Diverse Produkte stehen zur Verfügung, um die persönliche Arbeitskraft abzusichern. Allerdings unterscheiden sich diese maßgeblich hinsichtlich Leistungsumfang und Prämienniveau. Eine Mitversicherung von rückenbedingten Leiden ist ebenfalls höchst unterschiedlich gegeben. Wer bereits Rückenleiden hat, wird am ehesten in einem Produkt Versicherungsschutz finden, dass nur wenig Absicherung für den Rücken bietet, dafür aber auch keine oder nur geringe Prämie für die entsprechende (Nicht-)Mitversicherung berechnen muss.
Der Worst Case ist eine Querschnittslähmung. Eine solche ist sehr selten. Ursache können beispielsweise schwere Unfälle, eine Multiple Sklerose oder auch jegliche Unterbrechung der Nervenleitungen des Rückenmarks sein. Da gerade junge Männer eine erhöhte Risikobereitschaft nicht nur im Straßenverkehr zeigen, verwundert es nicht, dass ungefähr 80% aller Querschnittsgelähmten Männer sind und dass Unfälle mit gut 70% aller Leistungsfälle hierfür die häufigste Ursache sind.
Versicherungsschutz:
Hier leisten üblicherweise eine Krankentagegeld‑, Berufsunfähigkeits‑, Erwerbsunfähigkeits‑, Pflegezusatz‑, Dread Disease‑, eine Funktionsinvaliditäts- sowie eine Grundfähigkeitsversicherung. Eine Unfallversicherung bietet nur dann Schutz, wenn ein versichertes Unfallereignis ursächlich war.
Deutlich häufiger sind degenerativen Schädigungen der Wirbelsäule, die dann zu Schädigungen des Rückenmarkes führen können und daraus folgend zu neurologische Ausfällen führen. Oft handelt es sich dabei, gerade bei älteren Menschen, um eine so genannte Spinalstenose. Regelmäßig wird hier eine operative Behandlung empfohlen.
Versicherungsschutz:
Während eine Krankentagegeldversicherung in der Regel unproblematisch zahlen würde, würden eine Berufsunfähigkeits‑, Erwerbsunfähigkeits‑, Funktionsinvaliditäts- oder Grundfähigkeitsversicherung regelmäßig erst den Heilungsprozess abwarten. Die Leistung hängt dann davon ab, ob eine Heilung zu erwarten ist oder ob anstelle einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit ein dauerhafter Verlust der Arbeitskraft zu erwarten ist. Eine Unfallversicherung wiederum würde nur dann leisten, wenn ein unfallbedingter Wirbelkörperbruch vorliegt. Versicherungsschutz aus einer Dread Disease ist nicht herleitbar. Für die Pflegeversicherung gilt, dass die Schädigung der Wirbelsäule bzw. des Rückenmarkes oder der aus dem Rückenmark austretenden Nerven so fortgeschritten sein muss, dass die Verrichtungen des täglichen Lebens hochgradig eingeschränkt sind.
Eine typische Schädigung des Rückens sind auch alle Arten von Bandscheibenvorfällen. Solche Schädigungen des Rückens sind äußerst häufig, kommen auch schon in jungen Jahren vor und haben eine mit dem Alter steigende Inzidenz. Dabei sind im Wesentlichen drei Arten von Bandscheibenvorfällen voneinander zu unterscheiden:
- Wurzelsymptomatik (Radikulopathie)
Die Bandscheibe drückt auf die Nervenwurzeln des Rückenmarks. Dadurch entstehen oft starke Schmerzen, schwere Gehbehinderungen, eine Rückbildung der Muskeln, teilweise sogar Lähmungen. Sind die vorhandenen Schmerzen nicht akut, sondern chronisch, kann es als Folge auch zu depressiven Verstimmungen des Patienten führen.
Charakteristisch für eine Radikulopathie sind messbare Nervenausfälle (z.B. Minderungen der Nervenleitgeschwindigkeit). Fast immer wird ein operativer Eingriff zwecks Heilung empfohlen. Dabei handelt es sich entweder um die klassische Bandscheibenoperation oder um einen mikrochirurgischen Eingriff (Schlüssellochoperation). Die Erfolgsquote ist mit Vorbehalt zu bewerten. Es ist keinesfalls sicher, dass die vor Operation vorhandenen Beschwerden vollständig beseitigt werden. Nicht selten bleiben Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen bestehen oder treten nach einiger Zeit erneut auf. Auch ein erneuter Bandscheibenvorfall an einer anderen Lokalisation der Wirbelsäule kommt häufig vor.
- Schmerzsymptomatik ohne Radikulopathie
Immer wieder kommt es vor, dass Patienten über erhebliche Schmerzen klagen, diese aber medizinisch nicht erklärbar sind. So können etwa Rückenmark, Nerven und Muskeln durchaus intakt sein, so dass eine psychosomatische Symptomatik nicht auszuschließen ist. In gewisser Weise lösen sich die Schmerzen von einer möglichen Ursache und verselbständigen sich. Solche Zustände sind sehr schwer zu behandeln und verlangen ein gemeinsames Vorgehen von Orthopäden und Psychologen.
- Degenerative Veränderungen der Bandscheiben
Diese sind meist die Folge von altersbedingtem Flüssigkeitsverlust in dem Gallertkern der Bandscheibe. Dadurch schmälert sich der Zwischenwirbelraum. Als Folge bewegen sich die Wirbelkörper stärker aufeinander zu, und die einzelnen Bänder sind nicht mehr straff gespannt. Der Bandscheibenapparat wird im Zwischenwirbelraum beweglicher. Dies gilt auch für die Zwischenwirbelgelenke. Durch unglückliche oder spontane Bewegungen kommt es zu einer Reizung der Kapseln dieser Zwischenwirbelgelenke. Diese Reizung wiederum wird durch Nerven übertragen. In der Empfindung der Betroffenen wird dies dann u.a. als „Hexenschuss“, reflektorischer Muskelhartspann oder Lumbago wahrgenommen.
Es existieren viele Behandlungsmöglichkeiten (z.B. Gymnastik, Wärmeanwendung, Packungen, Massagen etc.), allerdings wird die Schmerzsymptomatik gerade bei körperlich tätigen Personen vielfach chronisch. Hinzu kommt, dass starke körperliche Beanspruchung die Wirbelsäule abnutzen lässt. Aus diesem Grund erfolgt gerade bei Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsversicherern meist eine sehr restriktive Annahme von Versicherungswilligen mit selbst minimalen Rückenproblemen.
Andere degenerative Veränderungen betreffen die Knochen selber (z.B. Osteoporose). Dann geht die Stabilität der Wirbelsäule verloren, Wirbelkörper können zusammen sintern. Das ist deshalb besonders gravierend, da die Wirbelsäule gerade beim Stehen (z.B. Tätigkeit als Verkäufer) besonders belastet wird. Damit gehen meist Schmerzen einher. Es kann jedoch durchaus auch vorkommen, dass degenerative Veränderungen vorliegen und damit aber kein Schmerz verbunden ist. Medizinisch ist dies nicht immer erklärbar.
Versicherungsschutz:
Bei allen genannten Bandscheibenproblemen, ob Degeneration oder Vorfall oder sogar eine Einklemmung der Nervenwurzel (Radikulopathie) kann es zur länger andauernden Arbeitsunfähigkeit (Krankschreibung) kommen. Auch leichte degenerative Veränderungen oder leichte funktionelle Beeinträchtigungen können bei entsprechen Beschwerden – auch wenn eine psychische Komponente vorliegt – zur Invalidität führen.
Alle benannten Arten von Bandscheibenvorfällen begründen bei Chronifizierung regelmäßig einen Leistungsanspruch aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Führen degenerative Erkrankungen zu Veränderungen des Knochens, so liegt nicht zwangsweise auch eine Berufsunfähigkeit vor. Wer viel am PC sitzt, wird auch mit einer Wirbelsäulenverkrümmung meist problemlos seinen Beruf ausüben können. Wer hingegen viel heben und bewegen muss, der ist eher schneller berufs- oder gar erwerbsunfähig. Grundsätzlich führen Bandscheibenprobleme jeweils nur in besonders schweren Fällen oder bei starker Schmerzsymptomatik zu einem Leistungsanspruch aus einer Erwerbsunfähigkeitsversicherung.
Eher unwahrscheinlich ist bei degenerativen Bandscheibenproblemen ein Leistungsbezug aus einer Funktionsinvaliditäts‑, Grundfähigkeits- oder Pflegeversicherung. Anders stellt sich dies hier bei schweren Formen der Radikulopathie dar. Hier sind Leistungen durchaus wahrscheinlich. Wenn degenerative Veränderungen des Knochens selber vorliegen, so kommt es vor allem auf nachweisbaren Funktionsstörungen an, ob Grundfähigkeits- oder Funktionsinvaliditätsversicherung eine Leistung erbringen. Grundsätzlich müssen nachweisbare Funktionsminderungen z.B. beim Bücken, Sich Erheben oder Stehen sehr gravierend sein. Fehlt es jedoch an objektiv nachweisbaren Funktionsminderungen an Rückenmark, Nerven, Muskeln etc., so scheidet in der Regel trotz behaupteter chronischer Schmerzsymptomatik ein Leistungsanspruch aus einer Grundfähigkeits‑, Funktionsinvaliditäts- oder Pflegezusatzversicherung fast immer aus. Sowohl die Grundfähigkeitsversicherung als auch die Funktionsinvaliditätsversicherung verlangen objektivierbare Funktionsminderungen. Ist dies nicht gegeben, wird eher an eine psychische Überlagerung gedacht, die aber nicht versichert ist.
Leistungen aus einer Dread Disease sind für alle Arten von Bandscheibenvorfällen auszuschließen.
Ein Anspruch aus einer Unfallversicherung ist bei allein degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule wie auch bei Radikulopathie auszuschließen.
Eine Unfallversicherung leistet bei Bandscheibenvorfällen grundsätzlich selbst bei vorhandener Unfallkausalität nur dann, wenn Schäden auch an einem oder beiden benachbarten Wirbelkörpern entstanden sind. Viel häufiger ist aber, dass nicht ein Unfall selbst für den Bandscheibenvorfall ursächlich war, sondern bereits zuvor vorhandene degenerative Veränderungen des Rückens, die erst durch ein Unfallereignis erkennbar werden.
Zusammenfassend besteht die umfassendste Absicherung von Arbeitskraftverlust durch Unfälle und Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates im Rahmen der Berufsunfähigkeitsversicherung. Das lassen sich die entsprechenden Versicherer auch recht gut bezahlen. Laut Branchenexperten betrage der Anteil an der Gesamtprämie für das Rückenrisiko etwa 20 Prozent (etwa 15% für körperliche tätige bzw. 5% für kaufmännisch tätige Personen). Die statistischen Zahlen für Leistungsfälle aus der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente lassen sich nicht unmittelbar auf die private Berufsunfähigkeitsversicherung übertragen. Dagegen spricht, dass Rückenprobleme vor allem bei körperlich tätigen Personen auftreten, diese sich eine entsprechende private Absicherung oft nicht leisten können und diese daher auch unterrepräsentativ selten gegen Berufsunfähigkeit versichert sind. Hinzu kommt, dass Rückenprobleme oft früh ärztlich diagnostiziert werden und damit als vorbestehende Erkrankung gar nicht erst mitversichert werden.
Sieht man von der Berufsunfähigkeitsversicherung einmal ab, so beträgt der vergleichbare Absicherungsgrad für Schädigungen des Rückens Experten zufolge etwa 70% in der Erwerbsunfähigkeitsversicherung, 30% in der Funktionsinvaliditäts‑, 25% in der Grundfähigkeits- und bis zu 5% in der Unfallversicherung. Sowohl in der Dread Disease als auch in der Pflegezusatzversicherung sind Einschränkungen des Stütz- und Bewegungsapparates höchstens im Promillebereich mitversichert.