Eine Reihe von Wohngebäudeversicherungstarifen definieren Grundstückseinfriedungen als versicherte Grundstücksbestandteile. Vielfach wird dabei auch eine „Hecke“ ausdrücklich als mitversichert benannt. Relevanz hat diese Mitversicherung unter anderem für Schäden durch den An- oder Aufprall benannter Fahrzeuge (z. B. Straßen‑, Schienen- oder Wasserfahrzeuge).
Bewertung der Kombination aus Zaun und Hecke
In der Praxis können Grundstückseinfriedungen sowohl Zäune, Mauern, Hecken, Bretterwände, Erdwälle oder – zumindest in der Theorie – auch Flatterbänder sein. Wie sieht es aber aus, wenn das Grundstück durch eine Kombination von z. B. Zaun oder Mauer und Hecke begrenzt wird? Ist dies dann auch als Grundstückseinfriedung im Sinne der Bedingungen anzusehen oder gilt dann nur die äußere Einfriedung als mitversichert?
Leider gibt der von Horst Dietz begründete Wohngebäudekommentar in seiner 3. Auflage hier keine nähere Klarstellung:
„Grundstückseinfriedungen sind beispielsweise Mauern und Zäune. Es kommt nicht auf das verwendete Material an, sondern darauf, ob die bauliche Einrichtung die Anforderungen einer Einfriedung erfüllt, die darin besteht, den unbefugten Zutritt auf das Grundstück zu verhindern oder jedenfalls zu erschweren.“[1]
Ein Indiz dafür, dass nur die äußere Einfriedigung maßgeblich sein könnte, bietet ein Urteil des AG Charlottenburg vom 05.08.2021 (Az. 203 C 305/19):
„Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Entfernung der hinter seinem Zaun gepflanzt [sic!] Büsche. Eine tatsächliche Beeinträchtigung durch die Büsche hat die Klägerin nicht substantiiert dargelegt. Da sich bei dem vom Beklagten errichteten Zaun um eine geschlossene Einfriedung handelt, sind diese Büsche gemäß § 29 NachbG Bln zulässig.“[2]
Ein Blick in die unverbindlichen Musterbedingungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) zeigt, dass dort nur ein Platzhalter für versicherte Grundstücksbestandteile zu finden ist, so dass jede weitere Klarstellung entfällt.
Versicherer oft kundenfreundlicher
Auf Nachfrage bei verschiedenen Versicherern erklärte die VHV, dass diese im Beispiel eines Zauns mit einer direkt dahinter befindlichen Hecke die Gesamtheit als versicherte Grundstückseinfriedung verstehen würde.
Die Inter stellt ihre Ansicht auf Nachfrage ebenfalls klar:
„Nach dem Wortlaut unserer Bedingungen sind Grundstückseinfriedungen auf dem Versicherungsort versichert. Die Arten der versicherten Grundstückseinfriedungen haben wir nicht abschließend aufgezählt. Hecken wurden jedoch ausdrücklich als versicherte Grundstückseinfriedung erwähnt. […]
Bezogen auf Ihr Beispiel ist der Zweck der Hecke entscheidend. Dient sie zusätzlich zum Zaun der Grundstückseinfriedung, dann sind sowohl der Zaun als auch die Hecke versichert. “
Eine weitere Klarstellung gab die InterRisk. Lägen „Zaun und Hecke direkt hintereinander“ und „auf dem Grundstück“, so würde diese Gesamtheit erstattet weiter:
„Die Hecke mit Pflanzen gleicher Art und Güte mit einer Höhe von 1,50 cm.“
Was ist mit dem OLG Schleswig?
Eine weitere Problemstellung im Zusammenhang mit dem Versicherungsschutz für Grundstückseinfriedungen kann sich daraus ergeben, dass örtlich das Vorhandensein von Grundstückseinfriedungen vorgeschrieben ist und im Zweifel bei Ersatz einer beschädigten alten Einfriedung aktuell bestehende gesetzliche bzw. behördliche Vorgaben zu beachten sind. So gilt etwa nach dem geltenden Nachbarschaftsrecht in Sachsen-Anhalt (siehe hierzu auch Urteil des OLG Naumburg vom 21.09.2022 – 12 U 60/22[3]):
„§ 23
Anforderungen an Grundstückseinfriedungen
Wird ein Grundstück eingefriedet, so muß die Einfriedung ortsüblich sein. Läßt sich eine ortsübliche Einfriedung nicht feststellen, so darf ein bis 2,0 Meter hoher Zaun errichtet werden. Schreiben öffentlich-rechtliche Vorschriften eine andere Art der Einfriedung vor, so tritt diese nach Art und Ausmaß an die Stelle der in Satz 1 und 2 bezeichneten Einfriedung.“
Es stellt sich an dieser Stelle die Frage, ob ein Versicherer ersatzpflichtig auch für solche Einfriedungen ist, die nicht den am Versicherungsort geltenden Normen entsprechen, nachdem ja gemäß den unverbindlichen Musterbedingungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) „die Einhaltung aller gesetzlichen, behördlichen sowie vertraglich vereinbarten Sicherheitsvorschriften“ zu erfüllen sind. Nahezu alle Versicherer orientieren sich an dieser Verbandsempfehlung. Dabei wird regelmäßig das Urteil des OLG Schleswig vom 18.05.2017 (Az. 16 U 14/17) ignoriert, das sich inhaltlich mit einem Verstoß gegen eine Norm im Zusammenhang mit Rückstausicherungen beschäftigt hatte[4], hier aber sinngemäß übertragbar sein dürfte.
Nachbarn können Einfriedung verlangen
Unbeachtlich für die versicherungsrechtliche Bewertung erscheint solche Bestimmungen wie § 27 des Niedersächsischen Nachbarrechtsgesetzes (NNachbG) oder § 14 Absatz 1 Satz 1 des Hessischen Nachbarrechtsgesetzes (NachbG), da hier zwar Nachbarn nach bestimmten Regeln eine Grundstückseinfriedung verlangen können, inhaltlich jedoch keine konkrete Art der Einfriedung bestimmt wird.
Nach Schadenfall keine beliebig neue Mauer zulässig
Der Verband Wohneigentum weist darauf hin, dass eine vorhandene Grundstückseinfriedung nicht ohne weiteres geändert werden darf:
„Sobald die Einfriedungen zum Beispiel in Form einer Hecke, Stützmauer oder als Zaun in Absprache mit dem Nachbarn auf der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichtet wurden, sind sie – juristisch gesehen – Grenzanlagen und können nicht mehr eigenmächtig verändert oder beseitigt werden. Dafür ist nun die Zustimmung des Nachbarn erforderlich. So genießt eine vorhandene und von beiden Grundstückseigentümern akzeptierte Einfriedigung Bestandsschutz. Es muss diesbezüglich keine ausdrückliche, gar schriftliche Vereinbarung bestehen. Allein das Dulden einer Einfriedigung in der bestehenden Form über Jahre hinweg reicht aus, eine Akzeptanz festzustellen.“[5]
Dies ist natürlich auch im Rahmen der Schadenregulierung zu beachten.
Hinweis: Die VGH hat mitgeteilt, dass man „nach Rücksprache mit dem zuständigen Fachbereich […] wir auf die Beantwortung dieser Anfrage“ verzichten werde.
[1] Fischer, Sven „§ 5 A Versicherte und nicht versicherte Sachen, Versicherungsort“ in „Wohngebäudeversicherung. Kommentar“ begründet von Horst Dietz, neu bearbeitet von Sven Fischer und Christian Gierschek. Karlsruhe (Verlag Versicherungswirtschaft), 3. Auflage, 2015, S. 145 Rn. 35
[2] Siehe „AG Charlottenburg, Urteil vom 05.08.2021 – 203 C 305/19“ auf „openjur.de“. Aufzurufen unter https://openjur.de/u/2361114.html, zuletzt aufgerufen am 23.05.2024.
[3] Siehe „OLG Naumburg, Urteil vom 21.09.2022 – 12 U 60/22“ auf „openjur.de“. Aufzurufen unter https://openjur.de/u/2463287.html, zuletzt aufgerufen am 23.05.2024.
[4] Siehe z. B. Hans Straßer „Sicherheitsklausel unwirksam“ auf „hans-strasser.de“ vom 28.12.2021. Aufzurufen unter https://hans-strasser.de/sicherheitsklausel-unwirksam/, zuletzt aufgerufen am 12.01.2022.
[5] „Streit am Gartenzaun Teil 2: Einfriedungen“ auf „verband-wohneigentum.de“. Aufzurufen unter https://www.verband-wohneigentum.de/bv/on220540, zuletzt aufgerufen am 23.05.2024.