- Kostenübernahme teilweise unzureichend, nicht alle Brandmelder mitversichert -
Bauschutt enthält vielfach dekontaminierte Stoffe, die kostenintensiv ausgehoben und entsorgt werden müssen. In erster Linie handelt es sich um biologische oder chemische Verunreinigungen. Eine Kontamination liegt vor, wenn versicherte Sachen ins Erdreich oder ein Gewässer gelangen und sich mit diesem vermischen. In den meisten Fällen ist eine Trennung von Sachen, Erdreich oder Wasser gar nicht oder nur mit erheblichem Aufwand möglich.
Schadenersatzansprüche nach dem Umweltschadensgesetz möglich
Durch die Einführung des Umweltschadengesetzes am 14.11.2007 sind die damit verbundenen Kosten deutlich in den Fokus vieler Vermittler geraten. Nicht zu verwechseln ist die Kostenübernahme für Dekontaminationen mit dem Haftungsrisiko nach dem Umweltschadengesetz. Hierfür bieten mittlerweile die meisten Privat- sowie Betriebshaftpflichtversicherungen einen unterschiedlich umfassenden Versicherungsschutz. Es verwundert daher nicht, dass fast jeder Wohngebäudeversicherer entsprechende Kosten zumindest für die Dekontamination von Erdreich übernimmt, allerdings mitunter in nur bescheidendem Umfang. Versicherungsschutz für die Dekontamination von Gewässern ist in der Branche unüblich.
Seit 15 Jahren unveränderte Kosten?
Am 11.12.2009 benannte Sebastian Kasten, der Inhaber des in Hannover ansässigen Bauunternehmens BauKasten e.K. gegenüber „Risiko & Vorsorge“, Kosten für eine Dekontamination bis ca. 500 Euro netto pro Tonne. Für den Aushub einschließlich Entsorgung desselben seien damals Kosten von etwa 110 Euro netto je 1 m3 nötig. Dabei sei je Quadratmeter Wohnfläche eine Aushubmenge von etwa 1,8 Tonnen anzunehmen. In Fällen besonders starker Kontamination betrügen die Dekontaminationskosten etwa 1.100 Euro netto je 1 m3. Trotz mehrfacher Rückfrage wurden die entsprechenden Angaben für die erneute Berichterstattung leider nicht aktualisiert benannt.
Laut Auskunft der im Rahmen der Recherche angefragten Versicherer, sei die Schadenfrequenz, bei der Dekontaminierungskosten tatsächlich anfallen, eher niedrig. Beispielsweise schrieb die Hiscox:
„dazu können wir leider keine Angabe machen, da dieser Fall nicht häufig vorkommt und entsprechend selten dokumentiert ist.“
Ähnlich äußerte sich auch die VHV:
„ich habe Ihre Anfrage an unser Controlling weitergeleitet. Dekontaminationskosten werden bei uns unter einer bestimmten Kennziffer geschlüsselt.
Der Kollege teilt mit, dass in den letzten 20 Jahren in Hausrat und Wohngebäude diese Kennziffer nicht verwendet wurde.
Dies bedeutet, dass in der Zeit entweder keine Dekontaminationskosten angefallen sind, oder ‑sofern doch- diese mit den „normalen“ Kosten erstattet wurden.“
Andere Unternehmen wie die Axa, die Inter oder die R+V wollten oder konnten aus unterschiedlichen Gründen keine konkreten Daten benennen.
Landwirtschaft und Industrielle Betriebe stark gefährdet
Auch in der Vergangenheit waren die Auskünfte diverser Versicherer eher dürftig. Ein Unternehmen berichtete für einen im Frühjahr 2010 fertiggestellten Artikel davon, noch nicht einmal einen einzigen Versicherungsschaden gehabt zu haben. Anders äußerte sich ein Wettbewerber, wonach es häufiger Kontaminierungen in landwirtschaftlichen, gewerblichen bzw. industriellen Betrieben gäbe. Denkbar als Auslöser von Kontaminationen seien in diesem Zusammenhang große Brandschäden und auch Überschwemmungsschäden. So könnte beispielsweise kontaminiertes Löschwasser in den Boden eindringen oder auch gelagertes Heizöl oder Benzin auslaufen und das Erdreich belasten.
Ein anderes Unternehmen verwies damals auf mögliche Schäden, bei denen sich Löschwasser nach dem Löschen mit einer versicherten Sache vermische und dadurch „erdschädlich“ werde. Auch könnte durch eine Überschwemmung ein im Keller befindlicher Öltank angehoben werden und sich lösen und dadurch umkippen, so dass Erdöl auslaufe und sich ins Erdreich ergieße.
Dekontaminierung von Hausrat mitversichert?
Die ausdrückliche Mitversicherung von Dekontaminierungskosten in der Hausratversicherung ist unüblich. Entweder wird dies damit begründet, dass entsprechende Schadenbeispiele nicht denkbar seien oder damit, dass für entsprechende Schäden praktisch immer der Grundstückseigentümer oder Mieter über ihre Privathaftpflicht bzw. Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung verantwortlich seien.
Das Unternehmen Die Haftpflichtkasse äußerte sich aktuell beispielhaft wie folgt:
„Bedingungsgemäß sind Dekontaminationskosten im Zusammenhang mit unserer Hausratversicherung nicht mitversichert. Sollte sich aufgrund eines Wasserschadens zum Beispiel Schimmel bilden, wäre dies allerdings mitversichert.
Auch ist uns nicht bekannt, welcher Versicherer dieses Risiko im Rahmen der Hausratversicherung abdeckt.
Leider können wir Ihnen keine positivere Auskunft geben.“
Beispielhafte Schadenszenarien könnten die Verrußung von Bettwäsche und anderem Hausrat infolge eines Brandschadens bzw. die Beschädigung versicherter Sachen durch dekontaminiertes Lösch- oder Leitungswasser sein. In der Regel handelt es sich um Folgeschäden eines versicherten Schadens.
Wenige Glanzlichter in der Hausratversicherung
Unter allen diesbezüglich untersuchten Anbietern wird entsprechender Versicherungsschutz nur von Konzept & Marketing aus Hannover sowie von der VEMA explizit angeboten:
Konzept & Marketing (allsafe casa, Stand 04.2021: im Rahmen der Allgefahrendeckung für Hausrat- und Wohngebäude bis zur vereinbarten Höchstentschädigung über die Höchstentschädigung hinaus; allsafe home prime: bis 50 % über die vereinbarte Versicherungssumme hinaus; allsafe home perfect: bis zur vereinbarten Höchstentschädigung über die Höchstentschädigung hinaus), VEMA mit Risikoträger AIG (VEMA Deckungskonzept Hausrat, Stand 04.2022): nur Erdreich bis 10% der Versicherungssumme
Die Kostenübernahme gilt bei Konzept & Marketing (allsafe casa; allsafe home) uneingeschränkt für verseuchten Hausrat. Die Condor verwies für den im März 2010 fertiggestellten Artikel darauf, dass die Kontaminierung versicherter Sachen durch versicherte Gefahren ein normaler Sachsubstanzschaden sei und damit entweder als Total- oder Reparaturschaden versichert wäre. Eine ausdrückliche Erwähnung diene daher nur der Klarstellung, ohne einen tatsächlichen Leistungsvorteil zu bieten.
Auf eine ausdrückliche Klarstellung der Kostenübernahme im Rahmen der Hausratversicherung verzichten beispielsweise die Ammerländer (Stand 02.2024), Axa (Stand 04.2023), Domcura (Stand 10.2019), Die Haftpflichtkasse(Stand 01.2024), Helvetia (Stand 01.2023), HDI-Gerling (Stand 01.2021), InterRisk (Stand 08.2022), R+V (Stand 01.2023) oder VHV (Stand 01.2024).
Ausgeschlossen sind in den benannten Hausrattarifen die Kosten für eine Dekontamination von Hausrat oder Erdreich durch Kernenergie. Während Konzept & Marketing Schäden durch nukleare Strahlung sowie radioaktive Substanzen ausschließt, sind dort Schäden durch radioaktive Isotope (außer von Kernenergie) mitversichert. Abweichend sieht das VEMA Deckungskonzept Hausrat der AIG einen Ausschluss für Schäden durch radioaktive Strahlung vor, jedoch keinen Einschluss für Schäden durch radioaktive Isotope.
Kein lückenloser Versicherungsschutz für Dekontaminationskosten
Praktisch alle Wohngebäudeversicherer sehen vergleichbare Ausschlüsse für Schäden durch Kernenergie, radioaktive Substanzen oder nukleare Strahlung vor. Positiv sehen einige Anbieter einen Einschluss von Schäden durch radioaktive Isotope vor. Dies betrifft beispielsweise Privathaushalte mit alten Feuermeldern, die mit radioaktiven Isotopen ausgestattet sind, ebenso wie Gebäude, in denen sich eine Röntgenpraxis befindet. Radioaktive Isotope können jedoch auch in Heißwasserleitungen, der Isolation von Elektrokabeln, alte Glasglühstrümpfen aus Thoriumoxid oder in Weckern mit Radon als Leuchtfarbe zu finden sein und finden Anwendung sogar bei der Konservierung von Lebensmitteln (z. B. Kartoffeln, frische Früchte und Gemüse, frischer Fisch und Meeresfrüchte)[1].
Mitversicherte Ausschlüsse
Einige wenige Versicherer bieten eine Mitversicherung auch von Dekontaminationskosten für eigentlich ausgeschlossene Gefahren durch folgende Klarstellung, hier am Beispiel der Hausratdeckung aus dem Hause Domcura (Top-Schutz, Stand 10.2019):
„Ausschluss Kernenergie:
Die Versicherung erstreckt sich ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen nicht auf Schäden durch Kernenergie, nukleare Strahlung oder radioaktive Substanzen.
Der Ausschluss gilt nicht für Schäden an versicherten Sachen, die als Folge eines unter die Versicherung fallenden Schadenereignisses durch auf dem Grundstück, auf dem der Versicherungsort liegt, betriebsbedingt vorhandene oder verwendete radioaktive Isotope entstehen, insbesondere Schäden durch Kontamination und Aktivierung. Dies gilt nicht für radioaktive Isotope von Kernreaktoren.“
Hierüber ist die versicherte Sache selbst für derartige Schäden mitversichert. Wenn jedoch die Sache selbst für Schäden als Substanzschaden mitversichert ist, dann sollten logischerweise auch die weiteren Kosten mitversichert werden. Auch diese Leistung ist bei der Domcura eingeschlossen:
„11. Isolierungskosten für radioaktiv verseuchte Sachen
Der Versicherer ersetzt die infolge eines Versicherungsfalles notwendigen und tatsächlich angefallenen Isolierungskosten für radioaktiv verseuchte Sachen, d. h. Kosten für Abbruch, Bergung, Aufräumung, Abfuhr und Isolierung radioaktiv verseuchter Sachen, die infolge eines Versicherungsfalles durch auf dem Versicherungsort betriebsbedingt vorhandene oder verwendete radioaktive Isotope entstehen und soweit die Maßnahmen gesetzlich geboten sind.“
Anders als im März 2010 gibt es heute im Juli 2024 zahlreiche Anbieter mit einer solchen Mitversicherung.
Benannte und unbenannte Kosten
Sofern hierzu kein gesonderter Ausschluss formuliert ist, gelten Kontaminierungen an der Gebäudesubstanz im Rahmen der Wohngebäudeversicherung generell als mitversichert. Weit verbreitet ist darüber hinaus die ausdrücklich benannte Übernahme von Dekontaminationskosten verseuchten Erdreichs. Gerade in älteren Tarifen gilt dabei mitunter eine Beteiligung des Versicherungsnehmers an den Kosten als vereinbart.
Weiter bleibt festzustellen, dass die ausgewiesenen Dekontaminationskosten vieler Versicherer bei schwerer Kontamination unzureichend sind. So dürfte eine Höhe von nur 5 % der Versicherungssumme (z. B. Tarif Exclusiv-Schutz der Ammerländer, Stand 02.2022) im Fall der Fälle unter Umständen Probleme bereiten.
Auch ein Selbstbehalt von 25 % erscheint wenig kundenfreundlich. Bei angenommen Kosten von 30.000 Euro sind dies 7.500 Euro, bei 100.000 Euro sogar 25.000 Euro. Das dürften viele Kunden im Leistungsfall als überraschend erleben. Beispielhaft sei hierzu der Tarif EXKLUSIV aus dem Hause Inter (Stand 01.01.2015) benannt, der neben einem Sublimit von 5 % der Versicherungssumme eine Selbstbeteiligung von 25 % des bedingungsgemäß als entschädigungspflichtig errechneten Betrages vorsieht.
Keine Mitversicherung verseuchten Wassers
Die Leistung fast aller am Markt befindlichen Wohngebäudeversicherer ist auf die Dekontamination verseuchten Erdreichs beschränkt, umfasst also nicht die Kosten für die Dekontamination auch schadenbedingt verseuchten Grundwassers oder eines zum Grundstück gehörigen Teiches oder Sees. Siehe z.B. Ammerländer (Tarif Exclusiv-Schutz der Ammerländer, Stand 02.2022), Domcura (Tarif Top-Schutz, Stand 01.10.2020), Inter (Tarif Premium, Stand 01.01.2015), Konzept & Marketing (Tarif allsafe select, Stand 07.2019) oder VHV (Tarif Klassik-Garant mit Baustein Exklusiv, Stand 07.2022).
Abweichend benennt Konzept & Marketing in seinen Tarifen allsafe casa (Stand 04.2021), allsafe domo (Stand 03.2017), allsafe domo easy (Stand 01.2023) die Mitversicherung von Dekontaminationskosten nur pauschal, was auch andere Formen von Kontaminierung an sonstigen Grundstücksbestandteilen mit einschließt.
Zur Dekontamination gehören die Untersuchung auf Kontaminierung sowie die anschließende Dekontamination oder der Austausch entsprechenden Erdreiches. Üblich ist auch die Kostenübernahme für den Transport des Aushubs zur nächst gelegenen, geeigneten Deponie und die dort anschließende Ablagerung oder Vernichtung. Außerdem sollten auch die Kosten für die Wiederinstandsetzung des Versicherungsgrundstücks in den Urzustand vor dem Schaden eingeschlossen werden.
Zu erfüllende Voraussetzungen
Üblich ist die Kostenübernahme nur dann, wenn eine entsprechende behördliche Anordnung erfolgt ist und dies auf Grundlage von Gesetzen oder Verordnungen, die vor Eintritt des Leistungsfalles erlassen wurden. Dabei setzen beispielhaft die Alte Leipziger (Tarif Comfort, Stand 04.2024), Ammerländer (Tarif Exclusiv-Schutz der Ammerländer, Stand 02.2022), Axa (Tarif komfort, Stand 04.2022), Domcura (Tarif Top-Schutz, Stand 01.10.2020), Grundeigentümer (Tarif Protect Premium, Stand 06.2023), InterRisk (XXL, Stand 28.04.2021) und der VHV (Tarif Klassik-Garant mit Baustein Exklusiv, Stand 07.2022) hierzu eine Frist für das Ergehen der Anordnung von neun Monaten seit Eintritt des Versicherungsfalles. Außerdem ist vom Versicherungsnehmer der Nachweis zu erbringen, dass die Kontamination Folge eines versicherten Schadenfalles war. Gemäß Musterbedingungen des GDV („Was kann zusätzlich zu den Allgemeinen Wohngebäude Versicherungsbedingungen (VGB 2022 – Wohnflächenmodell) vereinbart werden?“, Stand 11.2023) heißt es hierzu wie folgt:
„2. Die Kosten werden ersetzt, soweit die behördlichen Anordnungen alle folgenden Voraussetzungen erfüllen:
a) Sie sind aufgrund von Gesetzen oder Verordnungen ergangen, die vor Eintritt des Versicherungsfalls erlassen waren.
b) Sie betreffen eine Kontamination, die nachweislich durch diesen Versicherungsfall entstanden ist.
c) Sie sind innerhalb von neun Monaten seit dem Versicherungsfall ergangen.“
Die benannte Frist von neun Monaten kann problematisch sein, sofern entstandene Kontaminationen erst nach Ablauf dieser Frist festgestellt werden und deren Dekontamination entsprechend angepasst werden sollte.
Sofern ein Grundstück bereits vor dem Schadenfall kontaminiert war, ersetzen die meisten Versicherer nur die Kosten für über die ursprüngliche Schädigung hinausgehende Maßnahmen, wobei im Zweifelsfall ein Sachverständiger zu Rate gezogen wird. Im Einzelfall kann es Streitigkeiten darüber geben, welche Kontaminationen neu entstanden und in welchem Umfang die Kontaminationen bereits vor dem Schaden bestanden.
Die Verunreinigung des Erdreichs kann mitunter durch einen Schaden auf einem benachbarten Grundstück verursacht werden. Ein Beispiel hierfür könnte sein, dass Chemikalien von einem benachbarten Industriegelände auf das versicherte Grundstück gelangen. Hier dürfte im Zweifelsfall ein Regress bei dem Grundstücksanlieger in Frage kommen.
Bundesweite Altlasten
Bereits 2006 habe es europaweit mehr als 750.000 größere Standorte gegeben, die als kontaminiert gelten würden[2]. Die deutsche Bundeswehr berichtete im März 2020 über ihr eigenes Altlastenprogramm:
„Den damit verbundenen Herausforderungen stellt sich die Bundeswehr seit nunmehr über 30 Jahren mit ihrem Altlastenprogramm. Es dient der umfassenden, zielgerichteten und bundesweit einheitlichen Bearbeitung von Kontaminationen auf den von der Bundeswehr genutzten Liegenschaften, unabhängig von Entstehungszeit und Ursache.
[…]
Die Bilanz kann sich sehen lassen: Bis heute wurden auf ca. 2.500 Liegenschaften über 15.000 kontaminationsverdächtige Flächen erfasst, ca. 6.500 untersucht und mehr als 1.000 tatsächlich kontaminierte Flächen saniert. Hierfür wurden bisher insgesamt ca. 495 Millionen Euro aufgewendet.“[3]
Bodendekontaminationen finden sich des Weiteren schwerpunktmäßig u. a. im Bereich von Tankstellen[4], aber auch ehemaligen Minen[5], chemischen Fabriken[6] oder Gaswerken[7].
Nicht versichert sind in den benannten Tarifen z. B. bei der Alte Leipziger, Ammerländer, der Domcura oder bei der VHV Aufwendungen aufgrund sonstiger behördlicher Anordnungen oder aufgrund sonstiger Verpflichtungen des Versicherungsnehmers einschließlich der sogenannten Einlieferhaftung.
Zu beachten ist, dass die Übernahme von Dekontaminationskosten möglichst ohne Einschränkung für alle versicherten Gefahren gelten sollte. Gerade im Gewerbebereich beschränkt sich die Leistung oft auf die Leistungsart Feuerschäden.
Zusammenfassung
Zu unterscheiden sind verschiedene Arten von Kontamination:
In der Hausratversicherung:
• Kontamination von Hausrat durch versicherte Gefahren (generell versichert, sofern nicht ausgeschlossen)
In der Wohngebäudeversicherung:
• Kontamination von Gebäudesubstanz durch versicherte Gefahren (generell versichert, sofern nicht ausgeschlossen)
• Kontamination von Erdreich (nur bei ausdrücklicher Benennung versichert)
• Kontamination auch von Gewässern (meist unversichert, da nicht ausdrücklich benannt)
Nur wenige Tarife sehen darüber hinaus Versicherungsschutz auch bei radioaktiver Kontamination vor, da es sich meist um eine eigentlich ausgeschlossene Gefahr handelt.
Regress erfolgt?
Im Einzelfall kann es vorkommen, dass ein Gebäudeschaden durch einen Dritten (z. B. durch den Defekt an einer Photovoltaikanlage) verschuldet wurde. In diesem Fall stellt sich für Kunden und Makler die berechtigte Frage, inwiefern der Gebäudeversicherer bei dem zuständigen Haftpflichtversicherer nach § 86 VVG Regress für die entstandenen Dekontaminationskosten beantragt hat[8]. Grundsätzlich dürfte ein solcher Regress wohl möglich sein, jedoch nicht automatisch gegen den Haftpflichtversicherer. Mangels Pflichtversicherung kommt hier § 115 VVG nicht zum Tragen, so dass sich der Regressanspruch stets gegen den Betreiber der Photovoltaikanlage richten würde.
Regressinteresse von Versicherten
Ohne Regress besteht für den Kunden das Risiko, einer negativen Schadenbilanz zu seiner Sachversicherung. Eine solche kann dazu führen, dass entweder der Versicherer dem Kunden den Versicherungsvertrag von sich aus kündigt oder bei einem Versichererwechsel die Annahme des Neuantrages verweigert würde. Der Kunde sollte darauf drängen, dass der Gebäudeversicherer bei regresspflichtigen Schäden tatsächlich in Regress geht und die Schadenrenta, also die Aufstellung der bislang eingetretenen Schäden, wieder glatt stellt:
„Nun kann es vorkommen, dass ein Versicherer Ihnen den bestehenden Versicherungsvertrag aufgrund eines zu hohen Schadenaufkommens kündigt oder aber Ihnen nahelegt die Kündigung selbst vorzunehmen, damit es der Versicherer nicht tut. Sie benötigen dann einen neuen Versicherer, der das Risiko weniger kritisch betrachtet, als ihr bisheriger Versicherer. Damit der mögliche neue Versicherer dieses Risiko einschätzen kann werden Informationen benötigt. Neben den normalen Risikoinformationen, die zur Beitragsberechnung nötig sind, wird der Versicherer dann auch noch eine Schadenrenta, eine Aufstellung der bisher vorgekommenen Schäden, verlangen.“[9]
Inwiefern ein Versicherungsnehmer (z. B. unter Bezug auf § 1a VVG) einen Rechtsanspruch darauf hat, von seinem Sachversicherer Regress gegenüber einem Dritten einzufordern, scheint fraglich. Ein hierzu befragter Jurist sah dies so, dass an dieser Stelle der Versicherer frei in seiner Entscheidung sein dürfte.
Hinweis: Verschiedene Versicherer wurden darum gebeten, Ihre Ende 2009 / Anfang 2010 abgegebenen Statements zum Thema zu überprüfen und ggf. zu aktualisieren. Außerdem wurden „aktuelle Angaben einer entsprechenden Schadenfrequenz sowie auch zur Höhe der in diesen Fällen bei Ihrem Unternehmen angefallenen Kosten“ angefragt. Die R+V bat um Verständnis dafür, dass man die entsprechenden Informationen nicht extern kommunizieren würde. Auch die Axa schrieb, dass man „zu derartigen Details keine Angaben“ mache. Die InterRisk verwies auf den Umfang der aktuellen Versicherungsbedingungen. Darüber hinaus schreibe sie:
„Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir Ihnen keine weiteren Informationen / Daten zur Verfügung stellen können.“
[1] Bundesforschungsanstalt für Ernährung „Die Strahlenkonservierung von Lebensmitteln“ bearbeitet von D.A.E. Ehlermann und H. Delincée auf „publikationen.bibliothek.kit.edu“ vom 09.10.1998. Aufzurufen unter https://www.google.de/url?sa=t&source=web&rct=j&opi=89978449&url=https://publikationen.bibliothek.kit.edu/128199/2419&ved=2ahUKEwiqhprpkc2HAxW8hv0HHYlfA6MQFnoECBYQAQ&usg=AOvVaw2VA_apo6cJxnxt7q_d-JUQ, zuletzt aufgerufen am 29.07.2024
[2] „Innovative Sanierung von Altablagerungen und kontaminierten Böden“ auf „vox-terrae“ vom 23.12.2006. Aufzurufen unter https://web.archive.org/web/20081208042855/http://www.vox-terrae.de/artikel-id-82.html, zuletzt aufgerufen am 28.05.2024.
[3] Bundesministerium der Verteidigung „Kontaminationsbearbeitung in der Bundeswehr. Das Altlastenprogramm der Bundeswehr“ auf „bundeswehr.de“ vom März 2020, S. 6. Aufzurufen unter https://www.bundeswehr.de/resource/blob/95770/25c1daec31c6377c5f286c6aebfe8d12/download-informationen-zu-pfc-kontaminationsbearbeitung-de-data.pdf, zuletzt aufgerufen am 28.05.2024.
[4] Siehe z. B. HIM GmbH „Bereich Altlastensanierung – HIM-ASG – Jahresbericht 2012“ auf „him-asg.de“. Aufzurufen unter https://www.him-asg.de/download/jahresberichte/JB2012_Endfassung.pdf, zuletzt aufgerufen am 28.05.2024.
[5] Siehe z. B. Wartenberg, Lars „Kontamination der Auen durch den historischen Bergbau“. Hausarbeit (Hauptseminar), 2005 auf „grin.com“. Aufzurufen unter https://www.grin.com/document/42263, zuletzt aufgerufen am 28.05.2024.
[6] Siehe z. B. Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH „03 Mitteldeutsches Braunkohlerevier. Wandlungen und Perspektiven. Geiseltal“ auf „lmbv.de“, S. 24. Aufzurufen unter https://www.lmbv.de/wp-content/uploads/2021/04/doku-03_Geiseltal.pdf, zuletzt aufgerufen am 28.05.2024.
[7] Siehe z. B. Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt „Gaskokerei Rummelsburg“ auf „berlin.de“. Aufzurufen unter https://www.berlin.de/sen/uvk/umwelt/bodenschutz-und-altlasten/nachsorgender-bodenschutz-altlasten/sanierung-ausserhalb-der-freistellungsverfahren/gaskokerei-rummelsburg/, zuletzt aufgerufen am 28.05.2024.
[8] Siehe beispielhaft Rechtsanwalt und Fachanwalt Versicherungsrecht Siegen „Regressanspruch Gebäudeversicherer gegen Brandstifter – Beweislastverteilung“ auf „versicherungsrechtsiegen.de“ vom 05.01.2024. Aufzurufen unter https://www.versicherungsrechtsiegen.de/regressanspruch-gebaeudeversicherer-gegen-brandstifter-beweislastverteilung/#das_vorliegende_urteil, zuletzt aufgerufen am 28.05.2024.
[9] KOPF Versicherungen Vermittlung e.K. „Schadenaufstellung der Vorversicherung“ auf „kopf-versicherungen.de“. Aufzurufen unter https://www.kopf-versicherungen.de/lexikon/schadenaufstellung/, zuletzt aufgerufen am 28.05.2024.