Zum 01.04.2021 hat die ARAG SE ein erneutes Update ihrer Rechtsschutzbedingungen vorgenommen. Zuletzt waren diese im Februar 2021 aktualisiert worden.
Inhaltlich wurden lediglich einige wenige Punkte geändert, darunter eine bisherige Schlechterstellung gegenüber den unverbindlichen Musterbedingungen des GDV gestrichen.
Erste Änderung betrifft nur Leistungsübersicht
Im Aktiv-Rechtsschutz für Privatpersonen wurde die Leistungsübersicht auf Seite 7 angepasst, wonach der Versicherungsschutz im Tarif Komfort nun für den „Betrieb“ für erneuerbare Energieträger auf selbst bewohnten Ein- oder Zweifamilienhäusern bestehe. Bislang hieß es in der Leistungsübersicht, dass der Versicherungsschutz „Betrieb auch außergerichtlich“ bestehe.
Inhaltlich wurden die §§ 26 (5) d) sowie § 26 p (5) d) nicht angepasst.
Auf Seite 36 der Bedingungen hieß es bisher hinsichtlich des Eintritts des Versicherungsfalls:
„c) in allen anderen Fällen der Zeitpunkt, zu dem Sie oder ein anderer (zum Beispiel der Gegner oder ein Dritter) gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften verstoßen hat oder verstoßen haben soll.
Hierbei berücksichtigen wir
• alle Tatsachen (das heißt konkrete Sachverhalte im Gegensatz zu Werturteilen,
• die durch Sie vorgetragen werden,
• um die jeweilige Interessenverfolgung zu stützen.“
Mit der Version 04.2021 wurde hier der alte § 4 Abs.1 c) durch § 4 Abs. 1 d) ersetzt und ein neuer § 4 Abs. 1 c) eingefügt:
„c) im Straf-Rechtsschutz nach § 2 i) und im Ordnungswidrigkeiten-Rechtsschutz nach § 2 j) der Zeitpunkt der Handlung, der im amtlichen Schuldvorwurf angegeben ist. Beispiel: Sie sollen am 1. Februar eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen haben und erhalten am 1. März dazu eine Mitteilung der Behörde. Der Versicherungsfall ist der 1. Februar.“
Das bedeutet, dass ein Kunde, der erst verspätet von einem Tatvorwurf Kenntnis erlangt selbst bei Abschluss eines Rechtsschutzvertrages vor Kenntnisnahme keinen Versicherungsschutz für den konkreten Rechtsschutzfall herleiten kann.
GDV-Standard für wechselseitige Ansprüche gestrichen
Geändert wurde auch § 4 Abs. 2. Bislang galt gemäß Stand 02.2021 folgender Passus:
„• Sollen Rechtsverstöße wechselseitig (das heißt von Ihnen und vom Gegner) begangen worden sein, werden die Verstöße beider Parteien berücksichtigt. Dies gilt unabhängig davon, ob Sie Ansprüche geltend machen oder abwehren.
(Beispiel: Sie machen einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung geltend. Der Käufer verweigert die Zahlung mit der Begründung, Sie hätten ihn bei Vertragsabschluss arglistig getäuscht. Der Versicherungsfall ist nicht die Weigerung der Zahlung, da bei der Bestimmung des Versicherungsfalls der erste Rechtsverstoß maßgeblich ist, also hier die behauptete Täuschung.)“
Eine ähnliche Klausel findet sich beispielsweise in den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung der ÖRAG mit Stand 01.04.2017:
„Sollen Rechtsverstöße wechselseitig (das heißt vom Versicherungsnehmer und vom Gegner) begangen worden sein, werden die Verstöße beider Parteien berücksichtigt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Geltendmachung oder die Abwehr von Ansprüchen den Gegenstand des Rechtsstreites bilden. (Beispiel: Sie machen einen Anspruch auf Leistungen aus Ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung geltend. Die Versicherung verweigert die Zahlung mit der Begründung, Sie hätten bei Vertragsabschluss arglistig über Vorerkrankungen getäuscht. Rechtsschutzfall ist die angebliche Täuschungshandlung.)“
Der Verstoß des Gegners bei gleichzeitig vorangegangenem Verstoß des Versicherungsnehmers wurde beispielsweise auch in einem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 14.03.1984 (Az. Iva ZR 24/82)[1] thematisiert. Die hierzu ergangene frühere Rechtsprechung des BGH, die dem bisherigen Ausschluss der ARAG entspricht, werde heute, so Cornelius-Winkler im Rechtsschutzkommentar von Harbauer nicht mehr gefolgt[2].
Der Ausschluss existiert aktuell weder in den ARB 2012 mit Stand 04.2018, den ARB 2019 mit Stand 10.2019 noch den ARB 2021 mit Stand 04.2021 des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Da die ARAG keine bedingungsseitige GDV-Garantie besitzt, war in den alten Bedingungen keine Heilung dieser Schlechterstellung über eine solche Garantiezusage möglich. Positiv ist, dass diese Schlechterstellung in den seit April 2021 geltenden Bedingungen der ARAG gestrichen wurde.
Verkürzte Wartezeit für den Antidiskriminierungsrechtsschutz für Selbstständige
Neu gilt die Wartezeit von drei Monaten anstatt bisher sechs Monaten für Antidiskriminierungs-Rechtsschutz für Selbstständige (Sonderbedingung 3) im Aktiv-Rechtsschutz Komfort und Premium für Selbstständige (§§ 28, 28 p)
Geändert wurde auch § 17 Abs. 7 auf Seite 50 der Bedingungen. Bislang hieß es:
„Ihre Ansprüche auf Versicherungsschutzleistungen können Sie nur mit unserem schriftlichen Einverständnis abtreten.
(„Abtreten“ heißt: Sie übertragen Ihre Ansprüche auf Versicherungsleistung, die Sie uns gegenüber haben, auf Ihren Rechtsanwalt oder eine andere Person.)“
Neu eingefügt wurde hier ein Ausnahmetatbestand:
„Ausnahme: Das Zustimmungserfordernis entfällt, wenn Sie auf Geld gerichtete Ansprüche gegen uns haben (Beispiel: Sie sind mit der Bezahlung einer Gerichtskostenrechnung ausnahmsweise in Vorleistung getreten.).“
Versicherungsschutz nur noch mit Angabe von Vorschäden
Bei der Antragsstellung neu anzugeben ist nun, ob der Antragssteller in den letzten drei Monaten vor Antragsstellung anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen hat. Anzugeben ist des Weiteren, ob für den Antragssteller oder mitversicherte Personen gleichartige Versicherungen bestanden, die in den letzten fünf Jahren von Schäden betroffen waren. Bislang war die Angabe von Vorschäden bei der ARAG optional.
[1] Siehe „Bundesgerichtshof Urt. v. 14.03.1984, Az. Iva ZR 24/82“ auf „research.wolterskluwer-online.de”. Aufzurufen unter https://research.wolterskluwer-online.de/document/46ae48b8-6f42-4191 – 8f4a-23baa74d71cb, zuletzt aufgerufen am 12.08.2021
[2] Joachim Cornelius-Winkler „Harbauer. Rechtsschutzversicherung. Kommentar zu den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung.“ München, 9. völlig neu bearbeitete Auflage (C.H. Beck), 2018, S. 344, 384