Cri­ti­cal News im Inter­view mit Herrn Dr. Hein­rich Fiech­t­ner, MdL
Vom Ver­fas­sungs­ge­richts­hof, der Wiki­pe­dia und Vokalrowdys

Cri­ti­cal News: Guten Tag, Herr Dr. Fiech­t­ner, schön mit Ihnen ein Inter­view füh­ren zu dür­fen. Sie prak­ti­zie­ren als Onko­lo­ge und Pal­lia­tiv­me­di­zi­ner, Mit­glied und ehe­ma­li­ger Vor­stand von Pal­lia­tiv­me­di­zin Stutt­gart e.V., Mit­glied des Berufs­ver­ban­des der Nie­der­ge­las­se­nen Häma­to­lo­gen und Onko­lo­gen in Deutsch­land (BNH O e.V.), der Deut­schen Krebs­ge­sell­schaft e.V. (DKG), der Deut­schen Gesell­schaft für Häma­to­lo­gie und Onko­lo­gie e. V. (DGHO), der Euro­pean Socie­ty for Medi­cal Onco­lo­gy (ESMO), der Ame­ri­can Socie­ty of Cli­ni­cal Onco­lo­gy (ASCO), der Arbeits­ge­mein­schaft Sup­port­i­ve Maß­nah­men in der Onko­lo­gie, Reha­bi­li­ta­ti­on und Sozi­al­me­di­zin (ASORS) und der Deut­schen Gesell­schaft für Pal­lia­tiv­me­di­zin e. V. (DGP). Dane­ben sind Sie beken­nen­der Christ und waren von 2014 bis 2019 Mit­glied des Gemein­de­rats der baden-würt­tem­ber­gi­schen Lan­des­haupt­stadt Stutt­gart, seit 2016 Mit­glied des baden-würt­tem­ber­gi­schen Land­tags. Aktu­ell gehö­ren Sie kei­ner Frak­ti­on an.

Unter ande­rem sind Sie dadurch bekannt, dass Sie eine Ände­rung der Haus­ord­nung des Baden-Würt­tem­ber­gi­schen Land­ta­ges durch die dor­ti­ge Prä­si­den­tin, Frau Muh­te­rem Ara (Bünd­nis 90 / Die Grü­nen), vor dem Ver­fas­sungs­ge­richts­hof von Baden-Würt­tem­berg ange­grif­fen haben (Ver­fas­sungs­ge­richts­hof für das Land Baden-Würt­tem­berg vom 18.11.2019, Az. 1 GR 58/19[1]). Kön­nen Sie zu die­sem Sach­ver­halt mehr dazu ausführen?

© 2021 Cri­ti­cal-News — Erho­lung von Ordnungsrufen?

Dr. Hein­rich Fiech­t­ner: Im Som­mer 2019 änder­te die Prä­si­den­tin des Baden-Würt­tem­ber­gi­schen Land­ta­ges die Haus­ord­nung. Sie führ­te eine soge­nann­te „erwei­ter­te Sicher­heits­über­prü­fung“ für alle Mit­ar­bei­ter des Land­ta­ges ein­schließ­lich der Mit­ar­bei­ter der jewei­li­gen Abge­ord­ne­ten ein.

Begrün­det wur­de dies mit einer mög­li­chen Gefähr­dung durch Per­so­nen mit poten­ti­ell gewalt­tä­ti­ger Ver­gan­gen­heit. Für mich war dies aller­dings der Ver­such, durch die Hin­ter­tür Ein­fluss auf die Per­so­nal­aus­wahl der Abge­ord­ne­ten zu neh­men und zudem mit­tel­bar wei­te­re Erkennt­nis­se über das Umfeld des jewei­li­gen Abge­ord­ne­ten zu erlan­gen; denn die erwei­ter­te Sicher­heits­über­prü­fung umfasst jeden Ein­trag in jeder Behör­de, der jemals über die betref­fen­de Per­son vor­ge­nom­men wurde.

Cri­ti­cal News: Ist zu die­ser Kla­ge bereits eine gericht­li­che Ent­schei­dung ergangen?

Dr. Hein­rich Fiech­t­ner: Die Ver­hand­lung fand am 08. Febru­ar 2021 statt. Dabei ent­stand für mei­nen Anwalt, Herrn Dr. Rein­hard Löff­ler (CDU), und mich der Ein­druck, dass wir inhalt­lich einen Voll­tref­fer gelan­det hät­ten, denn die­se aus­ufern­den Über­prü­fun­gen sind von den behaup­te­ten Sicher­heits­über­prü­fun­gen in kei­ner Wei­se begründ­bar. Die Ver­hand­lung wur­de nach voll­stän­di­ger Beweis­erhe­bung mit dem Hin­weis geschlos­sen, dass das Urteil in Kür­ze erge­hen würde.

Zwei Tage spä­ter reich­ten die Gegen­sei­te mit ihrer teu­ren Kanz­lei – trotz eige­ner Juris­ten – einen Wider­spruch und den Text einer modi­fi­zier­ten Haus­ord­nung nach. Zu mei­nem Erstau­nen ging der Ver­fas­sungs­ge­richts­hof dar­auf ein und stell­te die Fra­ge, ob mit dem neu­en Haus­ord­nungs­text der Kla­ge­grund mög­li­cher­wei­se ent­fal­len sei. Dies ist inso­fern bemer­kens­wert, weil das Gericht auf­ge­for­dert war, zum sta­tus quo des Vor­falls die Ver­fas­sungs­ge­mäß­heit zu klä­ren. Zum Zwei­ten wur­de das Ver­fah­ren offen­sicht­lich regel­wid­rig wie­der eröff­net, obwohl die jetzt vor­lie­gen­de Haus­ord­nung inhalt­lich nicht auf etwa­ige Fall­stri­cke unter­sucht wur­de. Es riecht für mich danach, dass man der grü­nen Par­la­ments­prä­si­den­tin kurz vor der Wahl die Schmach erspa­ren woll­te, gegen ihren schärfs­ten Geg­ner wegen eines Ver­fas­sungs­ver­sto­ßes eine gericht­li­che Nie­der­la­ge aus­ge­rech­net vor dem Ver­fas­sungs­ge­richts­hof ein­ste­cken zu müssen.

Cri­ti­cal News: Wie ist der aktu­el­le Stand der Dinge?

Dr. Hein­rich Fiech­t­ner: Wir haben die­sem Vor­schlag zuge­stimmt, aller­dings hat die dem Kla­ge­ver­fah­ren bei­getre­te­ne AfD-Frak­ti­on ange­kün­digt, das Ver­fah­ren auf die neue Haus­ord­nung auszudehnen.

Cri­ti­cal News: In der Wiki­pe­dia[2] steht über Sie unter anderem

„Wegen unter­stüt­zen­der Aus­sa­gen zum töd­li­chen Sturm auf das Kapi­tol in Washing­ton 2021 („Dann gilt es viel­leicht ernst zu machen mit den Par­la­men­ten. Nicht die­se Show-Ver­an­stal­tun­gen, wie vor 2 Tagen im Kapi­tol“) wird gegen Fiech­t­ner bei der Staats­an­walt­schaft Stutt­gart ermittelt.“

Was ist an die­ser Behaup­tung dran?

Dr. Hein­rich Fiech­t­ner: Die­se Aus­füh­run­gen bei Wiki­pe­dia zei­gen deut­lich, dass min­des­tens in poli­ti­schen Fra­gen die­se Platt­form in kei­ner Wei­se als seri­ös betrach­tet wer­den kann. In einem kur­zen Video vor Beginn einer Ple­nar­sit­zung am 8. Janu­ar 2021 erwähn­te ich auch den Sturm auf das Kapi­tol in Washing­ton. Die­se Beset­zung bezeich­ne­te ich als eine fal­se flag Akti­on zum Scha­den von Prä­si­dent Trump, so wie auch der soge­nann­te Sturm auf den Reichs­tag eine Pro­pa­gan­da­ak­ti­on im Sin­ne eines links­extre­mis­ti­schen Framings gewe­sen sei. Soll­te aller­dings wei­ter­hin ein Kom­plott zwi­schen Exe­ku­ti­ve, Legis­la­ti­ve und Judi­ka­ti­ve im Sin­ne eines Staats­strei­ches gegen die Grund­rech­te bestehen, müss­ten die Bür­ger han­deln, was sich natür­lich auch auf die Par­la­men­te aus­wir­ken wür­de. Wer alle die­se Ereig­nis­se in einem nüch­ter­nen und neu­tra­len Kon­text betrach­tet, wird mei­ne Argu­men­ta­ti­on min­des­tens nach­voll­zie­hen kön­nen. Und wer das Grund­ge­setz kennt, kennt auch Art. 20 Abs. 4.

Cri­ti­cal News: Vor kur­zem wur­den Sie in der Online­aus­ga­be der „Zeit“ als „Ver­bal­row­dy“[3] bezeich­net. Ande­re Medi­en ver­or­ten Sie ger­ne als rechts und anti­se­mi­tisch. Sind die­se Behaup­tun­gen Ihrer Ansicht nach zutreffend?

Dr. Hein­rich Fiech­t­ner: Die­se Zuschrei­bun­gen zei­gen die wei­test­ge­hen­de Gleich­schal­tung und Selbst-Gleich­schal­tung prak­tisch der gesam­ten Medi­en­land­schaft. Was die Zeit schreibt, fin­det sich auch in der Frank­fur­ter All­ge­mei­nen Zei­tung sowie der Süd­west­pres­se, der taz und prak­tisch allem, was der deut­sche Blät­ter­wald her­gibt. Abge­se­hen von den klei­nen intel­lek­tu­el­len, bür­ger­li­chen, patrio­ti­schen oder libe­ra­len Inseln. Es ist letzt­lich die zu Papier gebrach­te Stim­mung des poli­ti­schen Geg­ners und Fein­des. Die­ser mag es nicht, wenn man sein Han­deln kri­ti­siert, geschwei­ge denn, mit so schar­fem Voka­bu­lar, wie ich es gebrau­che. Wer mei­ne Reden anhört und ansieht, kann bemer­ken, mit wel­cher Dreis­tig­keit auch vom Par­la­ments­prä­si­di­um ver­sucht wird, mich mund­tot zu machen. Von einer frei­en Mei­nung, die eben auch sehr scharf for­mu­liert sein kann, ist hier über­haupt kei­ne Rede mehr. Die­se poli­ti­sche Klas­se ist ein­fach nur empört, dass ihnen ein Par­la­men­ta­ri­er mit eben den Instru­men­ten begeg­net, die sie selbst zu gern gegen alles ein­set­zen, was bür­ger­lich, libe­ral, patrio­tisch ist und ihnen des­halb nicht in den Kram passt.

Die Ver­or­tung als rech­ter Poli­ti­ker emp­fin­de ich als gera­de­zu pas­send. Denn was heißt dies ande­res, als auf der Sei­te der Frei­heit zu ste­hen und des Rechts. Da gehö­re ich hin, da will ich ste­hen, da will ich blei­ben. Wer nun meint, dass dies irgend­wie auch Nazi oder Hit­ler sei, ver­kennt, dass der Natio­nal­so­zia­lis­mus eine in der Wol­le links­extre­me Bewe­gung gewe­sen ist.

Ein mög­li­cher Angriff, anti­se­mi­tisch zu sein, wird auf­grund mei­ner His­to­rie völ­lig ins Lee­re lau­fen. Das wis­sen mei­ne poli­ti­schen Fein­de auch.

Es gibt in deut­schen Par­la­men­ten wahr­schein­lich kaum einen Poli­ti­ker, der so klar für Juden und für Isra­el Posi­ti­on bezieht. Dies ist für mich als Christ eine unab­än­der­li­che Pflicht. Ich muss sie erfül­len, auch wenn ich weiß, dass vie­le Juden gegen­über Chris­ten und vor allen Din­gen Jesus Chris­tus miss­trau­isch und auch vehe­ment ableh­nend sind. Ich kann jedoch nicht gegen Got­tes Wort ver­sto­ßen. Gene­sis 12 1 – 3 sagt dies ein­deu­tig. Das führt zu man­cher kri­ti­schen Äuße­rung aus soge­nann­ten patrio­ti­schen Krei­sen, die das nicht ver­ste­hen können..

Cri­ti­cal News: Wel­che Aus­wir­kun­gen haben die aktu­el­len Coro­na-Maß­nah­men auf die Aus­übung Ihrer ärzt­li­chen Tätigkeit?

Dr. Hein­rich Fiech­t­ner: Die Arbeit als Arzt wird immer schwie­ri­ger. Alle offi­zi­el­len Orga­ne, die Kam­mern und die kas­sen­ärzt­li­chen Ver­ei­ni­gun­gen, sind voll­um­fäng­lich auf die­sen ver­häng­nis­vol­len poli­tisch-medi­zi­ni­schen Zug auf­ge­sprun­gen. Das Nar­ra­tiv einer extrem anste­cken­den und vor allen Din­gen töd­li­chen Pan­de­mie wird gepflegt. Alle Ele­men­te, die staat­li­cher­seits benutzt wer­den, um Angst und Panik auf­recht­zu­er­hal­ten, fin­den dort Rück­halt. Lei­der hat sich ein gro­ßer Teil der Ärz­te­schaft die­sem bös­ar­ti­gen Trei­ben ange­schlos­sen. Man könn­te ver­zwei­feln, hat­ten wir in Deutsch­land doch zwei Dik­ta­tu­ren. Das Wort: „nie wie­der!“ Und die Idee dahin­ter, aus der Geschich­te zu ler­nen, scheint Maku­la­tur zu sein. Wer als Arzt sei­nen Beruf ernst nimmt und für die Pati­en­ten da ist, unter ande­rem auch dadurch, Attes­te gegen staat­li­che Zwangs­mit­tel aus­zu­stel­len, macht sich angreif­bar und wird auch ange­grif­fen. Zahl­rei­che Haus­durch­su­chun­gen geben davon Zeug­nis. Es sind staat­li­che Ter­ror­ak­te, die die Behör­den mit einer Schein­recht­fer­ti­gung ver­se­hen, es wären betrü­ge­risch fal­sche Gut­ach­ten erstellt wor­den. In Wahr­heit geht es dar­um, nicht will­fäh­ri­ge Ärz­te auf Linie zu brin­gen. Dies ist die all­ge­mei­ne Bedrohung.

Dazu kommt die Ver­nach­läs­si­gung von Pati­en­ten mit der man­tra­haft wie­der­hol­ten Begrün­dung, die Pan­de­mie mit Coro­na mache das Eine mög­lich und das Ande­re nicht. Man­che Pati­en­ten wer­den nicht oder nur unzu­rei­chend behan­delt. Und die Behand­lung selbst krankt an den auf­ge­nö­tig­ten Rah­men­be­din­gun­gen, die für ein gutes Mit­ein­an­der zwi­schen Arzt und Pati­ent auf­grund der Mas­ke­ra­de, der Abstän­de, der unter­schwel­li­gen Angst, alles ande­re als för­der­lich sind. Allein des­halb muss ich auf­ste­hen, um die­ser gespens­ti­schen Situa­ti­on ein Ende zu machen.

Cri­ti­cal News: Herz­li­chen Dank für das inter­es­san­te Interview.


[1] Sie­he https://verfgh.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m‑verfgh/dateien/1GR58-19_Beschluss.pdf

[2] „Hein­rich Fiech­t­ner“ auf wiki​pe​dia​.org. Auf­zu­ru­fen unter https://​de​.wiki​pe​dia​.org/​w​i​k​i​/​H​e​i​n​r​i​c​h​_​F​i​e​c​h​t​ner, zuletzt auf­ge­ru­fen am 29.03.2021

[3] Til­man Stef­fen „AfD und Land­tags­wah­len: Wo der rech­te Flü­gel weilt“ auf „zeit​.de“ vom 13. März 2021, 12:01 Uhr. Auf­zu­ru­fen unter https://​www​.zeit​.de/​p​o​l​i​t​i​k​/​d​e​u​t​s​c​h​l​a​n​d​/​2​021 – 03/­land­tags­wah­len-afd-baden-wuert­tem­berg-rhein­land-pfalz-ali­ce-wei­del-joerg-meu­then, zuletzt auf­ge­ru­fen am 29.03.2021

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