Der 17.04.2024 war in Lüneburg ein sonniger Tag im Frühling 2024. Das dortige Landgericht ist ein ehrwürdiges, altes Gebäude und liegt direkt am hiesigen Markt. Neben zahlreichen Lebensmittelständen hatten unbekannte Personen mit Kreide an verschiedenen Stellen ihren Unmut über sowie Wünsche an die aktuelle Politik kundgetan.
Beispielhaft benannt seien „Christlich Demokratische Nazis“ sowie „Frieden“. Daneben gab es u. a. Aussagen zum damaligen Bundeskanzler Adenauer sowie zur nach dem 2. Weltkrieg durchgeführten Entnazifizierung.
Das Innere des Landgerichts Lüneburg bestach durch alte Holztüren, viele Säulen und eine große Treppe, die vom Erdgeschoss nach oben führt.
Die Anklage
Gegenüber der Treppe liegt Saal 12, in dem von 09:30 Uhr bis um 10:34 Uhr gegen den angeklagten Stabsunteroffizier W. (geb. 1984) unter dem Aktenzeichen 29 NBs 4108 Js 1435/22 (88÷23) verhandelt wurde. Gegen den Vater von drei Kindern wurde von Seiten der Staatsanwaltschaft der Vorwurf der Gehorsamsverweigerung im Zusammenhang mit der Duldungspflicht gegen eine Injektion gegen COVID-19 erhoben.
Der Tatbestand der Gehorsamsverweigerung von Soldaten ist geregelt in § 20 Wehrstrafgesetz:
„§ 20 Gehorsamsverweigerung
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren wird bestraft,
1. wer die Befolgung eines Befehls dadurch verweigert, daß er sich mit Wort oder Tat gegen ihn auflehnt, oder
2. wer darauf beharrt, einen Befehl nicht zu befolgen, nachdem dieser wiederholt worden ist.
(2) Verweigert der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 den Gehorsam gegenüber einem Befehl, der nicht sofort auszuführen ist, befolgt er ihn aber rechtzeitig und freiwillig, so kann das Gericht von Strafe absehen.“
Die Anwesenden
Verfahrensbeteiligte an diesem Mittwochvormittag waren der vorsitzende Richter Kay Lange, die Schöffinnen Frau Anthes und Frau Tischer, einer Staatsanwältin, der Angeklagte sowie als dessen Interessenvertreter Rechtsanwalt Sven Lausen. Letzterer hatte zahlreiche Bücher vor sich aufgebaut.
Der Name der Staatsanwältin wurde vom Autor als Frau „Schibeck“, von der Verteidigung als „Schidiek“ verstanden. Vor der Dame auf dem Tisch standen eine Tupperdose mit Gemüse sowie eine schwarz-rot-silberne Thermoskanne.
Bei Verfahrensbeginn gab es keine Zuschauer und außer dem Autor auch keine weiteren Pressevertreter.
Der Richter
Der mittlerweile graumelierte Richter Kay Lange (geb. 1967) soll seit dem 02.06.2000 als Richter / Staatsanwalt auf Probe im OLG-Bezirk Celle und seit dem 18.09.2003 als Richter am Landgericht Lüneburg tätig gewesen sein[1].
Am 25.06.2011 hielt Lange im Rahmen eines Seminars des Deutschen Richterbundes einen Erfahrungsbericht zum Thema „Durchlässigkeit der richterlichen und staatsanwaltschaftlichen Laufbahn („Laufbahnwechsel“)“[2]. In der Vergangenheit war der Jurist durchaus an medienwirksameren Verfahren beteiligt. So habe er etwa 2017 die Mutter einer Teilnehmerin der RTL-Sendung „Das Dschungelcamp“ wegen eines gefälschten Gesundheitszeugnisses zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt (Urteil vom 07.03.2017, Az. 29 Ns 61/17)[3]. 2019 berichtete die „Landeszeitung für die Lüneburger Heide“ über einen anderen Prozess mit Lange als Richter, wo es um eine schwere Straftat gegen einen Polizisten während eines Dorffestes gegangen sei[4].
Entscheidung am Amtsgericht Celle
Der aktuellen Hauptverhandlung gegen dem Angeklagten W. war ein Verfahren am Amtsgericht Celle vorangegangen. Dabei sei die damalige Verhandlung zunächst wegen fehlender Aussagegenehmigungen der als Zeugen vorgeladenen Soldaten abgebrochen worden. Dies hatte für diese nämlich eine Dienstpflichtverletzung zur Folge.
Als alles den korrekten rechtlichen Weg beschreiten konnte, habe die Verhandlung nach Aussage des Angeklagten nur etwa eine Stunde gedauert, bevor es am 19.09.2023 zu einer Verurteilung zu 20 Tagessätzen à 60 Euro gekommen sei. An diesem Tag seien beide Disziplinarvorgesetzten als Zeugen vernommen worden.
Erwähnenswert ist an dieser Stelle, dass eine Vernehmung des Impfarztes als maßgeblichem Zeugen der Ereignisse nicht erfolgt sei. Hierzu äußerte sich Rechtsanwalt Lausen nach der Hauptverhandlung unter anderem wie folgt:
„Das heißt, die Inhalte dieser Gespräche sind nie Gegenstand der Untersuchungen, der Ermittlungen gewesen. Aus Sicht der Verteidigung gab es ohnehin Zweifel daran, dass es dadurch letztendlich auch überhaupt eine echte Verweigerungshandlung gab, denn wenn sich jemand in den Sanitätsbereich begibt und dort nicht entsprechend ordnungsgemäß aufgeklärt wird oder aber man ihm eine Einwilligungserklärung abverlangt, dann ist das entweder ein unausführbarer Befehl, so wie es auch schon das Amtsgericht in Neustadt am Rübenberge schon einmal entschieden hat, oder es ist eben schon nicht einmal eine Verweigerung.“
Lust oder Unlust? Das ist hier die Frage
Schon damals hätten Herrn W. zufolge die etwa 5 oder 6 Zuschauer mit einem Freispruch gerechnet. Letztendlich habe aber der Richter gesagt, dass er keine Lust gehabt habe, den Angeklagten freizusprechen. So hätte er sich geäußert. Vielmehr könne W. in die zweite Instanz gehen. Dort könne jemand das Verfahren übernehmen, der schlauer sei als er. W. zufolge hätte der Richter damals wörtlich gesagt, dass er keinen Bock gehabt habe, freizusprechen.
Da hätten sich sowohl der Angeklagte als auch seine damalige Anwältin etwas „veräppelt gefühlt“. So habe auch der Zuschauerbereich das empfunden.
Der Verhandlungssaal in Lüneburg
Der lichtdurchflutete Verhandlungssaal 12 am Landgericht Lüneburg präsentierte sich mit einem großen Gemälde hinter der Kammer sowie Stuck an der darüber befindlichen Decke. Zahlreiche Säulenbögen im Raum führten zu einer Art Schallkammer, so dass auf den beiden für Zuschauer vorgesehen Bänken mitunter der Vortrag des vorsitzenden Richters Lange nur schwer verständlich war. Hinter diesem stand ein Rollwagen mit zahlreichen Aktenordnern. Die modernen Tische und Stühle auf dem hölzernen Parkett wirkten leicht anachronistisch.
Das Verfahren beginnt
Die Verhandlung wurde pünktlich um 09:30 Uhr eröffnet. Lange prüfte zunächst die Anwesenheit der Verfahrensbeteiligten, benannte ihre Namen und trug dann relativ schnell und im Zuschauerraum mitunter nur schwer verständlich die Zusammenfassung der vorhergehenden Verhandlung am Amtsgericht Celle vor. Dort sei es am 19.09.2023 zu einer Verurteilung wegen Gehorsamsverweigerung gegen den Angeklagten gekommen. Hiergegen habe W. am 14.09.2023 eine umfassende Berufung eingelegt. So habe es Lausen zufolge sehr viele rechtliche Fragen gegeben, die beim amtsgerichtlichen Verfahren gar nicht abgehandelt worden seien. So bemerkte der Anwalt etwa im Nachgespräch, dass die erteilten Befehle im Abstand von etwa 6 Wochen auseinander erteilt worden seien:
„Die gesamt Kommentarliteratur zu dieser Norm, § 20 Wehrstrafgesetz, verlangt immer einen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem ersten Befehl und seiner Wiederholung; und bei einer zeitlichen Abfolge wie sie hier gewählt worden ist von dem Disziplinarvorgesetzten kann man wohl nicht mehr von einem engen zeitlichen Zusammenhang sprechen. Jedenfalls dürften im übrigen auch die Voraussetzungen für eine Befehlsverweigerung schon deswegen nicht vorliegen, wie es die Anklage letztendlich vorgetragen hat, weil der erste Befehl eben halt durch eine Befristung abgeschlossen war und letztendlich dann auch nicht wiederholt werden konnte, denn etwas, was in der Vergangenheit liegt und abgeschlossen ist, rein rechtlich betrachtet, kann nicht wiederholt werden. Deswegen waren es zwei eigenständige Befehle; und zwei eigenständige Befehle können nicht strafbar im Sinne des § 20 Wehrstrafgesetz sein.“
Zur Vorgeschichte
Vorangegangen war die Anweisung der ehemaligen geschäftsführenden Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) vom 24. November 2021, die „Impfung“ gegen Covid-19 in die Liste der duldungspflichtigen Impfungen des militärischen Personals aufzunehmen[5].
Daraufhin sei auch dem Angeklagten ein entsprechender Befehl zur Duldung der Injektion gegeben worden. Am 06.12.21 soll W. seinem Disziplinarvorgesetztem ein Schreiben übergeben haben, in dem er sich gegen die aus seiner Sicht fehlende Rechtmäßigkeit der erweiterten Duldungspflicht auf die damals nur bedingt zugelassenen COVID-19-Impfstoffe mit neuartiger „Impftechologie“ und in Nebenwirkungen unbekannter Inhaltsstoffe beschwerte. Der erste im Raum stehende Impfbefehl datierte auf den 08.12.2021. Darin sei dem Angeklagten ein Impftermin für den 14.12.2021 um 14:00 Uhr benannt worden. Diesen habe der Angeklagte zur Kenntnis genommen und auch am Aufklärungsgespräch teilgenommen. Daraufhin habe er die Injektion verweigert. Einen zweiten Impfbefehl habe es am 10.01.2022 gegeben. Hier sei ein weiterer Termin für den 12.01.2022 zwischen 09:00 Uhr und 10:00 Uhr gegeben worden. Auch diesen habe er zur Kenntnis genommen, jedoch eine Injektion verweigert.
Dienstausübungsverbot nicht weiter erforderlich
Richter Lange belehrte den Angeklagten, dass er keine Angaben im Prozess machen müsse, weder zur Sache noch zu seinen in der Erstinstanz bereits festgestellten persönlichen Verhältnissen. Nun führte er aus, dass nach der wiederholten Befehlslage ein Dienstausübungs- und Uniformtrageverbot gegen ihn ausgesprochen worden sei.
Laut Band 1 Blatt 84 der Akte sei es am 10.02.2023 zu einem Widerruf des Verbotes gekommen. Auch die Ausübung des Dienstes sei wieder zulässig, da das Ausübungsverbot nicht weiter notwendig sei. Sowohl das Verbot vom Februar 2022 wie auch dessen Aufhebung im Februar 2023 seien durch dieselbe Person, nämlich den Kommandeur des Angeklagten, ausgesprochen worden.
Rechtsanwalt Lausen beantragte ein Rechtsgespräch nach Paragraf 257 b StPO durchzuführen. Lange erwiderte, dass es hier üblich sei, lediglich eine Anregung zu machen. Diese wurde dann auch aufgegriffen und um 09:42 Uhr der Autor als Pressevertreter und später dann auch der Angeklagte aus dem Raum geschickt.
Flurgespräche
Kurz darauf erschienen zwei Zeugen der Bundeswehr in grauen Uniformjacken, einmal Oberstleutnant Jä. mit seinen beiden Sternen sowie seine Kollegin Frau Hauptmann Ro. mit ihren drei Sternen auf der Schulter. Sie fungierte als Stellvertreterin für Jä. Ein dritter Soldat mit schwarzem Oberteil offenbarte sich als Fahrer der beiden geplanten Zeugen. Die grauen Jacken wiesen die beiden zuerst benannten Anwesenden als Angehörige des Heeres aus.
Gemeinsam mit mir als Journalist warteten diese vor dem Verhandlungssaal. Im Gespräch äußerte Frau Ro, dass sie heute trotz ihres dienstfreien Tages gekommen sei. Beide sahen keine Veranlassung für ihr Kommen. Ihrer Ansicht nach sei der Fall klar. Hier habe eine Gehorsamsverweigerung vorgelegen. Dabei spielte es keine Rolle, ob diese im Zusammenhang mit der Verweigerung einer „Impfung“ gegen COVID-19 oder einer anderen Handlung stehen würde. Angesprochen auf einen anderen Soldatenprozess beim Landgericht Hildesheim (siehe hier und hier) äußerte sich Jä. dahingehend, dass der Fall bei diesem Gericht anders liegen würde. Anders als in Hildesheim habe hier eine dazu berechtigte Person den Impfbefehl ausgesprochen.
Hinter verschlossenen Türen
Was waren die Inhalte des Rechtsgesprächs? Hierzu äußerte sich Rechtsanwalt Sven Lausen nach der abgeschlossenen Hauptverhandlung wie folgt:
„Da das Rechtsgespräch ja von meiner Seite angeregt worden war, war es eigentlich kein Gespräch, sondern […] im weitesten Sinne waren es Ausführungen von mir. Ich habe versucht, sozusagen die Komplexität des rechtlichen Hintergrundes aufzudröseln, um den insbesondere Schöffinnen, die wohl noch nie ein solches Verfahren wahrscheinlich geführt haben zumindest vor Augen zu führen und letztendlich auch der Staatsanwaltschaft klar zu machen, das wir gut gewappnet sind. Die Staatsanwaltschaft hat darauf hin letztendlich sehr lapidar in dem Rechtsgespräch nur reagiert und hat gesagt, sinngemäß, Befehle sozusagen in der Bundeswehr seien normal und üblich und auszuführen, und im übrigen möge man doch bei der Wahl seines Berufes die Augen auch offen halten. Das war ein sehr flapsiger Satz; der hat mir nicht gut gefallen, und der kam auch bei Gericht nicht sehr gut an.“
Es geht weiter
Um 10:01 Uhr erschien Lausen aus Saal 12 und zog sich mit dem Angeklagten zur Besprechung zurück. Schließlich wurde die Hauptverhandlung um 10:08 Uhr fortgesetzt, diesmal mit dem Fahrer der vorbenannten Soldaten als Zuschauer. Da seine Kleidung mit Deutschlandflagge vom Richterpult aus wie jene eines Polizisten wirkte, begehrte Lange zu wissen, wer der Soldat sei. Dies wurde ihm entsprechend beantwortet.
Nun führte der vorsitzende Richter Lange aus, dass die Verteidigung ihre Rechtsausführungen zum Verfahren und zur allgemeinen Rechtslage vorgetragen habe und eine Einstellung des Verfahrens nach § 153 Abs. 2 StPO angeregt habe:
„§ 153 Absehen von der Verfolgung bei Geringfügigkeit
[…]
(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen. Der Zustimmung des Angeschuldigten bedarf es nicht, wenn die Hauptverhandlung aus den in § 205 angeführten Gründen nicht durchgeführt werden kann oder in den Fällen des § 231 Abs. 2 und der §§ 232 und 233 in seiner Abwesenheit durchgeführt wird. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.“
Absatz 2 habe Lausen zwar nicht ausdrücklich benannt, aber unstrittig gemeint. Die Staatsanwaltschaft habe daraufhin erklärt, dass sie einer Einstellung nicht zustimmen werde, da die dafür notwendigen Voraussetzungen nicht vorliegen würden.
Vorgeworfene Gehorsamsweigerung nicht besonders schwerwiegend
Dem vorsitzenden Richter Lange zufolge habe bereits das Amtsgericht Celle festgestellt, dass die vorgetragene Anklage nur eine denkbar geringe Intensität des Verstoßes gehabt habe, weshalb auch nur 20 Tagessätze ausgeurteilt worden seien.
Die Kammer stelle sich daher eine Einstellung des Verfahrens nach § 153 a Abs. 1 StPO gegen Auflage zur Zahlung eines geringen Geldbetrages an die Staatskasse vor:
„§ 153a Absehen von der Verfolgung unter Auflagen und Weisungen
(1) Mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten kann die Staatsanwaltschaft bei einem Vergehen vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und zugleich dem Beschuldigten Auflagen und Weisungen erteilen, wenn diese geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen, und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Als Auflagen oder Weisungen kommen insbesondere in Betracht,
1. zur Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens eine bestimmte Leistung zu erbringen,
[…]
Zur Erfüllung der Auflagen und Weisungen setzt die Staatsanwaltschaft dem Beschuldigten eine Frist, die in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 bis 3, 5 und 7 höchstens sechs Monate, in den Fällen des Satzes 2 Nummer 4, 6 und 8 höchstens ein Jahr beträgt. Die Staatsanwaltschaft kann Auflagen und Weisungen nachträglich aufheben und die Frist einmal für die Dauer von drei Monaten verlängern; mit Zustimmung des Beschuldigten kann sie auch Auflagen und Weisungen nachträglich auferlegen und ändern. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen, so kann die Tat nicht mehr als Vergehen verfolgt werden. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen nicht, so werden Leistungen, die er zu ihrer Erfüllung erbracht hat, nicht erstattet. § 153 Abs. 1 Satz 2 gilt in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 bis 6 entsprechend. § 246a Absatz 2 gilt entsprechend.
(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren vorläufig einstellen und zugleich dem Angeschuldigten die in Absatz 1 Satz 1 und 2 bezeichneten Auflagen und Weisungen erteilen. Absatz 1 Satz 3 bis 6 und 8 gilt entsprechend. Die Entscheidung nach Satz 1 ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar. Satz 4 gilt auch für eine Feststellung, daß gemäß Satz 1 erteilte Auflagen und Weisungen erfüllt worden sind.“
Landgericht nicht alleiniger Klagegegner
Dabei werde berücksichtigt, dass auch ein disziplinarrechtliches Verfahren vor dem Truppendienstgericht anhängig sei. Erfahrungsgemäß werde dieses nicht handeln, bevor nicht das Strafgericht ein Urteil gefällt habe. Auch sei die nur sehr geringe Intensität des Verstoßes gemäß Wertung des AG Celle zu berücksichtigen.
Lausen äußerte sich zum Vortrag von Lange dahingehend, dass „wir uns nicht verschließen“ würden.
Der entsprechende Vortrag von Lange und Lausen wurde nun zu Protokoll gegeben.
Die anwesende Staatsanwältin, die bisher nicht öffentlich ausgesprochen hatte, teilte nun mit, dass sie dazu bereit wäre, dem Vorschlag des Richters zu folgen, sofern damit eine Zahlung von mindestens 1.000 Euro verbunden wäre.
Geldauflage einkommensabhängig
Nun wollte Lange wissen, wie hoch der Sold sei, den der Angeklagte erhalte. Bekannt sei, dass der Angeklagte verheiratet sei, drei Kinder habe und gemäß Angabe aus Oktober 2023 die Besoldungsgruppe A7 mit dem daraus resultierenden Brutto- und Nettogehalt habe. Würde auch seine Ehefrau arbeiten? Das wurde bestätigt; sie müsse allerdings auch Unterhalt zahlen.
Der vorsitzende Richter Lange schlug vor, dass 1.000 Euro zu zahlen seien, dies gegebenenfalls auch per Ratenzahlung. An dieser Stelle bat Lausen um eine Unterbrechung der Verhandlung.
Anders als etwa am Landgericht Hildesheim (siehe hier) wurden Fotos sowohl vom Inneren des Gerichtes als auch von Richter und Schöffen untersagt. Gleiches galt für die Nutzung von Handys oder Laptops im Gerichtssaal. Auf Nachfrage gewährte Richter Lange an dieser Stelle, Fotos vom Gerichtssaal zu machen, allerdings ohne ihn oder andere der Verfahrensbeteiligten. Dabei flachste er rum, dass er ja nicht so fotogen sei.
Angeklagter nicht unsympathisch
Um 10:23 Uhr kam schließlich Lausen mit dem Angeklagten zurück in den Saal. Sein Mandant würde die Höhe der Auflage zur Einstellung zähneknirschend hinnehmen, den Betrag aber nach Möglichkeit in 12 Monatsraten zahlen wollen.
Lange beschied, dass es üblich sei, maximal 6 Raten zu vereinbaren, dass es dem Gericht aber auch nichts bringe, einen Betrag zu vereinbaren, der dann nicht gezahlt werden könne. Natürlich werde er gerne eine Einigung finden, da der Angeklagte ihm „nicht per se unsympathisch“ sei. Die Verteidigung bat um eine kurze Unterbrechung von 5 Minuten.
Nun wurde sich geeinigt, dass W. seine erste Zahlung bereits am 03.05.2024 zu Gunsten der Landeskasse zahlen werde. Die Kammer zog sich schließlich kurz zurück, um um 10:29 Uhr zurückzukehren.
Fristgerechte Zahlungen im eigenen Interesse
Lange diktierte nun, dass sein Verteidiger und die Vertreterin der Anklage ihre Zustimmung zur Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 1.000 Euro zu Gunsten der Landeskasse erklärt hätten. Diese sei zu zahlen in fünf Tagesraten zu 150 Euro sowie einer weiteren Rate in Höhe von 250 Euro. Die Einstellung sei nach Beratung beschlossen und verabschiedet. Die Folgeraten seien jeweils bis zum Dritten eines jeden Monats zu zahlen, dies unter Angabe des Aktenzeichens. Lange verwies darauf, dass erst dann ein Bescheid über eine endgültige Einstellung des Verfahrens erfolgen werde, wenn die vereinbarte Zahlung abschließend erfolgt sei. Sollte W. mit Zahlungen in Verzug geraten, sei das Verfahren wieder offen und der bislang Angeklagte würde die bereits geleisteten Zahlungen nicht zurückerhalten.
Unnötige Anreise aus dem Diensturlaub
Abschließend wurden nun die vor dem Saal wartenden Zeugen reingerufen. Diesen wurde folgendes verkündet:
„Wir müssen Sie nicht mehr hören. Vorteil ist, Sie müssen mich nicht hören; Nachteil ist, Sie sind für umsonst hierhergekommen.“
Nach dem Hinweis auf eine Möglichkeit des Auslagenersatzes erklären beide Zeugen ihren Verzicht auf einen entsprechenden Auslagenersatz.
Um 10:34 Uhr wurde die Verhandlung schließlich für beendet erklärt.
Dubiose Willensbekundungen
Nach dem Verlassen der Verhandlung holte den aufmerksamen Beobachter wieder die aktuelle politische Realität ein. So warben etwa die Grünen für ihren Europawahlkampf mit dem Schützen des Friedens, die Linke mit ihrer Positionierung gegen „Hass und rechte Hetze“.
Es mutet verwunderlich an, wenn die Grünen als Partei, die von Vielen als „Kriegstreiber-Partei“[6] wahrgenommen wird, mit etwas wirbt, dass auffällig an Wahlversprechen vor der letzten Bundestagswahl erinnert. N‑tv schrieb zu den Wahlversprechen der Grünen vor der Wahl im Jahre 2021:
„Und selbst in ihrem Wahlprogramm von 2021 forderten die Grünen unmissverständlich, dass „keine deutschen Waffen in Kriegsgebiete“ exportiert werden dürften.“[7]
Die Linken hingegen machten auf ihren Plakaten deutlich, dass Sie offenbar nicht gedächten, etwas gegen „Hass und linke Hetze“ zu unternehmen.
Hier drängt sich der Verdacht auf, dass es der Linken vornehmlich um ein Mundtotmachen der AfD als ihres größten politischen Gegners gehen dürfte.
[1] „Väternotruf informiert zum Thema Landgericht Lüneburg“ auf „vaeternotruf.de“. Aufzurufen unter https://www.vaeternotruf.de/landgericht-lueneburg.htm, zuletzt aufgerufen am 17.04.2024.
[2] „Deutscher Richterbund“ auf „richterverein-hamburg“. Aufzurufen unter http://www.richterverein-hamburg.de/aktuell/110624.pdf, zuletzt aufgerufen am 17.04.2024.
[3] „LG Lüneburg zur Mutter von Dschungelcamp-Teilnehmerin. Geldstrafe wegen erschlichenen Attests“ auf „lto.de“ vom 07.03.2018. Aufzurufen unter https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/lg-lueneburg-geldstrafe-krankschreibung-rtl-dschungelcamp-mutter-nathalie-volk/, zuletzt aufgerufen am 17.04.2024.
[4] „Das Opfer leidet lebenslänglich“ auf „landeszeitung.de“ vom 30.08.2019 um 10:00 Uhr. Aufzurufen unter https://www.landeszeitung.de/lokales/lueneburg-lk/lueneburg/das-opfer-leidet-lebenslaenglich-2ZDWZYMG5MMAH2RN46L7WGOG6A.html, zuletzt aufgerufen am 17.04.2024.
[5] „Kurzinformation. Duldungspflicht für Covid-19-Schutzimpfung bei der Bundeswehr“ auf „bundestag.de“ vom 20.12.2021 Aufzurufen unter https://www.bundestag.de/resource/blob/917998/6d2ae92082666086604a0c222e3c9fe4/WD‑2 – 084 – 21-pdf-data.pdf, zuletzt aufgerufen am 04.02.2024.
[6] Siehe z. B. Leggewie, Claus und Cohn-Bendit, Daniel „Herausforderungen für die Grünen: Der Lieblingsfeind“ auf „taz.de“ vom 14.03.2024 um 14:32 Uhr. Aufzurufen unter https://taz.de/Herausforderungen-fuer-die-Gruenen/!5994921/, zuletzt aufgerufen am 18.04.2024.
[7] Weimer, Wolfram „Panzer statt Pazifismus: Woher kommt der Kriegskurs der Grünen?“ auf „n‑tv.de“ vom 07.06.2022 um 19:48 Uhr. Aufzurufen unter https://www.n‑tv.de/politik/politik_person_der_woche/Radikale-Kehrtwende-Panzer-statt-Pazifismus-woher-kommt-der-Kriegskurs-der-Gruenen-article23381054.html, zuletzt aufgerufen am 17.04.2024.