei der Sächsischen Energieagentur – SAENA GmbH“ auf „rechnungshof.sachsen.de“. Aufzurufen unter https://www.rechnungshof.sachsen.de/JB2019-26.pdf, zuletzt aufgerufen am 07.06.2024.
[19] „Betätigung des Freistaates Sachsen bei der Sächsischen Energieagentur – SAENA GmbH“ auf „rechnungshof.sachsen.de“. Aufzurufen unter https://www.rechnungshof.sachsen.de/JB2019-26.pdf, zuletzt aufgerufen am 07.06.2024.
[20] „Sächsische Energieagentur – SAENA GmbH“ auf „lobbyfacts.eu“. Aufzurufen u. a. unter https://www.lobbyfacts.eu/datacard/s%C3%A4chsische-energieagentur — saena-gmbh?rid=784042723125 – 15&sid=53311 (2016), https://www.lobbyfacts.eu/datacard/s%C3%A4chsische-energieagentur — saena-gmbh?rid=784042723125 – 15&sid=133858 (2021), https://www.lobbyfacts.eu/datacard/s%C3%A4chsische-energieagentur — saena-gmbh?rid=784042723125 – 15&sid=151094 (2022) bzw. https://www.lobbyfacts.eu/datacard/s%C3%A4chsische-energieagentur — saena-gmbh?rid=784042723125 – 15&sid=193151 (2024), zuletzt aufgerufen am 21.06.2024
[21] „3. Informations- und Vernetzungsveranstaltung in den Bereichen Energieforschung und Energieinnovation – Chancen für sächsische Akteure (Online)“ auf „saena.de“. Aufzurufen unter https://www.saena.de/veranstaltungsdetails.php?id=807, zuletzt aufgerufen am 07.06.2024.
[22] Siehe „Nachhaltige Mobilität in Kommunen. Handlungsempfehlungen zum Einsatz von Elektromobilität“ auf „saena.de“. Aufzurufen unter https://www.saena.de/download/broschueren/BEMob_Nachhaltige_Mobilitaet_in_Kommunen.pdf, zuletzt aufgerufen am 07.06.2024.
[23] „Reihe Green Cities 2035. Klimaschutz mit neuen Allianzen“ auf „boell.de“. Aufzurufen unter https://www.boell.de/sites/default/files/2022 – 08/GreenCities_Linkliste_Klimaschutz_Stand_29_Juli_2022.pdf, zuletzt aufgerufen am 07.06.2024.