Ver­si­che­rungs­schutz auch bei Rei­ten ohne Helm

Oft wird behaup­tet, dass Rei­ter bei Reit­un­fäl­len ohne Helm leer aus­gin­gen. Dies ist falsch. Ver­si­che­rungs­schutz besteht auch ohne Helm. Ob dies sinn­voll ist, steht auf einem ande­ren Blatt.

Eine Pfer­de­hal­ter­haft­pflicht leis­tet auch bei gro­ber Fahr­läs­sig­keit. Das gehört zum Wesen jeder Haft­pflicht­ver­si­che­rung. Nur Vor­satz ist aus­ge­schlos­sen. Wer also beim Rei­ten auf Helm, Sat­tel oder Zäu­mung ver­zich­tet, bleibt ver­si­chert. Glei­ches gilt für eine ver­trag­lich nicht gere­gel­te Aus­sa­ge zu Höhe und Beschaf­fen­heit von Weidezäunen.

Wenn also eine Pfer­de­hal­ter­haft­pflicht­ver­si­che­rung aus­drück­lich den Ein­schluss des Rei­tens auch beim Tra­gen eines Helms erwähnt, so ist dies nicht zwangs­läu­fig von Vor­teil. Meist dient es nur der Klar­stel­lung, da immer wie­der ver­brei­tet wird, dass ohne Klar­stel­lung kein Ver­si­che­rungs­schutz bestehen wür­de. Nach­tei­lig ist eine Klar­stel­lung dann, wenn damit Begren­zun­gen der Ver­si­che­rungs­sum­me oder Selbst­be­hal­te ver­bun­den sind. Ent­spre­chend besteht Anspruch auf die vol­le Leis­tung auch im Rah­men der gesetz­li­chen Unfall­ver­si­che­rung:

„Selbst wenn Ihr schuld­haft vom Pferd fallt, wer­det Ihr genau­so behan­delt, als wenn Ihr ohne Schuld ver­un­glückt wärt. Selbst Rei­ten ohne Helm bleibt ohne Fol­gen für die Behand­lung für Euch.“[1]

Reit­un­fäl­le ohne Helm leicht tödlich

Ver­gleich­bar sieht die Situa­ti­on im Rah­men der (Reiter-)Unfallversicherung aus. Auch hier ist eine Leis­tungs­ver­wei­ge­rung zwar bei Vor­satz, nicht aber bei gro­ber Fahr­läs­sig­keit mög­lich. Den­noch ist das Rei­ten ohne Helm trotz feh­len­der gesetz­li­cher Ver­pflich­tung nicht emp­feh­lens­wert. Hier­zu eini­ge Bei­spie­le aus der Pres­se des Jah­res 2020:

„Bei Adl­k­ofen im Land­kreis Lands­hut ist am Don­ners­tag Abend eine Rei­te­rin töd­lich ver­un­glückt. Die 51-Jäh­ri­ge war offen­bar aus bis­her unge­klär­ter Ursa­che vom Pferd gefal­len und mit dem Kopf auf der Teer­stra­ße auf­ge­schla­gen.“[2]

„Der Unfall trug sich nach Anga­ben der Poli­zei gegen 19.30 Uhr in einem Reit­stall zu. Durch den wuch­ti­gen Stoß mit dem beschla­ge­nen Huf zog sich das Mäd­chen ein schwe­res und letzt­lich leta­les Schä­del-Hirn­trau­ma zu.“[3]

Trotz bedin­gungs­sei­tig feh­len­der Helm­pflicht muss Unfall­ver­si­che­rer aber nicht immer dar­an hin­dern, ihre Kun­den Leis­tun­gen auf Inva­li­di­tät oder Unfall­tod auf Grund gro­ber Fahr­läs­sig­keit zu ver­wei­gern. Bei­spiels­wei­se besteht in der Regel kein Ver­si­che­rungs­schutz, wenn Bewusst­seins­stö­run­gen durch Dro­gen im Spiel waren, wäh­rend immer mehr Anbie­ter zumin­dest Ver­si­che­rungs­schutz bei Bewusst­seins­stö­run­gen durch Alko­hol vorsehen.

Reit­hel­me manch­mal unzulässig

Obwohl es sicher sinn­voll wäre, beim Rei­ten grund­sätz­lich einen Helm zu tra­gen, ken­nen bestimm­te Reit­sti­le per se eine fest­ge­leg­te Klei­der­ord­nung. So ist es bei Prü­fun­gen im Wes­tern­rei­ten üblich, höchs­tens einen Cow­boy­hut zu tra­gen, ande­re Sti­le sehen mehr als einen Dres­sur­zy­lin­der (Dres­sur­prü­fun­gen ab Klas­se M) oder Rit­ter­helm (Mit­tel­al­ter-Ree­nact­ment) als unzu­läs­sig an. Selbst in der Reit­the­ra­pie ist der Ver­zicht auf das Tra­gen eines Reit­helms teil­wei­se aus medi­zi­ni­schen Grün­den obligatorisch.

Unab­hän­gig davon, ob Sie nun mit oder ohne Helm dem Reit­sport frö­nen, falls Sie eine Unfall­ver­si­che­rung haben, set­zen Sie Ihren Ver­si­che­rer oder Ver­si­che­rungs­mak­ler im Zwei­fel in Kennt­nis davon, dass Sie gele­gent­lich oder regel­mä­ßig rei­ten. Schließ­lich befin­det sich Rei­ten unter den Top 10 der unfall­träch­tigs­ten Sport­ar­ten. Stress mit der Ver­si­che­rung im Scha­den­fall lässt sich auf die­se Wei­se deut­lich redu­zie­ren. Übli­cher­wei­se besteht aber kein Aus­schluss für Unfäl­le im Zusam­men­hang mit Risikosportarten.

© 2021 Cri­ti­cal News – Unfall­ri­si­ko zur­zeit nicht erkennbar

Abhän­gig von den kon­kre­ten Fol­gen besteht Ver­si­che­rungs­schutz bei Reit­un­fäl­len auch im Rah­men einer Berufs­un­fä­hig­keits- oder Funk­ti­ons­in­va­li­di­täts­ver­si­che­rung. Ein Leis­tungs­an­spruch kann im Ein­zel­fall auch aus einer Krankentagegeld‑, Krankenhaustagegeld‑, Dread-Dise­a­se- oder Pfle­ge­zu­satz- Ver­si­che­rung her­ge­lei­tet werden.

Wor­auf Sie beim Helm­kauf ach­ten sollten

Stür­ze vom Pferd füh­ren oft zu schwe­ren Ver­let­zun­gen oder zum Tod. Jähr­lich mel­den die land­wirt­schaft­li­chen Berufs­ge­nos­sen­schaf­ten etwa 200 Ver­letz­te durch Stür­ze vom Pferd, davon jedes Jahr auch eine gewis­se Zahl töd­li­cher Unfäl­le. Unter­schied­li­che Quel­len benen­nen für ein­zel­ne Jah­re zwi­schen 30.000 und 93.000 Reit­un­fäl­le in Deutsch­land, davon glück­li­cher­wei­se nur ein Bruch­teil mit Todes­fol­ge. In der Zeit­schrift „Schwei­zer Bau­er“ hieß es 2019: 

„Jedes Jahr ver­letz­ten sich in der Schweiz 8000 Per­so­nen bei Unfäl­len im Reit­sport, davon 3000 Mäd­chen unter 17 Jah­ren.“[4]

Reit­hel­me redu­zie­ren zwar nicht die Ver­un­fal­lungs­ge­fahr. Sie hel­fen aber dabei, die Fol­gen eines Stur­zes vom Pferd in erheb­li­chem Maße zu redu­zie­ren. Aus die­sem Grun­de machen vie­le Reit­schu­len das Tra­gen eines Helms zur Pflicht.

Gute Hel­me dämp­fen vor allem die Wucht des Auf­pralls. Daher soll­te eine Pols­te­rung zwi­schen Helm­scha­le und Kopf­scha­le nicht feh­len. Ob man nun einen klas­si­schen Reit­helm mit blau­em oder schwar­zem Samt­be­zug, einen Helm in Leicht­bau­wei­se oder einen High-Tech-Helm trägt ist Geschmacks­sa­che. Wich­tig ist vor allem, dass er gut sitzt. Als beson­ders sicher gel­ten die für Gelän­de­rit­te übli­chen Mili­ta­ry-Hel­me. Der frü­her als „Muss“ bezeich­ne­te „Kinn­schutz“ ist heu­te für Norm­hel­me ver­bo­ten. Sein Gebrauch hat in der Ver­gan­gen­heit zu zahl­rei­chen Kinn­brü­chen geführt.

Reit­hel­me soll­te man unbe­dingt neu kau­fen und auf aktu­el­le Prüf­sie­gel ach­ten. Nur dann ist man sicher, dass sie kei­ne inne­ren Män­gel auf­wei­sen und noch nicht über­al­tert sind. Schließ­lich soll­te man sei­ne Reit­kap­pe spä­tes­tens alle fünf Jah­re aus­tau­schen. Wei­sen Hel­me äuße­re Beschä­di­gun­gen auf, soll­te man sich lie­ber von ihnen tren­nen – und schon gar nicht kau­fen. Ver­nünf­ti­ge Reit­kap­pen gibt es im Han­del schon für 40 Euro. Man kann aber auch locker 300 Euro auf den Tisch legen.

Reit­leh­rer haf­ten für ihre Schüler

Reit­leh­rer sind im Sin­ne von § 823 Abs. 1 BGB dazu ver­pflich­tet, kör­per­li­chen Scha­den von ihren Zög­lin­gen fern zu hal­ten. Daher sind sie qua Gesetz dazu ver­pflich­tet, von ihren Schü­lern das Tra­gen eines Helms zu ver­lan­gen. Unter­las­sen die­se es den­noch, so trifft zumin­dest erwach­se­ne Reit­schü­ler ein Teilverschulden.

© 2020 Cri­ti­cal-News — Mäd­chen bei der Fellpflege

[1] „Gesetz­li­che Unfall­ver­si­che­rung“ in: „pferdewirtprüfung.de“ vom 11.07.2019. Down­load unter https://​pfer​de​wirt​prue​fung​.de/​w​o​r​d​p​r​e​s​s​/​?​t​a​g​=​a​r​b​e​i​t​s​u​n​f​all, zuletzt auf­ge­ru­fen am 06.01.2021 um 21:23 Uhr

[2] „Rei­te­rin im Land­kreis Lands­hut töd­lich ver­un­glückt“ in: „br​.de“ vom 20.03.2020 um 20:11 Uhr. Down­load unter https://​www​.br​.de/​n​a​c​h​r​i​c​h​t​e​n​/​b​a​y​e​r​n​/​r​e​i​t​e​r​i​n​-​i​m​-​l​a​n​d​k​r​e​i​s​-​l​a​n​d​s​h​u​t​-​t​o​e​d​l​i​c​h​-​v​e​r​u​n​g​l​u​e​c​k​t​,​R​t​n​r​7z2, letz­ter Auf­ruf am 06.01.2021 um 21:04 Uhr

[3] „Töd­li­cher Reit­un­fall. Zehn­jäh­ri­ge von Pfer­de­huf am Kopf getrof­fen“ in: „klei​ne​zei​tung​.at“ vom 25.10.2020 um 15:38 Uhr. Down­load unter https://​www​.klei​ne​zei​tung​.at/​o​e​s​t​e​r​r​e​i​c​h​/​5​8​8​7​7​2​2​/​T​o​e​d​l​i​c​h​e​r​-​R​e​i​t​u​n​f​a​l​l​_​Z​e​h​n​j​a​e​h​r​i​g​e​-​v​o​n​-​P​f​e​r​d​e​h​u​f​-​a​m​-​K​o​p​f​-​g​e​t​r​o​f​fen, letz­ter Auf­ruf am 06.01.2021 um 21:08 Uhr

[4] „Reit­un­fäl­le: 3000 Mäd­chen betrof­fen“ in: „schwei​zer​bau​er​.ch“ vom 23.05.2019 um 12:14 Uhr. Down­load unter https://​www​.schwei​zer​bau​er​.ch/​t​i​e​r​e​/​p​f​e​r​d​e​/​r​e​i​t​u​n​f​a​e​l​l​e​-​3​0​0​0​-​m​a​e​d​c​h​e​n​-​b​e​t​r​o​f​f​en/, zuletzt auf­ge­ru­fen am 06.01.2021 um 21:17 Uhr

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