Eine Erläuterung anhand praktischer Fälle. Karlsruhe (Verlag Versicherungswirtschaft), 2020 (Grundlagen und Praxis), 116 Seiten, 24,90 Euro, Softcover
In der Ausgabe 02/2018 von „Risiko & Vorsorge“ wurde die 1. Auflage des Buches „Die Wohngebäudeversicherung. Eine Erläuterung anhand praktischer Fälle.“ besprochen. Insgesamt wurde damals ein sehr positives Fazit geschlossen.
Gegenüber der ersten Auflage aus dem Jahre 2016 fällt zunächst eine von 232 Seiten auf 116 Seiten reduzierte Seitenzahl auf. Die erste Auflage kostete aufgrund des hochwertigen Druck-Layouts ursprünglich 39,99 Euro. Der Preis wurde erst auf 24,99 Euro gesenkt, als klar war, dass es eine zweite Auflage geben wird.
Anstelle von teilweise blauen Hervorhebungen in der 1. Auflage wurde der Text nunmehr völlig in schwarz-weiß gedruckt. Teilweise konnte die Reduzierung der Seitenzahl durch einen halbierten Rand (2,5 anstatt 5 cm) erreicht werden. Dies erscheint wirtschaftlich als sinnvoll, schont Papier und hilft, unnötigen Platz zu verschwenden.
Im Vorwort wird den Hinweisen zur vorherigen Rezension gedankt. Unter anderem heißt es dort: der „Anregung »einen Überblick darüber zu erstellen, was jenseits der Musterbedingungen an Leistungserweiterungen möglich ist« greifen wir gerne auf und werden das Ergebnis ebenso über die Homepage des Verlages zur Verfügung stellen.“
Was ist neu in der 2. Auflage?
Neben der vollständigen Überarbeitung aufgrund der neuen Gliederung der VGB in Ziffern und in vollkommen neuer Nummerierung (und nicht mehr in Paragraphen), wurden auch Passagen gestrichen, die in den neuen VGB nicht mehr vorkommen. So wurden die Begriffe
- Neuwert
- Zeitwert
- Versicherte Mehrkosten
gestrichen und die Begriffe
- Gleitender Neuwert und
- Gleitender Zeitwert (neu!)
entsprechend erläutert.
Auf Seite 59 wird auch auf die erstaunliche Neuerung in den Bedingungen der Proximus 4 (und GDV VGB 2016) eingegangen, wonach dem Versicherungsnehmer nun kein Kündigungsrecht mehr zustehen soll, wenn sich im Zuge der Summenanpassung auch die Prämie erhöht. Hier bleibt dem Versicherungsnehmer nur die ordentliche Kündigung zum Vertragsablauf, denn das Sonderkündigungsrecht des § 40 VVG scheidet aufgrund der gleichzeitigen Erhöhung des Leistungsumfanges aus.
Neuerungen gibt es auch in der umfangreichen Übung „Häuser kaufen ist nicht schwer – kündigen hingegen sehr!“ ab Seite 97. In Fall 5 wird nun präzisiert, dass ein Kündigungsschreiben, dass der Käufer noch vor seiner Eintragung als Eigentümer (also noch kein VN!) verfasst hat dennoch wirksam wird, wenn es erst nach der Eintragung im Grundbuch dem Versicherer zugeht.
Außerdem wurde die komplexe Übung um einen weiteren Fall 16 erweitert, bei dem das Objekt nicht gekauft, sondern ersteigert wird. Hier zeigt sich wieder einmal, dass kein Fall wie der andere ist. Das Beispiel rundet die Darstellung des Themas ab und trägt so zum besseren Verständnis bei.
Anstelle der VGB 2010 sind nun die VGB 2016 – Wert 1914 der fiktiven Proximus Versicherung AG Grundlage der Betrachtung. Diese orientieren sich sehr stark an den unverbindlichen Musterbedingungen des GDV. Anders als in der Erstauflage sind die VGB diesmal nicht im Anhang mit abgedruckt. Sie stehen jedoch weiterhin auf der Homepage des GDV kostenfrei zur Verfügung (siehe Fußnote 2). Der Verlag stellt zudem eine Synopse (Proximus 4/ GDB VGB 2016) auf seiner Homepage ein, die das Arbeiten mit dem Buch erheblich erleichtert, wenn man nur die VGB des GDV vorliegen hat. Die Synopse ist im Übrigen bereits auf www.versicherungslernen.de veröffentlicht.
Weiterhin fehlt bei der Definition der versicherten „Grundstücksbestandteile“ der Verweis auf die abweichende Definition der §§ 94 bis 96 BGB.
Die Autoren sind allerdings in der Einleitung auf Seite 1, letzter Absatz, darauf eingegangen, dass nur die Gebäude und nicht das Grundstück (mit seinen wesentlichen Bestandteilen) versichert sind. In Kapitel 2 (versicherte Sachen) – sowie auch schon zuvor in den Schadensfällen – sind sie dann auf Seite 51 auf die Definition „Versicherte Sachen“ (Ziff. 6 VGB in Proximus und GDV) eingegangen. Dort wird noch einmal betont, dass nur die im Versicherungsschein bezeichneten Gebäude und deren Bestandteile versichert sind, d.h. dass etwa Bäume oder andere Pflanzen keine versicherten Grundstücksbestandteile sind.
Auch die Abgrenzungsprobleme der gegen Zuschlag versicherbaren Naturgefahren sind weiterhin unberücksichtigt geblieben. Zum besseren Verständnis hierzu ein Beispiel aus der Schadenpraxis:
Bei einem Kunden hat Starkregen dazu geführt, dass sich Regenwasser im Eingangsbereich einer Hintertür gesammelt hat. Durch den Anstieg des Wassers drang dieses unter der Tür in das Gebäude ein. Da Teile des Grundstücks abschüssig waren, lag hier keine versicherte „Überflutung des Grund und Bodens, auf dem das Gebäude steht, in dem sich die versicherten Sachen befinden, mit erheblichen Mengen von Oberflächenwasser [….] durch Witterungsniederschläge“ vor. Damit wurde die im konkreten Fall vorlegende Überschwemmungsdefinition nicht erfüllt. Hätte der Kunde an dieser Stelle unbenannte Gefahren mitversichert, läge zwar keine versicherte Überschwemmung vor, hingegen hätte sich eine unbenannte Gefahr als Schadenfall verwirklicht.
Die Autoren haben bereits zugesagt, dieses Beispiel in der 3. Auflage zu berücksichtigen.
Während die erste Auflage für das Schadenbeispiel zur Erdbebendeckung ein Beispiel gewählt hatte, dass aufzeigte, dass einzelne Bedingungswerke durchaus erheblich voneinander abweichen können, geht dies aus dem inhaltlich identisch gewählten Beispiel der 2. Auflage (hier S. 44) nicht mehr hervor. Das ist schade. Hintergrund hierfür ist, dass die GDV-Bedingungen an die Proximus 4 Bedingungen angeglichen wurden, was auch für die Autoren überraschend war. Da nun beide Bedingungswerke identisch sind, entfiel damit auch dieses kleine Highlight dieses Beispielfalles.
Ebenfalls schade ist, dass der Verweis auf eine mögliche Mitversicherung auch unbenannter Gefahren bei einzelnen Versicherern nicht aufgegriffen wurde. Auch herzu wurde bereits eine Ergänzung für die 3. Auflage angekündigt.
Schade ist auf Seite 8 (1. Auflage: Seite 20) auch, dass weiterhin zwar von „Sengschäden“ als Ausschluss gesprochen wird, hier aber keine Klarstellung oder Abgrenzung zu so genannten „Schmorschäden“ getroffen wird.
Auch eine ausführlichere Darstellung von Schäden unmittelbar durch Rauch und Ruß wäre wünschenswert.
Da viele Wettbewerber gerade im Maklermarkt nicht mehr auf Basis von Wert 1914 berechnen – davon ausgenommen in der Regel vor allem Mehrfamilienhäuser – und auch der GDV ein Wohnflächenmodellen vorsieht, sollte zukünftig auf die Vor- und Nachteile von Tarifen auf Basis von Wert 1914 und solchen auf Wohnflächenbasis eingegangen werden. Dazu gehört natürlich auch die am Markt uneinheitliche Definition der vertraglich definierten Wohnfläche.
Hintergrund für diese Darstellung sind die Proximus-4-Bedingungen. Eine Behandlung von Tarifen auf Basis Wert 1914 im Vergleich zu Wohnflächentarife ist für die 3. Auflage bereits zugesagt.
Gegenüber der 1. Auflage erweitert wurde das Stichwortverzeichnis. Neue Einträge sind „Anbauküchen“, „Briefkastenanlage“, „Einbaumöbel“, „Fahrlässigkeit“, „fortlaufende Mietnebenkosten“, „Gemeinschaftsantenne“, „grobe Fahrlässigkeit“, „Leistungsfreiheit“, „Leistungskürzung“, „Markise“, „Mehrfachversicherung“, „Obliegenheitsverletzung“, „ortsüblicher Mietwert“, Rückstau“, „Schadenabwendung“, „Schadenminderung“, „Terrasse“, „Überschwemmung“, „Veräußerung“, „Vertragsänderung, Anspruch auf“, „Wasserbetten“ sowie „Zweckbestimmung“.
Weggefallen sind dafür die Einträge für „behördliche Anordnungen“, „Mehrkosten“, „Neuwertversicherung“ sowie „ortsübliche Wiederherstellungskosten“.
Unverändert gibt es einen Eintrag sowohl für „Luftfahrzeug“ als auch für „Luftfahrzeuge“. Das erscheint wenig sinnvoll, werde aber in der 3. Auflage entsprechend korrigiert.
Fazit: Trotz verminderter Seitenzahl eine weitgehende gleiche Leistung.
Nachdem weiterhin nur wenige preiswerte Einführungen und Kommentieren in die Wohngebäudeversicherung existieren, ist es positiv, dass sich der Verlag Versicherungswirtschaft entschieden hat, eine zweite Auflage auf den Markt zu bringen. Es wäre allerdings sinnvoll, wenn eine mögliche dritte Auflage stärker praxisorientiert auch auf Leistungsinhalte jenseits der Musterbedingungen eingehen würde. Dazu wäre eine erneute Erhöhung der Seitenzahl erforderlich. Für das Lesevergnügen wäre auch die grafische Aufbereitung mit teil blauen Kästen aus der 1. Auflage wünschenswert.
Um den Wert des Buches für den Fall neu herausgegebener Musterbedingungen zu erhöhen, sollte die nächste Ausgabe zwingend wieder die dann geltenden VGB mitabdrucken.
Lemberg, Jörg und Luksch, Andreas: „Die Wohngebäudeversicherung. Eine Erläuterung anhand praktischer Fälle.“ Karlsruhe (Verlag Versicherungswirtschaft), 2016 (Grundlagen und Praxis), 232 Seiten, 24,90 Euro, Softcover
Das Buch fungiert als Einführung in die Funktionsweise einer Wohngebäudeversicherung und veranschaulicht die wesentlichen Grundlagen insbesondere anhand von Schadenbeispielen. Diese folgen in der Regel dem Aufbau, wonach zunächst ein Musterszenario skizziert wird, um dann schrittweise herzuleiten, ob und falls ja, in welchem Umfang der beschriebene Schaden versichert wäre. Grundlage für die Bewertung sind dabei die im Anhang abgedruckten VGB 2010 – Wert 1914 in der Fassung vom 01.01.2013.
Aufgrund der Zielrichtung findet der interessierte Leser zwar eine verständliche Beschreibung wesentlicher Leistungsinhalte und Ausschlüsse, nicht jedoch einen Überblick darüber, was jenseits der Musterbedingungen an Leistungserweiterungen möglich ist. Beispielhaft verweisen die Autoren jedoch etwa auf Seite 119 auf spezielle Deckungskonzepte, die mehr als die in den Musterbedingungen ausgewiesenen 5% der Versicherungssumme für Aufräumung‑, Abbruch‑, Bewegungs- und Schutzkosten versichern und „wärmstens zu empfehlen“ seien.
Anschaulich beschreiben die Autoren unter anderem, was versicherte Sachen im Sinne der Wohngebäudeversicherung sind (S. 81 – 93). Leider wird nicht darauf eingegangen, dass der Begriff „Grundstücksbestandteile“ in den Musterbedingungen von der Definition in §§ 94 bis 96 BGB abweicht. So zählen etwa nach § 96 BGB auch „Rechte, die mit dem Eigentum an einem Grundstück verbunden sind, […] als Bestandteile des Grundstücks.“ Die überwiegende Zahl der Versicherer orientieren sich bei ihrer bedingungsseitigen Definition allein an der Definition des § 94 BGB.
Bei der Darstellung der versicherten Gefahren wäre ein Hinweis schön gewesen, welche Abgrenzungsprobleme sich aus der Definition der gegen Zuschlag versicherbaren Naturgefahren ergeben können. Die einzelnen Schadenbeispiele bieten zwar eine erste Orientierung hinsichtlich möglicher Problemstellungen, können dem Thema aber für eine Einführung naturgemäß nur eingeschränkt gerecht werden. Schön ist allerdings ein Beispiel gewählt, wonach ein konkreter Erdbebenfolgeschaden nach den Musterbedingungen des GDV versichert gewesen wäre, nicht jedoch nach den Musterbedingungen der fiktiven Proximus AG. „Sie sehen, dass sich Versicherungsbedingungen oft äußerlich sehr stark gleichen, sich dann aber doch im Detail erheblich unterscheiden können.“ (S. 77) Schön wäre ergänzend noch ein Hinweis darauf gegeben, dass es am Markt neben den Standarddeckungen auch Tarife mit Einschluss unbenannter Gefahren gibt.
Dargestellt wird ferner, was die Unterscheidung zwischen einer gesetzlichen Obliegenheit (z.B. vorvertragliche Anzeigepflicht gemäß § 19-22 VVG;, Schadenminderungspflicht gemäß § 82 Abs. 1 VVG) und einer vertraglichen Obliegenheit (z.B. Pflicht, der Polizei strafbare Handlungen gegen das Eigentum anzuzeigen) ist.
Ein aus der Praxis vielen Maklern sicher bekanntes Beispiel zeigt, welche Bedeutung es hat, wenn ein Versicherungsnehmer einen neuen Vertrag abschließt und bei der Frage nach etwaigen Vorschäden nicht versicherte oder selbst regulierte Schäden unterschlägt, da er sie für nicht anzeigepflichtig hält. Wenn also beispielsweise vor einem Versichererwechsel ein vorhandenes Rohr wegen Korrosion bricht, der Versicherungsnehmer dieses auf eigene Kosten austauscht und dem Versicherer daher nicht anzeigt, kann er sich nicht darauf berufen, dass er Rostschäden nicht als versicherten Rohrbruchschaden angesehen habe und dass der Schaden auch nicht vom Vorversicherer reguliert wurde. Sofern kein vorsätzliches Verschweigen gefahrerheblicher Umstände anzunehmen ist, ist zumindest eine grob fahrlässige Verletzung der Anzeigepflicht gemäß § 19 Abs. 4 Satz 1 VVG anzunehmen, weshalb ein Versicherer bei einem kurz nach Vertragsbeginn auftretenden unstrittigen Rohrbruchschaden wirksam zum Rücktritt berechtigt werden kann (Schadenfall 11, S. 132 – 137).
Positiv ist auch, dass die Autoren auf diverse mögliche Probleme beim Gebäudeübergang auf einen neuen Eigentümer eingehen. In diesem Zusammenhang wird unter anderem auf folgendes Dilemma hingewiesen:
„Dem Verkäufer kann man nicht empfehlen, schon beim Notartermin den Versicherungsschein zu übergeben, denn solange der Käufer den Kaufpreis nicht gezahlt hat, muss der Verkäufer jederzeit selbst uneingeschränkt verfügen können. Gibt er den Versicherungsschein frühzeitig aus der Hand, könnte er im Schadensfall von der Zustimmung des Käufers abhängig sein, wenn er seine noch ihm zustehende Versicherungsleistung fordern will, § 45 Abs. 3 VVG.
Dem Käufer kann man hingegen aus den genannten Gründen nicht raten, den Kaufpreis zu zahlen, bevor der nicht auch den Versicherungsschein über die bestehende Gebäudeversicherung des Verkäufers in den Händen hält.“ (S. 177)
Es werden aber auch Möglichkeiten aufgezeigt, die mögliche Deckungslücken für Käufer und Verkäufer vermeiden helfen.
Fazit: Eine insgesamt sehr informative Einführung, die nicht nur Bekanntes, sondern auch viele Spezialfälle betrachtet. Lediglich eine Darstellung von Leistungsinhalten, die über die unverbindlichen Musterbedingungen hinausgehen, sind nur sehr eingeschränkt benannt. Dies ist aber in einem ersten Überblick zum Thema auch nicht zu erwarten.