Immer wieder kommt es vor, dass Demonstrationsteilnehmer zur Dokumentation polizeilicher Maßnahmen diese mitfilmen oder Dritte dazu auffordern, dies ihrerseits zu tun. Dies kann etwa angezeigt sein, wenn Polizisten keine oder eine offenkundig falsche Rechtsgrundlage zur Durchsetzung ihrer Maßnahmen nennen. Wichtig kann eine zeitnahe Dokumentation auch bei offenkundigen Willkürmaßnahmen sein, so etwa der Einkesselung von Teilnehmern einer Demonstration auch bei Gewalt gegen einzelne Demonstranten.
Es ist in solchen Fällen durchaus keine Ausnahme, dass Polizisten hiergegen Strafanzeige stellen und sich auf die Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes gemäß § 201 StGB berufen. Hiernach wird also das Begehen einer Straftat durch Aufzeichnung einer polizeilichen Maßnahme unterstellt.

Faktische Öffentlichkeit als Norm
Rechtsanwalt Dik Sattelmaier aus Köln berichtet in seinem Telegramkanal (https://t.me/RASattelmaier) am 08.04.2021:
„Es mehren sich hier die Einstellungsmitteilungen von Staatsanwaltschaften gem. § 170 Abs.2 StPO in Fällen, in denen Demonstrationsteilnehmern ein Verstoß gegen die Vertraulichkeit des gesprochenen Wortes gem. § 201 StGB vorgeworfen wurde.
Denn auch wenn Aufnahmen am Rande einer Demonstration zwischen Beamten und Teilnehmern stattfinden, so können sich die Beamten hier auf Grund einer sog. „faktischen Öffentlichkeit“ nicht auf eine Vertraulichkeit ihres Gespräches berufen, da die Äußerung unter Umständen erfolgt, nach denen mit einer Kenntnisnahme durch Dritte gerechnet werden muss. Da ist auf Demonstrationen fast immer der Fall.“
§ 170 Abs. 2 StPO begründet das Recht der Staatsanwaltschaft, das Ermittlungsverfahren gegen einen Beschuldigten dann einstellen zu dürfen, wenn die konkreten Ermittlungen nach Ansicht der Behörde keinen genügenden Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage bieten.
„Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.“
Dirk Sattelmaier als Mitgründer der „Anwälte für Aufklärung“ warnt,
„solche Aufnahmen später zu veröffentlichen, da dies ein Verstoß gegen das KunstUrhG darstellen könnte.“
Ein Verfahren kann auch auf Basis von § 153 Abs. 1 StPO eingestellt werden:
„1 Hat das Verfahren ein Vergehen zum Gegenstand, so kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht. 2 Der Zustimmung des Gerichtes bedarf es nicht bei einem Vergehen, das nicht mit einer im Mindestmaß erhöhten Strafe bedroht ist und bei dem die durch die Tat verursachten Folgen gering sind.“
Da die Einstellung von Verfahren nicht in jedem Fall gewährleistet werden kann, ist es wichtig, dass bereits bei Vorladung als Beschuldigter eine Einsicht in die Ermittlungsakte erfolgt.