Für Makler kann es unter Umständen wichtig sein, auch Sonderfälle des Sozialversicherungsrechts zu kennen, da es nicht immer so einfach ist, zu entscheiden, ob ein konkreter Kunde sich überhaupt privat versichern darf oder muss. Manchmal kann es für alle Beteiligten sinnvoller sein, einen Weg in die GKV zu suchen.
Laut dem Auswärtigen Amt gibt es für die dort genannten 199 Staaten und Gebietskörperschaften, neun unterschiedliche Anmerkungen zur Visumspflicht.
Das bedeutet, dass bei jedem Antrag zur Aufnahme in die Krankenversicherung auch diese Vorgaben individuell zu berücksichtigen sind.
Wenn Ausländer visumpflichtig nach Deutschland einreisen, benötigen sie regelmäßig eine spezielle Incoming-Versicherung. Angeboten werden solche Verträge beispielsweise von ADAC, Allianz, Europäische Reiseversicherung (ERV), Hanse Merkur und Würzburger.
Bleiben die Betroffenen anschließend in Deutschland, fallen sie unter die Versicherungspflicht. Zwangsweise müssen sie sich dann gesetzlich oder privat krankenversichern.
Sofern keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung besteht und sie keine Ehe mit einer gesetzlich krankenversicherten Person eingehen / eingegangen sind, stehen gerade Personen aus dem Nicht-EU-Ausland oft vor scheinbar unüberwindlichen Problemen.
Der Begriff „Versicherungspflicht“ kann manchmal zu Irritationen führen.
Für Außenstehende erscheint die Begrifflichkeit der (nachrangigen) „Auffangversicherungspflicht“ leichter verständlich.
Diese Auffangversicherungspflicht umfasst jene Personen,
• die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren,
• nicht hauptberuflich selbständig und nicht auf Grund des § 6 Abs. 1, 2 SGB V versicherungsfrei sind.
• aus § 5 Abs. 1 Nr. 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bzw. § 2 Abs. 1 Nr. 7 KVLG 1989 für die landwirtschaftliche Krankenversicherung
Erstmals Zuziehende aus dem Ausland werden hier vom Gesetzgeber, je nach der Staatsangehörigkeit, unterschiedlich betrachtet.
Ist es eine Staatsangehörigkeit
• der EU, des europäischen Wirtschaftraumes (EWR), der Schweiz,
oder
• die eines Drittstaates, also nicht EU, EWR oder Schweiz.
Bei ersteren richtet sich der Aufenthaltsstatus nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU. Hiernach wird keine Aufenthaltserlaubnis benötigt, vielmehr gilt die Anmeldung beim Einwohnermeldeamt als Aufenthaltsbescheinigung.
Nicht erwerbstätige Unionsbürger unterliegen § 4 Freizügigkeitsgesetz / EU und haben dadurch Recht auf Einreise und Aufenthalt für maximal 90 Tage, wenn sie ausreichend Finanzmittel und Krankenversicherungsschutz mitbringen. Somit können sie sich nicht krankenversichern. Das ändert sich bei nachgewiesener Arbeitssuche; sie unterliegen dadurch § 2 Freizügigkeitsgesetz / EU. Dieses Gesetz basiert auf der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004.
Bei Angehörigen der „Drittstaaten“ spielen die jeweiligen, unterschiedlichen Visumspflichten und deren Wertungen für die Möglichkeit der Auffangversicherungspflicht eine entscheidende Rolle. Außerdem ist der Zeitpunkt der Beantragung unter Berufung auf diese Auffangversicherungspflicht entscheidend.
Aus dem Ausland Zurückkehrende
Rückkehrer aus dem Ausland werden darin unterschieden, wo ihr Aufenthalt im Ausland war:
• in der EU, im europäischen Wirtschaftraum (EWR), in der Schweiz,
oder
• im vertragslosen Ausland, also nicht EU, EWR oder Schweiz.
Zurückkehrende aus dem vertragslosen Ausland, die vor dem Auslandsaufenthalt zuletzt in der GKV (innerhalb der EU, EWR oder Schweiz) versichert waren, unterliegen der Versicherungspflicht nach § 5 Abs.1, Nr.13 Buchstabe a SGB V.
Bei Rückkehrern aus der EU, dem EWR oder der Schweiz ist entscheidend, welche Versicherung im Ausland bestanden hat. Der Nachweis wird in der Regel mit einer europäischen Versicherungsbescheinigung E 104 bzw. SED S041 geführt. Waren sie gesetzlich versichert, tritt Versicherungspflicht nach § 5 Abs.1, Nr.13 Buchstabe a SGB V ein.
Wurde während des Auslandsaufenthaltes eine private Versicherung abgeschlossen, tritt keine Versicherungspflicht nach § 5 Abs.1, Nr.13 Buchstabe a SGB V ein.
Gilt das für alle PKV-Verträge?
Nein. Die GKV bleibt weiterhin die letzte Versicherung, wenn eine private KV abgeschlossen wurde, die
• nur eine Krankenhaustagegeldversicherung,
• eine Krankentagegeldversicherung,
• eine Ausbildungs‑, Auslands- oder Reisekrankenversicherung beinhaltet oder
• ein Gruppenversicherungsvertrag im Rahmen eines Auslandsaufenthaltes durch den Arbeitgeber abgeschlossen wurde.
Als zuletzt in der PKV versichert gelten Personen, die zuletzt
• eine private KV abgeschlossen haben, die eine Krankheitskostenvollversicherung beinhaltet oder
• einen private KV abgeschlossen haben, die eine ergänzende Krankheitskostenvollversicherung zur Beihilfe beinhaltet oder
• eine private Anwartschaftsversicherung abgeschlossen haben.
Vollendung des 55. Lebensjahres
Ein bereits vollendetes 55. Lebensjahr hat keine Auswirkung auf die Versicherungspflicht nach § 5 Abs.1, Nr.13 SGB V.
Von Seiten der privaten Krankenversicherer wird dann gerne auf die jeweiligen Annahmerichtlinien verwiesen, wonach eine Versicherung hier nicht möglich sei. Beispielhaft benannt seien solche Aussagen aus den Häusern R+V sowie uniVersa. Recht unproblematisch möglich ist es hingegen, Versicherungsschutz beim Träger der Incoming-Versicherung zu erlangen, sofern der Gesundheitszustand dies zulässt und der private Krankenversicherer auch eine eigene private Krankenvollversicherung anbietet. Das wäre am Beispiel Care Concept unproblematisch, beim ADAC jedoch nicht möglich. Das Hauptproblem dürften hier sein, wahrheitsgemäße, vollständige und auch verifizierbare Angaben zur eigenen Krankenhistorie im Ausland beizubringen.
Wer nun sein Glück bei den gesetzlichen Krankenversicherern sucht, muss damit rechnen, dass eine mögliche Versicherbarkeit mit dem Hinweis auf das Bestehen einer bisherigen privaten (substitutiven) Krankenversicherung abgelehnt wird. Wörtlich hieß es von einem Marktteilnehmer wie folgt:
„Ist für die Einreise ein Visum erforderlich und für die Erlangung des Visums ein bestehender Krankenversicherungsschutz, kann dieser Krankenversicherungsschutz nur über eine private Krankenversicherung abgeschlossen werden (z.B. Incoming-Versicherung).“
Beispielhaft wurde diese Begründung von der BKK Exklusiv sowohl für den ADAC als auch für Care Concept (damals mit Verweis auf die Hanse Merkur als privaten Krankenversicherer) ins Feld geführt. Auch von der BKK Mobil, der heutigen Mobilkrankenkasse, hieß es noch Anfang Januar 2017, dass der Beitritt zur GKV im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchstabe b SGB V nicht möglich sei.
Weiter wird mitunter folgendes ausgeführt:
„Die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchstabe b SGB V setzt den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als 12 Monate voraus. Muss für die Erlangung dieser Aufenthaltserlaubnis ein bestehender Krankenversicherungsschutz nachgewiesen werden, kann es sich bei diesem Krankenversicherungsschutz also niemals um eine Mitgliedschaft in der deutschen GKV aufgrund von Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchstabe b SGB V handeln. In der Regel wird es auch hier nur eine private Versicherung sein können (z.B. Incoming-Versicherung).“
Abschließend hieß es weiter:
„Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchstabe b SGB V tritt in den vorstehend genannten Fällen auch dann nicht ein, wenn die bei der Anreise nach Deutschland erforderliche Absicherung im Krankheitsfall später entfällt (z.B. Incoming-Versicherung oder Wegfall einer aus dem Herkunftsland „mitgebrachten“ zeitlich befristeten privaten Auslandsreisekrankenversicherung.“
Die AOK Niedersachsen stellt auf eine individuelle Prüfung der Situation im Einzelfall ab. Unter anderem heißt es als Antwort auf eine Anfrage hier wie folgt:
„Generell besteht auch bei einer Verlängerung des Aufenthaltstitels die Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG fort, so dass in der Regel auch bei einer Verlängerung über zwölf Monate der Eintritt der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ausgeschlossen ist.
In Zweifelsfällen, ob eine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts besteht, ist eine Bescheinigung über die Ausländerbehörde einzuholen.“
In erster Linie macht die AOK Niedersachsen eine mögliche Versicherbarkeit davon abhängig, ob eine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhaltes fortbesteht oder erloschen ist. Die zuständige Ausländerbehörde stellt einen Aufenthaltstitel meist jedoch erst aus, wenn das Zustandekommen des erforderlichen Krankenversicherungsschutzes nachgewiesen wurde und bestätigt auch erst dann den Wegfall einer bis dahin geltenden Verpflichtungserklärung.
Eine inoffizielle „Good Will“-Absichtserklärung der Krankenkasse zur Ausnahmebereitschaft, wird zunehmend von Ausländerbehörden akzeptiert und hilft zunehmend dieses Problem zu umgehen.
Auch der Umstand, dass AufenthG und SGB nicht miteinander verzahnt sind, ist also das eigentliche Dilemma und sei laut Insidern auch den Ausländerbehörden als Problem bekannt. Daher werde teilweise ein Aufenthaltstitel auf 1 Jahr und 1 Tag oder auf 18 Monate ausgestellt, um diese Köpenickiade zu umgehen.
Wie ist nun die Faktenlage?
Eine Incoming-Versicherung kann ebenso wenig eine substitutive Krankenversicherung sein wie eine Auslandsreisekrankenversicherung[1]. Wesentliche Elemente, die einen vollwertigen Krankenversicherungsschutz ersetzen könnten, fehlen.
Welche Elemente zeichnen eine substitutive Krankenversicherung aus?
- Die Versicherungsdauer ist grundsätzlich unbefristet (§ 195 Abs. 1 Satz 2 VVG)
- Möglicher Beitragszuschuss von Arbeitgebern (§ 257 Abs. 2 Satz 1 SGB V)
- Leistungen müssen zumindest teilweise mit den Leistungen der GKV identisch sein, dürfen also nicht vollständig dort bestehende Leistungslücken schließen
- Der Vertrag ist nach Art der Lebensversicherung zu betreiben (§ 12 Abs. 1 VAG)
- Spätestens mit Vollendung des 21. Lebensjahres ist ein zehnprozentiger Beitragszuschlag zu entrichten (§ 12 Abs. 4a VAG)
- Der Versicherer darf neben der substitutiven Krankenversicherung keine anderen Sparten betreiben (§ 8 Abs. 1 a VAG)
Welche Ausnahmen gelten für Personen mit befristetem Aufenthaltstitel?
Personen mit einem nur befristeten Aufenthaltstitel für das Inland dürfen gemäß § 195 Abs. 3 VVG zwar eine substitutive Krankenversicherung abschließen, diese darf aber in keinem Fall bei Verzicht auf Alterungsrückstellungen eine Gesamtversicherungsdauer von 5 Jahren übersteigen[2]. Insofern gilt für diese Personengruppe eine Ausnahme, was die oben beschriebenen Kriterien betrifft.
In der Praxis scheint diese Ausnahme auf den ersten Blick gewaltige Probleme für Personen zu verursachen, bei denen ein zunächst befristeter Aufenthalt nunmehr dauerhaft werden soll (z.B. durch Geburt eines Kindes mit deutschem Vater). Sieht man sich die Tarife näher an, so lassen sich diese Probleme schnell zur Seite räumen.
Als Alternative wird öfters der Basistarif der privaten Krankenversicherung (PKV) genannt, wenn wegen der erwähnten Verpflichtungserklärung zur Sicherung des Lebensunterhalts die Aufnahme in die GKV nicht möglich ist, und eine PKV Vollversicherung aufgrund von Eintrittsalter und / oder Gesundheitsproblemen nicht möglich ist.
Dieser Basistarif der PKV bleibt aufgrund eines befristeten Aufenthaltstitels per Gesetz und einiger Gerichtsentscheidungen verschlossen (siehe z. B. LG München II, Endurteil v. 06.04.2021 – 10 O 1137/20 Ver)[3].
Incoming-Versicherungen bieten keinen substitutiven Krankenversicherungsschutz
Unzweifelhaft kann etwa der Tarif „ADAC Reise-Krankenversicherung für Besucher der Bundesrepublik Deutschland“ des ADAC mit Stand 01.2017 nicht mit den Leistungen der GKV verglichen werden. Wesentliche Abweichungen sind unter anderem:
- Maximale Vertragsdauer von 12 Monaten
- Reine Akutversorgung, nicht jedoch Kostenübernahme für Zahnprophylaxe, sonstige Vorsorgeuntersuchungen oder nicht beschwerdebedingte Hebammenbesuche
- Keine Bildung von Alterungsrückstellungen
- Keine Pflegepflichtversicherung
- Kein Beitragszuschlag von 10% bei Erreichen des 21. Lebensjahres
Auch die Leistungen von Care Concept mit dem Risikoträger Hanse Merkur sind beispielsweise im Tarif „Care Expatriate Comfort“ mit Stand 2011 deutlich gegenüber den Leistungen der GKV abweichend:
- Maximale Vertragsdauer von 12 Monaten
- Kostenübernahme für Hebammenbesuche vor und nach der Geburt nur im Fall akuter Beschwerden
- Keine Bildung von Alterungsrückstellungen
- Keine Pflegepflichtversicherung
- Kein Beitragszuschlag von 10% bei Erreichen des 21. Lebensjahres
Vor diesem Hintergrund ist es nur korrekt, dass sowohl der ADAC als auch Care Concept bestätigen, dass sie jeweils nicht als substitutive Krankenversicherung anzusehen sind.
Literaturtipp: Ausführlichere Informationen zum Thema finden Sie in dem PKV-Kommentar von Bach / Moser auf den Seiten 176 – 180.
Erste Hürde: Erlöschen der Verpflichtungserklärung
Grundsätzlich scheint hiermit der Weg von der Incoming-Versicherung in die gesetzliche Krankenversicherung möglich zu sein, doch sind weitere Fallstricke zu überwinden.
Der Zugang zur GKV bleibt im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchstabe b SGB V dann verwehrt, wenn weiterhin eine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetztes besteht, also eine so genannte „Verpflichtungserklärung“. Ob der einzelne Krankenversicherer tatsächlich bei der zuständigen Ausländerbehörde anfragt, kann von Fall zu Fall anders sein, doch kann eine weiterhin bestehende Verpflichtungserklärung bei fehlender Überprüfung dazu führen, dass rückwirkend die Anspruchsvoraussetzung für einen Wechsel von der Incoming-Versicherung in die GKV entfällt.
Betroffene sollten sich daher von der zuständigen Ausländerbehörde bestätigen lassen, dass mit der Ausstellung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AufenthG eine zuvor abgegebene Verpflichtungserklärung einer dritten Person nach § 68 Abs. 1 S. 4 AufenthG erlischt.
Alternative erste Hürde: Nachweis der Sicherung des Lebensunterhaltes
Wurde gar nicht erst eine Verpflichtungserklärung abgegeben, muss der Ausländer für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 2 AufenthG eine anderweitige Sicherung seines Lebensunterhalts nachweisen. Nach Satz 3 ist der Lebensunterhalt eines Ausländers dann gesichert, wenn er ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes (z.B. Mitgliedschaft in der GKV) ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Nicht als Inanspruchnahme öffentlicher Mittel zählen nach § 2 Absatz 3 unter anderem Kindergeld, Erziehungsgeld, Elterngeld oder Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.
Bei der Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug werden Beiträge der Familienangehörigen zum Haushaltseinkommen berücksichtigt.
Der Lebensunterhalt gilt für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16 AufenthG (Studium; Sprachkurse; Schulbesuch) als gesichert, wenn der Ausländer über monatliche Mittel in Höhe des monatlichen Bedarfs, der nach den §§ 13 und 13a Abs. 1 des BAföG bestimmt wird, verfügt (BAföG Höchstsatz = max. 861,- Euro für 2021/22).
Für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 AufenthG (Familiennachzug zu Deutschen) gilt ein Betrag in Höhe von zwei Dritteln der Bezugsgröße (66 % x 3.290,00 Euro = 2.171,40 Euro – Stand 2022) im Sinne des § 18 des SGB IV als ausreichend zur Deckung der Kosten der Lebenshaltung.
Das Bundesministerium des Innern gibt die Mindestbeträge nach den Sätzen 5 und 6 für jedes Kalenderjahr jeweils bis zum 31. Dezember des Vorjahres im Bundesanzeiger bekannt. Hilfreich ist es in jedem Fall, dass der Ausländer ein regelmäßiges, nachweisbares Einkommen oberhalb des Sozialhilfesatzes erhält. Bei nicht verheirateten Partnern können ggf. Unterhaltszahlungen an den ausländischen Partner mit der Einkommensteuererklärung dem Finanzamt in Rechnung gestellt werden (Anlage U).
Zweite Hürde: die Vergangenheit
Entfällt die Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetzes mit der Genehmigung des dauerhaften Aufenthalts, tritt Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchstabe b SGB V dann trotzdem nicht ein, wenn
- zuletzt eine private Krankenversicherung* bestanden hat
und/oder
- die Person in ihrem früheren Erwerbsleben zuletzt hauptberuflich selbstständig tätig war oder zu den versicherungsfreien Personen nach § 6 Abs. 1 oder 2 SGB V gehört hätte, wenn sie ihre Tätigkeit im Inland ausgeübt hätte.
*Eine Incoming-Versicherung ist eine Reiseversicherung und zählt in diesem Sinne nicht als private Krankenversicherun
Sind die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchstabe b SGB V erfüllt, beginnt die Mitgliedschaft nach § 186 Abs. 11 Satz 2 SGB V mit dem ersten Tag der Geltung der dauerhaften Aufenthaltserlaubnis (= Tag der Ausstellung)
Checkliste für die Aufnahme einer Mitgliedschaft in der GKV für Nicht-EU-Ausländer
• Versicherungsfähigkeit nach § 5 Abs. 11 Satz 1 SGB V
Bestätigung des Incoming-Versicherers, dass dieser nicht die Anforderungen einer substitutiven Krankenvollversicherung erfüllt
Antragsformular für die gewählte GKV
• Kopie des Aufenthaltstitels, aus dem der Gültigkeitszeitraum hervorgeht
• Bestätigung der zuständigen Ausländerbehörde, dass keine Verpflichtungserklärung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG (mehr) besteht
Nachweis über eine Sicherung des Lebensunterhalts
§ 5 Abs. 11 Satz 1 SGB V regelt auch wesentliche Voraussetzungen für die Versicherung von Asylbewerbern sowie von Angehörigen eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, von Angehörigen anderer Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder für Staatsangehörige der Schweiz.
Können Kinder von Nicht-GKV-Versicherten in der GKV versichert werden?
Wer als Ausländer über eine Incoming-Versicherung nach Deutschland kommt, hat sich oft nicht nur um den Versicherungsschutz für sich selbst, sondern auch um den Versicherungsschutz für mitgebrachte oder in Deutschland neu geborene Kinder zu kümmern.
Folgende Konstellationen sind denkbar:
- Es existiert eine Ehe mit einem in Deutschland wohnenden Partner, über den eine Familienversicherung in der GKV möglich ist
- Eigene in Deutschland geborene Kinder der einreisenden Person können im Rahmen von § 5 Abs. 1 Nr. 13 b SGB V und § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 SGB XI ab dem Tag der Geburt gegen eigenen Beitrag freiwillig versichert werden. Hierzu sind weder eine bestehende Ehe noch eine vorherige Mitgliedschaft eines der beiden Elternteile in der GKV erforderlich. Vielmehr ist dies auch dann möglich, wenn der nicht Incoming-Versicherte Mitglied einer privaten Krankenversicherung ist.
- Einreisende, nicht in Deutschland geborene Kinder, können entweder im Rahmen der Familienversicherung über einen der beiden Elternteile nach § 10 SGB V familienversichert werden oder sich – bei fehlender Versicherungspflicht – alternativ privat krankenversichern. Hier kann es allerdings in der Praxis große Probleme geben, da nicht jeder potentielle Vertragspartner dazu bereit ist, Personen aufzunehmen, die über keinen vorhergehenden deutschen Versicherungsschutz verfügen.
Neugeborene Kinder können sich also in vielen Fällen auch dann gesetzlich freiwillig krankenversichern, wenn kein Elternteil zum Zeitpunkt der Geburt Mitglied der GKV war. Sind dann zu einem späteren Zeitpunkt die Voraussetzungen für eine Familienversicherung gegeben, werden sie dann auf Antrag automatisch und rückwirkend Mitglieder in der Familienversicherung ihrer Eltern.
Auch hier sind falsche oder irreführende Auskünfte keine Ausnahme. So schrieb etwa die AOK Niedersachsen als Antwort auf eine Anfrage unter anderem folgendes:
„Das Baby kann lediglich bei der Mutter familienversichert werden, es sei denn eines der Elternteile hat Vorversicherungszeiten (zuletzt ununterbrochen 12 Monate oder in den letzten 5 Jahren 2 Jahre) in der gesetzl. Krankenversicherung zurückgelegt.“
Hintergrund der Anfrage waren eine Partnerin, die bislang über eine Incoming-Versicherung aus dem Nicht-EU-Ausland nach Deutschland eingereist war, während der Vater des gemeinsamen Kindes privat krankenvollversichert war. Zwischenzeitlich hat hier ein anderer gesetzlicher Krankenversicherer Versicherungsschutz für das Baby übernommen und zwar bereits vor Eintritt der Mutter in die GKV.
Als Vermittler sollten Sie beachten, dass es sinnvoll sein kann, direkt ab Geburt eine leistungsstarke Absicherung gegen Krankheit (z.B. Krankenzusatzversicherung), Pflegebedürftigkeit oder Unfälle zu vereinbaren.
Dank sei an dieser Stelle Herrn Werner Alldag von der Mobilkrankenkasse für viele fachliche Hinweise und die Hilfe bei der Bearbeitung schwieriger Fälle. Leider scheint es oft der Fall zu sein, dass interne Arbeitsanweisungen abgearbeitet werden, ohne diese einmal kritisch zu hinterfragen und den konkreten Einzelfall hinreichend zu prüfen.
Hinweis: Der Beitrag erschien erstmals am 20.06.2017 in der Zeitschrift „Risiko & Vorsorge“ und wurde hier lediglich in Bezug auf die Rechtslage aktualisiert.
Mehr zum Thema finden Sie hier:
[1] Siehe z.B. Bach / Moser „Private Krankenversicherung. Kommentar zu den MB/KK und MB/KT.“ München (C.H. Beck), 5. Auflage, 2015, S. 177
[2] Siehe z.B. Bach / Moser „Private Krankenversicherung. Kommentar zu den MB/KK und MB/KT.“ München (C.H. Beck), 5. Auflage, 2015, S. 179
[3] „LG München II, Endurteil v. 06.04.2021 – 10 O 1137/20 Ver“ auf „gesetze-bayern.de“. Aufzurufen unter https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y‑300-Z-BECKRS-B-2021-N-6662?hl=true, zuletzt aufgerufen am 18.02.2022.