Hür­den bei der Ver­si­che­rung von Nicht-EU-Aus­län­dern in der Krankenversicherung?

Für Mak­ler kann es unter Umstän­den wich­tig sein, auch Son­der­fäl­le des Sozi­al­ver­si­che­rungs­rechts zu ken­nen, da es nicht immer so ein­fach ist, zu ent­schei­den, ob ein kon­kre­ter Kun­de sich über­haupt pri­vat ver­si­chern darf oder muss. Manch­mal kann es für alle Betei­lig­ten sinn­vol­ler sein, einen Weg in die GKV zu suchen.

Laut dem Aus­wär­ti­gen Amt gibt es für die dort genann­ten 199 Staa­ten und Gebiets­kör­per­schaf­ten, neun unter­schied­li­che Anmer­kun­gen zur Visumspflicht.

Das bedeu­tet, dass bei jedem Antrag zur Auf­nah­me in die Kran­ken­ver­si­che­rung auch die­se Vor­ga­ben indi­vi­du­ell zu berück­sich­ti­gen sind.

Wenn Aus­län­der visum­pflich­tig nach Deutsch­land ein­rei­sen, benö­ti­gen sie regel­mä­ßig eine spe­zi­el­le Inco­ming-Ver­si­che­rung. Ange­bo­ten wer­den sol­che Ver­trä­ge bei­spiels­wei­se von ADAC, Alli­anz, Euro­päi­sche Rei­se­ver­si­che­rung (ERV), Han­se Mer­kur und Würz­bur­ger.

Blei­ben die Betrof­fe­nen anschlie­ßend in Deutsch­land, fal­len sie unter die Ver­si­che­rungs­pflicht. Zwangs­wei­se müs­sen sie sich dann gesetz­lich oder pri­vat krankenversichern.

Sofern kei­ne sozi­al­ver­si­che­rungs­pflich­ti­ge Beschäf­ti­gung besteht und sie kei­ne Ehe mit einer gesetz­lich kran­ken­ver­si­cher­ten Per­son ein­ge­hen / ein­ge­gan­gen sind, ste­hen gera­de Per­so­nen aus dem Nicht-EU-Aus­land oft vor schein­bar unüber­wind­li­chen Problemen.

Der Begriff „Ver­si­che­rungs­pflicht“ kann manch­mal zu Irri­ta­tio­nen führen.

Für Außen­ste­hen­de erscheint die Begriff­lich­keit der (nach­ran­gi­gen) „Auf­fang­ver­si­che­rungs­pflicht“ leich­ter verständlich.

Die­se Auf­fang­ver­si­che­rungs­pflicht umfasst jene Personen,

• die kei­nen ander­wei­ti­gen Anspruch auf Absi­che­rung im Krank­heits­fall haben und zuletzt gesetz­lich kran­ken­ver­si­chert waren oder bis­her nicht gesetz­lich oder pri­vat kran­ken­ver­si­chert waren,

nicht haupt­be­ruf­lich selb­stän­dig und nicht auf Grund des § 6 Abs. 1, 2 SGB V ver­si­che­rungs­frei sind.

•  aus § 5 Abs. 1 Nr. 13 Fünf­tes Buch Sozi­al­ge­setz­buch (SGB V) bzw. § 2 Abs. 1 Nr. 7 KVLG 1989 für die land­wirt­schaft­li­che Krankenversicherung

Erst­mals Zuzie­hen­de aus dem Aus­land wer­den hier vom Gesetz­ge­ber, je nach der Staats­an­ge­hö­rig­keit, unter­schied­lich betrachtet.

Ist es eine Staatsangehörigkeit

• der EU, des euro­päi­schen Wirt­schaftrau­mes (EWR), der Schweiz,

oder

• die eines Dritt­staa­tes, also nicht EU, EWR oder Schweiz.

Bei ers­te­ren rich­tet sich der Auf­ent­halts­sta­tus nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU. Hier­nach wird kei­ne Auf­ent­halts­er­laub­nis benö­tigt, viel­mehr gilt die Anmel­dung beim Ein­woh­ner­mel­de­amt als Auf­ent­halts­be­schei­ni­gung.

Nicht erwerbs­tä­ti­ge Uni­ons­bür­ger unter­lie­gen § 4 Frei­zü­gig­keits­ge­setz / EU und haben dadurch Recht auf Ein­rei­se und Auf­ent­halt für maxi­mal 90 Tage, wenn sie aus­rei­chend Finanz­mit­tel und Kran­ken­ver­si­che­rungs­schutz mit­brin­gen. Somit kön­nen sie sich nicht kran­ken­ver­si­chern. Das ändert sich bei nach­ge­wie­se­ner Arbeits­su­che; sie unter­lie­gen dadurch § 2 Frei­zü­gig­keits­ge­setz / EU. Die­ses Gesetz basiert auf der Richt­li­nie 2004/38/EG des Euro­päi­schen Par­la­ments und des Rates vom 29. April 2004.

Bei Ange­hö­ri­gen der „Dritt­staa­ten“ spie­len die jewei­li­gen, unter­schied­li­chen Visums­pflich­ten und deren Wer­tun­gen für die Mög­lich­keit der Auf­fang­ver­si­che­rungs­pflicht eine ent­schei­den­de Rol­le. Außer­dem ist der Zeit­punkt der Bean­tra­gung unter Beru­fung auf die­se Auf­fang­ver­si­che­rungs­pflicht entscheidend.

Aus dem Aus­land Zurückkehrende

Rück­keh­rer aus dem Aus­land wer­den dar­in unter­schie­den, wo ihr Auf­ent­halt im Aus­land war:

in der EU, im euro­päi­schen Wirt­schaft­raum (EWR), in der Schweiz,

oder

• im ver­trags­lo­sen Aus­land, also nicht EU, EWR oder Schweiz.

Zurück­keh­ren­de aus dem ver­trags­lo­sen Aus­land, die vor dem Aus­lands­auf­ent­halt zuletzt in der GKV (inner­halb der EU, EWR oder Schweiz) ver­si­chert waren, unter­lie­gen der Ver­si­che­rungs­pflicht nach § 5 Abs.1, Nr.13 Buch­sta­be a SGB V.

Bei Rück­keh­rern aus der EU, dem EWR oder der Schweiz ist ent­schei­dend, wel­che Ver­si­che­rung im Aus­land bestan­den hat. Der Nach­weis wird in der Regel mit einer euro­päi­schen Ver­si­che­rungs­be­schei­ni­gung E 104 bzw. SED S041 geführt. Waren sie gesetz­lich ver­si­chert, tritt Ver­si­che­rungs­pflicht nach § 5 Abs.1, Nr.13 Buch­sta­be a SGB V ein.

Wur­de wäh­rend des Aus­lands­auf­ent­hal­tes eine pri­va­te Ver­si­che­rung abge­schlos­sen, tritt kei­ne Ver­si­che­rungs­pflicht nach § 5 Abs.1, Nr.13 Buch­sta­be a SGB V ein. 

Gilt das für alle PKV-Verträge?

Nein. Die GKV bleibt wei­ter­hin die letz­te Ver­si­che­rung, wenn eine pri­va­te KV abge­schlos­sen wur­de, die

• nur eine Krankenhaustagegeldversicherung,

• eine Krankentagegeldversicherung,

• eine Ausbildungs‑, Aus­lands- oder Rei­se­kran­ken­ver­si­che­rung beinhal­tet oder

ein Grup­pen­ver­si­che­rungs­ver­trag im Rah­men eines Aus­lands­auf­ent­hal­tes durch den Arbeit­ge­ber abge­schlos­sen wurde.

Als zuletzt in der PKV ver­si­chert gel­ten Per­so­nen, die zuletzt

• eine pri­va­te KV abge­schlos­sen haben, die eine Krank­heits­kos­ten­voll­ver­si­che­rung beinhal­tet oder

• einen pri­va­te KV abge­schlos­sen haben, die eine ergän­zen­de Krank­heits­kos­ten­voll­ver­si­che­rung zur Bei­hil­fe beinhal­tet oder

• eine pri­va­te Anwart­schafts­ver­si­che­rung abge­schlos­sen haben.

Voll­endung des 55. Lebensjahres

Ein bereits voll­ende­tes 55. Lebens­jahr hat kei­ne Aus­wir­kung auf die Ver­si­che­rungs­pflicht nach § 5 Abs.1, Nr.13 SGB V.

Von Sei­ten der pri­va­ten Kran­ken­ver­si­che­rer wird dann ger­ne auf die jewei­li­gen Annah­me­richt­li­ni­en ver­wie­sen, wonach eine Ver­si­che­rung hier nicht mög­lich sei. Bei­spiel­haft benannt sei­en sol­che Aus­sa­gen aus den Häu­sern R+V sowie uni­Ver­sa. Recht unpro­ble­ma­tisch mög­lich ist es hin­ge­gen, Ver­si­che­rungs­schutz beim Trä­ger der Inco­ming-Ver­si­che­rung zu erlan­gen, sofern der Gesund­heits­zu­stand dies zulässt und der pri­va­te Kran­ken­ver­si­che­rer auch eine eige­ne pri­va­te Kran­ken­voll­ver­si­che­rung anbie­tet. Das wäre am Bei­spiel Care Con­cept unpro­ble­ma­tisch, beim ADAC jedoch nicht mög­lich. Das Haupt­pro­blem dürf­ten hier sein, wahr­heits­ge­mä­ße, voll­stän­di­ge und auch veri­fi­zier­ba­re Anga­ben zur eige­nen Kran­ken­his­to­rie im Aus­land beizubringen.

Wer nun sein Glück bei den gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rern sucht, muss damit rech­nen, dass eine mög­li­che Ver­si­cher­bar­keit mit dem Hin­weis auf das Bestehen einer bis­he­ri­gen pri­va­ten (sub­sti­tu­ti­ven) Kran­ken­ver­si­che­rung abge­lehnt wird. Wört­lich hieß es von einem Markt­teil­neh­mer wie folgt:

„Ist für die Ein­rei­se ein Visum erfor­der­lich und für die Erlan­gung des Visums ein bestehen­der Kran­ken­ver­si­che­rungs­schutz, kann die­ser Kran­ken­ver­si­che­rungs­schutz nur über eine pri­va­te Kran­ken­ver­si­che­rung abge­schlos­sen wer­den (z.B. Incoming-Versicherung).“

Bei­spiel­haft wur­de die­se Begrün­dung von der BKK Exklu­siv sowohl für den ADAC als auch für Care Con­cept (damals mit Ver­weis auf die Han­se Mer­kur als pri­va­ten Kran­ken­ver­si­che­rer) ins Feld geführt. Auch von der BKK Mobil, der heu­ti­gen Mobil­kran­ken­kas­se, hieß es noch Anfang Janu­ar 2017, dass der Bei­tritt zur GKV im Rah­men des § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buch­sta­be b SGB V nicht mög­lich sei. 

Wei­ter wird mit­un­ter fol­gen­des ausgeführt:

„Die Ver­si­che­rungs­pflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buch­sta­be b SGB V setzt den Besitz einer Auf­ent­halts­er­laub­nis mit einer Befris­tung auf mehr als 12 Mona­te vor­aus. Muss für die Erlan­gung die­ser Auf­ent­halts­er­laub­nis ein bestehen­der Kran­ken­ver­si­che­rungs­schutz nach­ge­wie­sen wer­den, kann es sich bei die­sem Kran­ken­ver­si­che­rungs­schutz also nie­mals um eine Mit­glied­schaft in der deut­schen GKV auf­grund von Ver­si­che­rungs­pflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buch­sta­be b SGB V han­deln. In der Regel wird es auch hier nur eine pri­va­te Ver­si­che­rung sein kön­nen (z.B. Incoming-Versicherung).“

Abschlie­ßend hieß es weiter:

„Ver­si­che­rungs­pflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buch­sta­be b SGB V tritt in den vor­ste­hend genann­ten Fäl­len auch dann nicht ein, wenn die bei der Anrei­se nach Deutsch­land erfor­der­li­che Absi­che­rung im Krank­heits­fall spä­ter ent­fällt (z.B. Inco­ming-Ver­si­che­rung oder Weg­fall einer aus dem Her­kunfts­land „mit­ge­brach­ten“ zeit­lich befris­te­ten pri­va­ten Auslandsreisekrankenversicherung.“

Die AOK Nie­der­sach­sen stellt auf eine indi­vi­du­el­le Prü­fung der Situa­ti­on im Ein­zel­fall ab. Unter ande­rem heißt es als Ant­wort auf eine Anfra­ge hier wie folgt:

„Gene­rell besteht auch bei einer Ver­län­ge­rung des Auf­ent­halts­ti­tels die Ver­pflich­tung zur Siche­rung des Lebens­un­ter­hal­tes nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Auf­enthG fort, so dass in der Regel auch bei einer Ver­län­ge­rung über zwölf Mona­te der Ein­tritt der Ver­si­che­rungs­pflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V aus­ge­schlos­sen ist.

In Zwei­fels­fäl­len, ob eine Ver­pflich­tung zur Siche­rung des Lebens­un­ter­halts besteht, ist eine Beschei­ni­gung über die Aus­län­der­be­hör­de einzuholen.“

In ers­ter Linie macht die AOK Nie­der­sach­sen eine mög­li­che Ver­si­cher­bar­keit davon abhän­gig, ob eine Ver­pflich­tung zur Siche­rung des Lebens­un­ter­hal­tes fort­be­steht oder erlo­schen ist. Die zustän­di­ge Aus­län­der­be­hör­de stellt einen Auf­ent­halts­ti­tel meist jedoch erst aus, wenn das Zustan­de­kom­men des erfor­der­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rungs­schut­zes nach­ge­wie­sen wur­de und bestä­tigt auch erst dann den Weg­fall einer bis dahin gel­ten­den Verpflichtungserklärung.

Eine inof­fi­zi­el­le „Good Will“-Absichts­er­klä­rung der Kran­ken­kas­se zur Aus­nah­me­be­reit­schaft, wird zuneh­mend von Aus­län­der­be­hör­den akzep­tiert und hilft zuneh­mend die­ses Pro­blem zu umgehen.

Auch der Umstand, dass Auf­enthG und SGB nicht mit­ein­an­der ver­zahnt sind, ist also das eigent­li­che Dilem­ma und sei laut Insi­dern auch den Aus­län­der­be­hör­den als Pro­blem bekannt. Daher wer­de teil­wei­se ein Auf­ent­halts­ti­tel auf 1 Jahr und 1 Tag oder auf 18 Mona­te aus­ge­stellt, um die­se Köpe­ni­ckia­de zu umgehen.

Wie ist nun die Faktenlage?

Eine Inco­ming-Ver­si­che­rung kann eben­so wenig eine sub­sti­tu­ti­ve Kran­ken­ver­si­che­rung sein wie eine Aus­lands­rei­se­kran­ken­ver­si­che­rung[1]. Wesent­li­che Ele­men­te, die einen voll­wer­ti­gen Kran­ken­ver­si­che­rungs­schutz erset­zen könn­ten, fehlen.

Wel­che Ele­men­te zeich­nen eine sub­sti­tu­ti­ve Kran­ken­ver­si­che­rung aus?

  • Mög­li­cher Bei­trags­zu­schuss von Arbeit­ge­bern (§ 257 Abs. 2 Satz 1 SGB V)
  • Leis­tun­gen müs­sen zumin­dest teil­wei­se mit den Leis­tun­gen der GKV iden­tisch sein, dür­fen also nicht voll­stän­dig dort bestehen­de Leis­tungs­lü­cken schließen
  • Der Ver­trag ist nach Art der Lebens­ver­si­che­rung zu betrei­ben (§ 12 Abs. 1 VAG)
  • Spä­tes­tens mit Voll­endung des 21. Lebens­jah­res ist ein zehn­pro­zen­ti­ger Bei­trags­zu­schlag zu ent­rich­ten (§ 12 Abs. 4a VAG)
  • Der Ver­si­che­rer darf neben der sub­sti­tu­ti­ven Kran­ken­ver­si­che­rung kei­ne ande­ren Spar­ten betrei­ben (§ 8 Abs. 1 a VAG)

Wel­che Aus­nah­men gel­ten für Per­so­nen mit befris­te­tem Aufenthaltstitel?

Per­so­nen mit einem nur befris­te­ten Auf­ent­halts­ti­tel für das Inland dür­fen gemäß § 195 Abs. 3 VVG zwar eine sub­sti­tu­ti­ve Kran­ken­ver­si­che­rung abschlie­ßen, die­se darf aber in kei­nem Fall bei Ver­zicht auf Alte­rungs­rück­stel­lun­gen eine Gesamt­ver­si­che­rungs­dau­er von 5 Jah­ren über­stei­gen[2]. Inso­fern gilt für die­se Per­so­nen­grup­pe eine Aus­nah­me, was die oben beschrie­be­nen Kri­te­ri­en betrifft.

In der Pra­xis scheint die­se Aus­nah­me auf den ers­ten Blick gewal­ti­ge Pro­ble­me für Per­so­nen zu ver­ur­sa­chen, bei denen ein zunächst befris­te­ter Auf­ent­halt nun­mehr dau­er­haft wer­den soll (z.B. durch Geburt eines Kin­des mit deut­schem Vater). Sieht man sich die Tari­fe näher an, so las­sen sich die­se Pro­ble­me schnell zur Sei­te räumen.

Als Alter­na­ti­ve wird öfters der Basis­ta­rif der pri­va­ten Kran­ken­ver­si­che­rung (PKV) genannt, wenn wegen der erwähn­ten Ver­pflich­tungs­er­klä­rung zur Siche­rung des Lebens­un­ter­halts die Auf­nah­me in die GKV nicht mög­lich ist, und eine PKV Voll­ver­si­che­rung auf­grund von Ein­tritts­al­ter und / oder Gesund­heits­pro­ble­men nicht mög­lich ist.

Die­ser Basis­ta­rif der PKV bleibt auf­grund eines befris­te­ten Auf­ent­halts­ti­tels per Gesetz und eini­ger Gerichts­ent­schei­dun­gen ver­schlos­sen (sie­he z. B. LG Mün­chen II, End­ur­teil v. 06.04.2021 – 10 O 1137/20 Ver)[3].

Inco­ming-Ver­si­che­run­gen bie­ten kei­nen sub­sti­tu­ti­ven Krankenversicherungsschutz

Unzwei­fel­haft kann etwa der Tarif „ADAC Rei­se-Kran­ken­ver­si­che­rung für Besu­cher der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land“ des ADAC mit Stand 01.2017 nicht mit den Leis­tun­gen der GKV ver­gli­chen wer­den. Wesent­li­che Abwei­chun­gen sind unter anderem:

  • Maxi­ma­le Ver­trags­dau­er von 12 Monaten
  • Rei­ne Akut­ver­sor­gung, nicht jedoch Kos­ten­über­nah­me für Zahn­pro­phy­la­xe, sons­ti­ge Vor­sor­ge­un­ter­su­chun­gen oder nicht beschwer­de­be­ding­te Hebammenbesuche
  • Kei­ne Bil­dung von Alterungsrückstellungen
  • Kei­ne Pflegepflichtversicherung
  • Kein Bei­trags­zu­schlag von 10% bei Errei­chen des 21. Lebensjahres

Auch die Leis­tun­gen von Care Con­cept mit dem Risi­ko­trä­ger Han­se Mer­kur sind bei­spiels­wei­se im Tarif „Care Expa­tria­te Com­fort“ mit Stand 2011 deut­lich gegen­über den Leis­tun­gen der GKV abweichend:

  • Maxi­ma­le Ver­trags­dau­er von 12 Monaten
  • Kos­ten­über­nah­me für Heb­am­men­be­su­che vor und nach der Geburt nur im Fall aku­ter Beschwerden
  • Kei­ne Bil­dung von Alterungsrückstellungen
  • Kei­ne Pflegepflichtversicherung
  • Kein Bei­trags­zu­schlag von 10% bei Errei­chen des 21. Lebensjahres

Vor die­sem Hin­ter­grund ist es nur kor­rekt, dass sowohl der ADAC als auch Care Con­cept bestä­ti­gen, dass sie jeweils nicht als sub­sti­tu­ti­ve Kran­ken­ver­si­che­rung anzu­se­hen sind.

Lite­ra­tur­tipp: Aus­führ­li­che­re Infor­ma­tio­nen zum The­ma fin­den Sie in dem PKV-Kom­men­tar von Bach / Moser auf den Sei­ten 176 – 180.

Ers­te Hür­de: Erlö­schen der Verpflichtungserklärung

Grund­sätz­lich scheint hier­mit der Weg von der Inco­ming-Ver­si­che­rung in die gesetz­li­che Kran­ken­ver­si­che­rung mög­lich zu sein, doch sind wei­te­re Fall­stri­cke zu überwinden.

Der Zugang zur GKV bleibt im Rah­men des § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buch­sta­be b SGB V dann ver­wehrt, wenn wei­ter­hin eine Ver­pflich­tung zur Siche­rung des Lebens­un­ter­halts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Auf­ent­halts­ge­setz­tes besteht, also eine so genann­te „Ver­pflich­tungs­er­klä­rung“.  Ob der ein­zel­ne Kran­ken­ver­si­che­rer tat­säch­lich bei der zustän­di­gen Aus­län­der­be­hör­de anfragt, kann von Fall zu Fall anders sein, doch kann eine wei­ter­hin bestehen­de Ver­pflich­tungs­er­klä­rung bei feh­len­der Über­prü­fung dazu füh­ren, dass rück­wir­kend die Anspruchs­vor­aus­set­zung für einen Wech­sel von der Inco­ming-Ver­si­che­rung in die GKV entfällt.

Betrof­fe­ne soll­ten sich daher von der zustän­di­gen Aus­län­der­be­hör­de bestä­ti­gen las­sen, dass mit der Aus­stel­lung einer Auf­ent­halts­er­laub­nis nach § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 Auf­enthG eine zuvor abge­ge­be­ne Ver­pflich­tungs­er­klä­rung einer drit­ten Per­son nach § 68 Abs. 1 S. 4 Auf­enthG erlischt.

Alter­na­ti­ve ers­te Hür­de: Nach­weis der Siche­rung des Lebensunterhaltes

Wur­de gar nicht erst eine Ver­pflich­tungs­er­klä­rung abge­ge­ben, muss der Aus­län­der für die Ertei­lung einer Auf­ent­halts­er­laub­nis nach § 2 Auf­enthG eine ander­wei­ti­ge Siche­rung sei­nes Lebens­un­ter­halts nach­wei­sen. Nach Satz 3 ist der Lebens­un­ter­halt eines Aus­län­ders dann gesi­chert, wenn er ihn ein­schließ­lich aus­rei­chen­den Kran­ken­ver­si­che­rungs­schut­zes (z.B. Mit­glied­schaft in der GKV) ohne Inan­spruch­nah­me öffent­li­cher Mit­tel bestrei­ten kann. Nicht als Inan­spruch­nah­me öffent­li­cher Mit­tel zäh­len nach § 2 Absatz 3 unter ande­rem Kin­der­geld, Erzie­hungs­geld, Eltern­geld oder Leis­tun­gen nach dem Unter­halts­vor­schuss­ge­setz.

Bei der Ertei­lung oder Ver­län­ge­rung einer Auf­ent­halts­er­laub­nis zum Fami­li­en­nach­zug wer­den Bei­trä­ge der Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen zum Haus­halts­ein­kom­men berücksichtigt.

Der Lebens­un­ter­halt gilt für die Ertei­lung einer Auf­ent­halts­er­laub­nis nach § 16 Auf­enthG (Stu­di­um; Sprach­kur­se; Schul­be­such) als gesi­chert, wenn der Aus­län­der über monat­li­che Mit­tel in Höhe des monat­li­chen Bedarfs, der nach den §§ 13 und 13a Abs. 1 des BAföG bestimmt wird, ver­fügt (BAföG Höchst­satz = max. 861,- Euro für 2021/22).

Für die Ertei­lung einer Auf­ent­halts­er­laub­nis nach § 28 Auf­enthG (Fami­li­en­nach­zug zu Deut­schen) gilt ein Betrag in Höhe von zwei Drit­teln der Bezugs­grö­ße (66 % x 3.290,00 Euro = 2.171,40 Euro – Stand 2022) im Sin­ne des § 18 des SGB IV als aus­rei­chend zur Deckung der Kos­ten der Lebenshaltung.

Das Bun­des­mi­nis­te­ri­um des Innern gibt die Min­dest­be­trä­ge nach den Sät­zen 5 und 6 für jedes Kalen­der­jahr jeweils bis zum 31. Dezem­ber des Vor­jah­res im Bun­des­an­zei­ger bekannt. Hilf­reich ist es in jedem Fall, dass der Aus­län­der ein regel­mä­ßi­ges, nach­weis­ba­res Ein­kom­men ober­halb des Sozi­al­hil­fe­sat­zes erhält.  Bei nicht ver­hei­ra­te­ten Part­nern kön­nen ggf. Unter­halts­zah­lun­gen an den aus­län­di­schen Part­ner mit der Ein­kom­men­steu­er­erklä­rung dem Finanz­amt in Rech­nung gestellt wer­den (Anla­ge U).

Zwei­te Hür­de: die Vergangenheit

Ent­fällt die Ver­pflich­tung zur Siche­rung des Lebens­un­ter­halts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Auf­ent­halts­ge­set­zes mit der Geneh­mi­gung des dau­er­haf­ten Auf­ent­halts, tritt Ver­si­che­rungs­pflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buch­sta­be b SGB V dann trotz­dem nicht ein, wenn

  • zuletzt eine pri­va­te Kran­ken­ver­si­che­rung* bestan­den hat

und/oder

  • die Per­son in ihrem frü­he­ren Erwerbs­le­ben zuletzt haupt­be­ruf­lich selbst­stän­dig tätig war oder zu den ver­si­che­rungs­frei­en Per­so­nen nach § 6 Abs. 1 oder 2 SGB V gehört hät­te, wenn sie ihre Tätig­keit im Inland aus­ge­übt hätte.

*Eine Inco­ming-Ver­si­che­rung ist eine Rei­se­ver­si­che­rung und zählt in die­sem Sin­ne nicht als pri­va­te Krankenversicherung

Sind die Vor­aus­set­zun­gen für die Ver­si­che­rungs­pflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buch­sta­be b SGB V erfüllt, beginnt die Mit­glied­schaft nach § 186 Abs. 11 Satz 2 SGB V mit dem ers­ten Tag der Gel­tung der dau­er­haf­ten Auf­ent­halts­er­laub­nis (= Tag der Ausstellung)

Check­lis­te für die Auf­nah­me einer Mit­glied­schaft in der GKV für Nicht-EU-Ausländer

• Ver­si­che­rungs­fä­hig­keit nach § 5 Abs. 11 Satz 1 SGB V

Bestä­ti­gung des Inco­ming-Ver­si­che­rers, dass die­ser nicht die Anfor­de­run­gen einer sub­sti­tu­ti­ven Kran­ken­voll­ver­si­che­rung erfüllt

Antrags­for­mu­lar für die gewähl­te GKV

• Kopie des Auf­ent­halts­ti­tels, aus dem der Gül­tig­keits­zeit­raum hervorgeht

• Bestä­ti­gung der zustän­di­gen Aus­län­der­be­hör­de, dass kei­ne Ver­pflich­tungs­er­klä­rung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Auf­enthG (mehr) besteht

Nach­weis über eine Siche­rung des Lebensunterhalts

§ 5 Abs. 11 Satz 1 SGB V regelt auch wesent­li­che Vor­aus­set­zun­gen für die Ver­si­che­rung von Asyl­be­wer­bern sowie von Ange­hö­ri­gen eines ande­ren Mit­glied­staa­tes der Euro­päi­schen Uni­on, von Ange­hö­ri­gen ande­rer Ver­trags­staa­ten des Abkom­mens über den Euro­päi­schen Wirt­schafts­raum oder für Staats­an­ge­hö­ri­ge der Schweiz.

Kön­nen Kin­der von Nicht-GKV-Ver­si­cher­ten in der GKV ver­si­chert werden?

Wer als Aus­län­der über eine Inco­ming-Ver­si­che­rung nach Deutsch­land kommt, hat sich oft nicht nur um den Ver­si­che­rungs­schutz für sich selbst, son­dern auch um den Ver­si­che­rungs­schutz für mit­ge­brach­te oder in Deutsch­land neu gebo­re­ne Kin­der zu kümmern.

Fol­gen­de Kon­stel­la­tio­nen sind denkbar:

  1. Es exis­tiert eine Ehe mit einem in Deutsch­land woh­nen­den Part­ner, über den eine Fami­li­en­ver­si­che­rung in der GKV mög­lich ist
  2. Eige­ne in Deutsch­land gebo­re­ne Kin­der der ein­rei­sen­den Per­son kön­nen im Rah­men von § 5 Abs. 1 Nr. 13 b SGB V und § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 SGB XI ab dem Tag der Geburt gegen eige­nen Bei­trag frei­wil­lig ver­si­chert wer­den. Hier­zu sind weder eine bestehen­de Ehe noch eine vor­he­ri­ge Mit­glied­schaft eines der bei­den Eltern­tei­le in der GKV erfor­der­lich. Viel­mehr ist dies auch dann mög­lich, wenn der nicht Inco­ming-Ver­si­cher­te Mit­glied einer pri­va­ten Kran­ken­ver­si­che­rung ist.
  3. Ein­rei­sen­de, nicht in Deutsch­land gebo­re­ne Kin­der, kön­nen ent­we­der im Rah­men der Fami­li­en­ver­si­che­rung über einen der bei­den Eltern­tei­le nach § 10 SGB V fami­li­en­ver­si­chert wer­den oder sich – bei feh­len­der Ver­si­che­rungs­pflicht – alter­na­tiv pri­vat kran­ken­ver­si­chern. Hier kann es aller­dings in der Pra­xis gro­ße Pro­ble­me geben, da nicht jeder poten­ti­el­le Ver­trags­part­ner dazu bereit ist, Per­so­nen auf­zu­neh­men, die über kei­nen vor­her­ge­hen­den deut­schen Ver­si­che­rungs­schutz verfügen.

Neu­ge­bo­re­ne Kin­der kön­nen sich also in vie­len Fäl­len auch dann gesetz­lich frei­wil­lig kran­ken­ver­si­chern, wenn kein Eltern­teil zum Zeit­punkt der Geburt Mit­glied der GKV war. Sind dann zu einem spä­te­ren Zeit­punkt die Vor­aus­set­zun­gen für eine Fami­li­en­ver­si­che­rung gege­ben, wer­den sie dann auf Antrag auto­ma­tisch und rück­wir­kend Mit­glie­der in der Fami­li­en­ver­si­che­rung ihrer Eltern.

Auch hier sind fal­sche oder irre­füh­ren­de Aus­künf­te kei­ne Aus­nah­me. So schrieb etwa die AOK Nie­der­sach­sen als Ant­wort auf eine Anfra­ge unter ande­rem folgendes:

„Das Baby kann ledig­lich bei der Mut­ter fami­li­en­ver­si­chert wer­den, es sei denn eines der Eltern­tei­le hat Vor­ver­si­che­rungs­zei­ten (zuletzt unun­ter­bro­chen 12 Mona­te oder in den letz­ten 5 Jah­ren 2 Jah­re) in der gesetzl. Kran­ken­ver­si­che­rung zurückgelegt.“

Hin­ter­grund der Anfra­ge waren eine Part­ne­rin, die bis­lang über eine Inco­ming-Ver­si­che­rung aus dem Nicht-EU-Aus­land nach Deutsch­land ein­ge­reist war, wäh­rend der Vater des gemein­sa­men Kin­des pri­vat kran­ken­voll­ver­si­chert war. Zwi­schen­zeit­lich hat hier ein ande­rer gesetz­li­cher Kran­ken­ver­si­che­rer Ver­si­che­rungs­schutz für das Baby über­nom­men und zwar bereits vor Ein­tritt der Mut­ter in die GKV.

Als Ver­mitt­ler soll­ten Sie beach­ten, dass es sinn­voll sein kann, direkt ab Geburt eine leis­tungs­star­ke Absi­che­rung gegen Krank­heit (z.B. Kran­ken­zu­satz­ver­si­che­rung), Pfle­ge­be­dürf­tig­keit oder Unfäl­le zu vereinbaren.

Dank sei an die­ser Stel­le Herrn Wer­ner All­dag von der Mobil­kran­ken­kas­se für vie­le fach­li­che Hin­wei­se und die Hil­fe bei der Bear­bei­tung schwie­ri­ger Fäl­le. Lei­der scheint es oft der Fall zu sein, dass inter­ne Arbeits­an­wei­sun­gen abge­ar­bei­tet wer­den, ohne die­se ein­mal kri­tisch zu hin­ter­fra­gen und den kon­kre­ten Ein­zel­fall hin­rei­chend zu prüfen.

Hin­weis: Der Bei­trag erschien erst­mals am 20.06.2017 in der Zeit­schrift „Risi­ko & Vor­sor­ge“ und wur­de hier ledig­lich in Bezug auf die Rechts­la­ge aktualisiert.

Mehr zum The­ma fin­den Sie hier:

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Deutsch und Thailändisch
Die­ser Bei­trag auf Spanisch

[1] Sie­he z.B. Bach / Moser „Pri­va­te Kran­ken­ver­si­che­rung. Kom­men­tar zu den MB/KK und MB/KT.“ Mün­chen (C.H. Beck), 5. Auf­la­ge, 2015, S. 177

[2] Sie­he z.B. Bach / Moser „Pri­va­te Kran­ken­ver­si­che­rung. Kom­men­tar zu den MB/KK und MB/KT.“ Mün­chen (C.H. Beck), 5. Auf­la­ge, 2015, S. 179

[3] „LG Mün­chen II, End­ur­teil v. 06.04.2021 – 10 O 1137/20 Ver“ auf „geset​ze​-bay​ern​.de“. Auf­zu­ru­fen unter https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y‑300-Z-BECKRS-B-2021-N-6662?hl=true, zuletzt auf­ge­ru­fen am 18.02.2022.

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