Flur­stück­pro­ble­ma­tik in der Wohngebäudeversicherung

Im Rah­men der Wohn­ge­bäu­de­ver­si­che­rung besteht Ver­si­che­rungs­schutz nur auf dem Ver­si­che­rungs­grund­stück. Hier­bei kön­nen Ver­si­cher­te aller­dings bei dem Bestre­ben um umfas­sen­den Ver­si­che­rungs­schutz leicht in eine Deckungs­fal­le lau­fen. So heißt es in den unver­bind­li­chen Mus­ter­be­din­gun­gen des Gesamt­ver­ban­des der Deut­schen Ver­si­che­rungs­wirt­schaft (VGB 2022 – Wert 1914 „Glei­ten­der Neu­wert Plus“ bzw. den VGB 2022 – Wohn­flä­chen­mo­dell) wie folgt:

„A 8 Was ist unter dem Ver­si­che­rungs­ort zu verstehen?

Der Ver­si­che­rungs­ort ist das Ver­si­che­rungs­grund­stück. Das Ver­si­che­rungs­grund­stück ist das Flurstück/sind die Flur­stü­cke, auf dem das ver­si­cher­te Gebäu­de steht. Ste­hen auf einem Flur­stück meh­re­re Gebäu­de, ist der­je­ni­ge Teil des Flur­stücks Ver­si­che­rungs­ort, der durch Ein­frie­dung oder ander­wei­ti­ge Abgren­zung aus­schließ­lich zu dem/den ver­si­cher­ten Gebäude(n) gehört.“

Post­an­schrift und Ver­si­che­rungs­ort kön­nen auseinanderfallen

An die­ser Stel­le sind erst­mal die Begrif­fe „Ein­frie­dung“ sowie „ander­wei­ti­ge Abgren­zung“ zu defi­nie­ren. Eine Ein­frie­dung kön­nen z. B. eine Hecke, eine Mau­er oder ein Zaun sein. Als sons­ti­ge Abgren­zun­gen könn­te man z. B. als Lärm­schutz­wän­de oder Außen­wän­de von Gebäu­den verstehen.

Nicht immer ent­spricht die Post­an­schrift eines Ver­si­che­rungs­neh­mers dem Ver­si­che­rungs­ort gemäß Ver­si­che­rungs­schein (sie­he LG Dort­mund, Urteil vom 15.05.2008 – 2 O 211/07):

„Der Ver­si­che­rungs­ort ist nicht zwangs­läu­fig mit der im Ver­si­che­rungs­schein in Bezug genom­me­nen Post­an­schrift gleich­zu­set­zen; er kann auch ein im sel­ben Eigen­tum ste­hen­des Flur­stück mit umfas­sen, wel­ches an das mit einer Post­an­schrift ver­se­he­ne bebau­te Flur­stück angrenzt, wenn die grund­buch­li­che Tren­nung aus der Ört­lich­keit nicht erkenn­bar ist.“[1]

Von einem ande­ren Mak­ler als Son­der­fall beschrie­ben wur­de eine Lager­hal­le, die an einen Drit­ten ver­kauft wur­de. Unter die­ser liegt ein Kel­ler, der zu einem der Hal­le benach­bar­ten Gebäu­de gehört. Unzwei­fel­haft stün­de hier das ver­si­cher­te Gebäu­de auf einem Flur­stück, der Kel­ler wie­der­um unter einem nicht dem Ver­si­che­rungs­neh­mer zuge­hö­ri­gen Flur­stück. In sol­chen Fäl­len soll­te eine etwa­ige Mit­ver­si­che­rung der Kel­ler­räum­lich­kei­ten zwin­gend vor Antrags­stel­lung vom ange­streb­ten Ver­si­che­rer aus­drück­lich bestä­tigt werden.

Nicht immer steht alles auf einem Flurstück

In der Pra­xis kann es vor­kom­men, dass das Ver­si­che­rungs­grund­stück eines Kun­den zwar aus meh­re­ren Flur­stü­cken besteht, hier­zu aber nur eine ein­zi­ge Haus­num­mer ver­ge­ben wur­de. Dann steht ggf. das Haupt­ge­bäu­de nur auf einem die­ser Flur­stü­cke, Anbau­ten oder Neben­ge­bäu­de jedoch auf einem ande­ren Flur­stück. Es ist sogar mög­lich, dass sich auf einer Haus­num­mer meh­re­re Flur­stü­cke mit ver­schie­de­nen Eigen­tü­mern befinden.

Mög­lich sind auch Fäl­le, bei denen einem Ver­si­che­rungs­neh­mer zwei (unter Umstän­den angren­zen­de) Flur­stü­cke mit sogar zwei Haus­num­mern gehö­ren; auf einem steht ein Wohn­ge­bäu­de, auf dem zwei­ten nur eine Gara­ge. Im Zwei­fel ist die Haus­num­mer auf der Gara­ge nicht ersicht­lich, so dass bei­de Flur­stü­cke unter einer Post­an­schrift erfasst sind.

Mit­un­ter fin­den sich auch Flur­stü­cke, auf denen nur ein Car­port mit dar­auf befind­li­cher Pho­to­vol­ta­ik­an­la­ge zu fin­den sind, wäh­rend das Wohn­ge­bäu­de auf einem ande­ren Flur­stück mit einer eige­nen Haus­num­mer ver­or­tet ist.

Sol­che Kon­stel­la­tio­nen kön­nen etwa dadurch gesche­hen, dass ein Ver­si­che­rungs­neh­mer sich eigen­ver­ant­wort­lich Flur­stü­cke von Nach­barn hin­zu­ge­kauft hat, dass durch einen Erb­fall wei­te­re Flur­stü­cke in des­sen Eigen­tum kamen oder dass aus ande­ren Grün­den eine Real­tei­lung von Flur­stü­cken vor­ge­nom­men wur­de. Es kommt auch vor, dass Ehe­gat­ten oder frü­he­re Ehe­gat­ten aus diver­sen Grün­den Antei­le einer Lie­gen­schaft abkau­fen, dann aber gegen­sei­ti­ge Dienst­bar­kei­ten (z. B. Nut­zungs­rech­te an einer gemein­schaft­li­chen Klein­klär­an­la­ge oder einem gemein­sa­men Wäsche­kel­ler) ver­ein­ba­ren (müs­sen).

Die „neu­en“ Bundesländer

In der Pra­xis ein gro­ßes Pro­blem kann auch das Grund­stücks­be­rei­ni­gungs­ge­setz bedeu­ten, wel­ches am 25.12.1993 in Kraft trat. Betrof­fen davon sind Grund­stücks­ei­gen­tü­mer in den „neu­en“ Bun­des­län­dern. Durch das Gesetz wur­de es mög­lich, dass Grund­dienst­bar­kei­ten (z. B. Durch­lei­tung von Roh­ren für Brauch­was­ser) zu Las­ten der Ver­sor­ger (z. B. Gas‑, Was­ser- oder Strom­ver­sor­gung) ent­ste­hen konn­ten. Dabei galt:

„Nach dem Inkraft­tre­ten des GBBerG waren Grund­dienst­bar­kei­ten aus­ge­schlos­sen, wenn Anschluss­ver­trä­ge mit dem Grund­stücks­ei­gen­tü­mer bestan­den (§ 9 Abs. 2 GBBerG). In die­sen Fäl­len waren die Ver­sor­ger hin­rei­chend durch die Ver­ord­nun­gen über All­ge­mei­ne Bedin­gun­gen für die Ver­sor­gung mit Gas (AVB­GasV) oder für Fern­wär­me (AVB­Fern­wär­meV) oder für Strom (AVBEltV, jetzt Nie­der­span­nungs­an­schluss­ver­ord­nungNAV) abge­si­chert, nach denen die Grund­stücks­ei­gen­tü­mer jeweils Ener­gie­an­la­gen dul­den muss­ten.“[2]

Gut­glau­bens­schutz vom Gesetz­ge­ber befris­tet ausgehebelt

Das neue Gesetz führ­te in der Pra­xis zu einem gro­ßen Problem:

„Durch das gesetz­li­che Ent­ste­hen­las­sen einer beschränk­ten per­sön­li­chen Dienst­bar­keit wur­den mit einem Schlag alle Grund­bü­cher der betrof­fe­nen Eigen­tü­mer falsch. Das Grund­stück, auf dem eine Ver­sor­gungs­lei­tung ver­lief, war mit einer Grund­dienst­bar­keit belas­tet. Die­se Grund­dienst­bar­keit war aber im Grund­buch nicht ein­ge­tra­gen.“ [3]

In der Fol­ge war es mög­lich, dass Ver­sor­ger bei einer Über­tra­gung von Grund­stü­cken auf Drit­te ihrer Grund­dienst­bar­kei­ten ver­lus­tig wur­den, wäh­rend der neue Eigen­tü­mer ein las­ten­frei­es Grund­stück erwarb. 

Um hier ent­ge­gen­zu­wir­ken, wur­de der Gut­glau­bens­schutz für Grund­buch­ein­tra­gun­gen vom Gesetz­ge­ber aus­ge­he­belt, dies aller­dings mit Frist­set­zung zum 31.12.2010. Eigen­tü­mer oder Eigen­tü­mer­ge­mein­schaf­ten, die die­se Frist ver­strei­chen lie­ßen, tra­gen im Scha­den­fall  die Beweis­last für Fremd­lei­tun­gen, die auf ihrem eige­nen Grund­stück ver­legt lie­gen. Dabei haben kom­mu­na­le Trä­ger jeder­zeit das Recht, vor­han­de­ne Lei­tun­gen ins Grund­buch ein­zu­tra­gen, dies auch dann, wenn kei­ne Dienst­bar­keit besteht. Nur, wer erst seit dem 01.01.2011 ein Grund­stück erwarb, durf­te sich wie­der auf die Ein­tra­gun­gen im Grund­buch ver­las­sen. Das Lei­tungs­recht des Ver­sor­gers besteht dann nur noch, wenn es zwi­schen die­sem und dem Grund­stücks­ei­gen­tü­mer zu einer ent­spre­chen­den Eini­gung kommt[4].

Pro­ble­ma­tik der Lei­tungs­füh­rung auf frem­dem Grund und Boden

Neben der oben dar­ge­stell­ten Pro­ble­ma­tik kann es in den „neu­en“ Bun­des­län­dern vor­kom­men, dass ein Ver­si­che­rungs­neh­mer eige­ne Ver­sor­gungs­lei­tun­gen hat, die über ein frem­des Grund­stück mit Lei­tun­gen des kom­mu­na­len Ver­sor­gers ver­bun­den sind. Pro­ble­ma­tisch ist es, wenn die Lei­tungs­füh­rung über frem­den Grund geht und  nicht bis zum 31.10.2010  ins Grund­buch des Nach­barn als Dienst­bar­keit ein­ge­tra­gen wur­de. Gemäß Nach­bar­schafts­recht sind die­se Lei­tun­gen z. B. in Sach­sen vom frem­den Grund­stücks­ei­gen­tü­mer grund­sätz­lich zu dul­den. Dafür darf der Besit­zer des Fremd­grund­stücks aller­dings eine Mie­te ver­lan­gen. Im Detail kön­nen sich die Bestim­mun­gen zum Nach­bar­schafts­recht je nach Bun­des­land deut­lich unterscheiden.

Haft­pflicht­ri­si­ko bei Roh­ren auf frem­dem Grund

Rohr­lei­tun­gen auf frem­dem Grund soll­ten in der Bera­tung auch auf die damit ver­bun­de­nen Haft­pflicht­ri­si­ken unter­sucht wer­den. Geht ein sol­ches Rohr z. B. durch Bruch oder Wur­ze­lein­wuchs kaputt, so hat erst ein­mal der Grund­stücks­ei­gen­tü­mer für eine Repa­ra­tur des Scha­dens zu sor­gen. Dabei besteht das Risi­ko, dass es durch den Scha­den auch zu einem Umwelt­scha­den am eige­nen Grund des fik­ti­ven Eigen­tü­mers kommt. 

Stellt der Grund­stücks­ei­gen­tü­mer dann fest, dass es sich bei der kaput­ten Leis­tung um eine sol­che han­delt, die im Eigen­tum eines Drit­ten steht, dann steht ihm Regress beim eigent­li­chen Eigen­tü­mer zu. Im Zwei­fel kann es sich dabei her­aus­stel­len, dass der tat­säch­li­che Eigen­tü­mer nicht liqui­de ist, so dass der fik­ti­ve Eigen­tü­mer auf den Repa­ra­tur­kos­ten sowie den Fol­gen eines Umwelt­scha­dens sit­zen bleibt. Hier könn­te gege­be­nen­falls eine For­de­rungs­aus­fall­de­ckung im Rah­men der Pri­vat­haft­pflicht­ver­si­che­rung des Geschä­dig­ten Abhil­fe verschaffen,

Sowohl in den alten als auch in den neu­en Bun­des­län­dern ist nicht nur zu beach­ten, ob Flur­stü­cke wirk­lich bebaut oder unbe­baut sind, son­dern auch, ob auf unbe­bau­ten Grund­stü­cke etwa­ige Roh­re ver­legt sind, die nicht der Ver­sor­gung des ver­si­cher­ten Grund­stücks die­nen (z. B. Fremd­lei­tungs­roh­re einer gemein­schaft­li­chen Klär­an­la­ge oder Roh­re / ver­rohr­te Bach­läu­fe der Oberflächenentwässerung).

Abwei­chen­de Eigen­tums­ver­hält­nis­se berücksichtigen

Mit­un­ter kann es auch sein, dass für ein­zel­ne Flur­stü­cke der Ver­si­che­rungs­neh­mer nicht ein­zi­ger Eigen­tü­mer ist, son­dern dass sich die­se im Eigen­tum einer Woh­nungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft befin­den. Sol­che Kon­stel­la­tio­nen soll­ten dann nicht nur bei der bedarfs­ge­rech­ten Ver­si­che­rung von Woh­nungs­ei­gen­tum im Rah­men einer Wohn­ge­bäu­de­ver­si­che­rung berück­sich­tigt wer­den; dar­über hin­aus spie­len abwei­chen­de Besitz­ver­hält­nis­se auch eine wich­ti­ge Rol­le bei der Beschaf­fung von Ver­si­che­rungs­schutz im Rah­men etwa einer Pri­vat­haft­pflicht­ver­si­che­rung, Haus- und Grund­be­sit­zer­haft­pflicht­ver­si­che­rung sowie einer Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen­ver­si­che­rung / Ver­si­che­rung zur Absi­che­rung erneu­er­ba­rer Ener­gien. Eben­falls zu beach­ten ist, inwie­fern z. B. Fahr­stüh­le vor­han­den sind, für die eine ergän­zen­de Elek­tro­nik- bzw. Haus­tech­nik­ver­si­che­rung anzu­ra­ten ist.

Klein­klär­an­la­gen mitversichert?

Zu beach­ten ist, dass Klär­an­la­gen im länd­li­chen Raum Anla­gen­ge­mein­schaf­ten sein kön­nen, in den neu­en Bun­des­län­dern in der Regel (DDR-)Gemeinschaftsanlagen. Mit­un­ter wer­den sol­che Gemein­schafts­klär­an­la­gen von meh­re­ren Gemein­den gemein­sam betrie­ben[5].

Bei Eigen­tü­mer­ge­mein­schaf­ten besteht oft kei­ne Mit­ver­si­che­rung des Umwelt­scha­den­ri­si­kos im Rah­men einer vor­han­de­nen Pri­vat- bzw. Haus- und Grund­be­sit­zer­haft­pflicht­ver­si­che­rung (z. B. Schä­den an frem­dem Grund und Boden nach Bruch von Roh­ren zur Ablei­tung von Klär­schlamm). Inso­fern soll­te über die rei­ne Bera­tung zur Wohn­ge­bäu­de­ver­si­che­rung auch die­ses The­ma ange­spro­chen werden.

Beach­ten Sie, dass nicht alle Ver­si­che­rer Klär­an­la­gen zu den ver­si­cher­ten Sachen zäh­len. Dies gilt auch für Roh­re, die mit einer Klär­an­la­ge ver­bun­den sind, also sowohl Zu- und Ablei­tun­gen auf und außer­halb des Ver­si­che­rungs­grund­stücks. Prü­fen Sie hier, inwie­fern eine umfas­sen­de Absi­che­rung besteht. Ins­be­son­de­re gilt die­ser Hin­weis für Gemein­schafts­klär­an­la­gen auf dem Grund­stück eines Ver­si­che­rungs­neh­mers, die auf dem glei­chen Flur­stück wie des­sen Gebäu­de stehen. 

Umwelt­scha­den­de­ckung nicht immer gegeben

Hier kann es im Ein­zel­fall nach recht­li­cher Prü­fung sinn­voll sein, eine gemein­schaft­lich genutz­te Klär­an­la­ge einem getrenn­ten Flur­stück zuzu­wei­sen. Andern­falls besteht das Haft­pflicht­ri­si­ko für öffent­lich-recht­li­che Regress­an­sprü­che wegen eines Umwelt­scha­dens nach dem Umwelt­scha­den­ge­setz am eige­nen Grund und Boden des Ver­si­che­rungs­neh­mers. In der Regel ist die­ses Risi­ko nicht versichert.

Da Dekon­ta­mi­na­ti­ons­kos­ten in der Wohn­ge­bäu­de­ver­si­che­rung in der Regel nur als Fol­ge eines ver­si­cher­ten Scha­dens am Gebäu­de ver­si­chert sind, ent­fällt regel­mä­ßig der Ver­si­che­rungs­schutz für Umwelt­schä­den nach dem Umwelt­scha­den­ge­setz für Schä­den am eige­nen Grund und Boden durch z. B. Klär­an­la­gen oder Elektrofahrzeuge.

Im Rah­men der Wohn­ge­bäu­de­ver­si­che­rung sind Ab– und Zulei­tungs­roh­re außer­halb des Ver­si­che­rungs­grund­stücks in der Regel nur teil­wei­se oder gar nicht mit­ver­si­chert. In die­sem Kon­text sind die Besitz­ver­hält­nis­se der auf dem eige­nen Grund­stück des Ver­si­che­rungs­neh­mers ver­leg­ten Roh­re zu prü­fen und auch sol­che Roh­re bei der Gestal­tung des Ver­si­che­rungs­schut­zes zu berück­sich­ti­gen, die sich zwar im Eigen­tum des Ver­si­che­rungs­neh­mers befin­den, jedoch auf ande­ren Grund­stü­cken ver­legt sind.

Eige­ne Gebäu­de auf frem­dem Grund

Einen Son­der­fall stel­len auch Grund­stü­cke dar, die einem Ver­si­che­rungs­neh­mer im Rah­men von Erb­bau­recht, der so genann­ten „Erb­pacht“, über­las­sen wur­den. Hier wird das Land nicht gekauft, son­dern nur auf befris­te­te Zeit gepach­tet. Inso­fern steht der Ver­si­che­rungs­neh­mer auch nicht als Eigen­tü­mer im Grund­buch. Viel­mehr steht das eige­ne Gebäu­de des Ver­si­che­rungs­neh­mers auf frem­dem Grund und Boden. Gera­de in den „neu­en“ Bun­des­län­dern ist Pacht­land bis heu­te weit verbreitet.

Ver­si­che­rungs­mak­ler kön­nen unter ande­rem durch Sich­ten der jewei­li­gen Flur­kar­ten– / Geo­por­ta­le der Bun­des­län­der  Infor­ma­tio­nen zu den maß­geb­lich vor­han­de­nen Flur­stü­cken eines Kun­den erhal­ten. Dazu exis­tie­ren kom­mu­na­le Kar­ten der jewei­li­gen Stadt, die meist sehr aktu­ell sind.

Wün­schens­wert wäre es, wenn Ver­si­che­rer ihre Bedin­gun­gen so gestal­ten wür­den, dass sämt­li­che im Eigen­tum eines Ver­si­che­rungs­neh­mers befind­li­chen Grund­stü­cke, die sich eine Post­an­schrift tei­len, als gemein­sa­mer Ver­si­che­rungs­ort defi­niert würden.

Flur- und Grund­stück nicht immer deckungsgleich

Pro­ble­ma­tisch kann ein Aus­ein­an­der­fal­len von Ver­si­che­rungs­ort und Flur­stü­cken für bestimm­te Scha­den­fäl­le sein. So muss­te etwa das Land­ge­richt Ber­lin über einen Über­schwem­mungs­scha­den an einem Ein­fa­mi­li­en­haus urtei­len. Dabei äußer­te sich das Gericht in sei­nem Urteil vom 29.03.2019 (Az. 23 O 111/18) unter ande­rem wie folgt:

„Schon die­ser jedem Leser des Bedin­gungs­werks unmit­tel­bar ein­leuch­ten­de Rege­lungs­zu­sam­men­hang macht deut­lich, dass die blo­ße Über­flu­tung des Kel­ler­ge­schos­ses des ver­si­cher­ten Gebäu­des die Defi­ni­ti­on der Über­schwem­mung nicht erfül­len kann. Denn es ist eine Über­flu­tung des Flur­stücks, auf dem das ver­si­cher­te Gebäu­de steht, erfor­der­lich. Das Bedin­gungs­werk unter­schei­det erkenn­bar zwi­schen dem ver­si­cher­ten Gebäu­de einer­seits und dem Flur­stück, auf dem das Gebäu­de steht, ande­rer­seits. Damit ist eine bedin­gungs­ge­mä­ße Über­schwem­mung nur dann anzu­neh­men, wenn zunächst die außer­halb des Gebäu­des lie­gen­de Gelän­de­ober­flä­che über­flu­tet ist, was vor­lie­gend nicht der Fall war.“[6]

Ver­schmel­zung nur, wenn Angren­zung gegeben

Befin­den sich meh­re­re Flur­stü­cke im Besitz nur eines Eigen­tü­mers und gren­zen die­se unmit­tel­bar anein­an­der, so kommt unter Umstän­den eine Zusam­men­le­gung zu einem Grö­ße­ren in Betracht. Für Nie­der­sach­sen fin­det sich hier­zu fol­gen­de Grundlage:

„Ört­lich und wirt­schaft­lich eine Ein­heit bil­den­de Flur­stü­cke kön­nen zu einem neu­en Flur­stück ver­schmol­zen wer­den, wenn sie im Grund­buch unter einer lau­fen­den Num­mer geführt wer­den und nicht unter­schied­lich belas­tet sind.

Die Ver­schmel­zung dient dazu, unüber­sicht­li­che Flur­stücks­si­tua­tio­nen zu berei­ni­gen und nicht mehr benö­tig­te Flur­stücks­gren­zen zu löschen. Anträ­ge auf Ver­schmel­zung von Flur­stü­cken kön­nen beim ört­lich zustän­di­gen Katas­ter­amt des Lan­des­am­tes für Geo­in­for­ma­ti­on und Lan­des­ver­mes­sung Nie­der­sach­sen (LGLN) oder bei Öffent­lich bestell­ten Ver­mes­sungs­in­ge­nieu­rin­nen bzw. Öffent­lich bestell­ten Ver­mes­sungs­in­ge­nieu­ren (ÖbVI) gestellt werden.

Das ört­lich zustän­di­ge Katas­ter­amt des LGLN erstellt einen Fort­füh­rungs­nach­weis, in dem die Ver­än­de­rung im Lie­gen­schafts­ka­tas­ter (z. B. Lage, Grö­ße und Beschrei­bung der Flur­stü­cke) doku­men­tiert wer­den. Die­ser wird dem Grund­buch­amt zur Ein­tra­gung der Ver­schmel­zung auto­ma­ti­siert über­mit­telt.“[7]

Kos­ten für Zusam­men­le­gung je nach Bun­des­land unterschiedlich

Laut ser​vice​.nie​der​sach​sen​.de erfol­ge eine sol­che Ver­schmel­zung gebüh­ren­frei und sei mit einer Bear­bei­tungs­dau­er von etwa 30 Tagen ver­bun­den[8]. Auf bay​ern​por​tal​.de heißt es zu den Kos­ten abwei­chend wie folgt:

„Ver­schmel­zun­gen von Flur­stü­cken, die im Zusam­men­hang mit einer bean­trag­ten Tei­lungs­ver­mes­sung ent­stan­den sind, kön­nen inner­halb einer Frist von 2 Jah­ren kos­ten­frei bean­tragt wer­den.“ [9]

Dar­über hin­aus wer­den für Bay­ern Kos­ten in Abhän­gig­keit von der Zahl der Grenz­punk­te (260 Euro für den ers­ten sowie 60 bis 85 Euro für jeden wei­te­ren Grenz­punkt), der Anzahl der Flur­stü­cke (410 Euro für das ers­te sowie 55 Euro bis 170 Euro für jedes wei­ter Flur­stück) sowie der Anzahl der durch die Ver­schmel­zung weg­fal­len­den Flur­stü­cke (zwi­schen 10 und 40 Euro je weg­fal­len­dem Flur­stück) erho­ben. Dar­über hin­aus erfol­ge die Mul­ti­pli­ka­ti­on mit einem Wert­fak­tor zwi­schen 0,8 und 4,0, eine Umsatz­steu­er von 19 % sowie ggf. ein 20 %iger Auf­schlag für vor­dring­li­che Bear­bei­tung. Im Ein­zel­fall sind noch wei­te­re Kos­ten mög­lich[10].

Zusam­men­le­gung von Flur­stü­cken anzuraten?

Eine Ver­schmel­zung ver­schie­de­ner Flur­stü­cke zu einem grö­ße­ren Flur­stück kann nach­tei­lig sein, wenn z. B. spä­te­re Erben Tei­le des Grund­stücks ver­kau­fen wol­len oder müs­sen und hier­zu erst Grund­dienst­bar­kei­ten oder ande­re Rege­lun­gen (z. B. Zugän­ge zu gemein­sa­men Anschlüs­sen für die Grund­stücks­ent­wäs­se­rung) zu tref­fen sind. Wei­ter ist zu beach­ten, dass es Flur­stü­cke geben kann, in denen vie­le kom­mu­na­le Lei­tun­gen ver­legt sind oder für die spe­zi­el­le Wege­rech­te ver­ein­bart wur­den. Sol­che Grund­stü­cke sind prak­tisch wert­los, wes­halb eine Zusam­men­le­gung sol­cher Flur­stü­cke mit angren­zen­den Flur­stü­cken zu einer (teil­wei­sen) Ent­wer­tung des grö­ße­ren Grund­stücks füh­ren kann.

Durch eine Zusam­men­le­gung von Flur­stü­cken erge­ben sich fer­ner Ände­run­gen für Grund­steu­er und Zensus.

Mög­li­che Ersparnisse

Wird ein Bau­grund­stück erst­mals erschlos­sen und bestand die­ses zuvor aus meh­re­ren Flur­stü­cken, so kön­nen durch eine Zusam­men­le­gung von Flur­stü­cken ggf. Anschluss­ge­büh­ren für die städ­ti­sche Ver­sor­gung mit Gas, Was­ser, Strom oder Kabel­an­schluss ein­ge­spart werden.

Ver­si­che­rungs­sei­tig kann eine Zusam­men­le­gung von Flur­stü­cken vor­teil­haft sein. So bezie­hen sich ver­ein­bar­te Kos­ten­po­si­tio­nen (z. B. Auf­räum- und Ent­sor­gungs­kos­ten) nur auf das Flur­stück, auf dem das ver­si­cher­te Gebäu­de steht.


[1] „LG Dort­mund, Urteil vom 15.05.2008 – 2 O 211/07“ auf „open​jur​.de“. Auf­zu­ru­fen unter https://​open​jur​.de/​u​/​1​3​1​1​1​6​.​h​tml, zuletzt auf­ge­ru­fen am 27.02.2024.

[2] Zunft, Diet­mar „Lei­tungs­rech­te auf­grund § 9 Grund­buch­be­rei­ni­gungs­ge­setz (GBBerG): Dul­dungs­pflich­ten, Ent­schä­di­gung, Ver­jäh­rung“ auf „anwalt​-dres​den​.com“ vom 19.09.2014. Auf­zu­ru­fen unter https://​www​.anwalt​-dres​den​.com/​l​e​i​t​u​n​g​s​r​e​c​h​t​/​l​e​i​t​u​n​g​s​r​e​c​h​te-grund­buch­be­rei­ni­gungs­ge­setz-dul­dungs­pflich­ten-ent­schae­di­gung-ver­jaeh­run­g/, zuletzt auf­ge­ru­fen am 04.03.2024.

[3] Zunft, Diet­mar „Lei­tungs­rech­te auf­grund § 9 Grund­buch­be­rei­ni­gungs­ge­setz (GBBerG): Dul­dungs­pflich­ten, Ent­schä­di­gung, Ver­jäh­rung“ auf „anwalt​-dres​den​.com“ vom 19.09.2014. Auf­zu­ru­fen unter https://​www​.anwalt​-dres​den​.com/​l​e​i​t​u​n​g​s​r​e​c​h​t​/​l​e​i​t​u​n​g​s​r​e​c​h​te-grund­buch­be­rei­ni­gungs­ge­setz-dul­dungs­pflich­ten-ent­schae­di­gung-ver­jaeh­run­g/, zuletzt auf­ge­ru­fen am 04.03.2024.

[4] Zunft, Diet­mar „Lei­tungs­rech­te auf­grund § 9 Grund­buch­be­rei­ni­gungs­ge­setz (GBBerG): Dul­dungs­pflich­ten, Ent­schä­di­gung, Ver­jäh­rung“ auf „anwalt​-dres​den​.com“ vom 19.09.2014. Auf­zu­ru­fen unter https://​www​.anwalt​-dres​den​.com/​l​e​i​t​u​n​g​s​r​e​c​h​t​/​l​e​i​t​u​n​g​s​r​e​c​h​te-grund­buch­be­rei­ni­gungs­ge­setz-dul­dungs­pflich­ten-ent­schae­di­gung-ver­jaeh­run­g/, zuletzt auf­ge­ru­fen am 04.03.2024.

[5] Sie­he z. B. „Aus­bau der Gemein­schafts­klär­an­la­ge. Klär­stu­fe 4“ auf „cdu​-hem​min​gen​-bw​.de“ vom 11.05.2023. Auf­zu­ru­fen unter https://www.cdu-hemmingen-bw.de/aktuelles/ausbau-der-gemeinschaftsklaeranlage-klaerstufe‑4/, zuletzt auf­ge­ru­fen am 04.03.2024.

[6] „LG Ber­lin, Urteil vom 29.03.2019 – 23 O 111/18“ auf „open​jur​.de“. Auf­zu­ru­fen unter https://​open​jur​.de/​u​/​2​2​5​5​0​4​2​.​h​tml, zuletzt auf­ge­ru­fen am 27.02.2024.

[7] „Flur­stücks­bil­dung, Ver­schmel­zung“ auf „ser​vice​.nie​der​sach​sen​.de“. Auf­zu­ru­fen unter https://​ser​vice​.nie​der​sach​sen​.de/​d​e​t​a​i​l​?​p​s​t​I​d​=​4​2​9​3​5​5​964, zuletzt auf­ge­ru­fen am 26.02.2024.

[8] „Flur­stücks­bil­dung, Ver­schmel­zung“ auf „ser​vice​.nie​der​sach​sen​.de“. Auf­zu­ru­fen unter https://​ser​vice​.nie​der​sach​sen​.de/​d​e​t​a​i​l​?​p​s​t​I​d​=​4​2​9​3​5​5​964, zuletzt auf­ge­ru­fen am 26.02.2024.

[9] „Flur­stü­cke; Bean­tra­gung einer Ver­mes­sung zur Zer­le­gung oder Ver­schmel­zung“ auf „bay​ern​por​tal​.de“. Auf­zu­ru­fen unter https://​www​.bay​ern​por​tal​.de/​d​o​k​u​m​e​n​t​e​/​l​e​i​s​t​u​n​g​/​6​2​2​2​0​6​2​3​4​5​?​l​o​c​a​l​i​z​e​=​f​a​lse, zuletzt auf­ge­ru­fen am 26.02.2024.

[10] „Flur­stü­cke; Bean­tra­gung einer Ver­mes­sung zur Zer­le­gung oder Ver­schmel­zung“ auf „bay​ern​por​tal​.de“. Auf­zu­ru­fen unter https://​www​.bay​ern​por​tal​.de/​d​o​k​u​m​e​n​t​e​/​l​e​i​s​t​u​n​g​/​6​2​2​2​0​6​2​3​4​5​?​l​o​c​a​l​i​z​e​=​f​a​lse, zuletzt auf­ge­ru­fen am 26.02.2024.

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