Nach einer öffentlichen Sitzung vom 01.06.2023 beschloss das Amtsgericht Rotenburg (Wümme) ein Urteil wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung nach § 130 Abs. 2 Nr. 1 a), c) StGB in der Strafsache gegen die AfD-Politikerin Marie-Thérèse Kaiser (Az. 7 Cs 800 Js 40349/21 (296÷22).
Am 21.06.2023 berichtete die Kreiszeitung, dass Kaisers Rechtsanwältin Dr. Anna Leonore Labitzke Rathert gegen das Urteil in Berufung gegangen sei[1].
Hauptverhandlung am Landgericht Verden
Ein Jahr später, am 06.05.2024, wurde am Landgericht Verden die international beachtete Berufungsverhandlung gegen Kaiser wegen des benannten Vorwurfs der Volksverhetzung nach § 130 StGB verhandelt. Zu den handelnden Person und dem Beginn der Verhandlung lesen Sie bitte Teil 1 des Berichtes.
Die Berufungsverhandlung begann pünktlich. Rechtsanwalt Dr. Björn Clemens rügte bereits um 09:18 Uhr, noch bevor der vorsitzende Richter Heiko Halbfas inhaltlich vortragen konnte, dass ein Zuschauer nicht hätte hereinkommen können. Damit sei der Grundsatz der Öffentlichkeit nicht erfüllt (vgl. hierzu § 169 GVG). Über die Gründe, weshalb dieser keinen Einlass erhielt, ist nichts bekannt.
Halbfas überprüfte als erstes die Personalien der Verfahrensbeteiligten, verwies auf die Strafanzeige gegen Kaiser aus dem Jahre 2022, die erstinstanzliche Verurteilung durch das Amtsgericht Rotenburg vom 01.06.2023 sowie ihren fristgerecht eingegangenen Einspruch gegen das Urteil aus dem September 2022.
Das Amtsgericht Rotenburg hatte Kaiser nach § 130 StGB gemäß Blatt 1 Band 2 der Akte wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung für schuldig befunden.
Rechtsanwalt Dr. Clemens verlangte zu Beginn der Hauptverhandlung die Verlesung des gesamten Urteils der Vorinstanz mit wenigen Auslassungen. Insbesondere seien die Abschnitte II und ab IV Nr. 5 vorzutragen. Diesem Antrag wurde stattgegeben. An dieser Stelle folgen die entsprechenden Originalzitate aus dem Urteil der ersten Instanz.
Die Verlesung des Urteils des Amtsgerichts Rotenburg
„Im Rahmen ihrer politischen Betätigung betreibt die Angeklagte eine auf ihren Namen lautende, für Jedermann abrufbare und der Öffentlichkeit zugängliche Internetpräsenz in dem sozialen Netzwerk Facebook, über die sie regelmäßig Inhalte teile. Bei der Wahl zum Deutschen Bundestag am 26.09.2021 stellte sie sich als Kandidatin der Partei „Alternative für Deutschland“ für ein Direktmandat zur Wahl.
Um Aufmerksamkeit zu generieren und potentielle Wähler für sich einzunehmen, setze die Angeklagte am 17.08.2021 gegen 16:00 Uhr einen unter der URL http://www.facebook.com/story/php?story_fbid=328321182353379&id=100055264993711 abrufbaren Beitrag ab, der aus einer Bildteil sowie einem Textteil bestand.
Bei dem bildlichen Teil des Beitrags handelte es sich um eine von der Angeklagten selbst erstellte Grafik. Diese zeigte sie selbst, in die Kamera sehend und vor einem blauen Hintergrund. In der oberen linken Ecke der Grafik befand sich – in signifikant vergrößerter, weißer Fettschrift – auf einem leuchtend roten Hintergrund und damit optisch als Blickfang stark hervorgehoben – der Text „Afghanistan-Flüchtlinge“.
Darunter befand sich mit wenig Abstand der ebenfalls mittels vergrößerter, weißer Fettschrift optisch in den Vordergrund gerückte und auf blauem Hintergrund deutlich hervorgehobene Text „Willkommenskultur für Gruppenvergewaltigungen?“
Beide Texte bildeten aufgrund der farblichen, textlichen und größenmäßigen Abstimmung aufeinander optisch eine zusammengehörige Einheit, wobei die gestalterische Hervorhebung beide Textzeilen auch im Hinblick auf die gesamte Grafik deutlich in den Vordergrund stellte und hierdurch eine auf den ersten Blick erkennbare Verbindung zwischen den Texten entstand.
Zwischen diese im Vordergrund stehende Texte fügte die Angeklagte eine weitere, indes in den Hintergrund tretende Aufschrift mit dem Inhalt „Hamburger Bürgermeister für „unbürokratische Aufnahme“ ein. Diese war gekennzeichnet durch ein stark verkleinertes und gegenüber dem blauen Grafikhintergrund transparentes Schriftbild. Im Erscheinungsbild bildete dieser unauffällig und erschwert erkennbare Text einen Gegensatz zu den weiteren Textzeilen.
In den unteren Teil der Grafik fügte die Angeklagte das Logo der Partei „Alternative für Deutschland“, den Slogan „Deutschland. Alles normal.“ sowie ihren Namen mit einem Hinweis auf die Kandidatur ein.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf das bei den Akten – Bl. 6 d. A. – befindliche Lichtbild der in Rede stehenden Grafik Bezug genommen.
Unterhalb dieser Grafik befand sich der textliche Teil des von der Angeklagten erstellten Beitrags, der wie folgt lautete:
„Hamburger #Willkommenskultur für #Gruppenvergewaltigungen?
Der Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) möchte „unmittelbar und unbürokratisch“ 200 „Gerettete“ aus Afghanistan aufnehmen.
Welt 17.08.2021:
https://www.welt.de/regionales/hamburg/article233181841/Nach-Taliban-Machtübernahme-Hamburg-will-200-gefaehrdete-Afghanen-aufnehmen.html.
Für Hamburg sind die Zahlen bereits alarmierend genug:
„Jeder Dritte Hamburger hat ausländische Wurzeln. (…) Auffällig ist der große Anteil junger Menschen mit #Migrationshintergrund. (…)53,4 % aller u18-jährigen Hamburger hat ausländische Wurzeln(….)“
Auf Platz 2 der Bevölkerung mit Migrationsanteil in Hamburg (außerhalb der EU)? Afghanistan!
Hamburger Abendblatt 08.06.021:
https://www.abendblatt.de/Hamburg/article232479737/hamburg-die-meisten-wenigsten-migranten-einwohner-statistikamt-stadtteile-bezirke-migrationshintergrund.html
Frauen und junge Mädchen fallen den kulturfremden Massen als erste zum Opfer Gerade Afghanen sind bei Gruppenvergewaltigungen nach neuesten Zahlen des BKA überproportional vertreten:
An jedem einzelnen Tag werden im Durchschnitt zwei Mädchen oder Frauen in Deutschland von Männergruppen vergewaltigt! (…) Jeder zweite Tatverdächtige hatte keine deutsche Staatsangehörigkeit. Häufig kamen die Männer aus islamischen Ländern: Afghanistan, Syrien, Irak. Besonders Afghanen sind – gemessen an ihrem geringen Bevölkerungsanteil – überproportional stark vertreten.
2018 waren 6 % der Tatverdächtigen Afghanen. In der Gesamtbevölkerung machen sie aber nur 0,3 Prozent aus. Die meisten von ihnen begingen die Tat noch im laufenden Asylverfahren.
Bild Zeitung 31.07.2021
https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/neue-schock-zahlen-des-bka-jeden-tag– zwei-gruppen-vergewaltigungen-77243610.bild.html
Damit nicht genug. Inzwischen werden im ganzen Land mehr und mehr Stimmen laut, die fordern, afghanische Flüchtlinge aufzunehmen. Erwartet und nun also ein zweites „Flüchtlingsjahr“ wie bereits 2015?
Laut Medienberichten soll es etwa 7000 sogenannte Ortskräfte geben, die zusammen mit der Bundeswehr vor Ort im Einsatz waren. Geht man durchschnittlich von 5 Kindern und einer Frau pro Person aus, kommt man auf ganze 49.000 Perosnen. Bei Kosten von „nur“ 2.000 Euro p. P. im Monat liegen die jährlichen Kosten bei 1,176 Millarden Euro.“
Was sind Ortskräfte?
An dieser Stelle sei der Auszug aus dem Urteil des Amtsgerichts Rotenburg kurz unterbrochen, um den Begriff „Ortskräfte“ zu erläutern. Ortskräfte sind Einheimische, die von einem Unternehmen „für eine Tätigkeit einstellt. Dies gilt auch, wenn ein Unternehmen eine Person im Ausland einstellt und diese Person in einen Drittstaat entsendet.“[2]
Nun zurück zum Vortrag aus dem Urteil des Amtsgerichts:
„RND 16.08.2021
https://www.rnd.de/politik/afghanistan-chaos-auf-dem-flughafen-der-hoffnung-kabul-LQTXEVDQGNCHRHTJBWLH53VVZ4.html.?fbciid=lwAR2DIQ5F5lwAX759MQifugAx7HzypAwcF9U40fZ6Hry65vsHJWDIOZN_lsc
Ausgerechnet diejenigen, die erst in der vergangenen Woche behaupteten, man könne kostenlose Schnelltests im Rahmen der #Corona-Krise nicht länger ermöglichen, da diese auf Dauer zu teuer seien, fordern nun lautstark die Aufnahme tausender Menschen. Die Kosten bleiben am deutschen Steuerzahler hängen – mal wieder.
Doch warum können Flüchtlinge nicht heimatnah in Sicherheit gebracht werden?
Warum helfen die vielen jungen Männer nicht dabei, ihr Land und ihre Familien vor der Taliban zu schützen und aus eigener Kraft wieder aufzubauen, nachdem die westlichen Länder Jahrzehnte mit dem Versuch, westliche Wert zu importieren, gescheitert sind? Wie konnte die Taliban eine bestens ausgerüstete Armee binnen weniger Tage dermaßen überrumpeln? Fehlte der Wille, sich dem entgegenzusetzen? Fragen über Fragen.
Es ist wichtig, dass Deutschland in dieser Situation keine falschen Signale sendet. Wir können und wollen nicht alle aufnehmen. Priorität muss die Evakuierung deutscher Staatsbürger haben.
Politisch ist es unsere Aufgabe, die Verantwortlichen für diesen Krieg zu benennen und sinnlose Einsätze unserer Bundeswehr künftig zu vermeiden, damit keine Soldaten mehr im Kampf um Menschenrechte und Frieden, Imperialismus und Gewalt zum Opfer fallen.“
Die Angeklagte unterstellte mit ihrem öffentlichen geteilten Beitrag – insbesondere durch die in reißerischer Weise mit bewusst angstschürenden und für den Betrachter aus diesem Grund von ihr besonders hervorgehobenen Begrifflichkeiten – der Gruppe der aus Afghanistan geflüchteten und flüchtenden Menschen – pauschal – die Begehung schwerster und aus Sicht der Bevölkerung besonders verabscheuungswürdiger Straftaten, namentlich die gemeinschaftliche Begehung von Vergewaltigungen. Durch diese pauschale Kriminalisierung von erheblichem Gewicht sprach sie dieser Gruppe das Recht ab, als gleichwertige Personen in der staatlichen Gemeinschaft Fuß zu fassen und in dieser ihr Leben zu führen.
Ihr war bewusst, dass bei einem unbefangenen Betrachter angesichts der selektiven und verkürzenden Wortwahl, der Art und Weise der hervorgehobenen Gestaltung prägnanter Begrifflichkeiten sowie der im Textteil dargebotenen – vollkommen aus dem Kontext gerissenen – vermeintlichen Fakten Empörung, Angst und Feindseligkeit gegenüber dieser Gruppe hervorgerufen werden. Darauf kam es der Angeklagten ungeachtet der von ihr erkannten Auswirkungen an, um den Fortgang ihrer politischen Karriere durch die Generierung von Aufmerksamkeit und die Gewinnung von Wählerstimmen zu befördern.“
Gericht unterstellt, liefert aber keine Fakten
An dieser Stelle erscheint es aus Sicht des Autors angebracht, das Zitat aus der Urteilsbegründung zu kommentieren. Das Amtsgericht Rotenburg unterstellt Kaiser konkrete Absichten, ohne hierfür jeweils einen Beweis zu erbringen. Genauso gut könnte die Angeklagte dem Gericht unterstellen, dass dieses sie unabhängig von ihren Ausführungen vor Gericht zwingend verurteilen wollte. Weiter wird behauptet, Zitate „vollkommen aus dem Kontext“ gerissen zu haben und spricht von „vermeintlichen Fakten“. Auch hier werden keine Belege gebracht, sondern einfach nur stumpf Dinge behauptet, was darauf schließen lassen könnte, dass das Gerichts sich nicht inhaltlich mit Kaisers Gedanken auseinandergesetzt hätte.
Was unterscheidet Flüchtlinge von Geflüchteten?
Im gesamten Text nutzt das Gericht im Übrigen den Begriff „Geflüchtete“ anstelle von „Flüchtlingen“. Dies deutet darauf hin, dass der vorsitzende Richter einer als linksgrün angesehenen Ideologisierung von Wörtern nahestehen könnte:
„Flüchtlinge unterscheiden sich von Migrant:innen dadurch, dass ihre Migration erzwungen ist, sie in ihrem Heimatland eine begründete Furcht vor Verfolgung haben und unter den bestehenden Umständen nicht in ihr Heimatland zurückkehren können.
[…]
Wir von Plan International verwenden den Begriff „Geflüchtete Menschen“ statt „Flüchtling“, auch wenn dies nicht der korrekte Rechtsbegriff ist. Die Bezeichnung „Flüchtling“ gilt unter vielen Organisationen als abwertend und wird in fachlichen Kreisen kaum noch verwendet. Zum einen, weil die Endung ‑ling häufig verniedlichend oder abschätzig konnotiert ist (Däumling, Fiesling), und zum anderen, weil die Flucht allein die Menschen nicht beschreibt und auch nicht die Komplexität ihrer Fluchterfahrungen widerspiegelt. Oft ist ein vergebener Status auch nur zeitweise gültig und ihre jeweilige Schutzform kann sich noch ändern.“[3]
Wer macht pauschale Unterstellungen?
„Sie handelte mit dem Ziel, angesichts der aufgrund der bestehenden Verunsicherung in der Gesellschaft politisch von der von ihr erzeugten Feindseligkeit und Angst gegenüber Menschen insbesondere afghanischer Herkunft zu profitieren, wobei sie die Ankündigung des Hamburger Bürgermeisters, Peter Tschentscher, zur Aufnahme geflüchteter Menschen aus Afghanistan zwar zum Anlass für ihren Beitrag nahm, sich aber in der Sache auf pauschale Unterstellungen beschränkte.“
Auch an dieser Stelle lässt das Gericht Neutralität vermissen, da Kaiser konkrete Quellen für ihre Behauptungen angeführt und aus diesen zitiert hatte. Wie man diese Quellen bewertet, hätte durchaus diskutiert werden können; „pauschale Unterstellungen“ erscheint aber von Seiten des Gerichts wie eine haltlose Unterstellung Kaiser gegenüber.
Das Urteil wurde wie folgt weiter verlesen:
„Der unbefangene Betrachter musste durch die Art und Weise der Gestaltung der Grafik, auch und gerade vor dem Hintergrund der Aussagen im Textteil, den Eindruck gewinnen sowie den angesichts dessen vermeintlich naheliegenden Schluss ziehen, dass die Aufnahme geflüchteter Menschen aus Afghanistan zwangsläufig zur Begehung gemeinschaftlicher Vergewaltigungen durch diese Gruppe in der Bundesrepublik Deutschland führen wird. Eine kritische Sachbehandlung der Migrationspolitik im Sinne eines demokratischen Meinungskampfes oder Differenzierungen nahm die Angeklagte nicht vor. Es kam ihr auch nicht darauf an, eine Debatte durch die Formulierung einer Fragegestellung herbeizuführen. Es handelte such insoweit um eine rhetorische Fragestellung, die die Angeklagte selbst beantwortet hat. Aufgrund ihrer grundsätzlich ablehnenden Einstellung gegenüber Menschen afghanischer Herkunft war die Angeklagte an einer Emotionalisierung gelegen, um mit der ihr verfügbaren Reichweite Hass zu schüren und hiervon selbst zu profitieren.“
An dieser Stelle wurden wie beantragt weitere Teile des Urteils und der Urteilsbegründung übersprungen und mit Abschnitt II Nr. 5 fortgesetzt:
„5.
a.
Durch ihre pauschale Äußerung hat die Angeklagte die Angeklagte [sic] die nationale Gruppe der aus Afghanistan stammenden, geflüchteten Menschen in böswilliger Weise verächtlich gemacht. Verächtlichmachen ist jede auch bloß wertende Äußerung, durch die jemand als der Achtung der Staatsbürger unwert oder unwürdig hingestellt wird. Dies kann durch die Kundgabe von Tatsachenbehauptungen oder Werturteilen verwirklicht werden.
So liegt der Fall hier, denn mit ihrer pauschalen Äußerung ist bei einem unbefangenen Betrachter der Eindruck erweckt worden, es handele sich bei aus Afghanistan geflüchteten Personen per se um Straftäter (MüKoStGB/Schäfer/Anstötz, 4. Aufl. 2021, StGB § 130 Rn. 52). Die Angeklagte hat mit der von ihr erstellten Grafik gerade die Ablehnung der Aufnahme aus Afghanistan stammender Personen in die Bundesrepublik kundgetan und sie damit als der Achtung der Staatsbürger unwürdig hingestellt.
b.
Durch die vorstehend genannte Tathandlung hat die Angeklagte die Menschenwürde der betroffenen Personengruppe angegriffen.
Diesem Merkmal kommt die Funktion der Begrenzung des Tatbestands auf besonders massive Schmähungen, Diffamierungen und Diskriminierungen zu. Die Vorschrift knüpft insoweit an Art. 1 GG an. Es genügt insoweit nicht, wenn nur der soziale Geltungsanspruch der Betroffenen verletzt und ihnen damit die Möglichkeit genommen wird, unvoreingenommene Gemeinschaft mit den anderen zu haben. Ein Angriff auf die Menschenwürde setzt vielmehr voraus, dass sich die feindselige Handlung nicht nur gegen einzelne Persönlichkeitsrechte wie etwa die Ehre richtet, sondern den Menschen im Kern seiner Persönlichkeit trifft, indem er unter Missachtung des Gleichheitssatzes als minderwertig dargestellt und ihm das Lebensrecht in der Gemeinschaft bestritten wird. Ein noch weitergehender Angriff etwa auf das biologische Lebensrecht an sich ist jedoch nicht erforderlich (MüKoStGB/Schäfer/Anstötz, 4. Aufl. 2021, § 130 Rn. 55).
Das ist hier der Fall.
Denn der Angeklagten kam es gerade darauf an, aus Afghanistan geflüchteten oder flüchtenden Menschen in ihrer Gesamtheit die grundsätzliche Bereitschaft und Fähigkeit zur Begehung schwerster und von der Bevölkerung als besonders verwerflich empfundener Straftaten zu unterstellen. Mit dieser Behauptung ist insinuiert, dass die betroffenen Personen grundsätzlich erheblich charakterlich verroht sind und überdies eine besonders niedrige Hemmschwelle zur Begehung von Gewalttaten aufweisen. Es handelt sich insoweit um eine massive Diffamierung. Die Angeklagte lehnt nämlich auch gerade deshalb die Aufnahme der betroffenen Personen in die Gemeinschaft ab. Dies kommt insbesondere im Textteil des Beitrags zum Ausdruck („Frauen und junge Mädchen fallen den kulturfremden Massen als erstes zum Opfer“).
c.
Die Angeklagte kann sich hinsichtlich des von ihr verbreiteten Inhalts nicht mit Erfolg auf das Recht auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 GG berufen.
Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gibt jedem das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Der Grundrechtsschutz besteht unabhängig davon, ob die Äußerung rational oder emotional, begründet oder grundlos ist und ob sie von anderen für nützlich oder schädlich, wertvoll oder wertlos gehalten wird. Über den Inhalt einer Äußerung hinaus erstreckt sich der Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG auch auf ihre Form, so dass auch polemische oder verletzend formulierte Äußerungen in den Schutzbereich des Grundrechts fallen. Insbesondere in der öffentlichen Auseinandersetzung, zumal im politischen Meinungskampf, vermittelt Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG das Recht, auch in überspitzter und polemischer Form Kritik zu äußern. Dass eine Aussage scharf und übersteigert formuliert ist, entzieht sie deshalb nicht dem Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG (BVerfG, Beschluss vom 24. September 2009 – 2 BvR 2179/09).
Eine inhaltliche Begrenzung von Meinungsäußerungen kommt jedoch im Rahmen der allgemeinen Gesetze im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG in Betracht. Die Gerichte haben bei der Auslegung und Anwendung des § 130 StGB die aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG abzuleitenden verfassungsrechtlichen Anforderungen zu beachten, damit die wertsetzende Bedeutung des Grundrechts auch auf der Ebene der Normanwendung im konkreten Fall zur Geltung kommt (BVerfG, Beschluss vom 13. Februar 1996 – 1 BvR 262/91).
Um ein solches, allgemeines Gesetz handelt es sich bei dem Straftatbestand des § 130 StGB. Insoweit ist es ergänzend anzumerken, dass der historische Gesetzgeber in § 130 StGB ein Delikt gegen die Menschlichkeit (BT-Drs. III, 1746, S. 3) und einen „wichtigen und unverzichtbaren Beitrag“ zur Bekämpfung ausländerfeindlicher Propaganda (BT-Drs. 12, 6853, S. 18), sieht, wobei gerade pauschale Diffamierungen bekämpft werden müssen. Auch der neueren gesellschaftlichen Entwicklung ist insoweit Rechnung zu tragen.“
Echte Frage oder Fragezeichen nur rhetorisch?
„Die Angeklagte hat die zentrale Aufschrift des verfahrensgegenständlichen Beitrags als Frage („Afghanistan-Flüchtlinge – Willkommenskultur für Gruppenvergewaltigungen?“) formuliert. Insoweit ist verfassungsrechtlich von Belang, ob es sich um eine rhetorische, oder aber eine echte Frage handelte.
Rhetorische Fragen sind nur scheinbar Fragen. Sie werden nicht um einer Antwort wollen geäußert, sondern bilden vielmehr Aussagen, die rechtlich entweder wie ein Werturteil oder aber wie eine Tatsachenbehauptung zu behandeln sind. Echte Fragen stehen dagegen unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit Werturteilen gleich (BVerfGE 85, 23, 32). Die Unterscheidung hat anhand des Kontexts und der Umstände der Äußerung zu erfolgen.
Sind mehrere Deutungen möglich, ist die Wahl zu begründen. Im Interesse eines wirksamen Grundrechtsschutzes ist jedoch im Zweifel von einem weiten Fragebegriff auszugehen (BverfGE 93, 266, 293).
Vorliegend dürfte es sich zwar um eine rhetorische Frage handeln, denn die Angeklagte erwartete erkennbar keine Antwort auf die Frage, sondern beantwortete diese mit ihrem Beitrag vielmehr selbst. Das Gericht hierbei jedoch unter Beachtung des weiten Fachbegriffs und insbesondere angesichts des Kontexts zum Vorliegen eines Werturteils aus. [sic!]
Als Voraussetzung jeder rechtlichen Würdigung einer in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit fallenden Äußerung muss dabei ihr Sinn zutreffend erfasst worden sein (BVerfG, Beschluss vom 13. Februar 1996 – 1 BvR 26/91). Da schon auf der Deutungsebene Vorentscheidungen über die rechtliche Zulässigkeit einer Äußerung fallen, ergeben sich aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG nicht nur spezifische Anforderungen an die Auslegung und Anwendung grundrechtsbeschränkender Gesetze, sondern bereits an die ihr vorgelagerte Interpretation umstrittener Äußerungen (BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 1995 – 1 BvR 1476, 1980/91).
Ziel der Deutung ist die Ermittlung des objektiven Sinns einer Äußerung. Maßgeblich ist daher weder die subjektive Absicht des sich Äußernden noch das subjektive Verständnis der von der Äußerung Betroffenen, sondern der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums objektiv hat (BVerfGE 93, 266, 295).
Dabei ist stets vom Wortlaut einer Äußerung auszugehen. Dieser legt ihren Sinn aber nicht abschließend fest, denn der objektive Sinn wird auch vom Kontext und den Begleitumständen einer Äußerung bestimmt, soweit diese für den Rezepienten erkennbar sind (BVerfGE 93, 266, 295). Die Notwendigkeit der Berücksichtigung begleitender Umstände ergibt sich in besonderer Weise dann, wenn die betreffende Formulierung ersichtlich ein Anliegen in nur schlagwortartiger Form zusammenfasst (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. Dezember 2007 – 1 BvR 3041/07).
Bei mehrdeutigen Äußerungen sind sanktionsrechtlich irrelevante Auslegungsvarianten mit nachvollziehbaren und tragfähigen Gründen auszuschließen, bevor sie ihrer Entscheidung eine zur Anwendung sanktionierender Normen führende Deutung zugrunde legen (BVerfGE 114, 339, 349). Dabei braucht das Gericht nicht auf entfernte, weder durch den Wortlaut noch die Umstände der Äußerung gestützte Alternativen einzugehen oder gar abstrakte Deutungsmöglichkeiten zu entwickeln, die in den konkreten Umständen keinerlei Anhaltspunkte finden (BVerfGE 93, 266, 295). Bleibt die Äußerung mehrdeutig, weil sich nicht strafbare Deutungsmöglichkeiten nicht als fernliegend ausschließen lassen, ist diejenige Variante zugrunde zu legen, die noch von der Meinungsfeiheit gedeckt ist. Insoweit ist bei der Auslegung von Äußerungen, die einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung leisten, mit Blick auf das Gewicht des Grundrechts der Meinungsfreiheit in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG und die grundsätzliche Vermutung für die Freiheit der Rede in der liberalen Demokratie nicht engherzig zu verfahren (BVerwG, Urteil vom 30. November 2022 – 6 C 12.20 – NVwZ 2023, 602 Rn. 61).
Die Einlassung der Angeklagten, der Inhalt des Postings gebe eine bloße Verdrossenheit hinsichtlich der aus ihrer Sicht verfehlten Asylpolitik sowie des erwarteten, unkontrollierten („unbürokratischen“) Zuzugs geflüchteter Menschen aus Afghanistan wieder, findet im objektiven Sinngehalt der Erklärung, wie sie von einem unbefangenen Durchschnittsbürger verstanden wird, keine Grundlage.
Gegenüber der zentralen, pauschal formulierten und in ihrer Absolutheit durch nichts belegten Behauptung, bei aus Afghanistan geflüchteten oder flüchtenden Menschen handele es sich um Gruppenvergewaltiger, die sich erkennbar in reiner Diffamierung erschöpft, hat für den unbefangenen Durchschnittsbetrachter der Bezug auf die – auch optisch in den Hintergrund tretende – Ankündigung des Hamburger Bürgermeisters keinerlei Bedeutung für die Bestimmung des Inhalts. An dem objektiven Sinngehalt ändert sich insoweit nichts, denn der Inhalt richtet sich unabhängig hiervon ersichtlich gegen die Gruppe der aus Afghanistan geflüchteten Menschen.
Selbst wenn eine Beschränkung der Zielrichtung auf diejenigen aus Afghanistan flüchtenden oder geflüchteten Menschen, die sich kriminell verhalten (haben), grundsätzlich denkbar erscheint, ist dies angesichts der selektiven Wortwahl des Beitrags, der Gestaltung der Aussagen und ihre grafisch hergestellte Verbindung fernliegend. Der Schluss, dass die Angeklagte andere Personen dieser Gruppe nicht gemeint hat, kann hier gerade nicht gezogen werden. Eine derartige inhaltliche Differenzierung ist dem Posting nicht im Ansatz zu entnehmen. Vielmehr hat die Angeklagte gerade keine Unterscheidung getroffen.
Unter Berücksichtigung des gesamten Kontexts handelt es sich nach Auffassung des Gerichts um eine Äußerung, die nichts zur verfassungsmäßig gewährleisteten Meinungsfreiheit beitragen kann und soll, sondern einzig dem Zweck dient, Ängste zu schüren, aus einer grundsätzlichen Ablehnung zum Hass aufzuwiegeln und hierdurch Wählerstimmen für sich zu gewinnen.
Die Meinungsfreiheit muss im Übrigen zurücktreten, wenn die Äußerung die Menschenwürde antastet, denn diese ist als Wurzel aller Grundrechte mit keinem Einzelgrundrecht abwägungsfähig. Sämtliche Grundrechte sind Konkretisierungen des Prinzips der Menschenwürde.
So ist etwa in der gefestigten Rechtsprechung anerkannt, dass bei herabsetzenden Äußerungen, die such als Formalbeleidigung oder Schmähungen darstellen, die Meinungsfreiheit regelmäßig hinter dem Ehrenschutz zurückzutreten hat (BVerfGE 61, 1, 12). Im Hinblick auf Schmähkraft genügen polemische oder auch ausfällige Äußerungen für sich genommen nicht, vielmehr muss hinzutreten, dass nicht eine Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung im Vordergrund steht. Jenseits polemischer oder überspitzter Kredit muss sie gerade in der Herabsetzung bestehen (BVerfG 82, 272, 283 f.).
Eine Auseinandersetzung in der Sache ist hier nicht erkennbar. Die Auslegung des Inhalts ergibt vielmehrt, dass die Diffamierung im Vordergrund steht.
Der Angriff auf die Menschenwürde als Negation des Lebensrechts der genannten Personen als gleichwertige Persönlichkeiten und ihre damit behauptete Unterwertigkeit ist darin zu sehen, dass die Angeklagte die Gruppe der aus Afghanistan geflüchteten Menschen pauschal als Personen abgestempelt hat, die gemeinschaftlich Vergewaltigungen, also ethisch auf niedrigster Stufe stehende Straftaten, begehen. Sie hat dieser Gruppe hierdurch letztlich den moralischen Anspruch abgesprochen, Zuflucht in der Bundesrepublik zu suchen und ihr Leben in dieser Gemeinschaft zu erhalten. Die Menschenwürde wird insoweit nicht erst tangiert, wenn das physische Lebensrecht negiert wird.
Zum anderen ist bereits aufgrund des Vorwurfs der „Gruppenvergewaltigung“ in Verbindung mit der verkürzt dargestellten und aus dem Zusammenhang gerissenen Statistik aufgrund seines Gewichts und seiner Pauschalisierung, gerade wegen der auch optisch hervorgehobenen Fokussierung auf das benannte verabscheuungswürdige Verhalten, eine Differenzierung nicht ersichtlich und deshalb fernliegend. Vielmehr spricht nichts dafür, dass die Angeklagte überhaupt eine Differenzierung vorgenommen hat.
Bei dem unbefangenen Durchschnittsbetrachter wird durch die Überschrift sowie die in reißerischer Weise dargestellten Begrifflichkeiten „Willkommenskultur“ und „Gruppenvergewaltigungen“ vielmehr der Eindruck erweckt, die Aufnahme von Flüchtlingen aus Afghanistan führe unweigerlich zur Begehung entsprechender Taten durch diese Personengruppe.
Dieser Inhalt stellt einen Angriff auf die Menschenwürde dar.“
Richter Halbfas beendet Verlesung des Schriftsatzes des Amtsgericht Rotenburg
Um 09:49 Uhr beendet das Landgericht Verden seine auszugsweise Verlesung der Urteilsbegründung. Seither habe es keine Verständigungsgespräche in der Sache gegeben.
Richter Halbfas belehrte Kaiser nun über ihr Schweigerecht. Es wurde klargemacht, dass es das Ziel der Verteidigung sei, einen Freispruch für Kaiser zu erreichen.
Kaiser äußerte sich nun selbst: es sei keinesfalls ihre Absicht gewesen, alle afghanischen Flüchtlinge pauschal zu verurteilen. Vielmehr habe sie Fakten aufgezeigt und auf statistische Auffälligkeiten hingewiesen. Deutlich habe sie gemacht, wie das Verhältnis der an Gruppenvergewaltigungen beteiligten Afghanen zu ihrem Bevölkerungsanteil sei. Letztlich habe sie Tschentschers Politik kritisiert.
Offener Debattenraum als Zielsetzung
Die Leser ihrer Posts seien alles mündige Bürger. Ihr Anliegen sei es, einen Debattenraum zu schaffen.
Die polizeiliche Vernehmung von Kaiser habe ergeben, dass sie den tatgegenständlichen Post im Zug abgesetzt habe. Halbfas begehrte zu wissen, wo dieser überall veröffentlicht worden sei. Dies sei, so Kaiser, auf Facebook, Instagram und Telegram erfolgt. Gegebenenfalls hätte sie auch einzelne Personen auf WhatsApp individuell angeschrieben. Ob eine Teilung auch auf Twitter (heute „X“) erfolgt sei, wisse sie nicht mehr.
Sprave interessiert sich für Kaisers Reichweite
Nun meldete sich Oberstaatsanwältin Dr. Katharina Sprave das erste Mal während der Hauptverhandlung zu Wort:
„Würden Sie das heute nochmal so posten?“
Kaiser entgegnete, dass sie natürlich auch weiterhin kritische Fakten teilen würde, um einen entsprechenden Debattenraum zu bieten. Ihre Follower hätten den Post überwiegend positiv aufgenommen.
Die Staatsanwältin wollte nun wissen, wie viele Follower Kaiser habe. Darauf überprüfte die Angeklagte die für den 06.05.2024 aktuellen Zahlen auf ihrem Smartphone. Auf Instagram führe sie zwei Accounts, einen mit aktuell 15.700 und einen mit 6.961 Followen. Auf Facebook erreiche sie aktuell etwa 3.500 Personen und auf Twitter etwa 32.500. Dabei sei die Zahl ihrer Follower beständig steigend.
Hätten ihre Anwälte bis dahin irgendwelche Frage, so Halbfas. Das sei nicht der Fall.
Nun verlas Richter Halbfas Blatt 7 der Akte, in dem es um den Hamburger SPD-Politiker Tschentscher und ein Wahlplakat der AfD von Kaiser ging. Dieses beinhaltete einen Zeitungsartikel aus dem „Hamburger Abendblatt“ vom 08.06.2021[3]. In der Bildunterschrift zum Artikel, der sich aktuell hinter einer Bezahlschranke verbirgt, heißt es:
„Nach aktuellen Zahlen des Statistikamts Nord hat jeder dritte Hamburger ausländische Wurzeln. Ende vergangenen Jahres waren es 700.000 Menschen – 36,7 Prozent aller Einwohnerinnen und Einwohner Hamburgs“ [4]
ihrer Facebook-Kachel schrieb Kaiser dazu:
„Jeder dritte Hamburger hat ausländische Wurzeln.(…)Auffällig ist der große Anteil junger Menschen mit #Migrationshintergrund.(…)53,4% aller u18-jährigen Hamburger hat ausländische Wurzeln(…)“[5]
Als nächstes beinhalte Kaisers Kachel einen Auszug aus einem Artikel der BILD-Zeitung vom 31.07.2021[6]:
„An jedem einzelnen Tag werden im Durchschnitt zwei Mädchen oder Frauen in Deutschland von Männergruppen vergewaltigt!
DAS ist das schockierende Ergebnis einer BILD-Anfrage an das Bundeskriminalamt (BKA). Demnach wurden im vergangenen Jahr 704 Gruppenvergewaltigungsverfahren gezählt.
Zum Vergleich: 2019 waren es 710, 2018 nur minimal weniger (659).
Brisant: Jeder zweite Tatverdächtige hatte keine deutsche Staatsangehörigkeit. Häufig kamen die Männer aus islamischen Ländern: Afghanistan, Syrien, Irak.
Besonders Afghanen sind – gemessen an ihrem geringen Bevölkerungsanteil – überproportional stark vertreten. 2018 waren 6 Prozent der Tatverdächtigen Afghanen. In der Gesamtbevölkerung machen sie aber nur 0,3 Prozent aus.
Die meisten von ihnen begingen die Tat noch im laufenden Asylverfahren.
Auch in Leer sollen Flüchtlinge zu Tätern geworden sein. Drei Migranten aus Syrien und dem Irak vergewaltigten und misshandelten mutmaßlich ein Mädchen (16, BILD berichtete). Es wäre kein Einzelfall, wie die BKA-Schockzahlen belegen.“[7]
Der nächste Text von Kaisers Kachel verwies auf einen Beitrag der WELT vom 17.08.2021[8]:
„Hamburg will nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan 200 Menschen aufnehmen – die AfD findet, die Stadt sei dafür „zu eng““[9]
Aus einem größeren Auszug der WELT zitierte Kaiser wie folgt:
„Nach der faktischen Machtübernahme der Taliban in Afghanistan hat Hamburg angeboten, Menschen aus dem Land aufzunehmen. „Die Entwicklung in Afghanistan ist dramatisch“, schrieb Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) am späten Montagabend auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Hamburg habe angeboten, „unmittelbar und unbürokratisch 200 Gerettete aufzunehmen“. Innensenator Andy Grote (SPD) sagte dem NDR, man sei in konkreten Gesprächen mit dem Bund und wolle in Hamburg Erstaufnahmekapazitäten zur Verfügung stellen. In Hamburg lebt seit vielen Jahren eine große afghanische Gemeinschaft, sie gilt als die größte Europas.“ [10]
Immer mehr Stimmen hätten die Aufnahme weiterer Afghanen gefordert. Daraus leitete Kaiser die Frage ab, ob uns ein zweites Jahr 2015 erwarten werde.
Als nächstes verwies die Politikerin in ihrem Post auf einen Beitrag des Redaktionsnetzwerkes Deutschland (RND) vom 15.08.2021, in dem die zu hohen Kosten für die weitere Bereitstellung kostenloser Schnelltests thematisiert wurden. Sie stellte die Frage, weshalb man Flüchtlinge nicht heimatnahe in Sicherheit bringen könnte. Deutschland solle in dieser Situation keine falschen Signale senden.
Die Vorlesung geht weiter
Ab 10:02 Uhr folgte durch das Gericht die Verlesung aller von Kaiser verlinkten Artikel in der von ihr verlinkten Reihenfolge. Als erstes ging es um den Bericht der WELT von 17.08.2021 (siehe Zitate oben), dann um jenen des Hamburger Abendblatts vom 08.06.2021 (siehe ebenfalls oben).
In dem als zweites benannten Text wurde weiter ausgeführt, dass Einwanderung in Hamburg Tradition habe und dass allein in den vergangenen zehn Jahren ein Anstieg des Migrantenanteils um 7 % erfolgt sei. Dabei hätten auffällig viele jungen Einwohner einen Migrationshintergrund. Auf dem zweiten Platz unter allen außereuropäischen Migranten befänden sich die Afghanen.
Gruppenvergewaltigungen oft zum Zweck der Demütigung und Erniedrigung der Opfer[11]
Nun wurde der verlinkte Text der BILD-Zeitung verlesen. Neben den bereits zitierten Passagen hieß es unter anderem, dass nicht jeder, der nach Deutschland komme, das Land als Zufluchtsort sehen würde. Gruppenvergewaltigungen seien keine Ausnahme und das Grauenvollste, das einer Frau geschehen könne. Oft seien die Täter junge frustrierte Männer, die hierzulande keine Partnerin aus ihrem Kulturkreis finden würden.
Im nächsten Link habe Kaiser auf einen Beitrag des RND vom 16.08.2021 verwiesen[12]. Demnach seien tausende von Menschen auf der Flucht vor der Taliban gestrandet. Das Engagement der Internationalen Gemeinschaft sei nach fast zwanzig Jahren im Chaos zu Ende gekommen, während die Taliban nur eine Woche brauchen würde, um das ganze Land zu überrollen. Manchen Politikern würde nun dämmern, dass sie damals einen Fehler begangen hätten.
Das übliche Verfahren sei die Ablehnung von Anträgen der Opposition. Anschließend würde man diesen dann in Teilen selbst in Regierungsanträge einbringen. Das bisherige Vorgehen sei allerdings in Zeiten multipler Krisen so nicht mehr möglich. Auch sei die Lage damals vom Auswärtigen Amt falsch eingeschätzt worden. Heute wolle Laschet die Luftbrücke aus Afghanistan weiter ausweiten.
Die Verteidigung möchte das Bild vervollständigen
Um 10:30 Uhr endete die Verlesung der von Kaiser verlinkten Texte. Verwiesen wurde nun von Richter Halbfas auf eine kleine Anfrage der Bundesregierung. Daraus wolle er Auszüge und auch solche der Statistik verlesen wollen.
Rechtsanwalt Dr. Clemens gab nun an, selbst einige Verlesungen beantragen zu wollen., nämlich zunächst von Terre des Femmes einen allgemeinen Überblick über die „Frauen-Nicht-Rechte“ in Afghanistan, dann eine Beitrag aus der „Jungen Freiheit“.
Richter Halbfas wollte an sich zunächst Blatt 65 der Akte ab der „Vorbemerkung der Bundesregierung“ bis zu Blatt 68 verlesen, doch entschied man sich, zunächst den Text von „Terre des Femmes“ ab Blatt 241 der Alte zu verlesen. Dr. Clemens würde es an dieser Stelle ausreichend sein, falls Halbfas nur Blatt 246 I und III der Akte verlesen würde.
Eingeschränkte Frauenrechte in Afghanistan
Gemäß Blatt 243 der Akte gestalte sich die Situation der Frauen in Afghanistan so, dass sie in allen Lebensbereichen diskriminiert würden. Häusliche Gewalt, Zwangsheirat u. v. m. seien Terres des Femmes zufolge zur Konfliktlösung im ganzen Reich verbreitet. Frauen, die sich nicht gesellschaftlich konform zeigen würden, würde man bestrafen und z. T. getötet.
Nur in wenigen Bereichen wie im Gesundheitswesen hätten afghanische Frauen dem Artikel zufolge das Recht, sich beruflich zu betätigen. Aufstiegschancen in Entscheidungspositionen seien damit allerdings nicht verbunden.
In Afghanistan gäbe es zahlreiche Binnenvertriebene. Oft seien diese zu Kinderehen oder Zwangsheiraten gezwungen. Weit verbreitet im Land sei auch sexualisierte Gewalt. So hätten etwa 87 % aller Frauen Erfahrungen mit physischer, oft sexualisierter Gewalt. Benannt wurden auch hohe Zahlen ermordeter Frauen.
Unter der Taliban habe man die Frauenschutzhäuser geschlossen. Viele Männer, die wegen geschlechtsspezifischer Gewalt inhaftiert gewesen seien, seien von der Taliban entlassen worden, wodurch vorherige Opfer nun erst recht um ihr Leben fürchten müssten.
Vergewaltigungen in der Ehe würden selten benannt , geschweige denn angezeigt. Afghanischen Frauen werde nicht das Recht zugesprochen, selbst über sich zu bestimmen. Frauen, die dennoch den Schritt zu einer Anzeige gingen, würden sich selbst gefährden und riskieren, dass man sie anschließend töte. Dabei erschwere die Scharia die Verfolgung von Vergewaltigungsfällen.
Ehrenmorde geschähen oft ohne strafrechtliche Folgen
Weiter verlesen wurde nun Blatt 247 mit dem Titel „Gewalt im Namen der Ehre“. Demnach könne bereits der Verdacht vor- oder außerehelichen Geschlechtsverkehrs Grund für die Tötung einer afghanischen Frau sei. 15,4 % der jährlichen Ehrenmorde bezögen sich auf Frauen, die von zu Hause fliehen würden[13].
Bei zahlreichen Ehrenmorden gäbe es weder eine Strafverfolgung noch eine Ermittlung. Vielmehr beobachte an eine massive Zunahme von Angriffen auf Menschenrechtlerinnen.
Nun wurde ein Beitrag aus der „Jungen Freiheit“ verlesen. Hiernach sei immer wieder von Einzeltätern die Rede. 2021 habe es jedoch insgesamt 798 Gruppenvergewaltigungen in Deutschland gegeben, dies gemäß Zahlen laut kleiner Anfrage von Stefan Brandner von der AfD[14]. Der stärkste Zuwachs sei von 2014 auf 2015 erfolgt.
Wann liegt eine Gruppenvergewaltigung vor?
Wie würden „Gruppenvergewaltigungen“ definiert? Eine solche werde angenommen, wenn es mehr als einen Tatverdächtigen gäbe oder die Vergewaltigung überfallartig erfolge. Beispielhaft sei der Anstieg in Niedersachsen von 2021 auf 2022 von 81 auf 110, in Baden-Württemberg von 36 auf 51 erfolgt.
Über 50 % der Tatverdächtigen seien Ausländer. Dabei sei ein möglicher Migrationshintergrund deutscher Täter unberücksichtigt gewesen. Für die Jahre 2016 sowie 2018 bis 2022 sei jeweils die Mehrheit der ausländischen Tatverdächtigen aus Syrien oder Afghanistan gekommen[15].
Die geringste Zahl von Übergriffen habe im Saarland und in Thüringen gegeben. Bundesweit habe es die größte Zahl der Übergriffe gegenüber deutschen Frauen gegeben. Dabei seien 64 % aller Täter bereits vorher polizeilich in Erscheinung getreten.
Brandner zufolge bedeute es für die Opfer einer Gruppenvergewaltigung ein lebenslanges Trauma zu erleiden.
Zuzug von Flüchtlingen nach Deutschland dürfe man nicht verhindern
Richter Halbfas verlas nun als nächstes eines Artikel aus der taz vom 25.05.2022. Demnach seien Aufnahmeprogramme vorerst gestoppt. Es sei erforderlich, Sicherheitsinterviews einzuführen, da sich zahlreiche Islamisten unter den Flüchtlingen befinden würden.
Eine solche Gefährdung der Sicherheit könne man nicht hinnehmen. Das Dilemma sei aber, dass man es gleichzeitig nicht verhindern dürfte, dass Flüchtlinge überhaupt nach Deutschland kommen dürften.
Zum Zeitpunkt des taz-Artikels sei einer Ausreise aus Afghanistan nicht möglich gewesen. Wer aber zurückreise, für den drohe eine besonders hohe Gefahr für Leib und Leben durch die Taliban.
An dieser Stelle bestätigte Richter Halbfas um 10:55 Uhr, dass in den verlinkten und von ihm verlesenen Artikeln Zahlen benannt worden seien.
Bildzeitung beklagt fehlende öffentliche Diskussion
Rechtsanwalt Dr. Clemens verwies nun auf den Schriftsatz vom 14.04.2023[16] und bat darum, daraus vorzulesen. Blatt 66 der Akte erhielt an dieser Stelle einen Artikel aus der BILD mit dem Titel „Was jetzt passieren muss“.
Der Anteil der Afghanen an Gruppenvergewaltigungen sei dreimal höher als deren Anteil an der Gesamtbevölkerung. Die steigende Zahl dieser Taten habe eine deutschlandweite Diskussion ausgelöst. Dabei wurde beklagt, dass die Debatte sehr lange unterdrückt worden sei und Kritiker oft als Rassisten und Rechtsextreme diffamiert worden seien.
Vorladung von Nancy Faeser als Zeugin beantragt
Rechtsanwalt Dr. Clemens stellte nun einen Beweisantrag zur Vernehmung sowohl der Bundesinnenministerin Nancy Faeser wie auch von Peter Thiede. Faeser sei auf der Bundespressekonferenz vom 09.04.2024 von Thiede befragt worden. Demnach habe es gemäß polizeilicher Kriminalstatistik einen signifikanten Anstiege der Kriminalität durch Migration gegeben. Genau daher habe Faeser auch die entsprechenden Maßnahmen veranlasst. In dem Video würde man sehen, dass auf zwei entsprechende Fragen, zweimal mit „ja“ geantwortet würde[17].
Kaiser habe, so Rechtsanwalt Dr. Clemens, nur eine mittlerweile von der Bundesregierung anerkannte Tatsache thematisiert. Es sei damit bewiesen, dass sie nur den Sachverhalt an die Öffentlichkeit bringen wollte, den Faeser nun selbst zugegeben habe.
Durch das reine Anschauen des Videos der damaligen Bundespressekonferenz könne man möglicherweise auf eine Zeugenbefragung verzichten. Dies sei ausdrücklich kein Schauantrag, sondern in der Sache wichtig.
Kaiser Urheberin der fraglichen Screenshots?
Nun übernahm wieder Richter Halbfas das Szepter. Es gehe nun um Blatt 15 und 16 der Akte. Diese enthalte zwei Screenshots. Halbfas bat nun Frau Kaiser und die anderen Verfahrensbeteiligten zu sich nach vorne, um die benannten Screenshots anzusehen.
Auf Nachfrage bestätigte Kaiser, dass dies ihr Facebookprofil sei, das aber ihre Seite, nicht jedoch das Profil. Kaiser erklärte Richter und Staatsanwältin an dieser Stelle die Unterschiede zwischen „Freunden“ auf der einen und „Followern“ auf deren anderen Seite.
Die Staatsanwältin fühlte sich an dieser Stelle zu einer Stellungnahme gezwungen. Ihrer Meinung nach hätten die vorgetragenen Texte nichts mit dem Verfahren zu tun. Der Bericht vom April 2024 stehe ihrer Meinung nach in keinem Zusammenhang mit dem Originalpost.
Sprave vermutet politische Botschaften für Publikum und Prozessbeteiligte
Vielmehr stelle sich, so Oberstaatsanwältin Dr. Sprave, die Frage, ob Kaiser und ihre Anwalt durch die Verlesung gegebenenfalls politische Botschaften beibringen wollten.
Es stellt sich an dieser Stelle die Frage, welche Personen nach Spraves Meinung Empfänger der mutmaßlich zu transportierenden politischen Botschaften sein sollten. Verteidigung und wohl auch alle, zumindest aber die meisten, Zuschauer standen bereits zu Beginn der Verhandlung auf Kaisers Seite. Insofern dürften höchstens Richter, Schöffen, Staatsanwältin sowie die anwesenden Pressevertreter Zielgruppe gewesen sein, wobei eine maßgebliche Außenwirkung allein von den Journalisten zu erwarten sein dürfte.
Auf Spraves Einwand entgegnete Dr. Clemens als Verteidiger, die Texte würden belegen, dass Kaisers damalige Gefahrenprognose berechtigt gewesen sei. Also habe Kaiser damals vor einer drohenden Fehlentwicklung gewarnt und habe gerade nicht einfach nur Stimmung gemacht.
Um 11:10 Uhr entschied Richter Halbfas, eine 45minütige Unterbrechung zu machen.
Die Pause wurde genutzt, um Dr. Sprave auf den Bericht im „Volksverpetzer“ [18] (siehe Zitat in folgendem Artikel: https://critical-news.de/berufungsverhandlung_kaiser_2024/) hinzuweisen. Läge hier gegebenenfalls eine Volksverhetzung durch den Autor des Artikels vor. Sprave verwies auf den Schriftweg, wollte sich den Text trotz des unmittelbaren Bezugs zur Anklage, ausdrücklich nicht an dieser Stelle ansehen.
Beim Verlassen des Raumes kam es zu der im letzten Teil geschilderten Begegnung mit Klingbeil, der sich dagegen verwehrte, „O‑Töne“ mitzuschneiden (siehe hier). Auch erfolgte ein Interview mit Herrn Dipl. Ing. Maik Julitz, dem AfD-Kreisvorsitzenden aus Stade.
Keine Anhörung der Bundesinnenministerin
Um 12:11 Uhr hatten sich neben den Eltern der Angeklagten wieder 10 Zuschauer im Gerichtssaal versammelt, bevor der vorsitzende Richter mit seinen beiden Schöffinnen schließlich um 12:30 Uhr in den Raum zurückkehrte.
Der Beweisantrag zur Vernehmung von Faeser und Thiede werden nach § 244 StPO abgelehnt, da die Tatsache, die bewiesen werden sollte, für die Entscheidung ohne Bedeutung sei. Es sei an dieser Stelle allein über den Post vom 17.08.2021 zu entscheiden. Daher sei es egal, ob der Beitrag eine politische Debatte auslösen sollte und ob die Fakten von Kaiser korrekt wiedergegeben worden seien.
Eine Erweiterung des Rechts auf Meinungsfreiheit sein dadurch ohne Befürchtung strafrechtlicher Konsequenzen nicht möglich.
Nun meldete sich erneut Rechtsanwalt Dr. Clemens zu Wort. Er verwies darauf, dass auch das Video Teil seines Beweisantrages gewesen sei. Gemeinsam solle man sich die Minuten 28 bis 33 ansehen. Richter Halbfas verstehe, was die Verteidigung wolle, nämlich, dass eine empirische Grundlage für die Äußerungen von Kaiser bestanden habe.
Erstmals meldete sich nun auch Rechtsanwalt Dr. Weiland zu Wort. An der Bundespresskonferenz sehe man, wie Sprache im politischen Kontext genutzt werde. Sprache müsse immer mit allgemeinen Begriffen arbeiten und sei daher immer eine Verallgemeinerung.
Auslegung von Faeser und Kaiser müsse die gleichen Maßstäbe setzen
Faeser spreche etwas von Migration und meine damit natürlich nicht alle Migranten. Kaiser meinte natürlich auch nicht alle Afghanen. Aus dem Kontext würde sich erschließen, dass Kaiser nur jene Migranten gemeint habe, die kriminell seien.
Halbfas begehrte nun zu wissen, was das Video beweisen solle. Dr. Clemens hierzu: aus Rechtskommentierungen lese er es deutlich anders als vom Gericht vorgetragen worden sei, nämlich, dass das Recht auf Meinungsfreiheit bei politischen Debatten erweitert werde. Nun wieder der Richter: Dr. Clemens habe die Zeugen Faeser und Thiede bereits wörtlich zitiert.
Erneut meldete sich Dr. Weiland zu Wort. Seine Mandantin hätte damals gesagt „Migration habe Deutschland unsicherer gemacht“. Genau das habe nun Faeser auch gesagt. Sprache funktioniere so, dass man etwas aus dem Kontext verstehen müsse.
Auch die Bundespressekonferenz würde sicher von „Afghanen“ sprechen und nicht individuelle Afghanen benennen.
Rechtsanwalt Dr. Clemens stellte nun einen Beweisantrag, die Minuten 28:48 bis 33:20 der oben benannten Bundespressekonferenz anzusehen. Auf Nachfrage wurde bestätigt, dass dies für heute der letzte Beweisantrag sei.
Oberstaatsanwältin Dr. Sprave verkündete, dass sie sich auf ihre ursprüngliche Stellungnahme zurückziehen würde. Weiter führte sie aus: „Wir reden von einem Vorfall vor etwa drei Jahren.“ Es gäbe dabei genug Anknüpfungstatsachen für eine Bewertung.
Um 12:42 Uhr beschloss der vorsitzende Richter:
„Wir treffen uns um Viertel nach Eins wieder.“
In der Verhandlungspause kam es unter anderem zu einem Gespräch mit Rechtsanwalt Dr. Clemens. Dieser habe bereits zu diesem Zeitpunkt mit einem vorgefassten Urteil gerechnet.
Opas gegen links
Vor dem Gericht posierten anschließend zusammen auch mit der Angeklagten einige der Zuschauer als „Opas gegen links“, also direkt als politischer Spiegel gegen die zuvor vor dem Gericht befindlichen „Omas gegen rechts“.
Um 13:15 Uhr saßen neben den Eltern der Angeklagten 11 weitere Personen im Raum, bevor der vorsitzende Richter mit seinen Schöffinnen erneut ins Gericht kamen.
Nun wurde das Video von der Bundespressekonferenz eingespielt und bis zur Minute 33:07 abgespielt. In dem Mitschnitt stellte Thiede von der BILD-Zeitung Fragen an Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Eine hohe Migrationsdynamik führe zu einem Nachlassen der Integration. Dadurch steige die beobachtete Kriminalität. Eine unkontrollierte illegale Immigration erfolge oft über Schlepper-Mafiaorganisationen. Würden die Belastungsgrenzen überschritten, so Holger Münch vom Bundeskriminalamt, so habe das auch weitere Effekte.
Zu den Personalien der Angeklagten
Nach dem Abspielen des Filmmaterials stellte Richter Halbfas ab 13:25 Uhr Fragen zu den persönlichen Verhältnissen von Kaiser. Diese gab unter anderem an, dass sie Abitur und einen Bachelor-Abschluss habe und gab Informationen zu ihren familiären Verhältnissen.
Wo sie arbeite? Sie arbeite als Bürosachbearbeiterin / Sekretärin bei einem Abgeordneten im Deutschen Bundestag. Wer das sei? Kaiser wollte nun wissen, ob die Auskunft hierauf freiwillig sei. Das sei der Fall. Die Frage blieb in der Folge unbeantwortet.
Was Kaiser verdiene. Dazu habe sie sich bislang nicht geäußert. Bleibe das so? Kaiser: ja.
Weiter berichtete die Angeklagte von ihrem Zweitwohnsitz, für den sie auch Miete zahlen müsse.
Richter Halbfas verwies an dieser Stelle auf den Bundeszentralregisterauszug vom 30.01.2022, der keine Eintragungen bei Kaiser enthalte. Außerdem führte er aus, dass es zu keiner Verständigung nach § 257 c StPO zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten gekommen sei.
Rechtsanwalt Dr. Clemens fasste nun die Ergebnisse der bisherigen Beweiserhebung zurück, wobei er besonders die Inhalte des Artikels von Mansour aus der BILD-Zeitung betonte. Demnach sei die Debatte sehr lange unterdrückt worden. Das sei 2024 ausgesprochen worden. Er sei jedoch über das Unverständnis der Staatsanwaltschaft und des Gerichts verwundert. Die Unterdrückung sei der Grund für das Erstellen des Posts gewesen.
Die Äußerungen von Tschentscher in Hamburg sowie der Zusammenbruch des Stützpunkts in Afghanistan seien entscheidend für Kaisers Post gewesen. Damals sei die Debatte von Tschentscher und anderen sehr einseitig erfolgt; man hätte die mit der Entscheidung verbundenen Konsequenzen nicht thematisiert.
Weitergehende Meinungsrechte bei politischer Diskussion
Frau Kaiser habe eine unterdrückte Debatte ausgelöst. Genau das sei im Kommentar der BILD-Zeitung thematisiert werden. Wenn etwas einen öffentlichen Gegenstand berühre, dann habe man weitere Rechte.
Dr. Clemens sei über das erstinstanzliche Urteil sehr erstaunt gewesen. Gericht und Staatsanwaltschaft stützen sich bei ihrer Bewertung des Posts allein auf die von Kaiser darin gestellte Frage. Heute habe man sich allerdings auch die anderen Inhalte des Postings angesehen.
Aus diesem Grunde sei es wichtig gewesen, das gesamt Urteil zu verlesen. So wäre damals etwa die Schöffen nicht am Verfahren beteiligt gewesen.
Das Posting sei nur der Inhalt gewesen. Die Zitate entstammten alle Mainstreammedien, seien also nicht aus Russland oder verschwörungsideologischen Kreisen.
Es sei klar, dass es keine Willkommenskultur für Autorreifen oder Golfschläger geben könnte. Zu politischen Zwecken erlaube es Sprache allerdings auch, solche Aussagen zu finden.
Der § 130 StPO diene historisch dazu, die politische Opposition mundtot zu machen[19]. Das Gesetz beziehe sich nicht auf eine Personengruppe, sondern auf einen Sachverhalt, der angeprangert werde. Falls das Gericht die Auslegung des § 130 StPO anders sehe, komme neben Artikel 5 des Grundgesetzes auch Artikel 21 Grundgesetz hinzu:
„Art 21
(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.
(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.
(3) Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien.
(4) Über die Frage der Verfassungswidrigkeit nach Absatz 2 sowie über den Ausschluss von staatlicher Finanzierung nach Absatz 3 entscheidet das Bundesverfassungsgericht.
(5) Das Nähere regeln Bundesgesetze.“
Dem Artikel 21 zufolge hätten die Partei das Recht und die Pflicht an der politischen Willensbildung teilzunehmen. Dies habe in der Vergangenheit bereits zum Verbot von Parteien geführt, die ihre Pflicht nicht erfüllt hätten. Die AfD werde von ARD und ZDF nicht eingeladen[20], so dass hier nach Artikel 21 in die Rechte der Partei eingreifen würde.
An dieser Stelle sei hierzu beispielhaft auf Ausführungen der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages verwiesen (die im Original enthaltenen Fußnoten sind der Quellenangabe zu entnehmen):
„Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts zum Parteiverbotsantrag gegen die „Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP)“ zeigt die Begriffsbestimmung in § 2 Abs. 2 S. 1 PartG, dass mit Gründung einer Partei eine ständige Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes beabsichtigt sein muss. Dieses Ziel müsse mit fortschreitender Dauer des Bestehens der politischen Vereinigung anhand objektiver Kriterien bestätigt werden. Dies wurde für die FAP trotz der formalen Untergliederung in einen Bundesvorstand und zahlreiche Landes- und Kreisverbände aufgrund der nur geringen Anzahl der Mitglieder verneint. Die geringe Mitgliederzahl und die dadurch bedingte mangelnde Organisationsdichte hätten dazu geführt, dass die FAP zu einer kontinuierlichen und effektiven Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes außerstande gewesen sei. Dies zeige sich auch an der nur gelegentlichen und schließlich eingestellten Beteiligung an Wahlen.Zudem blieb die Wahlbeteiligung erfolglos (0,00 bis 0,07 v. H. der gültigen Stimmen), sodass die Zielsetzungen der Vereinigung nicht als Ausdruck eines ernsthaften, im Volk verbreiteten politischen Willens anzusehen seien.“[21]
Gleiches Recht auch für indigene Deutsche?
Zurück zur Hauptverhandlung am Landgericht Verden. Es ginge bei Kaisers Post nicht um Hetze gegen Ausländer, sondern um zutreffende Tatsachenbehauptungen. Dr. Clemens zufolge habe es viele Urteile gegen Ausländer gegeben, die jeweils vom BGH aufgehoben worden seien. Gemeinsam hätten diese, dass diese Personengruppe wiederholt wegen ihrer Herkunft milder als ein indigener Deutscher beurteilt worden sei.
Dr. Clemens zitierte an dieser Stelle ein Ehrenmord-Urteil und verwies auf die zuvor verlesenen Ausführungen von Terre des Femmes, da hier ähnliches beschrieben worden sei.
An dieser Stelle sei auf eine Analyse von Julia Kasselt und Dietrich Oberwittler verwiesen:
„Auch die Problematik der strafrechtlichen Ahndung der Ehrenmorde steht im Fokus der öffentlichen Debatte. So löste die Äußerung Hassemers, bei der Bestrafung von Ehrenmördern müsse auch die Sozialisation der Täter berücksichtigt und demgemäß sollten auch Strafmilderungen in Betracht gezogen werden (Hassemer im Interview mit Darnstädt und Stoldt, 13.05.2009), bei Frauenrechtsorganisationen und auf Regierungsebene Entrüstung aus.
Hassemers Kritiker argumentierten, Strafmilderungen für Ehrenmörder würden der Entstehung von »Parallelgesellschaften« Vorschub leisten und die Präventionsbemühungen von Menschenrechtsorganisationen hinsichtlich solcher Taten konterkarieren.“[22]
Dr. Clemens benannte nun als zweites Beispiel ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahre 2019 (BGH 5 StR 222/19 – Urteil vom 25. September 2019 (LG Berlin)). Hier ein Zitat aus dem benannten Urteil:
„Als der Angeklagte seine Tochter in dem Laden abermals wegen ihres von ihm gewähnten Fremdgehens zur Rede stellte, beschimpfte sie ihren Vater möglicherweise unter anderem mit den Worten: „Ich scheiß‘ dir in den Mund“; möglicherweise wähnte der Angeklagte auch nur, eine derartige Äußerung zu hören. Er war erbost über diese Herabwürdigung und beschloss spätestens jetzt, seine Tochter zu töten, um die durch deren gewähntes Fremdgehen verletzte Ehre seiner Familie wiederherzustellen. Der Angeklagte zog das Messer und griff damit seine Tochter an, die infolgedessen eine quer über den vorderen Hals verlaufende Schnittverletzung erlitt. Die Geschädigte verließ laut um Hilfe rufend das Geschäft und bewegte sich rückwärtslaufend auf die gegenüberliegende Seite der Ladenpassage, wobei sie von dem Angeklagten verfolgt wurde. In Tötungsabsicht stach er mehrfach mit dem Messer in Richtung ihres Bauches und traf sie mit einem Stich. Passanten gelang es, den Angeklagten zu entwaffnen und festzuhalten. Während eine Zeugin versuchte, die heftige Blutung der Geschädigten aus der Bauchwunde zu stillen, beschimpfte der Angeklagte seine Tochter lautstark in türkischer Sprache als „Hure“ und „Schlampe“.“[23]
Die Beurteilung von Straftaten sei an den Maßstäben der hiesigen Rechtsgemeinschaft zu messen. Dies sei vom Landgericht Berlin zunächst nicht korrekt berücksichtigt worden. Der erste Leitsatz des BGH zu diesem Urteil lautet daher wie folgt:
„Im Rahmen der Prüfung eines niedrigen Beweggrundes im Sinne des § 211 StGB ist das in Rede stehende Tötungsmotiv an den Maßstäben der hiesigen Rechtsgemeinschaft zu messen. Unter diesen Voraussetzungen ist die Tötung zur „Wiederherstellung der Familienehre“ (hier aufgrund eines lediglich eingebildeten „Fremdgehens“ der verheirateten Tochter) regelmäßig objektiv als niedrig anzusehen.“ [24]
Aktuelle Entwicklungen würden als Bedrohung wahrgenommen
Es sei Dr. Clemens schleierhaft, wie man es interpretieren könne, dass Frau Kaiser eine zielgerichtete Beleidigung machen wollte. Mit mindestens genauso guter Berechtigung ginge es um die Darlegung eines Sachverhalts, der von der deutschen Bevölkerung als Bedrohung wahrgenommen werde.
Kulturelle Unterschiede von Personengruppen müsse man auch ansprechen dürfen, da Ausländer sonst sakrosankt seien.
Frau Kaiser habe erkennbar eine heute geführte öffentliche Debatte angestoßen, die heute geführt werde. Sie hätte auch sagen können, dass durch den Zuzug von afghanischen Flüchtlingen das Risiko von Gruppenvergewaltigungen ansteigen werde. Dr. Clemens glaubte aber nicht, dass er die Staatsanwältin überzeugen werden könne.
Richter Halbfas nun an Rechtsanwalt Weiland, ob dieser etwas sagen wolle. Nein, er wolle nichts sagen.
Das Schlussplädoyer der Staatsanwaltschaft
Nun ergriff wieder die Oberstaatsanwältin das Wort. Die Auslegung habe im Kontext des noch Gesagten zu erfolgen. Der Satz „Willkommenskultur für Gruppenvergewaltigungen“ habe sich die auf 200 Geretteten aus Afghanistan bezogen. Es handele sich also um eine national abgrenzbare Gruppe als Teil der Bevölkerung. Dies könne man nur als Anstachelung zu Hass und Verletzung der Menschenwürde ansehen. Die Auslegung mache deutlich, dass alle diese Personen damit gemeint seien, gegebenenfalls sogar alle Afghanen.
Die Angeklagte habe darauf verwiesen, dass das Amtsgericht ihre Aussagen aus dem Kontext gezogen habe. Tatsächlich habe genau dies die Angeklagte selbst gemacht. Sie habe sich nur jene Zitate ausgesucht, die ihren Aufruf zum Hass verstärkt hätten.
In ihrem Post, so Dr. Sprave, gehe es um den besonders furchtbaren Vorwurf der Gruppenvergewaltigung. Nichts anderes könne Kaisers Post bedeuten. Natürlich stachele dies zum Hass an und greife die Menschenwürde der gemeinten Personen an.
Wie die Verteidigung es getan habe, hätte Kaiser auch das gewollt Gesagte schreiben können. Dies sei nicht geschehen Das Video von Faeser sei hingegen eine sachliche klare Darstellung des Sachverhalts gewesen.
Zum Glück der Angeklagten sei hier nur Absatz 1 des § 130 StPO einschlägig. Die Eignung der Gefährdung des öffentlichen Friedens sei hier sichtbar. Ein empfangsbereites Publikum nehme das natürlich auf. Wie sowas auf fruchtbaren Boden falle, zeigten die Anschläge auf Politiker des vergangene Wochenendes, darunter auch auf einen Politiker der Partei.
Von Dr. Sprave gemeint waren folgende Ereignisse:
- Angriff auf den sächsischen SPD-Politiker Matthias Ecke (41), der in Folge des Anschlags schwer verletzt worden sei und stationär behandelt werden musste[25]. Der 17-jährige Täter Quentin J. habe sich selbst der Polizei gestellt. Das Motiv sei bislang unbekannt[26]. Der Leipziger Volkszeitung zufolge habe die Polizei angegeben, dass es Hinweise auf eine rechtsextreme Gesinnung des Täters geben würde[27]. Der Berliner Zeitung zufolge bestehe „kein direkter Zusammenhang zwischen dem Ecke-Angriff und der AfD“[28].
- Angriff auf die Berliner SPD-Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (46) in Berlin, bei der diese leicht verletzt worden sei[29]. Der Täter sei ein 74jähriger Mann, der bereits in der Vergangenheit polizeilich aufgefallen sei und „möglicherweise psychisch krank“[30] sei.
- Angriff von Vermummten auf den AfD-Landtagsabgeordneten Holger Kühnlenz (63) in Nordhorn. Zunächst sei dieser mit Eiern beworfen und anschließend leicht verletzt worden[31], [32].
Der Staatsanwältin zufolge müsse die Verurteilung gegen Kaiser daher bestehen bleiben. Mildernd sei, dass sie keine Vorstrafen habe. Strafschärfend seien ihre Reichweite und Vorbildfunktion. Sie sei absichtlich vom zulässig Sagbarem abgewichen. Ein solcher Missbrauch würde dazu führen, dass sämtliche Grenzen des Sagbaren fallen würden. Es mache Dr. Sprave Bauchschmerzen, dass Kaiser einräumte, dass sie erneut so handeln würde. Rechtsanwalt Dr. Clemens selbst habe darauf verwiesen, dass Kaiser die Pflicht gehabt habe, sich so auszudrücken, dass man sie nicht missverstehen könnte.
Bei ihren Ausführungen wirkte die Oberstaatsanwältin so, als ob sie sehr von ihren Ausführungen überzeugt gewesen sei. Eine wirkliche inhaltliche Auseinandersetzung mit den Ausführungen der Verteidigung war dem Schlussplädoyer von Sprave nicht ersichtlich.
Die Angeklagte appelliert an den Rechtsstaat
Nun erhob Kaiser als Angeklagte das Wort für ihr Schlussplädoyer. Die Unterstellungen der Staatsanwältin ihr gegenüber empfinde sie als bösartig. Sie habe viele Freunde mit Migrationshintergrund.
Sie habe viele Freunde, die angegriffen würden. An dieser Stelle gab es ein lautes Klatschen aus den Reihen des Publikums. Als Opposition, so Kaiser, habe man kaum ein Gehör in den öffentlich-rechtlichen Medien. Die AfD habe sich aber Reichweite in den sozialen Medien verschafft. Sollte das Urteil bestätigt werden, würde sie ihr Vertrauen in den Rechtsstaat endgültig verlieren. Es erfolgte ein erneutes lautes Klatschen aus den Reihen des Publikums.
Es war nun 14:02 Uhr, also Richter Halbfas die Hauptverhandlung bis um 16:00 Uhr unterbrach. Während der Sitzungspause berichteten einige Zeugen, dass der Richter auf seinem E‑Roller und die Schöffen zu Fuß in der Nähe des mexikanischen Restaurants „Bodega“ in Verden vorbeigekommen seien. Zuvor seien sie zusammen beim Bäcker gewesen, hätten sich also nicht, wie bei Gericht angegeben, direkt für eine Beratung zurückgezogen.
Umfassende inhaltliche Auseinandersetzungen mit inhaltlichen Argumenten der Verteidigung
Berücksichtigt man, dass Richter und Schöffen sich – soweit ersichtlich – nicht unverzüglich mit den Argumenten der Verteidigung auseinandersetzen konnten, durch die Fahrt bzw. das Laufen zu einem anderen Ort zudem weitere Zeit verloren, so verblieb nur eine reduzierte Zeit, um sich sowohl inhaltlich mit allen vorgetragenen Argumenten auseinanderzusetzen als auch das Urteil für den mündlichen Vortrag zu verfassen. Vor diesem Hintergrund äußerten verschiedene Prozessbeobachter die Vermutung, dass das Urteil bereits vor der Hauptverhandlung vorbereitet gewesen sei.
Der vorsitzende Richter verkündet das Urteil
Um 16:00 Uhr ging es mit der Hauptverhandlung pünktlich weiter. Der vorsitzende Richter Halbfas verkündete, dass die Kosten des Berufungsverfahrens sowie die notwendigen Auslagen von der Angeklagten zu zahlen seien. Ihre Berufung werde verworfen.
Inhalt und Datum des angeklagten Postings seien klar. Mit der Abfassung desselben habe sich Frau Kaiser der Volksverhetzung schuldig gemacht.
Zunächst sei eine Auslegung erforderlich gewesen. Kaiser habe mit ihrem Post mehrere Dinge angesprochen:
- Der Anteil der Migrationsbevölkerung in Hamburg sei zu noch
- Des werde die Einreise weiterer Flüchtlinge erwartet
- Dies werde viel Geld kosten
- Dabei habe Kaiser einen Zusammenhang zur Begehung von Sexualstraftaten hergestellt
Einzeln würde keiner dieser Punkte als Volksverhetzung ausgelegt werden können. Es komme jedoch auf den Gesamtkontext an. Das beherrschende Thema von Kaisers Post sei der Hashtag „Willkommenskultur für Gruppenvergewaltigungen“ gewesen. Dabei würden Frauen und Mädchen kulturfremden Gruppen als erstes zum Opfer fallen. Dann habe sie den Fokus auf die Gruppe der Afghanen gerichtet.
Aufgrund der von Kaiser selbst ausgeführten Begründung läge in diesem Fall keine rhetorische Frage vor. Vielmehr habe sich ihr Post auf eine unbestimmte Personenmenge bezogen.
Unter den afghanischen Flüchtlingen befänden sich auch solche, die Massenvergewaltigungen begehen würden und dies in einem gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil überproportional hohen Anteil. Der vorsitzende Richter und die Schöffen verstünden es aber so, dass Frauen und Mädchen diesen afghanischen Flüchtlingen zuerst zum Opfer fallen würden.
Landgericht Verden inhaltlich auf Linie mit dem Amtsgericht Rotenburg
§ 130 StPO führe für das Gericht zu der gleichen Subjunktion wie es das Amtsgericht Rotenburg angenommen hatte. Die Ziffern 1 a) und 1 c) seien jeweils verwirklicht gewesen.
Die von Kaiser thematisierten Afghanen seien eine ohne weiteres abgrenzbare Gruppe gewesen. Die Angeklagte habe damit zum Hass aufgestachelt. Das Bild in den Köpfen der Adressaten würde Hass auf diese Menschen bewirken. Dies sei Halbfas zufolge Kaisers Absicht gewesen. Auch habe sie einen Angriff auf die Menschenwürde der angesprochenen Personen begangen.
Es ginge in Kaisers Post nicht nur um einzelne Menschen als solche, sondern um ganze Gruppen, die über Frauen und Mädchen herfallen würden. Mit solchen Menschen wolle man nicht leben. Nach Ansicht des Gerichts habe Kaiser vorsätzlich gehandelt. Ein Angriff auf die Menschenwürde sei nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt.
Positiv zu bewerten sei, dass Kaiser keine Vorstrafen habe und das äußere Tatgeschehen eingeräumt habe. Auch läge die verhandelte Tatsache schon drei Jahre zurück.
Negativ zu bewerten sei, dass eines ihrer Ziele eine positive politische Gestaltung des Wahlkampfes gewesen sei und sie daher die Diffamierung von Menschen als Mittel zum Zweck eingesetzt habe.
Auch die zweite Instanz sei sich daher einig, dass Kaiser zu 100 Tagessätzen zu 60 Euro verurteilt werden solle.
Zugrunde gelegt worden sei ein geschätztes Nettoeinkommen von etwa 1.800 Euro im Monat. Dem Gericht zufolge dürfte dies einigermaßen zu erwarten sein.
Eine Berücksichtigung etwaiger Verbindlichkeiten könne das Gericht nicht berücksichtigen, da diesem keine solchen bekannt seien.
Eine Revision gegen das Urteil sei innerhalb einer Woche möglich.
Um 16:12 Uhr schloss der vorsitzende Richter die Verhandlung.
Beobachtungen am Rande
Aufmerksame Beobachter vermerkten, dass das Gericht sein Urteil nicht „Im Namen des Volkes“ gesprochen habe. Zumindest habe sich keiner der Anwesenden daran erinnern können, dass Halbfas diese Formulierung gebraucht habe.
Der Vortrag von Halbfas ließ nicht erkennen, dass er Inhalte der Verteidigung zumindest teilweise in seine Bewertung der Rechtslage oder das Urteil hat einfließen lassen.
Anmerkung zur Höhe der Geldstrafe
Eine Bestrafung von Kaiser mit über 90 Tagessätzen bedeutet nach § 32 Abs. 2 Nr. 5 des Bundeszentralregistergesetzes (BZRG) einen Eintrag ins polizeiliche Führungszeugnis, was im allgemeinen Sprachgebrauch mit „vorbestraft“ gleichgesetzt wird. An dieser Stelle gibt es die Parallele zu dem jüngsten Urteil gegen Björn Höcke als Vorsitzender der Fraktion der AfD im Thüringer Landtag. Dieser wurde vor dem Landgericht Mühlhausen in einem noch nicht rechtskräftigen Urteil vom 14.05.2024 zu 100 Tagessätzen zu 130 Euro verurteilt[33]. Auch Höcke wurde in einem medial höchst umstrittenen Urteil[34] Volksverhetzung vorgeworfen.
Die Angeklagte zum Urteil aus ihrer Sicht
Nach der Verkündung des Urteils gab Marie-Thérèse Kaiser Critical News ein Urteil zu ihrer Sichtweise zum Ausgang des Verfahrens:
„Also das Urteil wurde ja nun so bestätigt, wie es auch vom Amtsgericht Rotenburg schon getroffen wurde, das heißt 100 Tagessätze à 60 Euro, und ab 90 Tagessätzen hat man eben auch die Vorstrafe im Führungszeugnis. Ich halte dieses Urteil nach wie vor für nicht gerechtfertigt – im Gegenteil, ich halte es für eine absolute Frechheit, welche Täter-Opfer-Umkehr hier getrieben wird, denn letztendlich habe ich die Statistiken benannt. Ich habe die Realität benannt. Ich habe auf die Fakten hingewiesen und eine Debatte damit angestoßen.
Und nun werde ich verurteilt, obwohl die Gruppenvergewaltiger gleichzeitig draußen rumlaufen und verhältnismäßig milde Strafen erhalten. Also, es ist ein absolutes Unding, was hier passiert, und natürlich habe ich Berufung eingelegt, weil ich ja die Hoffnung hatte, dass hier der Rechtsstaat vielleicht doch noch funktioniert und das Ganze dann gekippt wird, aber das ist eben nicht passiert. Ich werde den Rechtsweg weiter bestreiten. Ich werde Revision einlegen und dann schauen wir mal.
Also meine Hoffnung in den Rechtsstaat ist ziemlich erschöpft – das muss ich dazu sagen; aber natürlich ist mein Vertrauen in die Sache immer noch groß. Also, ich bin immer noch davon überzeugt, dass, das, was ich gesagt habe, eben nicht strafbar sein darf, und dass man Fakten weiterhin nennen müssen können darf.“
Das vollständige Interview mit Frau Kaiser finden Sie unter https://t.me/critical_news_de/7099.
Nachgang: Das Urteil aus Sicht der Verteidigung
Rechtsanwalt Dr. Björn Clemens äußerte sich im Nachgang zum Verfahren hierzu wie folgt:
„Am 06. Mai 2024 hat das Landgericht Verden an der Aller ein Urteil der ersten Instanz gegen die Internetaktivistin und AfD-Politikerin Marie-Thérèse Kaiser wegen Volksverhetzung bestätigt. Was war passiert?
Frau Kaiser war im Jahr 2021 Direktkandidatin ihrer Partei für die Bundestagswahl und hat in dieser Funktion eine Äußerung des damaligen Hamburger Bürgermeisters Peter Tschentscher aufgegriffen. Tschentscher wiederum hatte die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan, die sich innerhalb von wenigen Tagen vollzogen hatte, zum Anlass genommen, zu fordern, dass von den dortigen so genannten »Ortskräften«, die auch bei der Bundeswehr angestellt waren, schnell und unbürokratisch 200 in Deutschland aufgenommen würden, und weil Frau Kaiser ahnte oder wusste, was für uns schnell und unbürokratisch heißt, dass daraus nämlich leicht dauerhaft und Massenzuzug werden könne, hat sie den Vorgang hinterfragt und hat vor allen Dingen die Gefahr problematisiert, dass aus dieser Volksgruppe der Afghanen oder dass bei dieser Volksgruppe der Afghanen ein überproportional hoher Anteil an sexuellen Gewalttaten festzustellen sei. Dafür hat Frau Kaiser auf amtliche Statistiken und auf Berichte aus der Mainstreampresse usw. zurückgegriffen, hat das also sehr differenziert dargestellt, hat allerdings ihren Post, der auf verschiedenen sozialen Netzwerken verbreitet wurde, unter die Überschrift gestellt »Willkommenskultur für Gruppenvergewaltigen?«. Dafür hat ihr das Amtsgericht Rotenburg an der Wümme in der ersten Instanz eine Strafe von 100 Tagessätzen auferlegt, und nach dem Berufungsurteil bleibt es auch dabei.
Die Gerichte gingen nämlich davon aus, dass Frau Kaiser mit ihrem Posting nicht etwas eine Debatte führen will, sondern dass sie pauschal allen Geflüchteten aus Afghanistan unterstellen würde, dass diese per se dazu neigen, sich an Gruppenvergewaltigungen zu beteiligen.
Für meine Begriffe ist das eine sehr weit hergeholte Interpretation. Da wird eine Äußerung nicht ausgelegt, sondern es wird etwas in sie hineingelegt, und mit dieser Interpretation kamen die Gerichte zu dem Ergebnis, dass die Flüchtlinge verächtlich gemacht werden und zum Hass gegen sie aufgestachelt werden sollte, und dass ihnen auch ihre Menschenwürde abgesprochen worden wäre.
Ich halte das für ein Fehlurteil und dementsprechend haben wir auch gegen das Urteil Revision eingelegt. Frau Kaiser hat hier Niemandem etwas pauschal unterstellt. Sie hat auf eine Gefahr hingewiesen und das muss in Deutschland vom Recht der freien Meinungsäußerung umfasst sein.
Nun ist diese Vorschrift, der § 130 Strafgesetzbuch schon sehr alt. Er steht seit Beginn, also seit 1871, im Strafgesetzbuch. Damals richtete er sich gegen die so genannte »Aufreizung zum Klassenkampf«. Er ist mehrfach verändert worden, hat auch einige durchaus legitime Unterabschnitte, aber im großen und ganzen ist er der Paradeparagraph, um die politische Opposition mundtot zu machen – damals wie auch heute.
Man muss also hier sehr wohl fragen, ob dieses ganze Strafverfahren nicht nur überhaupt diesen Zweck hatte, Frau Kaiser politisch mundtot zu machen. Wenn das der Fall gewesen sein sollte, meine Damen und Herren, dann ist der Zweck gründlich fehlgeschlagen worden, denn schon die Berichterstattung seit gestern, seit dem 06. Mai, hat internationale Wellen geschlagen. Ja, und selbst der Tesla-Gründer und Betreiber des Netzwerkes X, früher Twitter, Elon Musk, hat das Urteil kommentiert, und nicht zu sagen, er hat es kritisch hinterfragt.
Was auch bemerkenswert ist, wir haben in der Beweisaufnahme einen Experten, der sich in der BILD-Zeitung zu Wort gemeldet hat, dort auch zitiert; der nämlich behauptet, dass die Debatte um Migrantengewalt hier seit Jahren unterdrückt würde. Nun, was dann passieren kann, wenn man die Debatte unterdrückt, das musste Frau Kaiser am eigenen Leib erleben.
Die 100 Tagessätze sind oberhalb der Eintragungsgrenze, aber nicht nur deshalb wird sie sich dagegen wehren, sondern weil sie es allgemein nicht hinnehmen möchte, in dieser Weise beschränkt zu werden in ihrem politischen Meinungskampf. Deshalb können wir an dieser Stelle sagen: der Kampf geht weiter. Ob er in der Revision etwas bewirken wird, das wird man sehen. Wir müssen ja zunächst einmal die schriftlichen Urteilsgründe abwarten, und dann werden wir unsere Aktionen fortsetzen und Sie auch weiterhin darüber informieren.“[35]
Zur medialen Berichterstattung erfahren Sie mehr im nächsten Teil.
Das folgende Gerichtsurteil können Sie hier downloaden.
[1] Röhr, Matthias Verurteilung wegen Volksverhetzung: AfD-Kreistagsabgeordnete legt Berufung ein auf kreiszeitung.de vom 21.06.2023 um 11:53 Uhr. Aufzurufen unter https://www.kreiszeitung.de/lokales/rotenburg/rotenburg-ort120515/volksverhetzung-afd-kreistagsabgeordnete-legt-berufung-ein-92355107.html, zuletzt aufgerufen am 14.05.2024.
[2] Haufe Redaktion (Tobias Huep, Ulrike Fuldner) „Entsendung“ auf „v tk-lex.tk.de“ vom 21.11.2023. Aufzurufen unter https://www.tk-lex.tk.de/web/guest/externalcontent?_leongshared_externalcontentid=HI520959&_leongshared_serviceId=2007#idesk%5BchapterHi%5D=HI7592534, zuletzt aufgerufen am 08.05.2024
[3] „Wo in Hamburg die meisten und wenigsten Migranten leben“ auf „abendblatt.de“ vom 08.06.2021 um 12:31 Uhr. Aufzurufen unter https://www.abendblatt.de/hamburg/article232479737/hamburg-die-meisten-wenigsten-migranten-einwohner-statistikamt-stadtteile-bezirke-migrationshintergrund.html, zuletzt aufgerufen am 09.05.2024.
[4] „Wo in Hamburg die meisten und wenigsten Migranten leben“ auf „abendblatt.de“ vom 08.06.2021 um 12:31 Uhr. Aufzurufen unter https://www.abendblatt.de/hamburg/article232479737/hamburg-die-meisten-wenigsten-migranten-einwohner-statistikamt-stadtteile-bezirke-migrationshintergrund.html, zuletzt aufgerufen am 09.05.2024.
[5] Kaiser, Marie-Thérèse „#Willkommenskultur für #Gruppenvergewaltigungen?“ auf „twitter.com“ vom 17.08.2021. Aufzurufen unter https://x.com/hallofraukaiser/status/1427579465962512399, zuletzt aufgerufen am 09.05.2024.
[6] Harbusch, Nikolaus und Rosenfelder, Lydia Rosenfelder „Neue Schock-Zahlen des BKA. Jeden Tag zwei Gruppen-Vergewaltigungen“ auf „bild.de“ vom 31.07.2021 um 17:37 Uhr. Aufzurufen unter https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/neue-schock-zahlen-des-bka-jeden-tag-zwei-gruppen-vergewaltigungen-77243610.bild.html, zuletzt aufgerufen am 09.05.2024.
[7] Kaiser, Marie-Thérèse „#Willkommenskultur für #Gruppenvergewaltigungen?“ auf „twitter.com“ vom 17.08.2021. Aufzurufen unter https://x.com/hallofraukaiser/status/1427579465962512399, zuletzt aufgerufen am 09.05.2024.
[8] Siehe „Hamburg will 200 gefährdete Afghanen aufnehmen“ auf „welt.de“ vom 17.08.2021. Aufzurufen unter https://www.google.de/url?sa=t&source=web&rct=j&opi=89978449&url=https://www.welt.de/regionales/hamburg/article233181841/Nach-Taliban-Machtuebernahme-Hamburg-will-200-gefaehrdete-Afghanen-aufnehmen.html&ved=2ahUKEwjOspHyqIGGAxUh3gIHHeuLDA8QFnoECCUQAQ&usg=AOvVaw3NtVjct7cvRaKOFEhIGcjd, zuletzt aufgerufen am 09.05.2024.
[9] Kaiser, Marie-Thérèse „#Willkommenskultur für #Gruppenvergewaltigungen?“ auf „twitter.com“ vom 17.08.2021. Aufzurufen unter https://x.com/hallofraukaiser/status/1427579465962512399, zuletzt aufgerufen am 09.05.2024.
[10] Kaiser, Marie-Thérèse „#Willkommenskultur für #Gruppenvergewaltigungen?“ auf „twitter.com“ vom 17.08.2021. Aufzurufen unter https://x.com/hallofraukaiser/status/1427579465962512399, zuletzt aufgerufen am 09.05.2024.
[11] Siehe A., Jennifer „Vergewaltigung: Folgen und gesetzliche Regelungen“ auf „anwalt.org“ vom 16.03.2024. Aufzurufen unter https://www.anwalt.org/vergewaltigung/, zuletzt aufgerufen am 20.05.2024.
[12] Siehe Damir Fras, Jan Sternberg, Tim Szent-Ivanyi und Antea Obinja „Kabul: Chaos auf dem Flughafen der letzten Hoffnung“ auf „rnd.de“ vom 16.08.2021 um 20:21 Uhr. Aufzurufen unter https://www.rnd.de/politik/afghanistan-chaos-auf-dem-flughafen-der-hoffnung-kabul-LQTXEVDQGNCHRHTJBWLH53VVZ4.html, zuletzt aufgerufen am 09.05.2024.
[13] Leider konnte die in der zitierten Akte benannte Quelle so nicht gefunden werden, weshalb die notierte Prozentzahl ggf. abweichend ist. Mit Ausnahme der Zahl scheint es sich um folgende Quelle zu handeln:
Böhmeke, Myria und Michell, Monika und Walz-Hildenbrand, Marina „Im Namen der Ehre. misshandelt, zwangsverheiratet, ermordet. Hilfsleitfaden für die Arbeit mit von Zwangsheirat /Gewalt im Namen der Ehre bedrohten oder betroffenen Mädchen und Frauen“ Herausgegeben von Terre des Femmes, 2. Auflage, 2011. Aufzurufen unter https://frauenrechte.de/fileadmin/Redaktion/Unsere_Arbeit/Gewalt_im_Namen_der_Ehre/GNE_Materialien/2011_TDF-Hilfsleitfaden_GNE.pdf, zuletzt aufgerufen am 17.05.2024.
[14] Siehe Deutscher Bundestag Drucksache 20/6936 „Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Stephan Brandner, Dr. Bernd Baumann, Martin Hess und der Fraktion der AfD“ auf bundestag.de vom 19.05.2023. Aufzurufen unter https://dserver.bundestag.de/btd/20/069/2006936.pdf, zuletzt aufgerufen am 09.05.2024.
[15] Siehe Deutscher Bundestag Drucksache 20/6936 „Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Stephan Brandner, Dr. Bernd Baumann, Martin Hess und der Fraktion der AfD“ auf bundestag.de vom 19.05.2023. Aufzurufen unter https://dserver.bundestag.de/btd/20/069/2006936.pdf, zuletzt aufgerufen am 09.05.2024.
[16] Leider war hierzu keine Überprüfung der Mitschrift möglich, so dass ggf. ein Fehler bei der Mitschrift vorliegen könnte.
[17] Das Video, auf das hier Bezug genommen wird, finden Sie unter Jung & Naiv BPK | Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) | 9. April 2024“ auf „youtube.com“ vom 09.04.2024. Aufzurufen unter https://www.youtube.com/watch?v=bolPCBt1LOo, zuletzt aufgerufen am 09.05.2024.
[18] Rammert, Gordana „Urteile der Woche (KW 32): Erneut verurteilte AfD-Mitglieder“ auf „volksverpetzer.de“ vom 13.08.2023. Aufzurufen unter https://www.volksverpetzer.de/serie/verurteilte-afd-mitglieder/, zuletzt aufgerufen am 06.05.2024.
[19] Vgl. hierzu Mitsch, Wolfgang „Der unmögliche Zustand des § 130 StGB“ auf „kripoz.d“e. Aufzurufen unter https://kripoz.de/2018/07/16/der-unmoegliche-zustand-des-%C2%A7-130-stgb/, zuletzt aufgerufen am 17.05.2024. Hierzu auszugsweise:
„§ 130 Abs. 1 StGB ist unbestimmt, weil die Norm keine Auskunft darüber gibt, welche Quantitäten von Menschen unterhalb der Schwelle der Gesamtbevölkerung eine „Gruppe“ oder ein „Teil der Bevölkerung“ sind oder nicht. Für die Mehrheit der Medien im Lande und für den gesellschaftlichen Mainstream ist dennoch klar, wer Täter und wer Opfer von Volksverhetzung sein kann: Volksverhetzung ist die Straftat der Rassisten, Extremisten und Ausländerfeinde, der Nazis, Neonazis und sonstigen Ewiggestrigen. Der typische Volksverhetzer steht im politischen Meinungsspektrum rechts, der Stil seiner Bekundungen zu Themen öffentlichen Interesses ist „populistisch“. Volksverhetzungsaffin ist, wer der AfD angehört oder ihr zumindest nahesteht, mit ihren Ansichten sympathisiert, wer bei Pegida-Aufzügen mitmarschiert oder sonst „rechtes“ Gedankengut zum Ausdruck bringt.[4] Thematisch haben das Potential zur strafbaren Volksverhetzung gegenwärtig vor allem Äußerungen zu Flüchtlingen, zu Menschen mit Migrationshintergrund und zum Islam. Auch nüchtern und sachlich gehaltene Stellungnahmen zu diesen heißen Eisen – z. B. Kritik an der „Flüchtlingspolitik“ der Kanzlerin – bringen ihrem Urheber leicht den Vorwurf mangelnder Weltoffenheit und Toleranz ein und rücken ihn in gefährliche Nähe des Volksverhetzungs-Straftatbestands. Auf der anderen Seite haben diese volksverhetzungsgeneigten Personen und Personengruppen offenbar das Recht verwirkt, sich selbst als Begünstigte der Strafvorschrift zu betrachten, die gegen Volksverhetzung strafrechtlichen Schutz zu gewähren verspricht. Die Erwägung, dass es Volksverhetzung sein könnte, bestimmte Gruppierungen am rechten Rand des Spektrums politischer und weltanschaulicher Haltungen als „Nazis“ (oder, wie ein ehemaliger Bundesaußenminister vorschlug: „Pack“) zu bezeichnen, wird in der Debatte nicht so recht sichtbar. “
[20] Möglicherweise fehlt hier in der Mitschrift der Hinweis auf „regelmäßig nicht eingeladen“.
[21] Wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag „Ausarbeitung. Möglichkeiten des Verbotes von „Parteien“ nach dem Vereinsgesetz“ WD 3 – 3000 – 069/15 auf „bundestag.de“, 2015, S. 7. Aufzurufen unter https://www.bundestag.de/resource/blob/405496/bcbcc505bc1c4534ef15d0a44274d166/WD‑3 – 069-15-pdf-data.pdf, zuletzt aufgerufen am 18.05.2024.
[22] Kasselt, Julia und Oberwittler, Dietrich „Die richterliche Bewertung von Ehrenmorden in Deutschland. Eine empirische Analyse der Sanktionspraxis im Zeitraum 1996 bis 2005“, S. 205 auf „pure.mpg.de“. MschrKrim 97. Jahrgang – Heft 3 – 2014. Aufzurufen unter https://pure.mpg.de/rest/items/item_2499496_8/component/file_3038623/content, zuletzt aufgerufen am 10.05.2024.
[23] „BGH 5 StR 222/19 – Urteil vom 25. September 2019 (LG Berlin)“ auf „hrr-strafrecht.de“. Aufzurufen unter https://www.hrr-strafrecht.de/hrr/5/19/5 – 222-19.php, zuletzt aufgerufen am 10.05.2024.
[24] „BGH 5 StR 222/19 – Urteil vom 25. September 2019 (LG Berlin)“ auf „hrr-strafrecht.de“. Aufzurufen unter https://www.hrr-strafrecht.de/hrr/5/19/5 – 222-19.php, zuletzt aufgerufen am 10.05.2024.
[25] „Attacke aus Boot, dann zu Fuß AfD-Politiker in Niedersachsen mehrmals angegriffen“ auf „n‑tv.de“ vom 04.05.2024 um 18:59 Uhr. Aufzurufen unter https://www.n‑tv.de/politik/AfD-Politiker-in-Niedersachsen-mehrmals-angegriffen-article24920764.html, zuletzt aufgerufen am 10.05.2024.
[26] Siehe „Angriff auf SPD-Politiker: Nicht-Polizeibekannter 17-Jähriger gesteht Tat und stellt sich“ auf „apollo-news.net“ vom 05.05.2024. Aufzurufen unter https://apollo-news.net/angriff-auf-spd-politiker-nicht-polizeibekannter-17-jaehriger-gesteht-tat-und-stellt-sich/, zuletzt aufgerufen am 18.05.2024.
[27] Majer, Olaf „Nach Angriff auf SPD-Politiker Ecke: Hinweise auf rechtsextreme Gesinnung“ auf „lvz.de“ vom 06.05.2024 um 18:30 Uhr. Aufzurufen unter https://www.lvz.de/lokales/leipzig/nach-angriff-auf-spd-politiker-ecke-hinweise-auf-rechtsextreme-gesinnung-2PUVYTPJBNA4ZIDJLT3ABNARI4.html, zuletzt aufgerufen am 18.05.2024.
[28] Hoyer, Katja „Katja Hoyer: Allein die AfD für Gewalt verantwortlich zu machen, ist falsch“ auf „berliner-zeitung.de“ vom 18.05.2024, zuletzt aktualisiert um 14:54 Uhr. Aufzurufen unter https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/katja-hoyer-allein-die-afd-fuer-gewalt-verantwortlich-zu-machen-ist-falsch-li.2215583, zuletzt aufgerufen am 18.05.2024.
[29] „Attacke aus Boot, dann zu Fuß AfD-Politiker in Niedersachsen mehrmals angegriffen“ auf „n‑tv.de“ vom 04.05.2024 um 18:59 Uhr. Aufzurufen unter https://www.n‑tv.de/politik/AfD-Politiker-in-Niedersachsen-mehrmals-angegriffen-article24920764.html, zuletzt aufgerufen am 10.05.2024.
[30] „Tatverdächtiger nach Angriff auf Giffey festgenommen“ auf „tagesschau.de“ vom 08.05.2024 um 13:41 Uhr. Aufzurufen unter https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/giffey-festnahme-angriff-100.html, zuletzt aufgerufen am 18.05.2024.
[31] „Attacke aus Boot, dann zu Fuß AfD-Politiker in Niedersachsen mehrmals angegriffen“ auf „n‑tv.de“ vom 04.05.2024 um 18:59 Uhr. Aufzurufen unter https://www.n‑tv.de/politik/AfD-Politiker-in-Niedersachsen-mehrmals-angegriffen-article24920764.html, zuletzt aufgerufen am 10.05.2024.
[32] „Vermummte schlagen AfD-Landtagsabgeordneten an Infostand“ auf „ndr.de“ vom 05.05.2024 um 09:45 Uhr. Aufzurufen unter https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/osnabrueck_emsland/Vermummte-schlagen-AfD-Landtagsabgeordneten-an-Infostand,nordhorn1050.html, zuletzt aufgerufen am 10.05.2024.
[33] „Höcke wegen NS-Parole zu Geldstrafe verurteilt“ auf „tagesschau.de“ vom 14.05.2024 um 19:49 Uhr. Aufzurufen unter https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/hoecke-verurteilt-100.html, zuletzt aufgerufen am 18.05.2024.
[34] Siehe z. B. Achgut.Pogo „Auch Sozialdemokraten riefen „Alles für Deutschland”“ auf „youtube.com“ vom 16.05.2024. Aufzurufen unter https://www.youtube.com/watch?v=klhC9MSN91A, zuletzt aufgerufen am 18.05.2024.
[35] Clemens, Björn „LG Verden: 100 Ts. für Marie-Therese Kaiser wegen Volksverhetzung – Der Kampf geht weiter“ auf „t.me/rechtskampf.“ Aufzurufen unter https://t.me/rechtskampf/270, zuletzt aufgerufen am 13.05.2024.